Medizinrecht

Aufschiebende Wirkung einer Klage gegen Beschränkungen einer Versammlung wegen unzureichender Gefahrenprognose

Aktenzeichen  10 CS 16.1524

Datum:
7.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1
BayVersG Art 13 Abs. 5, Art. 15 Abs. 1
GG GG Art. 8 Abs. 1

 

Leitsatz

Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde die Versammlung beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist. (redaktioneller Leitsatz)
Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) darf die Behörde keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen nicht aus. (redaktioneller Leitsatz)
Nach Art. 13 Abs. 5 BayVersG kann die zuständige Behörde den Leiter einer Versammlung ablehnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser die Friedlichkeit der Versammlung gefährdet. Eine solche Gefährdung der Friedlichkeit der Versammlung ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere anzunehmen, wenn der Versammlungsleiter wegen Gewaltverbrechen oder waffenrechtlicher Delikte strafrechtlich vorbelastet ist. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 S 16.535 2016-08-03 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I.
Unter Abänderung von Nr. 1 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 3. August 2016 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Juli 2016 hinsichtlich Nrn. 2.1 und 2.2 dieses Bescheids mit der Maßgabe angeordnet, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Aufstellungsfläche im südlichen Bereich der Birkenallee zuweisen hat, die nur eine der beiden (abgetrennten) Fahrbahnen umfasst und die Wendeschleife an der Zufahrt zur ARE II freihält.
II.
Unter Abänderung von Nr. 2 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 3. August 2016 werden die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen der Antragsgegnerin auferlegt.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einzelne Beschränkungen der von ihr für den 4. August 2016 angezeigten stationären Versammlung weiter.
Die Antragstellerin hatte mit Anzeige vom 30. Juni 2016 eine Versammlung unter dem Thema „Solidaritätskundgebung für Menschen, die in der ARE leben. Es gibt keine sicheren Herkunftsländer!“ für den 4. August von 13:00 Uhr bis 20:30 Uhr in der Birkenallee nördlich der Pödeldorfer Straße in Bamberg angezeigt.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2016 bestätigte die Antragsgegnerin die Anzeige, verfügte jedoch unter Nummer 2.1 die Beschränkung, dass die Versammlung auf dem asphaltierten Parkplatz vor der Festwiese des Fuchsparkstadions an der Pödeldorfer Straße gemäß des beiliegenden Lageplans stattzufinden habe. Zudem wurde die Antragstellerin als Versammlungsleiterin abgelehnt. Als neue Versammlungsleiterin wurde die angegebene stellvertretende Versammlungsleiterin bestimmt (2.2).
Am 28. Juli 2016 erhob die Antragstellerin Klage gegen die Beschränkungen in Nummer 2.1 und 2.2 des Bescheids und beantragte zugleich, die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen.
Mit Beschluss vom 3. August 2016 hat das Verwaltungsgericht Bayreuth den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.
Die Verlegung des Versammlungsortes sei aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten. Bei dem angemeldeten Versammlungsort handle es sich um die einzige Zufahrt zum Gelände der ARE II. Dies sei zugleich die einzige Zufahrt für Rettungsfahrzeuge bei Notfällen. Daran bestünden nach den Stellungnahmen des Stadtbrandrats M. sowie der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt keine Zweifel. Für den Fall, dass die Versammlung am angezeigten Ort stattfinde, wäre die Freihaltung der Rettungswege nicht gewährleistet und daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben. Die Gefahr bestehe nicht nur für die Bewohner und die Bediensteten der ARE II, sondern auch für die Demonstrationsteilnehmer. Die Birkenallee sei nicht nur als Zu- und Abfahrtsweg, sondern auch als „Bereitstellungsraum“ für nachrückende und vorzuhaltende Einsatzkräfte freizuhalten. Im Gegensatz zu den von der Antragstellerin angegebenen, zu erwartenden 100 Personen, sei vielmehr die Prognose der Antragsgegnerin als schlüssig zu beurteilen, wonach mit ca. 875 Teilnehmern zu rechnen sei. Die Versammlung sei Teil einer Protestaktion mit einer Vielzahl von Einzelveranstaltungen. Die Teilnehmer sollten sich nicht nur vereinzelt Kundgebungen anschließen, sondern an möglichst vielen Programmpunkten teilnehmen. Die Protestaktion werde auch als Einheit beworben. Im vorliegenden Fall gehe die drohende Beeinträchtigung von Rettungsfahrzeugen über hinzunehmende bloße Unannehmlichkeiten hinaus. Vielmehr erscheine die Zufahrt zum Gelände für Rettungsfahrzeuge bei der großen Anzahl von Demonstrationsteilnehmern auf der Birkenallee nicht mehr sichergestellt. Bei mehreren hundert Demonstranten sei die Verweisung auf einen Teil der Fahrbahn sowie Anordnungen im Fall eines Einsatzes, den Rettungsweg freizugeben, nicht als erfolgversprechend anzusehen. Die Freihaltung des notwendigen Rettungsweges erfordere nicht, dass die Zufahrt und Abfahrt der Rettungsfahrzeuge gleichzeitig möglich sei. Die Entfernung des im Bescheid bestimmten Versammlungsorts zum angezeigten Versammlungsort betrage nur 314 Meter (Luftlinie), so dass der Bezug zur Einrichtung ARE II gewahrt sei.
