IT- und Medienrecht

Urteilsveröffentlichung nach Patentverletzung im Bereich gesundheitsbezogener Produkte

Aktenzeichen  7 O 10571/20

Datum:
2.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2021, 38143
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EPÜ Art. 64
PatG § 32, § 33, § 58, § 139, § 140a, § 140b, § 140e
ZPO § 138 Abs. 2, § 148, § 256 Abs. 1
BGB § 195

 

Leitsatz

1. Das Klagepatent, welches ein Zahnimplantat mit einem im Kieferknochen verankerbaren Knochenverankerungsteil betrifft, wird durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt. Insbesondere stellt das am oberen Rand des Fortsatzes befindliche Teilgewinde der angegriffene Ausführungsform II eine patentgemäße Verdrehsicherung dar. (Rn. 51 – 62) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei gesundheitsbezogenen Produkten ist sowohl der Bereich der ärztlichen Tätigkeit als auch der höchstpersönliche Bereich des Patienten betroffen. Erfasst ein die Patentverletzung bejahendes Urteil gesundheitsbezogene Produkte, besteht ein besonderes, eine Urteilsveröffentlichung rechtfertigendes Interesse des Patentinhabers sowie der Ärzte und Patienten daran, über die Patentverletzung und deren Folgen (etwa die Unmöglichkeit einer Nachlieferung) aufzuklären. (Rn. 79 – 89) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist,
zu unterlassen
Zahnimplantate, mit
– einem im Kieferknochen verankerbaren Knochenverankerungsteil mit einer mit einem Gewinde versehenen Außenfläche zur Verankerung im Kieferknochen,
– einem an dem Knochenverankerungsteil befestigbaren Zahnaufbauteil, an dem eine Krone befestigbar ist, wobei
– das Knochenverankerungsteil als Gewebeverankerungsteil ausgebildet ist,
– das Gewebeverankerungsteil und das Zahnaufbauteil durch Präparation durch den Zahnarzt an den individuellen Zahnfleischverlauf anzupassen sind,
– das Knochenverankerungsteil und das Zahnaufbauteil mittels eines sich in Längsrichtung des einen Teils erstreckenden Schaftes, in den ein am anderen Teil ausgebildetes Schwert einsetzbar ist, miteinander verbindbar sind,
– das Gewebeverankerungsteil und das Zahnaufbauteil durch zementierte Verankerung des Schwertes in dem Schaft miteinander verbindbar sind,
– der Schaft am Gewebeverankerungsteil und das Schwert am Zahnaufbauteil ausgebildet sind, und
– das Zahnimplantat eine erste Verdrehsicherung zur rotationsgesicherten Befestigung des Zahnaufbauteils an dem Gewebeverankerungsteil aufweist,
wobei
die erste Verdrehsicherung zumindest teilweise unter Verwendung eines zu zementierenden Gewindes realisiert wird, wie beispielsweise bei den Modellen … („angegriffene Ausführungsform II“),
dadurch gekennzeichnet, dass
– das Knochenverankerungsteil und das Zahnaufbauteil aus einem keramischen Material bestehen,
– mindestens eine zweite Verdrehsicherung zur rotationsgesicherten Befestigung der Krone an dem Zahnaufbauteil vorhanden ist,
– am Gewebeverankerungsteil eine Kronenrandaufnahmefläche ausgebildet ist, um die in die Krone eingeleiteten Kaukräfte auf das Gewebeverankerungsteil weiterzuleiten und
– am Gewebeverankerungsteil und/oder am Zahnaufbauteil ein für die Anlagerung von Zahnfleischgewebe ausgebildeter Bindegewebsabschnitt (25; 125; 225) bereitgestellt ist, der eine Oberflächenstruktur aufweist, die die Bindegewebsintegration möglich macht und fördert;
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen
(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 und Unteranspruch 13, …).
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
1.der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer
2.der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
3.der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei
zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen einschließlich darauf bezogener Peripherieleistungen seit dem 01.01.2016 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe
1.der Herstellungsmengen und -zeiten,
2.der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Bezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
3.der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
4.der erbrachten Dienstleistungen in Form von Workshops, Seminaren, Fortbildungsveranstaltungen und Schulungen zum Gebrauch der in Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Veranstaltungszeiten, Teilnehmerzahl und Teilnahmegebühren,
5.der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume,
6.der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
-die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu b) entsprechende Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat,
-der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin von einem von dieser zu bezeichnenden zur Verschwiegenheit verpflichteten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen und vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. genannten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.
V. Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 01.01.2016 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des LG München I vom 2.12.2021) festgestellten patentverletzenden Zustand Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
VI. Die Beklagte wird verurteilt, es der Klägerin zu gestatten, Rubrum und Tenor dieses Urteils auf Kosten der Beklagten (Schriftart Arial in Schriftgröße 11 pt.) in jeweils einer Ausgabe der Zeitschriften
-Dentalmagazin,
-Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift,
-Zahnärztliche Mitteilungen und
-Zahnarzt Wissenschaft Praxis
öffentlich bekannt zu machen.
VII. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1.der Klägerin als Prozesstandschafterin für … allen Schaden zu ersetzen, der … durch die in Ziffer I. bezeichneten in der Zeit vom 01. Januar 2016 bis 30. April 2020 begangenen Handlungen entstanden ist;
2.der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. bezeichneten ab dem 01. Mai 2020 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
VIII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IX. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 20 Prozent, die Beklagte 80 Prozent.
X. Das Urteil ist in Ziffern I., IV. und V. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,00 EUR, in Ziffer II. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 40.000,00 EUR, sowie in Ziffer IX. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
XI. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Die Auslegung der zwischen den Parteien streitigen Merkmale des Klagepatents (A. I., II.) ergibt, dass die angegriffene Ausführungsform II von der Lehre das Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht (A. III.). Die von der Klägerin beantragten Rechtsfolgen sind daher überwiegend zu gewähren (A. IV.). Hinreichende Gründe für eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens liegen nicht vor (B.). Die Kosten des Verfahrens sind auch unter Berücksichtigung des Teil-Anerkenntnisurteils weitüberwiegend der Beklagten aufzuerlegen (C.)
