Aktenzeichen W 3 K 15.1456
IfSG IfSG § 60 Abs. 1, § 68
SGB XII SGB XII § 53 Abs. 3
Leitsatz
Werden für Impfschäden Versorgungsleistungen nach den §§ 25 bis 27 Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährt, ist für diesbezügliche Rechtsstreitigkeiten nach § 68 Abs. 3 S. 2 IfSG der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. (red. LS Clemens Kurzidem)
Gemäß § 60 Abs. 1 IfSG iVm § 25b Abs. 5 S. 1 BVG richten sich Art, Ausmaß und Dauer der Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach der Besonderheit des Einzelfalls, der Art des Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen, wobei es gemäß § 60 Abs. 1 IfSG iVm § 53 Abs. 3 SGB XII besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Wie Leistungen der Eingliederungshilfe auszugestalten sind, ist somit – unbeschadet des Wunsch- und Wahlrechts der Betroffenen gemäß § 60 Abs. 1 IfSG iVm § 25b Abs. 5 S. 3 BVG – eine Frage des konkreten Einzelfalls. (red. LS Clemens Kurzidem)
Der Begriff der notwendigen Beförderungskosten ist im Lichte der Ziele der Eingliederungshilfe für (schwerbehinderte) Impfgeschädigte auszulegen. (red. LS Clemens Kurzidem)
Vermindert die Einzelbeförderung eines Impfgeschädigten gegenüber der Sammelbeförderung zu einer Tagesstätte die Anzahl und Schwere epileptischer Anfälle und erwächst dem Betroffenen hieraus ein gesundheitlicher Vorteil, entspricht dies der besonderen Aufgabe der Eingliederungshilfe, die Behinderung und deren Symptome zumindest zu mildern und die Eingliederung des Betroffenen in die Gesellschaft zu fördern. (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Unterfranken – Hauptfürsorgestelle – vom 20. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2015 verpflichtet, der Klägerin die Einzelbeförderung durch einen Fahrdienst mit dem Pkw zwischen ihrer Wohnstätte und der Tagesförderstätte der Mainfränkischen Werkstätten zu gewähren.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage, für die insbesondere auch gemäß § 68 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes – IfSG – vom 20. Juli 2000 (BGBl I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. 6a des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2229), der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für ihre Einzelbeförderung durch einen Fahrdienst mit einem Pkw zwischen ihrer Wohnstätte und der von ihr besuchten Tagesförderstätte der Mainfränkischen Werkstätten GmbH in Würzburg.
Anspruchsgrundlage der begehrten Leistung ist § 60 Abs. 1 IfSG i. V. m. § 25 Abs. 1, § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, § 27d Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) – BVG – i. d. F. der Bek. vom 22. Januar 1982 (BGBl I S. 21), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2163), i. V. m. §§ 53 ff. SGB XII. Da die Klägerin unter einer als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG bestandskräftig anerkannten Epilepsieerkrankung leidet, hat sie gemäß § 60 Abs. 1 IfSG Anspruch auf Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Zu den demnach zu erbringenden Leistungen gehören gemäß § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BVG auch Hilfen in besonderen Lebenslagen (§ 27d BVG), wozu unter anderem Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zählt (§ 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG). Gemäß § 27d Abs. 3 BVG gelten für die Hilfen in besonderen Lebenslagen die §§ 47, 49 bis 52, das Sechste und Achte Kapitel sowie §§ 72, 74, 88 Abs. 2 und § 92 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Beschädigten oder Hinterbliebenen entsprechend.
Gemessen hieran hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten des Besuchs der Tagesstätte der Mainfränkischen Werkstätten GmbH. Zu dieser Hilfeleistung zählen – jedenfalls als Annex – auch die notwendigen Beförderungskosten zwischen Wohn- und Tagesstätte. Denn die Klägerin ist auf eine Beförderung zwischen Wohn- und Tagesstätte angewiesen, da sie sich aufgrund ihrer Schwerbehinderung nicht selbstständig zum Ort der Tagesstätte oder zurück begeben kann. Darüber, dass die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe auch einen Anspruch auf Übernahme der für die Fahrten zwischen Wohn- und Tagesstätte anfallenden notwendigen Kosten hat, besteht zwischen den Beteiligten letztlich auch kein Streit. Vielmehr bewilligte die Hauptfürsorgestelle der Klägerin zuletzt mit Bescheid vom 30. Dezember 2014 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der Betreuung in der von der Klägerin besuchten Tagesfördergruppe ausdrücklich einschließlich der notwendigen Beförderungskosten. Fraglich und zwischen den Beteiligten streitig ist indes, was unter dem Begriff der „notwendigen Beförderungskosten“ zu verstehen ist und ob die Kosten der von der Klägerin begehrten Einzelbeförderung durch einen Fahrdienst in einem Pkw als notwendig in diesem Sinne anzusehen und daher vom Beklagten zu erstatten sind.
Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen:
Der Begriff der notwendigen Beförderungskosten ist im Lichte der Ziele der Eingliederungshilfe für (schwerbehinderte) Impfgeschädigte auszulegen. Gemäß § 60 Abs. 1 IfSG i. V. m. § 25b Abs. 5 Satz 1 BVG richten sich Art, Ausmaß und Dauer der Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach der Besonderheit des Einzelfalls, der Art des Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen, wobei es gemäß § 60 Abs. 1 IfSG i. V. m. § 53 Abs. 3 SGB XII besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Wie Leistungen der Eingliederungshilfe auszugestalten sind, ist somit – unbeschadet des Wunsch- und Wahlrechts der Betroffenen gemäß § 60 Abs. 1 IfSG i. V. m. § 25b Abs. 5 Satz 3 BVG – eine Frage des konkreten Einzelfalls. Dies gilt dementsprechend auch für die Frage, welche Kosten „notwendig“ sind.
Auf Grundlage dieses Maßstabs stellen sich die Kosten der Einzelbeförderung der Klägerin durch einen (Fremd-) Fahrdienst mit einem Pkw als „notwendig“ dar, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen der Sammelbeförderung und den (gehäuften) Epilepsieanfällen dergestalt besteht, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Besserung der gesundheitlichen Situation der Klägerin im Hinblick auf Häufigkeit und/oder Schwere ihrer Epilepsieanfälle zu erwarten ist, wenn eine Einzelbeförderung in der von der Klägerin begehrten Form statt einer Sammelbeförderung erfolgen würde. Die begehrte Einzelbeförderung muss der Klägerin also gegenüber der Sammelbeförderung einen Vorteil im Hinblick auf die Vorbeugung von Anfällen und der Vermeidung von Anfall-Triggern bringen. Denn dies würde – entsprechend der besonderen Aufgabe der Eingliederungshilfe (vgl. § 53 Abs. 3 SGB XII) – die Behinderung der Klägerin bzw. deren Symptome zumindest mildern und dadurch die Eingliederung der Klägerin in die Gesellschaft fördern.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Diese Überzeugung hat das Gericht auf Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens, insbesondere der vorliegenden Arztbriefe des Juliusspitals, der sonstigen ärztlichen Stellungnahmen und der glaubhaften Angaben der informatorisch angehörten Klägerseite in der mündlichen Verhandlung, gewonnen.
Aus der Verwaltungsakte ergibt sich, dass es seit dem Wechsel des zur Beförderung der Klägerin eingesetzten Sammelbusses etwa im Juli 2013 wiederholt zu Epilepsieanfällen der Klägerin in dem neuen Sammelbus kam, die im Vergleich zur Beförderung der Klägerin in anderen Beförderungsmitteln, also im Vergleich zu der Zeit vor dem Einsatz dieses Sammelbusses und der Zeit nach Einsatz des Busses (d. h. seit die Eltern der Klägerin diese selbst in einem Pkw befördern), gehäuft und gerade auch in dem Sammelbus auftraten. Dies ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Arztbriefen des Juliusspitals und deckt sich mit den Angaben der Eltern der Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, dass die Anfälle erst dann aufgetreten seien, als ein neuer Bus für den Sammeltransport zum Einsatz gekommen sei, und es keine Anfälle mehr gebe, seit die Klägerin von ihren Eltern privat gefahren werde. Zudem wird in der nervenärztlichen Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes des ZBFS Region Unterfranken vom 9. Januar 2015 ausgeführt, dass nach Auskunft eines Arztes des Juliusspitals, in dem die Klägerin regelmäßig nach Auftreten eines Epilepsieanfalls behandelt wird, die Anfallsereignisse bzw. Anfallsserien, die zu den letzten stationären Aufenthalten geführt hätten, jeweils immer im Zusammenhang mit der Kleinbusbeförderung von bzw. zur Tagesstätte aufgetreten seien, auch wenn dies in den entsprechenden Arztbriefen nicht immer explizit ausgeführt sei.
