Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertfestsetzung bei Einheimischenmodell

Aktenzeichen  4 C 20.754

Datum:
13.7.2020
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 856
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Der Wert eines Streits um die verbilligte Zuteilung eines Grundstücks bestimmt sich nach der Differenz zwischen dem subventionierten Kaufpreis und dem marktüblichen Preis abzüglich eines Nachteilsausgleichs für wertmindernde langfristige Veräußerungs- und Vermietungsbeschränkungen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Wert eines Streits um die Aufnahme in ein Vergabeverfahren kann nicht nach einem Teil der Grundstückspreisermäßigung bemessen werden. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 E 19.4148 2019-09-13 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Senat geht aufgrund des neuen, erstmaligen Tatsachenvortrags im Beschwerdeverfahren davon aus, dass die Beschwerde der in erster Instanz obsiegenden und deshalb kostenerstattungsberechtigten Antragsgegnerin mit dem Ziel, einen höheren Streitwert festzusetzen, wegen einer abgeschlossenen Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten mit entsprechend höherer Vergütung zulässig ist, auch wenn die Honorarvereinbarung selbst nicht vorgelegt wurde. Das Vorliegen einer solchen wurde jedoch mit der vorgelegten Rechnung vom 17. Oktober 2019, die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.316,98 Euro ausweist, glaubhaft gemacht.
Die Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG zutreffend auf 2.500 Euro festgesetzt.
In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Bedeutung der Sache ist dabei objektiv, nicht subjektiv zu verstehen (BT-Drs. 7/2016, S. 70) und ist dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers zu entnehmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro als sog. „Auffangstreitwert“ anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Der Verwaltungsgerichtshof orientiert sich bei der Streitwertfestsetzung in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Anh. § 164 Rn. 14), dem zwar keine normative Wirkung zukommt, der den Gerichten aber als Orientierungshilfe dienen kann (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. Anh. § 164 Rn. 6). Da dieser für ermäßigte Grundstückskäufe im Rahmen kommunaler Einheimischenmodelle keine Empfehlungen enthält, kommt nur dessen Nr. 1.5 zur Anwendung, wonach der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts beträgt.
Geht es einem Rechtsschutzbegehrenden darum, durch Zuteilung eines preisvergünstigten gemeindlichen Grundstücks einen Subventionsvorteil zu erhalten, bestimmt sich der Streitwert, anders als in einem zivilgerichtlichen Verfahren, nicht nach der Höhe des vereinbarten Kaufpreises. Er errechnet sich nach gefestigter Rechtsprechung des Senats vielmehr aus der Differenz zwischen dem subventionierten Kaufpreis und dem marktüblichen Preis abzüglich eines Nachteilsausgleichs für wertmindernde langfristige Veräußerungs- und Vermietungsbeschränkungen, da diese den wirtschaftlichen Wert der Subventionierung schmälern (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 4 ZB 16.1852 – juris Rn. 18; B.v. 26.4.2007 – 4 C 07.342 – juris Rn. 2; ebenso B.v. 25.3.2019 – 4 C 19.606). Dabei erscheint es regelmäßig bei langfristigen Beschränkungen angemessen, für diesen Nachteil der mit dem Einheimischenmodell verbundenen Bindungen einen Abzug um die Hälfte vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2017, a.a.O.; B.v. 26.4.2007, a.a.O.; B.v. 13.6.2016 – 4 C 16.1081).
Hier haben die Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren jedoch nicht die – vorläufige – Zuteilung eines preisverbilligten Grundstücks begehrt, sondern ausweislich ihres Antragsschriftsatzes vom 14. August 2019 eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin dahingehend, in deren Vergabeverfahren aufgenommen zu werden. Aus einem derartigen Antrag lässt sich die Bedeutung der Sache für die Antragsteller nicht wertmäßig nach Ermessen bestimmen. Die durch die Aufnahme in das Vergabeverfahren entstehende Chance, letztlich ein preisvergünstigtes Grundstück zu erhalten, lässt sich weder mathematisch beziffern noch abschätzen. Es kann daher in solchen Fällen kein bestimmter Teil der Grundstücksermäßigung als Streitwert festgesetzt werden.
Im Übrigen wäre hier der Wert der Chance für die Antragstellerin ohnehin nur sehr gering zu bewerten. Die Antragsgegnerin hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 27. August 2019 (S. 6 f.) selbst darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin (der Antrag des Antragstellers wurde ohnehin für unzulässig gehalten) durch die Zulassung zum Auswahlverfahren ihre rechtliche Position nicht verbessern würde, weil ihre Punktzahl für die Grundstücksvergabe nicht ausreichen würde. Sie käme mit ihrer Punktzahl von 55 (Platz 148) nicht einmal in das Losverfahren. Es seien insgesamt 51 Grundstücke zu vergeben. Eine Grundstücksvergabe setze also zumindest Platz 51 voraus. Der Inhaber dieser Platzziffer habe 75 Punkte. Er habe sich im Losverfahren gegen 13 andere Bewerber mit ebenfalls 75 Punkten durchgesetzt, die die Platzziffern 52 bis 68 eingenommen hätten.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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