Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht beigebrachten Fahreignungsgutachtens

Aktenzeichen  11 CS 18.2278, 11 C 19.504

Datum:
12.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2019, 489
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 3, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 121 Abs. 2, § 127 Abs. 4
FeV § 11 Abs. 2, Abs. 6, Abs. 8
StVZO § 15b Abs. 2
SGB I § 35 Abs. 1 S. 2,
SGB X § 67c f.
GKG § 3 Abs. 2, § 47, § 52 Abs. 1, 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Bei fehlenden finanziellen Mitteln des Betroffenen für die Beibringung eines rechtmäßig geforderten Fahreignungsgutachtens besteht weder ein Anspruch auf Übernahme der Begutachtungskosten noch auf deren Vorfinanzierung durch die Fahrerlaubnisbehörde. (Rn. 16)

Verfahrensgang

B 1 S 18.948 2018-10-04 VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Verfahren und werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, A, B, BE, C1, C1E, L, M und S wegen Nichtvorlage eines angeordneten fachärztlichen Gutachtens und gegen die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags in diesem Verfahren.
Durch eine polizeiliche Mitteilung wurde dem Landratsamt … bekannt, dass der Antragsteller am 22. Dezember 2017 durch eine unsichere Fahrweise (u.a. starke Probleme beim Halten der Fahrbahn, nicht veranlasste Geschwindigkeitsschwankungen, abruptes Abbremsen ohne erkennbaren Grund) und desorientiertes, träges Verhalten mit deutlich verzögerter Wahrnehmung und Hörproblemen während einer Verkehrskontrolle aufgefallen war. Ein freiwilliger Alkohol- und Drogentest sei negativ verlaufen.
Einer persönlichen Vorladung zu einem Gespräch mit einem Amtsarzt am 31. Januar 2018 konnte der Antragsteller wegen einer Herzoperation und anschließender Reha-Maßnahmen nicht nachkommen.
Nach Akteneinsicht ließ seine Bevollmächtigte mit Schreiben vom 17. April 2018 mitteilen, dass die Beobachtungen der Polizei, die den Antragsteller habe weiterfahren lassen, absolut vage seien und keine Schlüsse auf eine fehlende Fahreignung zuließen. Er sei nach dem Krankenhausaufenthalt wieder völlig genesen. Mit Schreiben vom 19. April 2018 forderte das Landratsamt unter Verweis auf Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV die Vorlage des Entlassungsberichts des Krankenhauses. Daraufhin übersandte die Bevollmächtigte ein ärztliches Attest vom 25. April 2018, wonach der Antragsteller wieder körperlich gesund und voll belastbar sei.
Nach weiterer vergeblicher Bitte um Vorlage des Entlassungsberichts ordnete das Landratsamt mit Schreiben vom 23. Mai 2018 unter Bezugnahme auf den Sachverhalt vom 22. Dezember 2017 und die nachfolgenden Ermittlungsergebnisse an, bis 31. Juli 2018 ein Gutachten eines Arztes für innere Medizin mit verkehrsmedizinischer Qualifikation beizubringen. Es sei die Frage zu klären, ob beim Antragsteller eine Herz- oder Gefäßerkrankung vorliege, die nach Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stelle, wenn ja, ob der Antragsteller trotz Vorliegens einer Herz- oder Gefäßerkrankung in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs der ihm erteilten Fahrerlaubnisklassen gerecht zu werden und ob bei gegebener Fahreignung Nachuntersuchungen, ggf. in welchen Abständen, erforderlich seien.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 legte die Bevollmächtigte den Entlassungsbericht des Krankenhauses vor, wonach der Antragsteller an einer schweren koronaren Dreigefäßerkrankung sowie Bluthochdruck leide und einen Herzinfarkt erlitten habe. Am 27. Januar 2018 sei ihm ein Herzschrittmacher implantiert und am 12. Februar 2018 ein Bypass gelegt worden. Die Ejektionsfraktion sei schlecht.