A.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Zahnimplantat mit einem im Kieferknochen verankerbaren Knochenverankerungsteil und einem an dem Knochenverankerungsteil befestigbaren Zahnaufbauteil. An letzterem ist eine Krone befestigbar, Abs. [0001].
Derartige Zahnimplantate sind im Stand der Technik zur zahnärztlichen Therapie bekannt, etwa durch die US-Schriften US 6,174,167, US 6,283,754 sowie die WO 2004/103203 und die WO 2 005 013 846: das typischerweise aus Titanwerkstoffen hergestellte Knochenverankerungsteil verfügt über ein Außengewinde, das in einem Schritt so weit in den Kieferknochen eingeschraubt wird, dass es bündig mit der Knochenoberfläche und demnach nicht mehr sichtbar ist, Abs. [0003]. In einem zweiten Schritt wird das Zahnaufbauteil mittels einer zu verschraubenden Schraube am Knochenverankerungsteil befestigt, Abs. [0004]. In einem dritten Schritt wird eine Krone oder ein herausnehmbarer Zahnersetz an dem Zahnaufbauteil befestigt, Abs. [0005].
Hieran kritisiert das Klagepatent das optische Erscheinungsbild derartiger Zahnimplantate: denn aufgrund der Verbindung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil mittels einer Verschraubung bedarf es zugfester Materialien aus Titan bzw. Titanlegierungen. Diese sind dunkel und schimmern durch das Zahnfleisch hindurch bzw. sind – wenn das Zahnfleisch das Knochenverankerungsteil komplett bedeckt oder sich wieder zurückbildet – direkt sichtbar. Darüber hinaus kann bei der Verbindung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil ein Mikrospalt verbleiben, der als Keimreservoire zahlreiche Probleme verursachen kann, Abs. [0007] – Abs. [0009].
Daneben gibt es Zahnimplantate, bei denen das Knochenverankerungsteil nicht vollständig in den Kieferknochen eingesetzt wird. Diese eignen sich deswegen aber gerade nicht für den sichtbaren Bereich der Schneidezähne, Abs. [0011].
Gemäß der Klagepatentschrift weisen Zahnimplantate aus Titan das weitere Problem auf, dass Patienten zunehmend allergisch darauf reagieren, Abs. [0013]. Außerdem benötigt man für die Handhabung eine größere Anzahl spezieller Werkzeuge, Abs. [0012].
Schließlich gibt es auch einteilige Zahnimplantate, bei denen das Knochenverankerungs- und das Zahnaufbauteil einteilig ausgebildet sind. Sie haben indes den Nachteil, dass sie unflexibler sind und daher nicht so ausgerichtet werden können, dass immer ein optimales Erscheinungsbild und ein optimales Bissmuster erzielt werden könne, Abs. [0015].
Das Klagepatent setzt es sich daher zur Aufgabe, ein Zahnimplantat bereitzustellen, das sich für die Verwendung im kosmetisch relevanten Bereich eignet, und zumindest einen der geschilderten Nachteile vermeidet bzw. verringert, Abs. [0017].
Hierzu schlägt das Klagepatent in Patentanspruch 1 folgende Lösung vor, dessen Oberbegriff aus der US-Schrift 20 030 157 459 bekannt ist und sich wie folgt gliedern lässt:
„Patentanspruch 1.
0.
Zahnimplantat, mit einem Knochenverankerungsteil (10) und einem Zahnaufbauteil (20).
1.
Das Knochenverankerungsteil (10):
1.1
Ist als Gewebeverankerungsteil ausgebildet.
1.2
Ist im Kieferknochen verankerbar.
1.3
Hat eine mit einem Gewinde versehene Außenfläche (13) zur Verankerung im Kieferknochen.
1.4
Hat eine an ihm ausgebildete Kronenrandaufnahmefläche (14), welche ausgebildet ist, um die in die Krone (30) eingeleiteten Kaukräfte auf das Gewebeverankerungsteil weiterzuleiten.
2.
Das Zahnaufbauteil (20):
2.1
Ist an dem Knochenverankerungsteil befestigbar.
2.2
An ihm ist eine Krone (30) befestigbar.
3.
Das Knochenverankerungsteil (Gewerbeverankerungsteil) und das Zahnaufbauteil:
3.1
Bestehen aus einem keramischen Material.
3.2
Sind durch Präparation durch den Zahnarzt an den individuellen Zahnfleischverlauf anzupassen.
3.3
Sind mittels eines sich in Längsrichtung des einen Teils erstreckenden Schaftes (15), in den ein am anderen Teil ausgebildetes Schwert (21) einsetzbar ist, miteinander verbindbar.
3.3.1
Sind durch zementierte Verankerung des Schwertes (21) in dem Schaft (15) miteinander verbindbar.
3.3.2
Der Schaft ist am Gewebeverankerungsteil und das Schwert ist am Zahnaufbauteil ausgebildet.
4.
Das Zahnimplantat [in seiner Gesamtheit]:
4.1
Weist auf: eine erste Verdrehsicherung zur rotationsgesicherten Befestigung des Zahnaufbauteils an dem Gewebeverankerungsteil;
4.2
Weist auf: mindestens eine zweite Verdrehsicherung (28) zur rotationsgesicherten Befestigung der Krone an dem Zahnaufbauteil.“
Die von der Klägerin zuletzt als Hauptantrag geltend gemachte Anspruchskombination umfasst auch Unteranspruch 13, dessen Inhalt sich wie folgt eingliedern lässt:
„4.3
Am Gewebeverankerungsteil und/oder am Zahnaufbauteil des Zahnimplantats ist ein für die Anlagerung von Zahnfleischgewebe ausgebildeter Bindegewebsabschnitt (25; 125; 225) bereitgestellt, der eine Oberflächenstruktur aufweist, die die Bindegewebsintegration möglich macht und fördert.“
II.
Einige der Merkmale bedürfen – auch im Hinblick auf die zwischen den Parteien streitige Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre – der näheren Erläuterung.
1. Gemäß der Merkmalsgruppe 3.3 werden das Knochenverankerungs- und das Zahnaufbauteil mittels einer Schwert-Schaft-Verbindung miteinander verbunden.
