Kosten- und Gebührenrecht

Verfristeter Antrag auf mündliche Verhandlung gegen Gerichtsbescheid

Aktenzeichen  Au 4 K 18.31490

Datum:
19.9.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24281
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 7
VwGO § 60, § 67 Abs. 6 S. 5, § 84 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

Die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels wird bereits mit der Zustellung an den Bevollmächtigten in Lauf gesetzt; auf die persönliche Kenntniserlangung durch den Beteiligten kommt es nicht an.  (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Kläger ist nach seinen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger. Seine Klage auf positive Verbescheidung des am 6. Dezember 2016 gestellten Asylantrags wurde mit Gerichtsbescheid vom 18. Juli 2018 (Au 4 K 17.31803) abgewiesen. Hierauf ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 17. August 2018 (per Fax eingegangen bei Gericht am 20. August 2018)
die Durchführung der mündlichen Verhandlung sowie
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
beantragen.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wurde ausgeführt, der Gerichtsbescheid sei den Klägerbevollmächtigten am 20. Juli 2018 zugestellt worden. Die Bevollmächtigten hätten dem Kläger den Gerichtsbescheid fristgemäß zugesandt. Auf Grund eines Speicherfehlers bei den Prozessbevollmächtigten bei der Änderung der insoweit klägerseits mitgeteilten Adressdaten sei der Gerichtsbescheid jedoch an die vormalige Adresse des Klägers versandt worden, unter der dieser nicht mehr wohnhaft gewesen sei. Daher habe der Kläger zunächst keine Kenntnis von der gerichtlichen Entscheidung erlangt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) war abzulehnen, weil er nicht fristgerecht gestellt wurde.
Gem. § 78 Abs. 7 AsylG ist ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 VwGO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben. Die Rechtsmittelbelehrungdes Gerichtsbescheids vom 18. Juli 2018 lautete entsprechend. Die Zustellung des Gerichtsbescheids erfolgte, wie die Klägerbevollmächtigten selbst angegeben haben, per Empfangsbekenntnis am 20. Juli 2018. Der Antrag auf mündliche Verhandlung hätte daher gem. §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB bis zum 3. August 2018 bei Gericht eingehen müssen. Der Eingang am 20. August 2018 war mithin verspätet.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO kann dem Kläger nicht gewährt werden. Es ist nicht ersichtlich – bzw. entsprechende Tatsachen sind nicht gem. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht -, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die 2-Wochen-Frist des § 78 Abs. 7 AsylG einzuhalten; dabei muss sich der Kläger das Verschulden seiner Bevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Aus § 78 Abs. 7 AsylG sowie § 57 Abs. 1 VwGO ergibt sich eindeutig, dass für den Fristbeginn die Zustellung des Gerichtsbescheids maßgeblich ist. Ist – wie hier – ein Bevollmächtigter bestellt, sind gem. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO Zustellungen an ihn zu richten. Der Prozessbevollmächtigte ist also selbst Zustellungsadressat (Kopp/Schenke, VwGO, § 56 Rn. 14). Dementsprechend ergibt sich aus § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO, dass zum Nachweis der Zustellung das unterschriebene Empfangsbekenntnis (hier: vom 20.7.2018) genügt. Fristen werden daher bereits mit der Zustellung an den Bevollmächtigten in Lauf gesetzt, nicht erst mit persönlicher Kenntniserlangung durch den Beteiligten. Auf die Angaben der Klägerbevollmächtigten zu der bei ihnen nicht richtig hinterlegten Adresse des Klägers kommt es mithin nicht an; der Wiedereinsetzungsantrag kann hierauf nicht gestützt werden.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung war daher durch Beschluss abzulehnen; in diesem Rahmen war auch über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden (vgl. Geiger, in: Eyermann, VwGO, § 84 Rn. 21). Der von dieser Ansicht für eine Entscheidung über einen verfristeten Antrag auf mündliche Verhandlung im Beschlusswege zu Recht angeführte Beschleunigungs- und Entlastungszweck des § 84 VwGO gilt in asylrechtlichen Streitigkeiten umso mehr, als der Gesetzgeber hier mit § 78 Abs. 7 AsylG die Fristen für die Erhebung von Rechtsbehelfen nach § 84 Abs. 2 VwGO auf zwei Wochen verkürzt hat.
Die Kostenentscheidung (vgl. hierzu Geiger, a.a.O.) beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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