IT- und Medienrecht

Zulässigkeitsvoraussetzung: Angabe einer ladungsfähigen Anschrift

Aktenzeichen  M 12 K 16.50481

Datum:
27.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 82 Abs. 1 S. 1, § 102 Abs. 2
AsylG AsylG § 10 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage, welche spätestens bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die prozessuale Zulassungsvoraussetzung der ladungsfähigen Anschrift des Klägers gilt auch dann, wenn der Kläger von einem Prozessbevollmächtigten vertreten wird und dessen ladungsfähige Anschrift bekannt ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Ändert sich die ladungsfähige Anschrift des Klägers während des Prozesses, ist die Änderung dem Gericht mitzuteilen. Das ergibt sich aus der dem Kläger obliegenden Mitwirkungspflicht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl die Beteiligten nicht erschienen sind. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beteiligten sind ordnungsgemäß geladen worden.
Die Klage ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht erfüllt sind. Außer dem Namen ist mit der Klage auch die ladungsfähige Anschrift des Klägers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist. Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift. Bei einer Änderung während des Prozesses – wie im vorliegenden Fall – ist diese mitzuteilen. Das ergibt sich aus der dem Kläger obliegenden Mitwirkungspflicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen; sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (vgl. zum Ganzen Geiger in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 82 Rn. 3). Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage (BVerwG, B. v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 – juris), die spätestens bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss (Geiger in Eyermann, a. a. O. Rn. 15).
Der Klägerbevollmächtigte hat vorliegend trotz entsprechender Aufforderung des Gerichts keine ladungsfähige Anschrift des Klägers mitgeteilt. Der Schriftsatz vom … Oktober 2016 bestätigt vielmehr, dass dem Klägerbevollmächtigten eine ladungsfähige Anschrift des Klägers nicht bekannt ist. Dass der Kläger seine bisherige ladungsfähige Anschrift aufgrund der Abschiebung zwangsweise verlassen musste, entbindet ihn nicht von seiner Mitwirkungspflicht aus § 10 Abs. 1 AsylG zur unverzüglichen Mitteilung der neuen ladungsfähigen Anschrift. Anhaltspunkte dafür, dass diese Pflicht ausnahmsweise entfallen sein könnte, weil ihre Erfüllung unmöglich oder unzumutbar ist, sind nicht gegeben. Dem Kläger wäre seit seiner Abschiebung am 23. August 2016 bis zur mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2016, d. h. innerhalb eines Zeitraums von über zwei Monaten, auch aus Italien eine Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift möglich und zumutbar gewesen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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