IT- und Medienrecht

Unzulässigkeit einer Vergleichswebseite für das Entgelt von Zahlungskonten für Verbraucher

Aktenzeichen  33 O 15655/20

Datum:
28.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZIP – 2021, 2573
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3a
ZKG § 16 Abs. 1, § 18 Nr. 6
VglWebV § 9

 

Leitsatz

1. Bei § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. (Rn. 40 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es wird den Vorgaben der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht gerecht, wenn auf einer Vergleichswebseite in mehr als 90 % der Fälle nur ein Zahlungskontoangebot eines Kreditinstituts dargestellt wird, soweit die Mehrzahl der Banken mehr als ein Zahlungskontomodell anbieten. (Rn. 49 – 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Werden auf einer Vergleichswebseite die Preise für Zahlungskonten für Verbraucher von weniger als 50% der Anbieter dargestellt, gewährleistet dies nicht die von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV geforderte regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern
a) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote von weniger als der Hälfte der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten;
und/oder
b) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote zu vergleichen, von denen mehr als 90 % lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darstellen;
und/oder
c) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Informationen bereitzustellen, die seit mindestens 86 Tagen nicht mehr korrekt und seit mindestens 86 Tagen nicht mehr aktuell sind.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.12.2020 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffer I. a) und b) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- Euro und in Ziffer II. sowie IV. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

A. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I. Soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Informationen bereitzustellen, die seit mindestens 86 Tagen nicht mehr korrekt und seit mindestens 86 Tagen nicht mehr aktuell sind, hat die Beklagte den Klageantrag anerkannt. Sie war daher ihrem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, § 307 ZPO (Ziffer I. c) des Tenors).
II. Dem Kläger steht ferner ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV gegen die Beklagte zu. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, auf einer Vergleichswebseite nach § 16 Abs. 1 ZKG Zahlungskontenangebote zu vergleichen, von denen mehr als 90 % lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darstellen (Ziffer I b) des Tenors). Soweit der Kläger beantragt hat, es zu unterlassen, auf einer nach § 16 Abs. 1 ZKG zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, war die Klage abzuweisen. Die Klage hat insoweit erst mit dem Hilfsantrag Erfolg (Ziffer I a) des Tenors).
Im Einzelnen:
1. Als in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG aufgenommener Verbraucherschutzverein ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 UKIaG aktivlegitimiert.
2. Das Betreiben der zertifizierten Vergleichswebseite stellt eine geschäftliche Handlung der Beklagten dar.
Eine „geschäftliche Handlung“ ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
Die streitgegenständliche zertifizierte Vergleichswebseite der Beklagten fördert jedenfalls den Abschluss von Verträgen zwischen Verbrauchern und den auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituten. Darüber hinaus erfüllt der Betrieb der zertifizierten Vergleichswebseite auch die Funktion einer Imagewerbung. Er ist geeignet, die Attraktivität des von der Beklagten unter www…..de betriebenen Portals insgesamt zu fördern und hierdurch den Absatz der Beklagten zu steigern. Auch die Imagewerbung stellt deshalb eine geschäftliche Handlung dar (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Auflage, § 2 Rdn. 50)
3. Die seitens der Beklagten betriebene Vergleichswebseite verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen §§ 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV.
a) Bei § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG.
Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen muss. Die Vorschrift muss jedoch – zumindest auch – den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH GRUR 2017, 819, 821 – Aufzeichnungspflicht; BGH GRUR 2016, 513 Tz. 21 – Eizellspende).
§ 18 ZKG und der, § 18 ZKG konkretisierende, § 9 VglWebV enthalten – jedenfalls auch – eine verbraucherschützende Komponente (vgl. BeckOK/Böger, Stand: 1.8.2021, ZKG § 1 Rdn. 3). Denn Ziel der §§ 16 ff ZKG ist es, „für den Verbraucher“ (vgl. § 16 Abs. 1 ZKG) eine Vergleichswebseite zu schaffen, welche Transparenz und Vergleichbarkeit von Zahlungskontenentgelten verbessert und den Verbrauchern eine fundiertere Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Zahlungskonto ermöglicht (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 45).
Aus der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 13 UKIaG, welcher (lediglich) jene Vorschriften des ZKG als Verbraucherschutzgesetze einordnet, die das Verhältnis zwischen einem Zahlungsdienstleister und einem Verbraucher regeln, folgt nichts anderes, da § 2 Abs. 2 UKIaG lediglich eine nicht abschließende („insbesondere“) Aufzählung verbraucherschützender Vorschriften enthält.
b) Die Ausgestaltung der Vergleichswebseite der Beklagten, wie sie sich bis zum 18.01.2021 darstellte, erfüllt nicht die Anforderungen der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV.
aa) Art. 7 Abs. 1 der Zahlungskontenrichtlinie, deren Umsetzung die §§ 16 ff ZKG dienen, schreibt den Mitgliedstaaten vor, sicherzustellen, dass Verbraucher entgeltfreien Zugang zu mindestens einer Webseite haben, die einen Vergleich der Entgelte ermöglicht, die von Zahlungsdienstleistern auf nationaler Ebene zumindest für die maßgeblichen Zahlungskontendienste berechnet werden. Die Vergleichswebseite soll „eine breite Palette an Zahlungskontoangeboten [enthalten], die einen wesentlichen Teil des Marktes abdeckt“ (Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie). Die Zahlungskontenrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, festzulegen, was eine breite Palette an Zahlungskontoangeboten, die einen wesentlichen Teil des Marktes abdeckt, ausmacht (vgl. Erwägungsgrund Nr. 23 der Zahlungskontenrichtlinie).
In Umsetzung der Vorgaben der Zahlungskontenrichtlinie verlangt § 18 Nr. 6 ZKG, dass eine Vergleichswebseite genügend Zahlungskontenangebote enthalten muss, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. § 9 VglWebV konkretisiert die Anforderung weiter dahingehend, dass die Marktübersicht eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe enthalten muss.
Zur wesentlichen Abdeckung des deutschen Marktes soll nach dem Willen des Verordnungsgebers neben der Berücksichtigung quantitativer Kriterien (z.B. die Höhe der Bilanzsumme eines Zahlungskontenanbieters) auch die regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft (vgl. Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung, BGBl. I S. 1182, Zu § 9) gehören. Dies korreliert mit Erwägungsgrund Nr. 22 der Zahlungskontenrichtlinie, wonach Vergleichswebseiten sowohl dem Bedarf an klaren und knappen Informationen als auch dem Bedarf an vollständigen und umfassenden Informationen gerecht werden können.
bb) Die Vergleichswebseite, welche von der Beklagten bis zum 18.01.2021 betrieben wurde, wird den Vorgaben der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht gerecht.
(1) Nicht ausreichend ist es, wie auf der Vergleichswebseite der Beklagten geschehen, in mehr als 90 % der Fällen lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darzustellen, obgleich die Mehrzahl der Banken, wie der Kläger schlüssig vorgetragen und die Beklagte nicht substantiiert in Abrede hat stellen können, mehr als ein Zahlungskontomodell im Angebot haben (Ziffer I b) des Tenors).
§ 18 Nr. 6 ZKG verlangt – in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie – dass die Vergleichswebseite genügend Zahlungskontenangebote enthalten muss, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. Ausreichend ist folglich nicht allein die Darstellung einer ausgewogenen Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass eine „breite Palette an Zahlungskontenangeboten“ (Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie) pro vertretenem Kreditinstitut dargestellt werden. Nur so wird dem Ziel einer möglichst vollständigen und umfassenden Information der Verbraucher Genüge getan.
