Aktenzeichen W 4 K 20.553
VwZVG Art. 36
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 38 Abs. 1 S. 3
BayBO Art. 54 Abs. 2 S. 3 Halbsatz 2
Leitsatz
1. I. Die Klage wird abgewiesen.
2. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Da die streitgegenständliche Zwangsgeldandrohung hier isoliert erging, also nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt im Bescheid vom 24. November 2008 verbunden ist, und dieser bereits unanfechtbar geworden ist, gilt es vorliegend Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG zu beachten. Eine solche Zwangsgeldandrohung kann danach nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Zwangsgeldandrohung selbst behauptet wird.
Die auf Art. 36 VwZVG gestützte, hier streitgegenständliche Zwangsgeldandrohung ist formell und materiell rechtmäßig.
1. An einer hinreichenden Begründung im Sinne des Art. 39 BayVwVfG bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Beklagte hat im angegriffenen Bescheid die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die getroffene Entscheidung mitgeteilt. Gleiches gilt hinsichtlich der Gesichtspunkte zur Ermessensentscheidung, die der Bescheid erkennen lassen soll (Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG). Insbesondere hat die Beklagte auch in nachvollziehbarer Weise dargelegt, wieso das Zwangsgeld auf 2.000,00 EUR festgesetzt wurde, zumal die Zwangsgeldhöhe nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG das wirtschaftliche Interesse erreichen soll, das nach pflichtgemäßen Ermessen zu schätzen ist (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG).
An der formellen Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung bestehen daher keine Bedenken, unabhängig davon, dass ein etwaiger Begründungsmangel hier nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG auch geheilt wäre. Diesbezügliche Einwände hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht wiederholt.
2. Die Zwangsgeldandrohung ist auch materiell rechtmäßig.
2.1. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen waren bei Erlass der streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gegeben (Art. 19 VwZVG).
Die Klägerin wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. November 2008 verpflichtet, die Beseitigung sämtlicher baulichen Anlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. …1 und …2 der Gemarkung L* … zu dulden. Dass sich die Beseitigungsverpflichtung in diesem Bescheid nicht auch auf das Wohngebäude beziehen würde, wie die Klägerin vorträgt, ist mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut der Ziffern 1 und 3 sowie der entsprechenden Begründung des Bescheids vom 24. November 2008 nicht nachvollziehbar. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Juni 2009 im Verfahren W 4 K 08.2251, das in den Entscheidungsgründen vielmehr ausdrücklich auf den angefochtenen Bescheid Bezug nimmt. Auch dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. April 2012 (9 ZB 09.1726) lässt sich eindeutig entnehmen, dass sich die Beseitigungsverpflichtung auch auf das Wohngebäude bezieht. Der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof weist in dem genannten Beschluss unter Bezugnahme auf Ziffer 3 des Bescheides vom 24. November 2008 ausdrücklich darauf hin, dass lediglich die Frist zur Beseitigung des Wohngebäudes erst sechs Monate nach Aufgabe der Nutzung durch den damaligen Kläger und seiner Ehefrau (die Antragstellerin) zu laufen beginne.
Die Duldungsverpflichtung der Klägerin bezieht sich damit zweifelsfrei auch auf die Beseitigung des Wohnhauses. Diese Einschätzung, die das Gerichts bereits im vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (W 4 S 20.554) vertreten hat, wurde durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im anschließenden Beschwerdeverfahren geteilt (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2021 – 9 CS 20.1771 – Rn. 16).
2.2. Auch dass die persönliche Nutzung im Sinne der Ziffer 3 des Bescheids vom 24. November 2008 durch den Auszug der Klägerin im Oktober 2018 und ihres Ex-Ehemannes im Jahre 2015 aufgegeben wurde, steht für das Gericht unter Berücksichtigung der Gründe des vorgenannten Bescheids außer Frage. Dass die Klägerin nach ihren Angaben beabsichtigt, irgendwann wieder auf das hier streitgegenständliche Anwesen zurückzukehren, ist daher insoweit unbehelflich. Auch diese Einschätzung des Gerichts wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bereits bestätigt (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2021 – 9 CS 20.1771 – Rn. 17).