Der Vorteil der Verbindung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil mittels eines Schwert-Schaft-Mechanismus ist ausweislich Abs. [0034] der Beschreibung die Möglichkeit einer größeren Materialauswahl. Da auf eine Verschraubung der beiden Teile verzichtet wird, ist die Verwendung zugfester Materiealien, wie etwa Titan, nicht mehr notwendig. Stattdessen kann, wie in Merkmal 3.1 beansprucht, Keramik verwendet werden, was bei alleiniger (vgl. hierzu näher weiter unten) Verwendung eines Verschraubungsmechanismus nicht möglich wäre.
Wie der Blick auf die Merkmalsgruppe 3.3.1 sowie Abs. [0039] zeigt, soll das Knochenverankerungsteil als Schaft und das Zahnaufbauteil als Schwert ausgestaltet sein.
Ein wortwörtliches Verständnis der beanspruchten Schwert-Schaft-Verbindung entspricht nicht dem Verständnis des Klagepatents. Das zeigt Abs. [0035], wonach das Schwert unterschiedlichste Querschnitte ausweisen kann und lediglich vorzugsweise geometrisch mit dem Schaft übereinstimmende Querschnittsflächen aufweist. Gemäß Abs. [0036] liegt auch dann eine anspruchsgemäße Schwert-Schaft-Verbindung vor, wenn der eine Teil einen Zapfen aufweist, der in einen Hohlraum des anderen Teils eingeführt wird und zwischen den beiden Teilen ein Spalt verbleibt, der anschließend mittels Zements aufgefüllt wird. Daraus erkennt der Fachmann, bei dem es sich um einen erfahrenen Zahnarzt mit Schwerpunkt Implantologie oder um einen Oralchirurgen mit jahrelanger Erfahrung aufgrund einer Vielzahl von gesetzten Implantaten und Fortbildungen handelt, dass das Klagepatent die beanspruchte Schwert-Schaft-Verbindung funktional versteht. Erforderlich aber auch ausreichend ist demnach, dass ein Teil des Zahnaufbauteils in einen Bereich des Knochenverankerungsteils in Längsrichtung eingeführt werden kann, so dass es darin einen – nicht notwendigerweise festen – Halt bekommt. Eines Formschlusses der beiden Teile bedarf es nicht.
Dieses Verständnis legt weiterhin die Formulierung der Merkmalsgruppe nahe, wonach das Schwert in den Schaft „einsetzbar“ ist. Wäre die Schwert-Schaft-Verbindung wörtlich zu verstehen, spräche der Patentanspruch nicht von „einsetzbar“. Denn ein Schwert wird gemäß dem herkömmlichen Sprachgebrauch nicht in den Schaft eingesetzt, sondern hineingesteckt. Die Aufnahme des echten Schwerts in einen Schaft erfolgt formschlüssig derart, dass das Schwert nur durch Überwindung des Reibungswiderstands wieder auf dem Schaft gezogen werden kann. Dass gemäß dem Klagepatent das Schwert in den Schaft lediglich eingesetzt wird, zeigt demnach ebenfalls, dass eine feste, formschlüssige Verbindung nicht verlangt ist, sondern das Schwert lediglich eine Abstützung im Sinne eines Sitzes im Schaft haben muss.
Das zeigt auch Merkmal 3.3.1, wonach eine stabile Verbindung der beiden Teile durch eine Zementierung erfolgt.
Weder der Wortlaut des Anspruchs noch Ausführungen in der Beschreibung machen Angaben dazu, ob Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil als Ganzes oder nur in Teilen als Schwert bzw. Schaft ausgestaltet sein sollen. Offen bleibt zudem, ob neben der Ausgestaltung als Schwert-Schaft weitere Ausgestaltungen, wie etwa ein Gewinde, vorhanden sein können. Auch aus der Funktion des Schwert-Schaft-Schemas lässt sich nicht ableiten, dass weitere Ausgestaltungen ausgeschlossen sind und allein eine Verbindung mittels Schwert-Schaft anspruchsgemäß ist. Es ist daher anspruchsgemäß möglich, dass eine patentgemäße Ausführungsform neben der Verbindung mittels Schwert und Schaft auch eine Verbindung mittels eines Gewindes aufweist. Die Beanspruchung eines Schwert-Schaft-Mechanismus ist demnach nicht als exklusiv bzw. diskriminierend gegenüber weiteren Verbindungs- und/oder Befestigungsformen zu verstehen.
Eine vollständige Abkehr von der Verwendung von Gewinden zur Verbindung der Teile eines Zahnimplantats kann dem Klagepatent bereits wegen seiner Aufgabenstellung nicht entnommen werden, da die geschilderten Nachteile vermieden oder auch nur verringert werden sollen. Der Einsatz von Keramik und damit die Verwendung kosmetisch ansprechbaren Materials für das Zahnimplantat wird bereits dadurch ermöglicht, dass die Verbindung der Teile nicht ausschließlich mittels einer Verschraubung erfolgt, sondern – wie vom Klagepatent vorgeschlagen – mittels mehrerer Verbindungsformen, nämlich Schwert-Schaft, erste Verdrehsicherung und Zement.
Ein Verständnis, wonach das Klagepatent allein eine Verbindung mittels dem Schwert-Schaft-Schema beansprucht, ergibt sich auch nicht aus dem Verweis der Klagepatentschrift in Abs. [0016] auf die Druckschrift US 20 030 157 459 (im Folgenden: ‘459). Dass das Patent die ‘459 nur grob und keinesfalls exakte merkmalsgenaue Darstellung des Oberbegriffs versteht zeigt sich daran, dass gemäß Anspruch die erste Verdrehsicherung Teil des Oberbegriffs ist, in Abs. [0033] aber zusammen mit der zweiten Verdrehsicherung als „weitere erfindungsgemäße Fortbildung“ bezeichnet wird. Auch die Schwert-Schaft-Verbindung wird als besonderes, erfinderisches Merkmal in Abs. [0034] dargestellt, obwohl es nach dem Anspruchswortlaut dem Oberbegriff zuzuordnen ist und daher dem Stand der Technik. Ebenfalls sieht die ‘459 nach ihrem Anspruch 1 das eigentliche („actual“, vgl. Abs. [0011]) Verbinden („Verankern“/„anchored“) von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil durch Verklemmen, Zementieren, Verkleben oder Verschrumpfen vor. Auch das entspricht nicht der klagepatentgemäßen Lehre. Demnach kann dem Verweis in Abs. [0016] auf die Druckschrift ‘459 nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass die Merkmale des Oberbegriffs wie diejenigen in der Druckschrift ‘459 zu verstehen sind. Für die Annahme, das Klagepatent habe mit dem Verweis auf sie eine Verbindung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil mittels eines Teilgewindes ausgeschlossen, bestehen daher keine ausreichenden Anhaltspunkte.