Auch die Ablehnung der Antragstellerin als Versammlungsleiterin erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin im Bescheid die Rechtsgrundlage der Maßnahme nicht genannt habe, vermöge deren Rechtswidrigkeit nicht zu begründen. Art. 13 Abs. 5 BayVersG sei die einzige in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die getroffene Maßnahme. Jedenfalls sei der Begründungsmangel geheilt. Die Ablehnung der Antragstellerin fuße nicht auf einer elf Jahre zurückliegenden Verurteilung. Vielmehr sei die Antragstellerin seit dem Jahr 2005 mehrfach staatschutzrechtlich in Erscheinung getreten. Vor allem ihre Verbundenheit zu den schwarzen Blöcken, aus denen heraus bei Versammlungen immer wieder Straftaten verübt würden, biete einen tauglichen Anknüpfungspunkt für die Annahme, die Friedlichkeit der Versammlung könne durch die Antragstellerin als Versammlungsleiterin gefährdet werden. Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO sei unerheblich. Der Umstand, dass die Antragstellerin sich 2013 im „…umsGanze“-Block aufgehalten habe, stehe nach Aktenlage fest. Sie habe dadurch gezeigt, dass sie gewaltbereite und unfriedliche Personen unterstütze. Sie habe sich mehrfach unfriedlicher Mittel bedient, um ihre politischen Ziele durchzusetzen, ohne die Rechtsgüter Dritter zu achten. Bei dem Thema der Versammlung sowie der gesamten Protestaktion sei mit einer aufgeheizten Stimmung zu rechnen, was im besonderen Maße die gewissenhafte Erfüllung der Leitungspflicht erfordere. Auch dass die Antragstellerin im polizeilichen Informationssystem als „Straftäterin links motiviert“ geführt werde, führe in der Gesamtschau dazu, dass sie keine hinreichende Gewähr für einen friedlichen Verlauf der Versammlung biete. Auch die Bestimmung der stellvertretenden Versammlungsleiterin zur Versammlungsleiterin sei bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Dies entspreche letztlich dem Wunsch der Antragstellerin, da die Stellvertreterin im Falle der Verhinderung der Antragstellerin die Versammlungsleitung übernehmen solle.
Die Antragstellerin beantragt im Beschwerdeverfahren sinngemäß,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 3. August 2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nummer 2.1. und 2.2. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 26. Juli 2016 anzuordnen.
Die von der Antragsgegnerin genannte Teilnehmerzahl sei unrealistisch, da kein Protestcamp stattfinde. Die Zufahrt zum Gelände der ARE II sei für Rettungsfahrzeuge möglich, da die Versammlung auf eine bestimmte Fläche beschränkt werden könne. Es werde auch auf die Zufahrt über die Kastanienstraße verwiesen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist nochmals auf die in der ersten Instanz vorgelegten Stellungnahmen zur Freihaltung des Rettungswegs. Das Gelände der Bundespolizei dürfe nicht von Externen befahren werden. Bei der Gefahrenprognose sei bezüglich der Teilnehmerzahl von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Bescheidserlasses auszugehen.
Die Landesanwaltschaft beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren, verzichtete aber auf die Abgabe einer Stellungnahme im Beschwerdeverfahren.
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im tenorierten Umfang.
Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Beschränkungen überwiegt und daher die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Denn die in Nummer 2.1 und 2.2 des Bescheids angeordneten Beschränkungen, wonach die Versammlung auf dem im Bescheid näher gekennzeichneten Platz auf dem asphaltierten Parkplatz vor der Festwiese des Fuchsparkstadions stattfinden soll und die Antragstellerin als Versammlungsleiterin abgelehnt wird, werden sich im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtswidrig erweisen.
Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde die Versammlung beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) darf die Behörde dabei allerdings keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfGE 69, 315/353 f.).
Die Antragsgegnerin hat ihre Gefahrenprognose, bei Durchführung der stationären Versammlung am angezeigten Ort seien die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, insbesondere die Zu- und Abfahrt für Rettungsdienste sowie Rechtspositionen Dritter unmittelbar gefährdet, nicht mit hinreichend konkreten Anhaltspunkten untermauert.
Die Antragsgegnerin geht von 875 Personen aus, die an der von der Antragstellerin angezeigten Kundgebung teilnehmen wollen. Diese Anzahl errechnet sie aus den von den Veranstaltern diverser Dauerkundgebungen, die im Zeitraum 4. bis 7. August 2016 in Bamberg stattfinden sollen, angegebenen Teilnehmerzahlen. Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass sämtliche Camp-Teilnehmer auch die Kundgebung der Antragstellerin besuchen werden. Diese Einschätzung der Antragsgegnerin ist jedoch nach Auffassung des Senats unrealistisch. Die Einrichtung von Dauercamps scheitert schon daran, dass die Veranstalter kein Gelände gefunden haben, auf dem ein Camp errichtet werden könnte, so dass die ursprünglich prognostizierten Teilnehmerzahlen deshalb nicht erreicht werden. Selbst die Polizeiinspektion Bamberg geht nur noch von ca. 500 Teilnehmern an der von der Antragstellerin angezeigten Versammlung aus, ohne jedoch genauer darzulegen, wie sie zu dieser Einschätzung kommt. Das Argument der Antragsgegnerin, für ihre Prognose zur Anzahl der Teilnehmer bei der streitbefangenen stationären Versammlung dürfe nur auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abgestellt werden, weitere Entwicklungen wie insbesondere andere Behördenentscheidungen dürften dabei nicht mit berücksichtigt werden, greift im konkreten Fall nicht. Denn wenn die Antragsgegnerin als zuständige Versammlungsbehörde bei ihren Entscheidungen über mehrere zum selben Thema angezeigte Versammlungen im Abstand nur weniger Tage weitere erhebliche Beschränkungen der angezeigten Veranstaltungen (insbesondere dem Protest-Campingplatz) vornimmt, ist dies von ihr auch in diese Prognose mit einzubeziehen. Dies hat die Antragsgegnerin aber offensichtlich bewusst nicht gemacht, sondern vielmehr eine auch im Übrigen nach Auffassung des Senats nicht nachvollziehbare Maximalzahl von 875 Teilnehmer bei der streitbefangenen Kundgebung angenommen. Die Einschätzung, dass alle Camp-Teilnehmer auch zur Kundgebung gekommen wären, hält der Senat überdies für unrealistisch. In den Protestcamps waren parallel zur Veranstaltung der Antragstellerin workshops und Veranstaltungen geplant.
Aus den von der Antragsgegnerin vorlegten Stellungnahmen der Polizeiinspektion Bamberg Stadt, des Stadtbrandrates M., des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und der Beschwerdeerwiderung ergibt sich zur Überzeugung des Senats nicht, dass eine stationäre Versammlung nicht in der Birkenallee stattfinden kann, ohne zugleich die Zufahrt zur ARE II für Rettungsfahrzeuge zu blockieren. Für die angeführten möglichen Sicherheitsstörungen durch die Demonstranten selbst sowie durch etwaige Gegendemonstranten aus dem rechten Spektrum wurden seitens der zuständigen Behörden keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen. Aus der Tatsache, dass sich gewaltorientierte linksextremistische Gruppen unter den Unterstützern des Solidarity4all-Protestcamps befinden, kann nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass es auch bei der Versammlung der Antragstellerin zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen wird. Ein erhöhter Rettungskräfteeinsatz durch das Versammlungsgeschehen selbst ist folglich nicht erkennbar.