Dagegen gab es nach den Erkenntnissen des Gerichts seit der Durchführung der Fahrten mit dem elterlichen Pkw nur einen einzigen Anfall im zeitlichen Zusammenhang mit der Beförderung der Klägerin zwischen Wohn- und Tagesförderstätte, der sich nach Angaben der Eltern der Klägerin allerdings bereits vor Fahrtbeginn ereignet haben soll, woraufhin die Eltern der Klägerin diese dann mit ihrem Auto ins Juliusspital gebracht hätten. Da es auch vor dem Wechsel des Sammelbusses (und dem etwa zeitgleichen Wechsel der Fahrtstrecke) keine Anfälle im (alten) Sammelbus von vergleichbarer Häufigkeit gab wie mit dem neuen Sammelbus, hängt die Steigerung der Häufigkeit der Epilepsieanfälle der Klägerin denknotwendig mit den Beförderungsbedingungen in dem neuen Sammelbus zusammen.
Dem kann die Beklagtenseite nicht mit Erfolg entgegenhalten, im Alter nehme das Risiko bzw. die Häufigkeit von Epilepsieanfällen generell altersbedingt zu. Nachdem sich die während des Beförderungsvorgangs auftretenden Epilepsieanfälle der Klägerin nach dem Wechsel vom (neuen) Sammelbus zur Einzelbeförderung mit dem Pkw durch die Eltern der Klägerin deutlich reduziert haben (nach den glaubhaften Angaben der Eltern auf einen Anfall kurz vor Fahrtbeginn), kann eine altersbedingte Häufung der Epilepsieanfälle auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens ausgeschlossen werden.
Somit hat die derzeit von den Eltern der Klägerin durchgeführte Einzelbeförderung der Klägerin im privaten Pkw zu einer Reduzierung der Epilepsieanfälle der Klägerin geführt. Es ist zwar unklar, auf welche konkrete Fahrtbedingung dies zurückzuführen ist, nachdem sich im Rahmen der seit Oktober 2014 praktizierten Einzelbeförderung mehrere Bedingungen der zuvor durchgeführten Sammelfahrt, die als Trigger von Anfällen in Betracht kommen könnten, geändert haben, so zum Beispiel Größe und Modell des Transportfahrzeugs und die damit zusammenhängende Sicht aus dem Fahrzeuginneren auf die Straße und der Wegfall der im Sammelbus gegebenen Hebebühne. Es kann jedoch dahinstehen, auf welchen konkreten Umstand die Häufung der Epilepsieanfälle der Klägerin letztlich zurückzuführen ist, da gegenwärtig neben der von der Klägerin begehrten Einzelbeförderung in einem Pkw keine andere alternative Beförderungsmöglichkeit ersichtlich ist, die zu einer Reduzierung des Anfallsrisikos führen könnte. Eine Beförderung der Klägerin in dem Sammelbus, in dem sie bis Oktober 2014 befördert wurde, scheidet aus den bereits dargestellten Gründen aus. Der Versuch der (Einzel-) Beförderung der Klägerin in einem anderen Bus ist gescheitert, weil die Klägerin bereits bei der zweiten Fahrt einen Anfall erlitt. Dass weitere Sammelbusse oder für eine Einzelbeförderung einsetzbare Busse für die Beförderung der Klägerin zur Verfügung stünden, die sich in den Fahrtbedingungen von den beiden vorgenannten Bussen nennenswert unterscheiden würden, ist beklagtenseits nicht ansatzweise vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Eine Beförderung der Klägerin durch ihre Eltern ist schon altersbedingt mit hohen Belastungen für die Eltern verbunden und wird daher von diesen nicht als dauerhafte Lösung gewünscht und angeboten. Somit scheidet auch eine Beförderung der Klägerin durch ihre Eltern als weitere Beförderungsoption aus. Damit bleibt nur noch eine Fremdbeförderung der Klägerin in Form eines Einzeltransports in einem Pkw als geeignete Beförderungsmöglichkeit.
Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass sich eine Einzelbeförderung der Klägerin durch einen Fahrdienst in einem Pkw insofern von der gegenwärtigen Beförderung der Klägerin durch ihre Eltern unterscheiden würde, als bei der Beförderung durch einen Fahrdienst voraussichtlich zumindest langfristig keine Begleitung durch die Eltern oder einen Elternteil der Klägerin erfolgen würde. Zwar hat der Leitende Arzt des ZBFS Region Unterfranken in einer Aktennotiz vom 10. September 2015 ausgeführt, dass für die Anfallshäufigkeit möglicherweise auch die Anwesenheit der Eltern, vor allem auch der Mutter als der Klägerin vertraute Person, eine Rolle spiele. Auch die Eltern der Klägerin schlossen dies auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht völlig aus. Allerdings wurde die Klägerin bereits vor dem Wechsel des Sammelbusses etwa im Juli 2013 in einem Bus ohne Anwesenheit der Eltern oder eines Elternteils transportiert, ohne dass dies zu einer Häufung von Epilepsieanfällen geführt hätte. Daher erscheint eine Einzelbeförderung der Klägerin durch einen (fremden) Fahrdienst in einem Pkw auch ohne Anwesenheit der Eltern oder eines Elternteils gegenüber der bisherigen Sammelbeförderung als vorteilhaft im Hinblick auf die Vermeidung von Anfällen und Anfallstriggern.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes des ZBFS Region Unterfranken vom 9. Januar 2015 und 31. März 2015 davon ausgehen, dass die Epilepsieanfälle der Klägerin im Sammelbus möglicherweise durch ein Abkippen des Kopfes der Klägerin während der Fahrt ausgelöst oder begünstigt werden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ergibt sich aus der Reduzierung der Anfälle der Klägerin bei der Einzelbeförderung durch ihre Eltern im Pkw gegenüber der Beförderung im Sammelbus, dass die Gefahr des Kopfabkippens im Sammelbus höher sein muss als bei einer Einzelbeförderung im Pkw. Dies ist auch nachvollziehbar, da die Klägerin im Pkw – anders als im Sammelbus – nach Angaben ihrer Eltern nicht einschläft, sondern wach ist, und zudem die Begleitperson bei Betreuung allein der Klägerin und nicht noch weiterer (schwer-) behinderter Menschen in einem Sammelbus im Falle eines Kopfabkippens sofort eingreifen und den Kopf der Klägerin wieder aufrichten kann, wie es gegenwärtig die Mutter der Klägerin bei der Beförderung der Klägerin im Falle eines Kopfabkippens tut. Es ist auch kein geeignetes Mittel ersichtlich, um die Gefahr des Kopfabkippens im Sammelbus zu minimieren bzw. auf ein mit der Pkw-Einzelbeförderung gleichwertiges Niveau zu bringen. Zwar wurde vom Ärztlichen Dienst des ZBFS Region Unterfranken in der Stellungnahme vom 9. Januar 2015 zunächst vorgeschlagen, mechanische Maßnahmen zur Verhinderung des Kopfabkippens wie eine Halskrause zumindest versuchsweise einzusetzen. Mittlerweile geht allerdings auch der Ärztliche Dienst selbst davon aus, dass die vorgeschlagene Halskrause nachvollziehbar von der Klägerin nicht toleriert werden würde (vgl. Aktennotiz vom 10.9.2015, Bl. 479 der Behördenakte). Übereinstimmend mit dieser Einschätzung geht auch der behandelnde Facharzt Dr. S. davon aus, dass es aufgrund der behinderungsbedingten Verhaltensstörung der Klägerin nicht möglich sei, eine Halskrause oder eine Cervicalstütze einzusetzen, da die Klägerin diese nicht tolerieren und sie wohl umgehend selbst wieder entfernen würde (vgl. fachärztliche Stellungnahme vom 27.1.2015).
Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch auf Fremdbeförderung in Form einer Einzelbeförderung in einem Pkw von und zu der von ihr besuchten Tagesstätte der Mainfränkischen Werkstätten GmbH in Würzburg. Dieser Anspruch umfasst auch alle weiteren bei der Beförderung anfallenden notwendigen Kosten, also auch solche einer notwendigen Begleitperson. Denn die Klägerin ist bei der Benutzung von Verkehrsmitteln, der Benutzung von Sammelbussen ebenso wie der Benutzung eines Pkw, infolge ihrer impfschadensbedingten Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. In welchem konkreten Umfang daher notwendigerweise eine Begleitperson bei der Beförderung der Klägerin einzusetzen ist, ist nicht Streitgegenstand dieser Klage und von den Beteiligten im Rahmen der Ausgestaltung der Einzelbeförderung gemäß § 25b Abs. 5 BVG zu bestimmen. Dabei wird zu beachten sein, dass die Klägerin nicht nur beim Ein- und Aussteigen der Hilfe bedarf, die – bezogen auf das Ein- und Aussteigen – womöglich auch allein durch einen entsprechend geschulten Fahrer ohne weitere Hilfsperson geleistet werden kann, sondern aufgrund ihrer Anfallserkrankung auch während der Fahrt der ständigen Beobachtung und Begleitung durch eine andere Person bedarf. Im Hinblick auf die Pflicht des Fahrzeugführenden, dafür zu sorgen, dass weder seine Sicht noch das Gehör durch die Besetzung des Fahrzeugs beeinträchtigt werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 StVO), kann Letzteres nicht durch den Fahrer selbst erfolgen, sondern erfordert die Anwesenheit einer dritten Person.
Somit ist der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich stattzugeben. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO gerichtskostenfrei.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.