2. Gemäß dem Merkmal 4.1 weist das Zahnimplantat eine erste Verdrehsicherung zur rotationsgesicherten Befestigung des Zahnaufbauteils an dem Gewebeverankerungsteil auf.
Wie die Verdrehsicherung räumlich-körperlich ausgestaltet ist, lässt der Wortlaut des Patentanspruchs offen. Da es sich um eine Verdrehsicherung handelt, die der rotationsgesicherten Befestigung des Zahnaufbauteils an dem Gewebeverankerungsteil dienen soll, muss sie gleichwohl so ausgestaltet sein, dass sie diese Funktion erfüllen kann (BGH GRUR 2006, 923 Rn. 15 – Luftabscheider für Milchsammelanlage).
Abs. [0033] der Beschreibung ist zu entnehmen, dass die Verdrehsicherung der Aufnahme der beim Kauvorgang entstehenden torsionalen Kräfte dient, die auf das Zahnimplantat wirken. Diese Sicherung gegen ein Verdrehen soll vorzugsweise durch ein formschlüssiges Zusammenwirken der beiden gegen Verdrehung gegeneinander gesicherten Implantatteile erreicht werden. Dies versteht der Fachmann im Zusammenlesen mit dem Anspruchswortlaut dahin, dass ein formschlüssiges Zusammenwirken für die Verdrehsicherung vorzugswürdig, aber eben nicht notwendig ist. Eine absolute, gegenüber anderen Kräften wirkende Befestigungswirkung wird nicht verlangt. Auch der Anspruchswortlaut enthält keine entsprechende Beschränkung. Es bleibt demnach dem Fachmann überlassen, wie er die Verdrehsicherung ausgestaltet, damit sie eine rotationsgesicherte Befestigung des Zahnaufbauteils im Gewebeverankerungsteil gewährleistet. Demnach kann eine Verdrehsicherung auch aus einem (Teil-)Gewinde bestehen, da dieses geeignet ist, torsionalen Kräften entgegenzuwirken.
Dies bestätigt Abs. [0037], wonach „vorzugsweise“ durch eine Ausgestaltung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil in Form unterschiedlicher Querschnitte ein Formschluss erzielt wird, der eine Verdrehsicherung bereitstellt. Daraus kann aber gerade nicht geschlossen werden, dass damit andere Formen der Verdrehsicherung, insbesondere solche mittels eines (Teil-)Gewindes, ausgeschlossen sind. Denn der maßgebliche Anspruchswortlaut geht weiter und lässt sich auch durch Auslegung anhand der Patentschrift, insbesondere des vorzitierten Absatzes, nicht darauf einschränken (BGH, GRUR 2004, 1023 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung).
Nicht beansprucht wird gleichfalls eine vollkommene Verdrehsicherung gegen torsionale Kräfte. Die Verdrehsicherung muss anspruchsgemäß geeignet sein, den torsionalen Kräften beim Kauen in einem nicht unbeachtlichen Maß entgegenzuwirken. Dass hierdurch eine Verbindung entsteht, die eine Verdrehung unter allen Umständen – sprich gegen alle denkbaren torsionalen Kräfte – ausschließt, wird nicht verlangt. Dies tut dem Patentanspruch auch deswegen keinen Abbruch, weil für dessen Ausführbarkeit grundsätzlich ausreichend ist, wenn der Vorteil im Sinne der beanspruchten Wirkung nur in geringem Maße oder nur unter bestimmten Bedingungen eintritt, sofern der erzielbare Erfolg noch praktisch erheblich ist (BGH GRUR 2015, 472 Rn. 36 – Stabilisierung der Wasserqualität).
Die Beklagtenpartei will das Merkmal demgegenüber dahingehend verstanden wissen, dass die Verdrehsicherung durch eine entsprechende Ausgestaltung der Schwert-Schaft-Verbindung erreicht wird. Hierzu beruft sie sich unter anderem auf die in Abs. [0016] genannte US-Schrift ‘459 und entnimmt dieser die Absage an Gewindesysteme zur Verdrehsicherung, sodass nur die Schwert-Schaft-Verbindung hierfür übrigbleibe.
Sofern man durch den Verweis von Abs. [0016] auf die US-Schrift ‘459 diese zur Auslegung heranziehen wollte, kann ihr nicht entnommen werden, dass sie dadurch eine Verdrehsicherung mittels eines Gewindes ausschließt. Auf die Ausführungen zur Bedeutung des Verweises auf die ‘459 unter 1. kann insoweit verwiesen werden.
Auch in systematischer Sicht liegt die erste Verdrehsicherung nicht in der Schwert-Schaft-Verbindung. Denn die erste Verdrehsicherung ist als eigenständiges Merkmal neben der Schwert-Schaft-Verbindung von Knochenverankerungs- und Zahnaufbauteil formuliert. Richtigerweise ist aber jedem Merkmal im Rahmen der Auslegung eine eigenständige Bedeutung bzw. technische Wirkung beizumessen, die sich in das Gesamtgefüge der Merkmale des Anspruchs widerspruchslos einfügt (BGH GRUR 2004, 845 (846) – Drehzahlermittlung). Es ergeben sich weder aus dem Wortlaut noch der Beschreibung Anhaltspunkte dafür, davon vorliegend ausnahmsweise abzuweichen. Daher ist die erste Verdrehsicherung als ein Merkmal auszulegen, das eigenständig von der Schwert-Schaft-Verbindung ist und nicht diese selbst darstellt. Somit kann das Merkmal der Schwert-Schaft-Verbindung nach richtiger Auslegung nicht identisch sein mit dem Merkmal der ersten Verdrehsicherung.
