Aktenzeichen L 10 AL 242/14
Leitsatz
1. Zum Anspruch auf Übernahme von Bewerbungskosten. (amtlicher Leitsatz)
2 Zu den nach Ermessensreduzierung auf Null erstattungsfähigen Bewerbungskosten infolge Eingliederungsvereinbarung zählen insbesondere Kosten für Passfotos und für erforderliche Telefonate mit potentiellen Arbeitgebern; Porto- und Fotokopiekosten müssen konkret im Zusammenhang mit einer Bewerbung stehen; Kosten für Tagespresse sind bewerbungsvorbereitend und somit nicht erstattungsfähig. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 6 AL 148/13 2014-06-23 Urt SGMUENCHEN SG München
Tenor
I.
Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.06.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2012 werden teilweise aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag von 18,09 € im Hinblick auf die Erstattung von Bewerbungskosten für die Zeit vom 02.02.2010 bis 31.12.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte hat der Klägerin 1/10 ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin (§ 145 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zum Teil begründet. Das Urteil des SG ist ebenso wie der Bescheid vom 31.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2012 teilweise aufzuheben. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung von Bewerbungskosten im Umfang von 18,09 € zu. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) können ua Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden; die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (§ 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3 SGB III).
Danach hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung von Bewerbungskosten i. H. v. 18,09 €. Im Rahmen der Eingliederungsvereinbarungen vom 02.02.2011 und 07.02.2011 haben die Beteiligten vereinbart, die Klägerin bewerbe sich auf Stellen aus dem Internet und der Tagespresse ebenso wie eigeninitiativ bei potentiellen Arbeitgebern. Eigenbemühungen seien dabei in persönlicher, telefonischer oder schriftlicher Form möglich und die vollständigen Bewerbungsunterlagen zum nächsten Termin bei dem Arbeitsvermittler mitzubringen. Die Beklagte verpflichtete sich zur Unterstützung der Eingliederungsaussichten, Leistungen aus dem Vermittlungsbudget zu erbringen, wobei sich die Förderungen nach dem individuellen Bedarf (Bewerbungskosten, Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen) richten sollten. Demnach war die in Aussicht gestellte Förderung nicht von vornherein darauf beschränkt, der Klägerin lediglich eine Pauschale für eine tatsächlich verschickte Bewerbungsmappe zu erstatten, sondern es sollte der individuelle Bedarf berücksichtigt werden. Demnach war eine Leistungsgewährung nicht auf Pauschalen beschränkt.
Allerdings können nicht alle von der Klägerin geltend gemachten Positionen Berücksichtigung finden. So sind die Kosten für die Tagespresse, die die Klägerin mit 13,10 € geltend gemacht hat, nicht zu übernehmen, da insofern kein Zusammenhang mit der beruflichen Eingliederung besteht und es sich nur um die einer Bewerbung vorausgehende, die Bewerbung vorbereitende Kosten geht (vgl. dazu auch Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 02/2013, § 44 Rn. 68). Ebenso wenig können die Kosten für die fünf Fahrten zum Berufsinformationszentrum übernommen werden, die die Klägerin mit 44 € angesetzt hat. Es handelt sich um nicht angemessene Kosten. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, weshalb die Besuche des Berufsinformationszentrums nicht mit dem allgemeinen Vorsprachetermin bei dem Arbeitsvermittler verbunden worden sind, bei denen in Bezug auf die Fahrtkosten eine Erstattung erfolgt ist. Trotz ausdrücklicher Anfrage des Senats hat die Klägerin nicht konkret dargetan, weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein soll. Die geltend gemachten Portokosten in Höhe von 26,50 € sind nicht anzusetzen, denn die Klägerin hat selbst vorgetragen, Bewerbungsunterlagen nicht an potentielle Arbeitgeber verschickt zu haben, da diese nach telefonischer Anfrage darauf verzichtet hätten. Die Kosten für Fotokopien sind nicht zu übernehmen, denn die vorgelegten Quittungen über insgesamt 8 € und 3,75 € sind nicht nachweislich mit Bewerbungen der Klägerin in Verbindung zu bringen. So datiert eine Quittung über 8 € auf den 01.02.2010, mithin einen Zeitpunkt vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung am 02.02.2010. Die Quittung über 3,75 € vom 17.01.2011 ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls nicht geeignet, angefallene Kosten für erforderliche Kopien nachzuweisen, denn die Klägerin will keine Bewerbungsmappen verschickt haben und im Übrigen muss – wenn sie tatsächlich eine Bewerbungsmappe bereits vorsorglich zusammengestellt haben sollte – diese zum 17.01.2011 im Hinblick auf den Abschluss der ersten Eingliederungsvereinbarung bereits zum 02.02.2010 bereits vorgelegen haben. Trotz entsprechenden Hinweises durch den Senat wurde ein konkreter Zusammenhang mit einer Bewerbung oder dem Erstellen einer Bewerbungsmappe nicht dargetan. Von den geltend gemachten Fahrtkosten zu den Einladungen durch die Arbeitsvermittlung zum 14.01.2010, 02.02.2010, 19.04.2010, 03.08.2010, 05.10.2010 sowie vom 07.02.2011 und 09.08.2011 wurden der Klägerin Kosten im Umfang von 44 € bereits erstattet, die sie auch nicht mehr geltend gemacht hat. Im Hinblick auf die Termine 14.01.2010 und 02.02.2010 hat die Beklagte vermerkt, dass zum 14.01.2010 keine Einladung vorgelegen habe und die Kosten für die Einladung zum 02.02.2010 bereits zuvor erstattet worden seien. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Klägerin noch weitere Fahrtkosten für Vorsprachen bei der Arbeitsvermittlung entstanden sein könnten, die nicht erstattet worden sind. Hierauf wurde die Klägerin auch vom Senat hingewiesen und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Hierzu hat die Klägerin aber nichts weiteres vorgetragen, so dass es aus Sicht des Senats keine Anhaltspunkte gibt, an dem Vermerk der Beklagten zu zweifeln.
