IT- und Medienrecht

Widerruf, Unterlassung, Feststellung, Rechtsschutzbedürfnis, Vorwurf der Dienstpflichtverletzung

Aktenzeichen  M 5 K 20.4303

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19917
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 45

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Leistungsklage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abgabe der geltend gemachten Widerrufs- und Unterlassungserklärung wie auch auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten als ihren Dienstherrn auf eine formale Erklärung mit dem Inhalt, die Behauptung im Schreiben des Staatlichen Schulamts im Landkreis M* … vom … Oktober 2019, die Klägerin habe ihre Dienstpflichten verletzt, zu widerrufen und eine Wiederholung dieser Behauptung zu unterlassen.
a) Hinsichtlich des Anspruchs, eine Wiederholung der Behauptung zu unterlassen, fehlt bereits ein Rechtsschutzbedürfnis. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass Behörden des Beklagten die von der Klagepartei bezeichnete Aussage wiederholen würden. Nach Aktenlage wie auch in der mündlichen Verhandlung haben die Vertreterinnen des Beklagten erklärt, dass ohne die vorliegende Klage die Akten zu diesem Vorgang längst vernichtet worden wären.
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine förmliche Widerrufserklärung bezüglich des Schreibens des Staatlichen Schulamts vom … Oktober 2019.
Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, in welcher Weise der Dienstherr zum Schutz eines Beamten vor Verleumdungen und Ehrverletzungen einzuschreiten hat und unter welchen Voraussetzungen die Untätigkeit des Dienstherrn ein Rehabilitationsinteresse des betroffenen Beamten auslöst (BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 ZB 12.2776 – juris Rn. 8; BVerwG, B.v. 11.9.2009 – 2 B 92.08 – juris Rn. 7). Ein Beamter kann als Teil des ihm im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes bei seiner amtlichen Tätigkeit beanspruchen, dass der Dienstherr eine Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechende Erklärung ausräumt. Form und Inhalt der vom Dienstherrn geschuldeten Erklärung müssen der ansehensbeeinträchtigenden Äußerung möglichst nahe entsprechen. Je schwerwiegender der Vorwurf gegenüber einem Beamten ist, desto deutlicher hat die die Zurückweisung durch den Dienstherrn zu erfolgen. Der Dienstherr kann unter mehreren geeigneten Möglichkeiten wählen, um die richterrechtlich vorgegebenen Anforderungen an seine Erklärung umzusetzen. Insoweit besteht ein Ermessen des Dienstherrn. Auch im Fall unzulässiger Kritik als Verwaltungsinternum kann der Beamte beanspruchen, dass der Dienstherr die Ansehensbeeinträchtigung für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung entsprechenden Erklärung ausräumt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 ZB 12.2776 – juris Rn. 8 m.w.N.; Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2021, § 45 BeamtStG Rn. 118, 119a; Schnellenbach in Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Auflage 2020, § 10 Rn. 37, 41).
Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin ein Anspruch auf die mit der Klage geltend gemachte Widerrufserklärung nicht zu. Denn die bislang in dieser Angelegenheit erfolgten Schreiben und Verlautbarungen des Dienstherrn reichen aus, um die verwaltungsintern geäußerte Kritik am Verhalten der Klägerin, die diese als unzutreffend empfunden hat, auszuräumen.
Die im Tatbestand zitierten Passagen aus dem Schreiben des Regierungsvizepräsidenten vom … März 2020 räumen die von der Klägerin (als unzutreffend angesehenen) Kritikpunkte aus, die im Schreiben des Staatlichen Schulamts vom … Oktober 2019 an die Klägerin persönlich und im – in den wesentlichen Passagen inhaltsgleichen – Schreiben des Schulamts an die Klägerbevollmächtigten vom III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet … Dezember 2019 angegeben sind. Der Regierungsvizepräsident weist ausdrücklich darauf hin, dass die Schulrätin den konkreten Vorwurf eines Dienstvergehens nicht erhoben habe, auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei nie in den Raum gestellt