3. Nach der von der Klägerin zuletzt geltend gemachten Kombination von Anspruch 1 und Anspruch 13 ist am Gewebeverankerungsteil und/oder am Zahnaufbauteil des Zahnimplantats ein für die Anlagerung von Zahnfleischgewebe ausgebildeter Bindegewebsabschnitt (25; 125; 225) bereitgestellt, der eine Oberflächenstruktur aufweist, die die Bindegewebsintegration möglich macht und fördert.
Ausweislich Abs. [0046] der Beschreibung des Klagepatents ermöglicht ein Bindegewebsabschnitt, der über eine Oberflächenstruktur verfügt, die die Bindegewebsintegration fördert, eine besonders effiziente und stabile Anlagerung von Bindegewebe an die Implantatoberfläche und erleichtert somit einen speicheldichten Wundverschluss nach Implantation und eine dauerhafte knöcherne und bindegewebige Integration des Implantats. Der Bindegewebsabschnitt kann durch eine Beschichtung des Grundmaterials oder eine Modifikation des Grundmaterials, wie beispielsweise eine Ätzung oder einen anderen Abtragvorgang, hergestellt werden.
Die Oberflächenstruktur kann gem. Abs. [0049] der Beschreibung eine aufgeraute Oberflächenstruktur aufweisen, die mittels Glasperlenstrahlen, Glasmehlstrahlen, Ätzung oder additiven Maßnahmen erreicht wird. Dass es sich um eine aufgeraute Oberflächenstruktur handeln kann, zeigt auch Unteranspruch 16.
In welchem Stadium der Herstellung des Zahnimplantats die Oberflächenstruktur hergestellt wird, lässt das Klagepatent offen. Auch die Art und Weise, wie sie erreicht wird, wird nicht eingeschränkt, sondern lediglich anhand der Beschreibung bespielhaft erläutert. Schließlich lässt das Klagepatent offen, in welchem Ausmaß die Bearbeitung der Oberflächenstruktur erfolgen muss. Bestimmte Angaben zur Rauigkeit der Oberfläche fehlen. Lediglich funktionsbedingt muss die Oberflächenstruktur so gestaltet sein, dass sie die Bindegewebsintegration möglich macht und fördert. Ferner muss sie über eine immanente Eigenschaft des Materials des Zahnimplantats zur Bindegewebsintegration hinausgehen, andernfalls das Merkmal keine technische Bedeutung hätte.
III.
Richtigerweise ist zwischen den Parteien nur die Verwirklichung der Merkmale 3.3., 4.1 und 4.3 streitig. Auch sie werden von der angegriffenen Ausführungsform II der Beklagten verwirklicht.
1. Die angegriffene Ausführungsform II weist ebenso wie die angegriffene Ausführungsform I ein zweiteiliges Zahnimplantat auf, bestehend aus Knochenverankerungsteil und Zahnaufbauteil (auch: Abutment).
Das Zahnaufbauteil weist im unteren Teil einen vom Umfang her im Verhältnis zum oberen Teil kleineren Fortsatz auf. Dieser wird ausweislich der Abbildung der Beklagten in der Anlage PBP 3b in einen Hohlraum der Knochenverankerungsteils eingeführt. Infolgedessen sind Zahnaufbau- und Knochenverankerungsteil miteinander verbunden.
Demnach bildet das Zahnaufbauteil ein Schwert im Sinne des Klagepatents und das Knochenverankerungsteil einen zum Einsetzen darin geeigneten Schaft im Sinne des Klagepatents, wodurch beide miteinander verbunden werden. Nach richtiger Auslegung ist weder eine formschlüssige noch eine feste, nicht verrückbare Verbindung zwischen den beiden Teilen durch die Schwert-Schaft-Verbindung erforderlich.
Ebenso wenig verlangt das Merkmal eine ausschließliche Schwert-Schaft-Verbindung, so dass das am oberen Rand des Fortsatzes befindliche Teilgewinde nicht aus der Verwirklichung des Merkmals herausführt.
2. Das am oberen Rand des Fortsatzes befindliche Teilgewinde stellt eine Verdrehsicherung im Sinne von Merkmal 4.1 des Klagepatents dar.
Durch das Teilgewinde wird das Zahnaufbauteil derart mit dem Knochenverankerungsteil verbunden, dass den torsionalen Kräften des Kauvorgangs entgegengewirkt wird. In Drehrichtung wirkt als Verdrehsicherung die Verschraubung der beiden Teile selbst. In die entgegengesetzte Richtung wirkt der durch die Verschraubung bewirkte Reibschluss.
Das Klagepatent verlangt lediglich eine Eignung als Verdrehsicherung zum Entgegenwirken torsionaler Kräfte. Dass sich die durch das Gewinde bewirkte Verdrehsicherung insbesondere bei Aufwendung einer Krafteinwirkung entgegen der Drehrichtung möglicherweise wieder lösen kann, steht der Anspruchsverwirklichung nicht entgegen.
Soweit die Beklagte bestreitet, dass beim Eindrehen des Zahnaufbauteils mittels eines Drehmoments von 15 Ncm eine ausreichende Verdrehsicherung hergestellt wird, um einen Beitrag zur Lösung der Aufgabe des Klagepatents zu leisten, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Es steht aus eigener Anschauung zur Überzeugung der Kammer – auch wenn sie aus technischen Laien besteht – fest, dass durch eine Verschraubung der Teile der angegriffenen Ausführungsform eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt werden kann, die eine jedenfalls vorübergehende Sicherung gegen Rotationsbewegungen bewirkt. Etwas anderes wird von Merkmal 4.1 nicht beansprucht. Es ist aus Sicht der Kammer offenkundig, dass nach Verbindung zweier Teile durch eine nicht ganz lockere Verschraubung diese bei Aufbringung irgendeiner Rotationskraft nicht sofort wieder gelöst wird.