Zu erstatten sind jedoch die Kosten für die Anfertigung der Passfotos i. H. v. 10,95 €. Insofern hat die Klägerin eine Quittung vom 08.02.2010 für „Passfotos für Bewerbung“ vorgelegt. Der Zeitpunkt der Anfertigung der Passbilder steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2010. Passbilder sind für eine ordnungsgemäße, schriftliche Bewerbung notwendig. Die Beklagte kann die Klägerin dabei auch nicht darauf verweisen, diese nur im Bedarfsfalle anzufertigen, wenn tatsächlich eine Bewerbung abgeschickt wird, da sie selbst in der Eingliederungsvereinbarung von der Klägerin gefordert hat, zum nächsten Termin die vollständigen Bewerbungsunterlagen mitzubringen. Hierzu gehört auch ein Passbild. Weiter waren von den geltend gemachten Kosten für Telefonate mit potentiellen Arbeitgebern Kosten im Umfang von 7,14 € zu berücksichtigen. Weitergehende Kosten in Höhe von 30 €, die die Klägerin im Hinblick auf die Aufladung ihres Mobilfunkguthabens geltend macht, können nicht zum Ansatz gebracht werden. Eine Notwendigkeit, die Gespräche mit potentiellen Arbeitgebern per Handy führen zu müssen, ist nicht erkennbar. Hierauf wurde die Klägerin auch vom Senat hingewiesen. Weitere Umstände, die eine entsprechende Notwendigkeit hätten erkennen lassen können, hat sie nicht vorgebracht. Die Kosten von 7,14 € hat der Senat geschätzt (entsprechend § 202 SGG i. V. m. § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-) und dabei die Aufzeichnungen der Klägerin über Bewerbungen bei 14 Arbeitgebern zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Telefonats von zehn Minuten und eines Minutenpreises eines Gesprächs im Festnetz der Telekom von 5,1 Cent pro Minute (vgl. http://www.sueddeutsche.de/geld/telekomtarifekosmetikstattbilligererpreise-1.190834) ergibt sich ein Preis für ein Gespräch von 0,51 € (10 Minuten x 5,1 Cent pro Minute). Im Hinblick auf die Angabe der Klägerin, die Arbeitgeber hätten ihr bald zu erkennen gegeben, dass sie ihre schriftliche Bewerbung gar nicht erst einreichen müsse, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Telefonate durchschnittlich länger gedauert hätten. Bei 14 Arbeitgebern folgt daraus ein Betrag von 7,14 €. Telefonkosten sind auch nicht grundsätzlich von einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget ausgeschlossen (vgl. dazu Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 02/2013, § 44 Rn. 69). In den Eingliederungsvereinbarungen war nicht festgehalten, dass die Eigenbemühungen nur schriftlich hätten erfolgen können.
Im Hinblick auf die Erstattung von Kosten i. H. v. 18,09 € war das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert. Dies ergibt sich daraus, dass eine Unterstützung insbesondere bei den in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungszielen erfolgen sollte und Gründe für eine Abweichung von diesem Regelfall vorliegend nicht erkennbar sind, vielmehr die Übernahme entsprechender Kosten in der Eingliederungsvereinbarung nach individuellen Bedarf vorgesehen war. Dass die potentiellen Arbeitgeber gleichartige Leistungen voraussichtlich erbracht hätten, ist nicht der Fall.
Damit war die Berufung im Umfang der zu erstattenden Kosten von 18,09 € erfolgreich. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.