2.3. Der Duldungsverpflichtung der Klägerin steht auch kein Vollstreckungshindernis entgegen, das zur Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung führen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 3.6.2004 – 26 ZS 98.2985 – juris Rn. 33; Harrer/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: 1.3.2020, Art. 38 Ziffern 2 und 3). Denn die Duldungsverpflichtung der Klägerin ist nicht etwa deswegen rechtlich oder tatsächlich nicht (mehr) erfüllbar, weil gegen die aktuellen Mieter des streitgegenständlichen Anwesens bislang keine eigene Duldungsanordnung erlassen worden ist.
Eine solche ist vorliegend aufgrund der Regelung des Art. 54 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BayBO nicht erforderlich. Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO regelt, dass bauaufsichtliche Genehmigungen, Vorbescheide und sonstige Maßnahmen, wozu auch Duldungsanordnungen zählen (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – NVwZ-RR 2002, 608/610), auch für und gegen die Rechtsnachfolger gelten. Das gilt gem. Art. 54 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BayBO auch für Personen, die ein Besitzrecht nach Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung, eines Vorbescheides oder nach Erlass einer bauaufsichtlichen Maßnahme erlangt haben. Die Vorschrift des Art. 54 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BayBO ist vorliegend erfüllt. Ergänzend wird insoweit auf die entsprechenden Ausführungen im vorangegangenen Beschluss des Gerichts vom 28. Mai 2020 im Verfahren W 4 S 20.554 Bezug genommen (vgl. Beschluss S. 9 f.).
Die zugrundeliegende Duldungsanordnung ist damit für die Klägerin auch weiter erfüllbar, ein Vollstreckungshindernis liegt insoweit nicht vor.
2.4. Da die Klägerin die Beseitigung der baulichen Anlagen zudem nur dulden, diese aber nicht selbst vornehmen muss, kann sie sich auch nicht auf etwaige naturschutzrechtliche Vorschriften berufen, die zudem nur öffentlichen Interessen dienen. Ob und inwieweit somit naturschutzrechtliche Vorschriften vorliegend ein (vorübergehendes) Vollstreckungshindernis für die Beseitigung der baulichen Anlagen darstellen könnten, kann hier dahinstehen.
2.5. Da die der Klägerin gegenüber verfügte Duldungsanordnung auch den aktuellen Mietern gegenüber wirkt, bedurfte es vorliegend auch nicht ausnahmsweise einer Fristsetzung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Eine solche ist bei reinen Unterlassungs- und Duldungspflichten grundsätzlich nicht erforderlich, da deren Erfüllung regelmäßig keine Handlungen oder Vorkehrungen erfordert (vgl. hierzu Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: November 2019, Art. 36 VwZVG, Ziffer II.2.a); Harrer/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: 1.3.2020, Art. 36 VwZVG, Ziffern 4 und 6). Eine Ausnahme hiervon ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.
2.6. Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG kann das Zwangsgeld zwischen 15,00 und 50.000,00 EUR betragen, wobei das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen soll (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Art 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG bestimmt schließlich, dass das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen ist.
Die Klägerin erhält ausweislich des bei den Behördenakten befindlichen Mietvertrages (vgl. Blatt 45 ff. BA) eine Netto-Miete von monatlich 720,00 EUR für das Anwesen. Unter Berücksichtigung dessen ist die Festsetzung von 2.000,00 EUR nachvollziehbar und im Hinblick auf die hier in Streit stehende Verpflichtung auch ohne weiteres angemessen. Dass die der Ermessenserwägung zugrundeliegenden Gründe zum Teil erst mit Schriftsatz der Beklagten vom 29. April 2020 ergänzt bzw. klargestellt wurden, ist unter Berücksichtigung des § 114 Satz 2 VwGO rechtlich unbedenklich.
Die Zwangsgeldandrohung ist somit auch materiell rechtmäßig.
3. Auch die Kostenentscheidung unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. März 2020 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Einwände hiergegen wurden seitens der Klägerin nicht erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich. Insofern wird auf die entsprechenden Ausführungen im hier streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen, die sich das Gericht zu eigen macht.
Da der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2020 rechtmäßig ist, war die hiergegen erhobene Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.