Das Bestreiten der Beklagten ist auch deswegen nicht durchschlagend, weil sie nicht aufzeigt, welche konkreten Rotationskräfte heranzuziehen sind, um zu überprüfen, ob die Verschraubung mit einem Drehmoment von 15 Ncm ausreichend Befestigung bietet. Es liegt auf der Hand, dass die patentgemäße erste Verdrehsicherung betreffend ein Zahnimplantat nur bestimmten, definierbaren torsionalen Kräften entgegenwirken können soll, nämlich denen, die bei beim Kauen auftreten. Welche Werte diese haben (können) hat die Beklagte nicht dargelegt, so dass ihr Bestreiten ins Leeren geht.
3. Die angegriffene Ausführungsform II verfügt ausweislich der Untersuchung der Klägerin gemäß der Anlage PBP 5 über eine unebene Oberfläche. Ferner bietet die Oberfläche gemäß den Angaben der Beklagten in der Anlage PBP 3b im transgingivalen Schulterbereich eine optimale Oberfläche für das Weichgewebe.
Demnach ist an einem Teil des Knochenverankerungsteils eine Oberfläche vorhanden, die die Anwachsung von Zahnfleischgewebe möglich macht und fördert. Wie die Oberflächenstruktur hergestellt wird spielt nach der Lehre des Patents, wie dargestellt, keine Rolle. Es kann daher dahinstehen, ob die Oberflächenstruktur – wie von der Beklagten behauptet – allein dem Herstellungsprozess in Bezug auf das dabei verwendete Material geschuldet oder das Ergebnis eines gesonderten Bearbeitungsvorgangs ist. Unteranspruch 13 in der geltend gemachten Fassung ist daher ebenfalls verwirklicht.
4. Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I hat die Beklagte die Ansprüche der Klägerin bis auf den Urteilsveröffentlichungsanspruch anerkannt. Vortrag hinsichtlich einer fehlenden Verletzung hat sie nicht zur Akte gereicht. Stattdessen hat sie argumentiert, dass die speziellen, von einer Verletzung unabhängigen Voraussetzungen eines Urteilsveröffentlichungsanspruchs hinsichtlich der Ausführungsform I nicht vorliegen.
Der von der Klägerin gehaltene Tatsachenvortrag hinsichtlich der Verwirklichung der technischen Lehre ihrer geltend gemachten Anspruchskombination ist daher gem. § 138 Abs. 2 ZPO als zugestanden anzusehen. Bezüglich der Rechtslage schließt sich die Kammer den schlüssigen Ausführungen der Klägerin an, sodass auch hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I eine Verletzung zu bejahen ist.
IV.
Aufgrund der dargestellten Verletzungshandlung ergeben sich folgende Rechtsfolgen zugunsten der Klägerin.
1. Die Beklagte ist der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da sie zur Benutzung der patentgemäßen Lehre nicht berechtigt ist.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140 b Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu.
Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140 b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140 b Abs. 3 PatG.
Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
Die von der Beklagten im Laufe des Verfahrens gemachten Auskünfte reichen für eine Erfüllung der Auskunftspflicht nicht aus, da sie unspezifiziert erfolgten.
Aufgrund der von der Beklagten gemachten – und von der Klägerin insoweit unwidersprochenen – Angaben zum erstmaligen Inverkehrbringen der Produkte der angegriffenen Ausführungsform II im Jahr 2016 besteht kein Anspruch für die Zeit davor.
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte im tenorierten Umfang einen Anspruch auf Vernichtung der unmittelbar patentverletzenden Erzeugnisse gem. Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 1 PatG.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte im tenorierten Umfang auch einen Anspruch auf Rückruf der unmittelbar patentverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen gem. Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG.
4. Es besteht gleichfalls ein feststellungsfähiger Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
a) Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
b) Die Beklagte ist zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB.
c) Da die Klägerin erst seit dem 01.05.2020 Inhaberin des Klagepatents ist, kann sie erst ab diesem Zeitpunkt die Feststellung eines ihr selbst entstandenen Schadens verlangen. Für die Zeit davor kann sie das ohne Abtretung von Schadensersatzansprüchen nur als Prozessstandschafterin. Das tut die vorliegend. Die Beklagte ist dem nicht weiter entgegengetreten.
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass Produkte der angegriffenen Ausführungsform I erst im Jahr 2016 zugelassen worden seien, so dass für Ansprüche davor kein Raum bestehe, führt dies zu einer Einschränkung der Feststellungsanspruch im tenorierten Umfang. Die Klägerin ist der Behauptung der Beklagten insoweit nicht entgegengetreten.
5. Dem Ausgleichsanspruch gem. § 33 Abs. 1 PatG für die Zeit von der Veröffentlichung der Patentanmeldung gem. § 32 Abs. 5 PatG bis zur Veröffentlichung der Patenterteilung gem. § 58 Abs. 1 Satz 3 PatG am 30.07.2014 steht der von der Beklagten erhobene Einwand der Verjährung entgegen. Der Ausgleichsanspruch verjährt gem. § 195 BGB in 3 Jahren, die Klage wurde in 2020 erhoben. Vorangehende Hemmungstatbestände sind nicht vorgetragen.
6. Der Urteilsveröffentlichungsanspruch gem. § 140 e Satz 1 PatG besteht hinsichtlich der Ausführungsform I nicht, wohl aber hinsichtlich der Ausführungsform II.
a) Ein Urteilsveröffentlichungsanspruch i.S.d. § 140 e Satz 1 PatG besteht, wenn die Veröffentlichung objektiv geeignet und erforderlich ist, um einen eingetretenen und noch bestehenden Störungszustand zu beseitigen. Da sich aus der Veröffentlichung erhebliche Nachteile für die unterlegene Partei ergeben können, sind besondere Umstände erforderlich, um eine öffentliche Bekanntmachung zu rechtfertigen. Dazu bedarf es einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Dabei sind im Regelfall unter anderem Art, Dauer und Ausmaß der Rechtsverletzung, der Grad des Verschuldens, die zwischenzeitlich verstrichene Zeit, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die Folgen einer Bekanntmachung für den Unterlegenen und das Ausmaß des gegenwärtig noch andauernden Störungszustands zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe GRUR-RS 2016, 21121 – Advanced System; Grabinski/Zülch, in: Benkard, PatG, 11. Aufl. 2015, § 140 e Rn. 4).
b) Vorliegend ist einerseits zu berücksichtigen, dass von der Ausführungsform I nach den Angaben der Beklagten keine Exemplare verkauft wurden und die Werbung dafür bereits eingestellt wurde, während andererseits von der Ausführungsform II mehrere hundert Stück verkauft wurden. Der Zeitraum für den Verkauf der Ausführungsform II dauert seit 2016 an und damit einen nicht unerheblichen Zeitraum.