worden. Die entsprechende Formulierung in den Schreiben des Staatlichen Schulamts könne missverständlich aufgefasst werden und sei unglücklich. Dieses Schreiben räumt den im Raum stehenden Begriff der Dienstpflichtverletzung der Klägerin aus. Entsprechend hat die Regierung von Oberbayern im Schreiben der Abteilung für Lehrerpersonal an die Klägerbevollmächtigten vom … August 2020 wiederholt, dass ein dienstrechtliches Verfahren gegen die Klägerin nicht eingeleitet worden sei. Die Vertreterinnen des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung am … Juni 2021 ausdrücklich erklärt, dass der Dienstherr im Verhalten der Klägerin während des Klassenelternabends am … Oktober 2019 keine Dienstpflichtverletzung sehe.
Diese Schreiben und Verlautbarungen reichen nach Ansicht des Gerichts aus, um eine von der Klägerin verstandenen, von ihr als unberechtigt empfundenen Vorwurf einer möglichen Dienstpflichtverletzung auszuräumen. Dabei muss gesehen werden, dass die Formulierungen in den Schreiben des Schulamtes vom … Oktober 2019 und *. Dezember 2019 sehr offen gefasst und unbestimmt sind („einige der Äußerungen (der Klägerin) an diesem Abend wurden als sehr unpassend empfunden und teilweise als Verletzung Ihrer Dienstpflichten betrachtet“). Zudem wird dort ausdrücklich nur die Auffassung der Schulleiterin und der Konrektorin wiedergegeben. Die unterzeichnende Schulrätin gibt diesen Eindruck nur wieder und macht ihn sich ausdrücklich nicht zu Eigen. Das gilt auch mit Blick auf die Formulierung „… Ziel des Gesprächs wird sein, wieder zu einer vertrauensvollen, Ihren Dienstpflichten entsprechenden Zusammenarbeit mit der Schulleitung Ihrer Stammschule zurückzufinden. …“. Auch aus dieser Formulierung folgt nicht, dass der Klägerin konkret der Vorwurf gemacht wird, sie habe ihre Dienstpflichten verletzt. Diese Passage weist auf die Dienstpflichten hin, ohne konkret deren Verletzung vorzuhalten. Zudem ist sowohl im bereits zitierten Schreiben des Regierungsvizepräsidenten wie auch in den weiteren Schreiben und Verlautbarungen der Regierung erwähnt, dass die zu diesem Sachverhalt angefallenen Unterlagen ausdrücklich nicht zu den Personalakten der Klägerin genommen werden. Auch das unterstreicht, dass der Dienstherr keine Dienstpflichtverletzung der Klägerin sieht.
Die entsprechenden klarstellenden Äußerungen und Verlautbarungen der Vertreter des Dienstherrn – im Wesentlichen in Form von an die Klägerbevollmächtigten gerichteten Schreiben – entsprechen der Form den von der Klägerin als (unzutreffend und) verletzend empfundenen Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom … Oktober 2019 und … Dezember 2019.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die mit der Klage hilfsweise geltend gemachte Feststellung, dass sie keine Veranlassung für den im Schreiben des Staatlichen Schulamts vom … Oktober 2019 erhobenen Vorwurf, sie habe ihre Dienstpflichten verletzt, gegeben hat. Hierfür besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, da ein solcher Vorwurf im Schreiben vom … Oktober 2019 nicht erhoben wird.
Ein entsprechender Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung ist konkret von den für die Feststellung und Ahndung von Dienstpflichtverletzungen zuständigen Vertretern des Dienstherrn in Bezug auf das Verhalten der Klägerin beim Elternabend am … Oktober 2019 nie erhoben worden. Das ist im Schreiben des Regierungsvizepräsidenten an die Klägerbevollmächtigten vom … März 2020 dargestellt. Wie bereits oben ausgeführt, sind die Formulierungen im Schreiben des Schulamtes vom … Oktober 2019 sehr offen und unbestimmt gehalten („Einige Ihrer (der Klägerin) Äußerungen an diesem Abend wurden von der Schulleiterin und der Konrektorin als sehr unpassend empfunden und teilweise als Verletzung Ihrer Dienstpflichten betrachtet“). Es wird ausdrücklich nur die Auffassung der Schulleiterin und der Konrektorin wiedergegeben, ohne dass das Schulamt bzw. die unterzeichnende Schulrätin dies als eigene Ansicht übernommen hätte.
3. Die Klägerin trägt als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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