Am 20. Juni 2018 erklärte sich der Antragsteller mit einer Begutachtung einverstanden. Mit Schreiben vom 27. Juni 2018 beantragte seine Bevollmächtigte wegen der amtlich bekannten wirtschaftlichen Lage des Antragstellers, der Grundsicherung beziehe, die Kostenübernahme durch das Landratsamt. Mit Bescheid vom 6. Juli 2018, gegen den Widerspruch eingelegt wurde, lehnte das Sozialamt die Übernahme der Kosten ab, da diese nicht regelbedarfsrelevant bzw. existenzsichernd seien und nicht zum Grundbedarf zählten.
Nach Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 4. September 2018 gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein umgehend beim Landratsamt abzuliefern. Des Weiteren ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, dass es bei einer berechtigten Gutachtensaufforderung grundsätzlich ebenso wenig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen ankomme wie bei anderen Maßnahmen, die im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich seien. Der Entzug der Fahrerlaubnis sei im öffentlichen Interesse auch verhältnismäßig.
Am 10. September 2018 ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte beim Verwaltungsgericht Bayreuth Anfechtungsklage erheben und gleichzeitig Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellen. Mit Schreiben vom 18. September 2018 wurde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, weder die polizeiliche Mitteilung über die Verkehrskontrolle am 22. Dezember 2017 noch die anwaltliche Mitteilung, dass sich der Antragsteller einer Herzoperation unterzogen habe, rechtfertigten Zweifel an der Fahreignung. Die behördliche Forderung nach Vorlage des Entlassungsberichts des Krankenhauses gehe zu weit, nachdem eine positive ärztliche Bescheinigung vorgelegt worden sei. Ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein, habe der Antragsteller schließlich im Interesse einer Einigung mit der Fahrerlaubnisbehörde einer Begutachtung zugestimmt. Die beantragte Übernahme der Kosten habe das Landratsamt mit noch nicht bestandskräftigem Bescheid abgelehnt. Dennoch habe das Landratsamt einfach unterstellt, dass der Antragsteller nicht mitwirkungsbereit sei. Eine Fristverlängerung bis zur rechtswirksamen Entscheidung über die Kostentragung sei angezeigt gewesen. Zumindest hätte vor Erlass des Bescheids mitgeteilt werden müssen, dass dem Antrag auf Fristverlängerung nicht stattgegeben werde, so dass der Antragsteller eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Gutachter hätte treffen können. Es gehe nicht an und sei unverhältnismäßig, jemandem die Fahrerlaubnis zu entziehen, der finanziell nicht dazu in der Lage sei, seine Fahreignung nachzuweisen.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren mit Beschluss vom 4. Oktober 2018 ab. Das Landratsamt habe nach Bekanntwerden der Herzoperation und Nichtvorlage des Entlassungsberichts des Krankenhauses im Hinblick auf Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV zu Recht ein fachärztliches Gutachten angeordnet. Das keine Begründung enthaltende ärztliche Attest vom 25. April 2018 beseitige die Zweifel an der Fahreignung nicht. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt nach der nachträglichen Vorlage des Entlassungsberichts an der Gutachtensaufforderung festgehalten habe. Die Angabe „schlechte EF“ weise auf eine nicht normgerechte Ejektionsfraktion hin und rechtfertige Fahreignungszweifel unter dem Aspekt von Nr. 4.4.1 und 4.4.2 der Anlage 4 zur FeV. Die Beibringungsfrist sei ausreichend bemessen gewesen. Einer Verlängerung habe es nicht bedurft. Die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers stünden dem Schluss auf die fehlende Fahreignung nicht entgegen. Finanzielles Unvermögen sei in besonders gelagerten Ausnahmefällen nur berücksichtigungsfähig, wenn der Betroffene ausreichend nachgewiesen habe, dass er zur Kostentragung außer Stande und es ihm nicht zuzumuten sei, die Kosten aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter aufzubringen. Seiner Darlegungslast sei der Antragsteller nicht ausreichend nachgekommen. Es genüge nicht, sich auf den Bezug von Sozialleistungen und der Behörde bekannte wirtschaftliche Verhältnisse zu berufen. Vielmehr sei auch darzulegen, dass und ggf. weshalb eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Begutachtungsstelle nicht in Betracht komme oder die Geldmittel nicht von dritter Seite zu erhalten seien. Der Antragsteller sei selbst davon ausgegangen, dass diese Möglichkeiten bestünden. Auch habe er keinen Fristverlängerungsantrag bei der Fahrerlaubnisbehörde gestellt, sondern das Sozialamt gebeten, die Frist um einen Monat verlängern zu lassen.
Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, wendet sich der Antragsteller gegen die Ziffern I, II und IV des Gerichtsbeschlusses und macht geltend, er beziehe Grundsicherung und verfüge über keine Mittel für die Prozessführung. Ihm sei deshalb für das Eil- und Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Es könne nicht angehen, dass ein Bürger nur deshalb seine Fahrerlaubnis verliere, weil er die Kosten für eine Begutachtung nicht aufzubringen vermöge. Das Landratsamt sei sowohl für die Prüfung der Fahreignung als auch die Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens zuständig und hätte daher die Begutachtung mit der Kostenübernahme koordinieren müssen. Die Prozessbevollmächtigte habe rein zufällig von der Ablehnung der Kostenübernahme erfahren, die zudem unsinnig begründet worden sei, als ob die Fahrerlaubnis etwas mit der Haltung eines Pkw zu tun habe. Auch hätte die Entscheidung über die Kostenübernahme dem Betroffenen rechtzeitig vor einer Maßnahme mit sofortiger Wirkung mitgeteilt werden müssen. Hier sei aber so verfahren worden, dass gar keine Chance bestanden habe, sich gegen den Verlust der Fahrerlaubnis zu wenden. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe seiner Darlegungslast hinsichtlich seiner Zahlungsfähigkeit nicht genügt, wirke zynisch. Aus dem anwaltlichen Vortrag, der Betroffene hätte sich vielleicht Geld ausleihen oder den Gutachter um Ratenzahlung bitten können, könne nicht geschlossen werden, dass der Antragsteller entsprechende Möglichkeiten gehabt hätte. Es könne nicht hingenommen werden, dem Antragsteller das Fehlen entsprechender Darlegungen als Versäumnis vorzuwerfen. Wenn dieselbe Behörde Grundsicherung gewähre, bedürfe es ihr gegenüber keiner weiteren Darlegungen. In irgendwelchen Bemühungen um Ratenzahlung oder Darlehensaufnahme lägen keine ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten, auf die ein Empfänger von Grundsicherung auch tatsächlich keine Aussicht habe. Daran ändere auch das nachträgliche Angebot des Sohnes des Antragstellers nichts, diesem das Geld zur Verfügung zu stellen. Die Behörde habe es abgelehnt, die Akten zur Begutachtung vor Beendigung des Rechtsstreits zu versenden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes steht nicht entgegen, dass die Beschwerdebegründung keinen ausdrücklichen Antrag enthält, da sich ihr bei zweckgerechter Auslegung gemäß § 88 VwGO entnehmen lässt, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ziffern I und II des angefochtenen Bescheids begehrt. Dem Antragserfordernis gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist genügt, wenn sich aus dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO fristgerecht eingegangenen Vortrag mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die Entscheidung des Verwaltungsgerichts angefochten werden soll (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 21, § 124a Rn. 25; Rudisile in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 146 Rn. 13c).
Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
Ein Kraftfahrer, den die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, hat das geforderte Gutachten gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2, 3 und 5 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), als deren Auftraggeber und Veranlasser auf seine Kosten erstellen zu lassen. Dies ist die Folge der Beibringungslast, die § 11 Abs. 2 FeV dem Betroffenen auferlegt. Das Gesetz mutet ihm diese Kosten ebenso zu wie es ihm zumutet, die Kosten zu zahlen, die zum verkehrssicheren Führen des Fahrzeugs notwendig sind (BVerwG, U.v. 13.11.1997 – – juris Rn. 23; U.v. 12.3.1985 – – BVerwGE 71, 93 = juris Rn. 18 zur Vorgängervorschrift des § 15b Abs. 2 StVZO; zuletzt BayVGH, B.v. 2.1.2019 – – juris Rn. 9). Fehlende finanzielle Mittel stellen keinen Grund dar, von notwendigen Aufklärungsmaßnahmen abzusehen. Es besteht weder ein rechtlicher Anspruch auf Übernahme der Begutachtungskosten oder auf deren Vorfinanzierung durch eine Fahrerlaubnisbehörde (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2017 – – juris Rn. 22; B.v. 9.11.2017 – – ZfS 2018 = juris Rn. 17), noch ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, die Begutachtung selbst in Auftrag zu geben (so aber Geiger, ). Von einem zur Vorlage eines Eignungsgutachtens verpflichteten Verkehrsteilnehmer ist zu fordern, dass er alle nach Sachlage ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten ausschöpft, um die einer Begutachtung entgegenstehenden finanziellen Hemmnisse auszuräumen (BayVGH, B.v. 25.6.2008 – – juris Rn. 16; OVG Berlin-Bbg, B.v. 28.2.2011 – , – juris Rn. 8 m.w.N.). Allenfalls dann, wenn der Betreffende entsprechende, noch nicht abgeschlossene Bemühungen wie z.B. die Abklärung einer etwaigen Ratenzahlung mit dem Gutachter oder einer anderweitigen Finanzierungsmöglichkeit geltend und glaubhaft macht, kann die Fahrerlaubnisbehörde gehalten sein, ihre abschließende Entscheidung vorübergehend zurückzustellen, soweit die dadurch eintretende Verzögerung auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit vertretbar erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1985 – – BVerwGE 71, 93 = juris Rn. 18). Es ist jedoch nicht Aufgabe der Fahrerlaubnisbehörde, die Rechtmäßigkeit eines erlassenen Ablehnungsbescheids der Sozialhilfeverwaltung inzident zu überprüfen oder mit ihrer Entscheidung zuzuwarten, bis dieser Bescheid bestandskräftig ist.
Hieraus folgt, dass der vermögenslose Betroffene seiner Darlegungslast nicht – wie der Antragsteller offenbar meint – durch die Glaubhaftmachung fehlender finanzieller Mittel oder den Bezug von Sozialleistungen genügt, wobei die Annahme, dass Sozialdaten eines Fahrerlaubnisinhabers sämtlichen Stellen innerhalb einer Behörde bekannt sind, schon aus datenschutzrechtlichen Gründen fehlgeht (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB I, §§ 67c ff. SGB X). Nachdem der Antragsteller, der die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung in der Beschwerdebegründung nicht angezweifelt hat, nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass er sich über den Antrag auf Sozialhilfe hinaus hinreichend bemüht hat, sich die nötigen Mittel anderweitig zu beschaffen, ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass er seiner Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen ist. Die Behörde war vor diesem Hintergrund weder gehalten, vor der Entziehung der Fahrerlaubnis die Bestandskraft des Bescheids abzuwarten, mit dem die Kostenübernahme abgelehnt worden ist, noch die Frist zur Beibringung des Gutachtens zu verlängern, bis der Antragsteller eine andere Möglichkeit zur Finanzierung der Begutachtung gefunden hatte. Im Übrigen trifft auch die Behauptung nicht zu, dass er als Grundsicherungsempfänger keine tatsächliche Finanzierungsmöglichkeit habe, da er im Beschwerdeverfahren hat vortragen lassen, sein Sohn, der nachträglich von dieser Angelegenheit erfahren habe, sei bereit, die Begutachtungskosten zur Verfügung zu stellen.
2. Auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO). Auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Antragstellers kommt es daher nicht an.
Auf die Ausführungen unter 1. wird Bezug genommen. Darüber hinaus war dem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auch nicht aus anderen als den vorgetragenen Beschwerdegründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) stattzugeben. Insbesondere bot die polizeiliche Mitteilung über die Verkehrskontrolle am 22. Dezember 2017 und das Bekanntwerden einer Herzoperation entgegen der im Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Eilverfahren vertretenen Auffassung des Antragstellers einen hinreichenden Anlass für die Gutachtensanordnung.
Bedenken gegen die körperliche und geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen. Nicht erforderlich ist also, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht. Allerdings darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – – NJW 2002, 78 = juris Rn. 26; Siegmund in Freymann/Wellner jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 16.1.2019, § 11 FeV Rn. 36). Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Gleiches gilt für den genauen Grad der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss (BVerwG, B.v. 5.2.2015 – – BayVBl 2015, 421 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 3.9.2015 – – juris Rn. 13).