Besonders zu beachten ist, dass die betroffenen Produkte bei der zahnmedizinischen Behandlung unmittelbar am/im Patienten zum Einsatz kommen. Daraus folgt aus Sicht der Kammer eine besondere Interessenlage, die auch über die der beiden Parteien hinausgeht. Sie betrifft nämlich sowohl den behandelnden Arzt als auch den Patienten. Bei gesundheitsbezogenen Produkten ist sowohl der Bereich der ärztlichen Tätigkeit als auch der höchstpersönliche Bereich des Patienten betroffen. Erfasst ein die Patentverletzung bejahendes Urteil gesundheitsbezogene Produkte, besteht ein besonderes Interesse der Klägerin daran, im eigenen wie auch im Interesse der Ärzte und Patienten, hierüber aufzuklären. Denn im Bereich der Heilbehandlung wiegt die Frage, ob ein patentverletzendes Produkt angeboten wurde oder nicht, ungleich schwerer als in anderen Bereichen, wie etwa der Unterhaltungselektronik. Sowohl Ärzte als auch Patienten sollen soweit wie möglich eine sichere Kenntnis davon erhalten, dass die von ihnen verwendeten Produkte in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Dementsprechend sind sie auch darüber aufzuklären, dass bestimmte Produkte nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, nämlich, dass sie patentverletzend sind.
Dieses besonders zu berücksichtigende Interesse ergibt sich etwa aus dem Umstand, dass Ersatzexemplare, Ersatzteile oder Nachfolgeprodukte der patentverletzenden Ausführungsform aufgrund des erwirkten Unterlassungsanspruchs gar nicht mehr geliefert werden können. Arzt und Patient müssen sich im Klaren darüber befinden, dass für bestimmte, von ihnen womöglich aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses bewusst ausgewählte Produkte, eine Nachlieferung aufgrund des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs nicht mehr möglich ist. Hierüber müssen sie informiert werden, um rechtzeitig ihre Entscheidung zu überdenken. Übliche Abwägungskriterien wie Anzahl der verkauften Verletzungsprodukte, Dauer der Verletzungshandlungen etc. spielen daher bei gesundheitsbezogenen Produkten eine untergeordnete Rolle.
Hinzu kommt in allgemeiner Hinsicht, dass der Anspruch auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen gem. § 140 a Abs. 3 PatG allein nicht ausreichend ist, um die Öffentlichkeit zu informieren. Das zeigt bereits die Existenz des § 140 e PatG sowie Erwägungsgrund 27 der Richtlinie 2004/48/EG, auf den er zurückgeht. Für den Gläubiger relevant ist dabei besonders, dass der Anspruch gem. § 140 a Abs. 3 PatG nur eine Handlungs- aber keine Erfolgspflicht begründet (BGH GRUR 2018, 292 (295) – Produkte zur Wundversorgung zum markenrechtlichen Rückrufanspruch, der aber mit dem patentrechtlichen die gemeinsame Grundlage in der der Richtlinie 2004/48/EG hat). Ferner ist jedenfalls der Rückrufanspruch nach herrschender Auffassung gem. § 888 ZPO zu vollstrecken (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl. 2021, D., Rn. 705; Chakraborty/Haedicke, in: Haedicke/Timmann, Handbuch des Patentrechts, 2. Auflage 2020, § 15 Rn. 761; a.A.: Mes, PatG, 5. Aufl. 2020, § 140 a Rn. 29; Grabinski/Zülch, in: Benkard, PatG, 11. Aufl. 2015, § 140 a Rn. 22). Weigert sich der Schuldner demnach, seinen Pflichten aus § 140 a Abs. 3 PatG (ordnungsgemäß) nachzukommen, ist ein zeitaufwändiges Vollstreckungsverfahren durchzuführen. In der Zwischenzeit können Ärzte und Patienten in Unwissenheit der Patentverletzung die bereits im Umlauf befindlichen Produkte verwenden. Bei einer – hier nicht vorliegenden – mittelbaren Patentverletzung soll ein Anspruch nach § 140 a Abs. 3 PatG überhaupt ausgeschlossen sein.
Der Urteilsveröffentlichungsanspruch gibt dem Gläubiger dagegen ein Instrument an die Hand, mit dem er ohne Zutun des patentverletzenden Schuldners selbständig die betreffende Öffentlichkeit – wenn auch gem. § 140 S. 3, S. 4 PatG erst nach Rechtskraft – informieren kann.
c) Die gebotene Abwägung führt demnach dazu, für die nicht veräußerten Produkte der Ausführungsform I einen Anspruch der Klägerin nach §§ 140 e Satz 1 PatG zu verneinen. Denn das Interesse der Klägerin wie auch Dritter bezüglich der Information über die Patentverletzung von Produkten, die überhaupt nicht verkauft wurden und auch nicht mehr verkauft werden, ist im Verhältnis zum Interesse der Beklagten deutlich geringer zu bewerten.
Andererseits ist das Interesse an der Urteilsveröffentlichung der Klägerin aufgrund der Dauer der Verletzungshandlungen betreffend die Ausführungsform II seit 2016, den eingeschränkten Möglichkeiten nach § 140 a PatG für den Gläubiger sowie insbesondere aufgrund des Umstands, dass es sich vorliegend um gesundheitsbezogene Produkte handelt, zusammen mit den Interessen von Ärzten und Patienten weitaus höher einzustufen als das der Beklagten.
Dem steht nicht entgegen, dass durch die beantragten Veröffentlichungen in zahnärztlichen Fachzeitschriften die (potentiellen) Patienten nicht direkt angesprochen werden. Denn sie werden durch die unmittelbare Ansprache der Ärzte gleichsam miterfasst, da der Arzt im Rahmen des Aufklärungsgesprächs mit dem Patienten auch über die Probleme (=Patentverletzung) der angegriffenen Ausführungsform II informieren wird.
