IT- und Medienrecht

Wettbewerbsverstoß im Vermittlungsgeschäft für Anzeigenwerbung: Hinreichender Anlass für die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber wegen unlauterer Geschäftspraktiken erwirkten Unterlassungsurteils unter seiner namentlichen Nennung – Vorsicht Falle

Aktenzeichen  I ZR 167/20

Datum:
6.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:060521UIZR167.20.0
Normen:
§ 4 Nr 1 UWG
§ 823 Abs 1 BGB
§ 1004 Abs 1 S 2 BGB
Art 2 Abs 1 GG
Art 5 Abs 1 S 1 GG
Art 12 Abs 1 GG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Leitsatz

Vorsicht Falle
Ein hinreichender Anlass für die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils unter seiner namentlichen Nennung kann bestehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ein schutzwürdiges Interesse an der Information über die untersagten unlauteren Geschäftsmethoden des Mitbewerbers haben und eine Aufklärung angezeigt ist, um sonst drohende Nachteile bei geschäftlichen Entscheidungen von ihnen abzuwenden.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Düsseldorf, 27. August 2020, Az: I-20 U 58/19vorgehend LG Düsseldorf, 5. Juni 2019, Az: 12 O 210/18

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. August 2020 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin ist ein Unternehmen, als dessen Geschäftsgegenstand im Handelsregister des Amtsgerichts Bochum die Anzeigenvermittlung für Präventions-Medien eingetragen ist. Der Beklagte, der Verlag D.             , befasst sich mit der Gewinnung von Anzeigenkunden für seine Publikationen.
2
Der Beklagte erwirkte am 11. September 2013 ein Urteil des Landgerichts Bochum, mit dem die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt wurde, verschiedene geschäftliche Handlungen zu unterlassen, und zwar die unaufgeforderte Telefonwerbung für Anzeigenaufträge, den Auftritt unter der Firma “POLIZEI-aktuell” in Werbeanrufen, die Werbung für Anzeigenaufträge unter der Bezeichnung “Redaktion POLIZEI-aktuell”, die unzutreffende Behauptung eines früher erteilten Anzeigenauftrags in Werbeanrufen, die Versendung von Auftragsbestätigungen im Anschluss an eine Telefonwerbung mit nicht besprochenen Angaben über die Dauer des Auftrags und die Verbreitung der Anzeige oder die Versendung von Anzeigenrechnungen ohne Auftragserteilung.
3
Im Jahr 2018 warnte der Beklagte auf seiner Internetseite “www.       .de” unter dem Menüpunkt “Vorsicht Falle” und der dortigen Rubrik “Anzeigenvermittlung” vor unlauteren Methoden von unseriösen Verlagen bei der Anzeigenwerbung. In einem Textbeitrag unter der Überschrift “Vorsicht Falle” verwies er darauf, dass jeder Privatverlag in seinem Namen den nicht wirksam geschützten Begriff “Polizei” führen dürfe, auch wenn er keine Verbindung zur Polizei habe. Außerdem führte er an, unseriöse Verlage verwendeten in der Anzeigenwerbung unlautere Werbemethoden wie die – näher beschriebene – Telefon- und Faxmasche, Kopiermasche oder Kündigungsmasche. Der Beklagte bat die Leser um Mitteilung, falls sie einer der beschriebenen Werbemethoden zum Opfer gefallen seien, um gegen die Werbeverstöße von Konkurrenten gerichtlich vorgehen zu können. Abschließend wies er darauf hin, dass er gegen die Werbung der folgenden Unternehmen bereits vorgegangen sei und bei einem weiteren Verstoß in der Regel ein Ordnungsgeld beantragen könne. Im Anschluss führte er – wie nachfolgend wiedergegeben – die Klägerin und das gegen sie erwirkte rechtskräftige Urteil des Landgerichts Bochum unter Wiedergabe des strafbewehrten Unterlassungstenors an und bat um Mitteilung bekannt gewordener Verstöße; zudem verwies er auf ein vom Landgericht Bochum in diesem Verfahren am 17. Juni 2015 festgesetztes Ordnungsgeld über 2.500 €:
4
Die Klägerin sieht in ihrer namentlichen Nennung im Zusammenhang mit der Wiedergabe des Urteilstenors eine unlautere Herabsetzung.
5
Sie hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den Namen der Klägerin, also den Namen “Anzeigenvermittlung für Präventions-Medien Adam UG (haftungsbeschränkt)”, im Internet im Zusammenhang mit dem Urteil des Landgerichts Bochum, Aktenzeichen       , vom 11. September 2013 zu veröffentlichen, wie auf der eingeblendeten Internetseite https://www.                                              geschehen.
6
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.


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