Bei der Beobachtung des Fahrverhaltens des Antragstellers und seiner Reaktionsdefizite bei der nachfolgenden Kontrolle durch besonders geschulte Polizeibeamte handelt es sich nicht um bloße Mutmaßungen oder Behauptungen. Die von den Beamten als „stark“ gewerteten Probleme beim Halten der Fahrbahn sowie einer angepassten Geschwindigkeit verbunden mit abruptem Abbremsen aus nicht erkennbarem Grund stellen eine unfallträchtige Fahrweise dar, deren Ursachen (z.B. vorübergehendes Unwohlsein, Hund im Auto) insofern keine Rolle spielen. Allerdings wies das nach dem Anhalten gezeigte Reaktionsverhalten des Antragstellers, zu dessen Feststellung es keiner medizinischen Ausbildung bedarf, auf schwerer wiegende körperliche Ursachen für das beobachtete Fahrverhalten hin. Die ausführliche polizeiliche Darstellung vom 27. Dezember 2017 hat jedenfalls zunächst die Vorladung zu einem Gespräch mit dem Amtsarzt und nach Nichtzustandekommen eines Termins weitere Ermittlungen gerechtfertigt.
Letzteres gilt auch für die auf eine Herzerkrankung im Sinne von Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV hinweisende Erforderlichkeit einer Herzoperation. Da die Fahreignung nach den stark differenzierenden Regelungen in Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV abhängig vom konkreten Beschwerdebild gegeben oder ausgeschlossen ist, durfte die Fahrerlaubnisbehörde trotz der bereits vorliegenden, allerdings wenig aaussagekräftigen ärztlichen Bescheinigung vom 25. April 2018 auch die Vorlage des Entlassungsberichts des die Operation durchführenden Krankenhauses verlangen. Wie sich dem Entlassungsberichts entnehmen lässt, stand die nicht ansatzweise nachvollziehbar erläuterte Wertung des behandelnden Arztes, bei dem regelmäßig ein Interessenkonflikt anzunehmen ist (BayVGH, B.v. 5.7.2012 – – juris Rn. 26), auch in gewissem Gegensatz zu den Feststellungen des Krankenhauses („schlechte Ejektionsfraktion“).
Nachdem der Antragsteller die Vorlage des Entlassungsberichts bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Gutachtensanordnung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 36; Dauer a.a.O., § 11 FeV Rn. 55) verweigert hatte, boten der polizeilich festgestellte Sachverhalt vom 22. Dezember 2017 und die Erforderlichkeit einer Herzoperation hinreichenden Anlass für die Anordnung, ein fachärztliches Gutachten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV beizubringen und daran auch nach der Vorlage des Entlassungsberichts festzuhalten. Insoweit ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Eignungszweifel bis zum Erlass des Entziehungsbescheids nicht in sonstiger Weise – hier durch Vorlage des Entlassungsberichts – ausgeräumt waren und daher die Gutachtensanordnung nicht aufzuheben war (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2016 – – BayVBl 2017, 97 = juris Rn. 13). Zwar ist die Fahreignung nach der Implantation eines Herzschrittmachers wieder gegeben, wenn – wie hier durch den Entlassungsbericht – eine adäquate Schrittmacherfunktion und eine entsprechende Wundheilung ärztlich bestätigt sind sowie regelmäßige kardiologische Kontrolluntersuchungen stattfinden (vgl. Abschnitt 3.4.1.3 der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung vom 27.1.2014 (VkBl. S. 110) in ihrer jeweils geltenden Fassung, die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Grundlage für die Beurteilung der Fahreignung sind). Hat der Betroffenen jedoch einen Herzinfarkt erlitten, setzt die Annahme der Fahreignung auch eine ausreichende Herzfunktion (LV-Ejektionsfraktion > 35%) und hinsichtlich der Fahrzeuge der Gruppe 1 bei schlechter Herzfunktion jedenfalls eine kardiologische Untersuchung voraus (vgl. Abschnitt 3.4.4.1 der Begutachtungsleitlinien). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Entlassungsbericht, der die Ejektionsfraktion auch bei vorhandenem Herzschrittmacher als „schlecht“ bezeichnet, nicht entnehmen. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich der Fahreignung keine Restzweifel mehr verbleiben und die ursprünglichen Bedenken eindeutig widerlegt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2016 a.a.O.).
3. Damit waren die Beschwerden mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.1, 46.3, 46.5 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe () fallen – anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz – Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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