Die einmalige Veröffentlichung in jeder der beantragten zahnärztlichen Fachzeitschriften dürfte, im Gegensatz zur Klägerin, die die dreimalige Veröffentlichung verlangt, für die Information ausreichend sein.
B.
Aufgrund der von den Beklagten gegen das Klagepatent eingewandten Entgegenhaltungen ist eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zu einer auch nur erstinstanzlichen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht geboten.
I.
Weder ein Einspruch gegen das Klagepatent noch die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche stellen einen hinreichend Grund für die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits dar, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist, § 58 Abs. 1 PatG.
Eine Aussetzung des Verletzungsstreits ist im Hinblick auf ein anhängiges Bestandsverfahren nur dann interessengerecht und gerechtfertigt, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass einer Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet es, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff auf den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist gleichwohl nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem anhängigen Bestandsverfahren nicht standhalten wird (BGH GRUR 2014 1238 Rn. 4 – Kurznachrichten).
Wurde das Klagepatent bereits in einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestätigt oder für nicht beständig gehalten, hat das Verletzungsgericht grundsätzlich die von der zuständigen Fachinstanz nach technisch sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über das Schicksal des Klagepatents hinzunehmen. Eine Bestandsentscheidung lag im Zeitpunkt der Absetzung dieses Urteils noch nicht vor.
Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des BPatG vorliegend aus. Die Kammer vermag nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Nichtigkeitsklage der Beklagten Erfolg haben wird.
II.
Die Beklagte macht vorliegend im Rahmen des Aussetzungsantrags allein die fehlende Neuheit der technischen Lehre des Klagepatents in Bezug auf die Entgegenhaltung WO 2005/044133 A1 (Anlage B 2/E 1) geltend.
Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung der von der Klägerin zuletzt mit der Anspruchskombination von Anspruch 1 und Unteranspruch 13 geltend gemachten und vom Gericht durch die Produkte der Beklagten für verwirklicht erkannten technischen Lehre ist der Entgegenhaltung indes nicht zu entnehmen. Denn die Merkmale des Unteranspruchs 13 werden dort nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
Die Beklagte führt aus, die Entgegenhaltung offenbare auf S. 7 die immanente Eigenschaft von Zirkonoxid für ein gutes Einwachsverhalten zu sorgen. Diese immanente Eigenschaft gelte für alle Oberflächengestaltungen von Zirkonoxid. Demgegenüber sei für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt klar gewesen, dass die Oberflächenbeschaffenheit an sich für das Einwachsverhalten keine Rolle spiele. Demnach sei dem Fachmann durch die Information über das gute Einwachsverhalten von Zirkonoxid unabhängig von dessen Oberflächenstruktur offenbart, dass es entsprechend der Lehre von Unteranspruch 13 die Bindegewebsintegration möglich macht.
Das Teilmerkmal des Förderns der Bindegewebsintegration werde ebenfalls offenbart, da die Entgegenhaltung von der Beschleifbarkeit von Zirkonoxid auf S. 5, 1. Absatz und auf S. 7, 1. Absatz berichte. Daraus erkenne der Fachmann, dass durch einen Beschleifvorgang die Oberflächenstruktur so bearbeitet werde, dass eine Bindegewebsintegration gefördert werde.
Dem ist zu entgegnen, dass die Entgegenhaltung E 1 an keiner Stelle für den Fachmann eindeutig und unmittelbar die Oberflächenstruktur des Bindegewebsabschnitts eines Zahnimplantats und dessen Vorteile für die Bindegewebsintegration thematisiert. Stattdessen erläutert sie in allgemeiner Weise die Eigenschaft von Zirkonoxid, die Bindegewebsintegration zu unterstützen sowie die weitere Eigenschaft von Zirkonoxid, gut beschleifbar zu ein. Dass – wie Unteranspruch 13 fordert – der Bindegewebsabschnitt so ausgestaltet wird, dass er aufgrund seiner Oberflächenstruktur die Bindegewebsintegration möglich macht und fördert, ist hingegen nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
Demnach ist die technische Lehre der geltend gemachten Anspruchskombination nicht neuheitsschädlich vorweggenommen und eine Aussetzung muss unterbleiben.
III.
Gegen die von der Klägerin zuletzt beschränkte Geltendmachung von Unteranspruch 13 hat die Beklagte richtigerweise keine Bestandsangriffe vorgebracht. Das Streichen des Wortes „oder“ zwischen den Bestandteilen „möglich macht und“ und „fördert“ führt zu einer reinen Beschränkung des Anspruchs, die den Schutzbereich nicht erweitert.
C.
I.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Klägerin obsiegt hinsichtlich der nicht anerkannten angegriffenen Ausführungsform II weit überwiegend.
Hinsichtlich der Ausführungsform I hat die Beklagte die Ansprüche der Klägerin bis auf den Urteilsveröffentlichungsanspruch sofort anerkannt im Sinne des § 93 ZPO, sodass insoweit die Kosten der Klägerin aufzuerlegen sind. Das Anerkenntnis mit der Wirkung des § 93 ZPO war ihr auch noch nach der gebotenen Korrektur der Anträge der Klägerin möglich, BGH MDR 2007, 858. Auch hinsichtlich des nicht anerkannten Urteilsveröffentlichungsanspruch trifft die Klägerin die Kostenlast, da sie hiermit unterlegen ist.
Da die Beklagte nach ihren Angaben von der angegriffenen Ausführungsform I keine, von der angegriffenen Ausführungsform II ca. 300 Stück verkauft hat, ist der Wert der Anträge bezogenen auf die Ausführungsform II um ein vielfaches höher anzusetzen als für die Ausführungsform I. Dementsprechend rechtfertigt sich die ausgeurteilte Kostenquote von 80 zu 20 zu Lasten der Beklagten.
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
D.
Der Streitwert war gem. §§ 3 ZPO, 51 GKG auf 1.000.000,00 EUR endgültig festzusetzen.


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