(2) Da §§ 16 ff. ZKG, 9 VglWebV nur Zahlungskonten betreffen, die für Verbraucher bestimmt sind (vgl. § 1 ZKG, Art. 2 Nr. 3 Zahlungskontenrichtlinie), sind Kreditinstitute, die keine Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, für die Erfüllung der Anforderungen der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht maßgeblich. Sie stellen keine relevante Bezugsgröße für die Abdeckung eines wesentlichen Teils des Marktes im Sinne von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV dar.
Der als Hauptantrag Ziffer 1 a) gestellte Klageantrag, mit welchem der Kläger beantragt hat, es zu unterlassen, Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel aller in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, geht deshalb zu weit und war als unbegründet abzuweisen. Mit dem als Anlage K 8 vorgelegten Bericht der BaFin hat der Kläger unstreitig gestellt, dass nicht alle Kreditinstitute in Deutschland Zahlungskonten für Verbraucher bereitstellen.
Der Klageantrag Ziffer 1 a) war daher im Hauptantrag insgesamt abzuweisen. Auch eine einschränkende Verurteilung dahingehend, dass es die Beklagte unterlassen soll, Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, kam nicht in Betracht. Es fehlt insoweit an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr. Da die Beklagte mindestens Angebote von 556 Banken und damit von mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, auf ihrer Webseite verglichen hat, hat sie eine entsprechende Verletzungshandlung nicht begangen hat. Für die Wiederholungsgefahr streitet mithin keine tatsächliche Vermutung.
(3) Der Klageantrag Ziffer 1 a) hat jedoch im Hilfsantrag Erfolg (Ziffer I a) des Tenors).
Nach substantiiertem Vortrag des Klägers (vgl. Anlage K 8) hielten zum 31.12.2019 etwa 1.300 Kreditinstitute Zahlungskonten für Verbraucher bereit. Die Vergleichswebseite der Beklagten enthielt demgegenüber – nach dem Vortrag der Beklagten – (lediglich) Angebote von 566 Banken bzw. – nach dem Vortrag des Klägers – von 556 Banken. Sowohl nach dem Vortrag der Beklagten als auch nach dem Vortrag des Klägers wurden auf der Webseite folglich weniger als 50 % der Kreditinstitute, welche Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, verglichen. Wie aus dem Vortrag der Beklagten weiter hervorgeht, fanden sich auf der Vergleichswebseite zwar Banken aus jeder Bankengruppe und wurden in den meisten Fällen 80 % der Bilanzsumme der jeweiligen Bankengruppe repräsentiert, jedoch beinhaltete die Vergleichswebseite lediglich 27 der 146 Regionalbanken und sonstigen Kreditbanken, 4 der 110 Zweigstellen ausländischer Banken, 200 der 379 Sparkassen und über 300 der 816 Volks- und Raiffeisenbanken. Die geringe Anzahl der verglichenen Kreditinstitute von weniger als 50 % der in Deutschland existierenden Kreditinstitute, die Zahlungskonten für Verbraucher bereithalten, konnte folglich die von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV geforderte regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft nicht gewährleisten. Sie wird den gesetzlichen Anforderungen mithin nicht gerecht.
cc) Die in § 18 Nr. 6 ZKG vorgesehene und von der Beklagten auf ihrer Webseite wiedergegebene Erklärung, dass die angebotenen Informationen keine vollständige Marktübersicht darstellen, befreit nicht von dem Erfordernis, ausreichend Zahlungskontenangebote darzustellen, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. Denn die Voraussetzungen gelten, wie sich aus der „und“-Verknüpfung in § 18 Nr. 6 ZKG ergibt, kumulativ und nicht alternativ.
c) Ein Verstoß gegen § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Vergleichswebseite der Beklagten im August 2020 von der TÜV Saarland Certification GmbH zertifiziert worden ist.
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die in § 16 ZKG geregelte Zertifizierung durch die hierfür zuständige Stelle erfolgt ist. Das Zertifikat entbindet indes nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Es setzt nach § 16 Abs. 1 ZKG vielmehr voraus, dass die in §§ 17, 18 ZKG genannten Kriterien erfüllt sind. Konstitutive Wirkung hat der Gesetzgeber der Zertifizierung nicht beigemessen. Gemäß § 16 Abs. 2 ZKG verleiht die Zertifizierung lediglich die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „Vergleichswebsite nach dem Zahlungskontengesetz“ und zur Verwendung des Zertifizierungssymbols.
4. Dass das Handeln der Beklagten aufgrund der erfolgten Zertifizierung durch die TÜV Saarland Certification GmbH unzweifelhaft nicht als schuldhaft anzusehen sein dürfte, kann die Beklagte im hiesigen Verfahren nicht entlasten. Denn der seitens des Klägers geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht verschuldensunabhängig.
5. Die Zuwiderhandlung der Beklagten gegen die Marktverhaltensregelung der § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV ist ferner geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen im Sinne des § 3a UWG.
Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 39. Auflage, § 3a Rdn. 1.112). Umstände, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die beanstandete Ausgestaltung der Vergleichswebseite kann die Verbraucher dazu verleiten, bei der Auswahl eines Zahlungskontos Kreditinstitute oder Kontomodelle außer Acht zu lassen, obwohl diese für sie günstiger bzw. attraktiver wären.
6. Durch die erfolgte Verletzungshandlung wird die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr indiziert; eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben. Auch durch die Einstellung des Betriebs der Vergleichswebseite ist die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Denn eine nur tatsächliche Veränderung der Verhältnisse lässt die Wiederholungsgefahr unberührt, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist (vgl. BGH GRUR 2000, 605, 608 – comtes/ComTel; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, UWG, 39. Auflage, § 8 Rdn. 1.51).
III. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ferner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten seiner berechtigten und überwiegend begründeten (hierzu Ziffer I.) Abmahnung in Höhe der geltend gemachten Pauschale von 210,- EUR, welche die Beklagte zu Recht nicht beanstandet hat, aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. zu. Unbeachtlich ist, dass die Abmahnung nicht in vollem Umfang begründet war. Denn die Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn sich die Abmahnung eines Verbandes als nur teilweise begründet erwiesen hat (vgl. BGH GRUR 2010, 744 Tz. 51 – Sondemewsletter, OLG München GRUR-RR 2018, 381 Tz 51 – NEUSCHWANSTEINER).
B. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Gegenseite vom 09.07.2021 war abzulehnen. Über den lediglich hilfsweise gestellten Antrag war zu entscheiden, da der Klage nicht vollumfänglich stattgegeben wurde. Der Antrag war abzulehnen, da der Schriftsatz der Beklagten vom 09.07.2021 innerhalb der Wochenfrist des § 132 Abs. 1 ZPO (vgl. Bl. 59 d.A.) und damit rechtzeitig vor dem Termin eingegangen ist.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 1 Var. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.


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