Der Rettungsweg im Falle eines Einsatzes in der ARE II ist im erforderlichen Umfang auch dann gesichert, wenn die Versammlung im südlichen Bereich der Birkenallee stattfindet und eine der beiden (doppelspurigen) Fahrbahnen freigehalten wird. Bis zum Zugang zur ARE II besteht die Birkenallee aus zwei Fahrbahnen, die in der Mitte durch einen Grünstreifen getrennt sind. Zumindest eine der beiden Fahrbahnen ist zweispurig ausgebaut. Auch die Wendeschleife am Eingang der ARE II kann als Bereitstellungsfläche erhalten bleiben. Eine Zufahrt zur Birkenallee ist auch über „Im Kapellenschlag“ zumindest für einzelne Rettungsfahrzeuge möglich. Im Falle eines Großereignisses, bei dem in kurzer Zeit das gesamte Gelände der ARE II geräumt oder ärztlich versorgt werden müsste, wird auch die Bundespolizei ein Befahren mit Rettungsfahrzeugen oder Feuerwehrfahrzeugen nicht verwehren können.
Um sicherzustellen, dass stets eine Fahrbahn der Birkenallee sowie die Wendeschleife frei von Demonstrationsteilnehmern gehalten werden, hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine konkrete Aufstellfläche im südlichen Bereich der Birkenallee (bis zur Höhe der Einmündung „Im Kapellenschlag“) zuzuweisen. Die Fahrbahn der Birkenallee von der Pödeldorfer Straße bis zur Höhe der Einmündung „Im Kapellenschlag“ reicht für die Aufstellung auch einer weitaus größeren Anzahl als von der Antragstellerin angegebenen Demonstrationsteilnehmern aus.
Die Verlegung des Versammlungsortes auf den Parkplatz vor der Festwiese des Fuchsparkstadions erweist sich auch deshalb als unverhältnismäßig, weil trotz der nur geringen Entfernung zum angezeigten Versammlungsort ein räumlicher Bezug zur ARE II nicht mehr hinreichend gewahrt ist. Zwischen den beiden Versammlungs-orten liegt insbesondere die stark befahrene Pödeldorfer Straße, der trennende Wirkung zukommt.
Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Bewohner der ARE II durch die Versammlung ist nicht zu erwarten, da sich die Wohngebäude überwiegend im hinteren Bereich des Geländes an der Buchenstraße befinden.
Die Beschwerde hat auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Antragstellerin als Versammlungsleiterin und die Bestimmung der Stellvertreterin zur Versammlungsleiterin richtet. Nach Art. 13 Abs. 5 BayVersG kann die zuständige Behörde den Leiter ablehnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser die Friedlichkeit der Versammlung gefährdet (BayVGH, B. v. 26.10.2015 – 10 CS 15.2339 – juris Rn. 6 f.). Eine solche Gefährdung der Friedlichkeit der Versammlung ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere anzunehmen, wenn der Versammlungsleiter wegen Gewaltverbrechen oder waffenrechtlicher Delikte strafrechtlich vorbelastet ist (Begründung zu Art. 10 Abs. 4, LT-Drs. 15/10181 S. 18 r. Sp.). Eine entsprechende strafrechtliche Vorbelastung besteht bei der abgelehnten Versammlungsleiterin aber offensichtlich nicht.
Ausreichend konkrete und belastbare, nachvollziehbare Tatsachen und Anhaltspunkte für die Annahme, dass die heutige Versammlung aufgrund des Verhaltens der Versammlungsleiterin und des ihr zurechenbaren Verhaltens anderer Versammlungsteilnehmer „einen aufrührerischen Verlauf nehmen“ werde und die „Friedlichkeit dauerhaft nicht gewährleistet“ sei, vermag der Senat den Gründen des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin nicht zu entnehmen. Die regelmäßige Teilnahme an Versammlungen, die dem linken politischen Spektrum zuzuordnen sind, reicht dafür noch nicht aus. Die Erfassung „als Straftäterin links motiviert“ ist anscheinend der Verurteilung vor elf Jahren und der Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO geschuldet. Belastbare Rückschlüsse darauf, dass ein unfriedlicher Verlauf der Versammlung drohe, der der Antragstellerin kausal zuzurechnen ist, ergeben sich daraus aber nicht.
Art. 13 Abs. 5 BayVersG ermächtigt im Übrigen die Versammlungsbehörde nicht dazu, selbstständig eine Ersatzversammlungsleitung zu bestimmen. Die vom Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Januar 2015 (1 S 257/13 – juris) ist vorliegend schon deshalb nicht maßgeblich, weil sie die Ablehnung eines Versammlungsleiters nach § 15 VersG betrifft.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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