Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Ausschluss des Minderungsrechts bei Verhinderung der Besichtigung des Mangels durch Vermieter

Aktenzeichen  3 C 559/17

Datum:
20.3.2018
Fundstelle:
ZMR – 2018, 942
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 536c Abs. 2

 

Leitsatz

Da der Vermieter kein allgemeines Besichtigungsrecht an der Mietsache hat, muss ihm der Mieter grundsätzlich die Möglichkeit zur Besichtigung bzw. Überprüfung der behaupteten Mängel einräumen. Wenn der Mieter die Besichtigung als Voraussetzung einer Mangelbeseitigung verhindert oder mutwillig erschwert, ist dem Mieter das Minderungsrecht im Sinne des § 536c Abs. 2 BGB abzusprechen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Anwesen … 5 in …, bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 2 Korridoren, 1 Bad, 2 Toiletten und 3 Kellerräumlichkeiten, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
2. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.08.2018 bewilligt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 525,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 28.04.2017 sowie 571,44 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 6.000,- € abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte sowohl der geltend gemachte Zahlungs- als auch der Räumungsanspruch gemäß §§ 535 II, 543 II S. 1 Nr. 3a, 569 III Nr. 1 BGB i.V.m. den mietvertraglichen Vereinbarungen zu.
1. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass die monatlich von der Beklagten geschuldete Miete zum 01.06.2011 einvernehmlich von 475,- € auf 500,- € angehoben wurde. Dies ergibt sich bereits aus der von der Beklagten unstreitig seit diesem Zeitpunkt widerspruchslos gezahlten erhöhten Miete als auch aus dem Schreiben des Mieterhilfevereins vom 29.12.16 (Anlage K4), in dem eine monatlich geschuldete Miete von 500,- € beklagtenseits bestätigt wurde.
Der Mietrückstand für den Zeitraum Januar bis März 2017 beläuft sich somit auf 525,- € und die von der Beklagten erklärte Aufrechnung kommt mangels Aufrechnungslage nicht zum Tragen.
Der Beklagten stand für diesen Zeitraum kein Minderungsrecht zu, unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen der behaupteten Wohnungsmängel, da vorliegend der Rechtsgedanke des § 536 c II Nr. 1 BGB zur Anwendung gelangt.
Der Kläger forderte die Beklagte auf die erstmalig dem Kläger nachweislich zugegangene Mangelanzeige (Schreiben vom 30.01.17; Anlage K3) am 16.02.17 (Anlage K5) unter Fristsetzung zum 23.02.17 auf, Besichtigungstermine zur Überprüfung der behaupteten Mängel zu benennen. Hierauf erfolgte beklagtenseits zunächst unstreitig keinerlei Reaktion, erst nach der streitgegenständlichen Kündigung vom 17.03.17 wurden mit Schreiben vom 20.03.17 diverse Termine angeboten.
Da der Vermieter kein allgemeines Besichtigungsrecht an der Mietsache hat, muss ihm der Mieter grundsätzlich die Möglichkeit zur Besichtigung / Überprüfung der behaupteten Mängel einräumen. Wenn der Mieter – wie vorliegend – die Besichtigung – als Voraussetzung einer Mangelbeseitigung – verhindert oder mutwillig erschwert, wird dem Mieter das Minderungsrecht im Sinne des § 536 c II BGB abzusprechen sein (Schmidt-Futterer „Mietrecht“ 9. Aufl. § 536, 573).
Die Kündigungserklärung vom 17.03.17 hat somit nach vorangegangenen Abmahnungen das Mietverhältnis wirksam wegen nachhaltiger Zahlungspflichtverletzung beendet.
2. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen war der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.10.2018 gemäß § 721 I ZPO zu bewilligen. Hierbei wurde zum einen der Gesundheitszustand des verunfallten Sohnes der Beklagten und die damit verbundene psychische und physische Belastung berücksichtigt. Andererseits datiert die Kündigungserklärung bereits vom 17.03.2017, d.h. die Beklagte hatte 1 Jahr Zeit zur Ersatzwohnraumsuche.
3. Der geltend gemachte Zinsanspruch sowie die Rechtsanwaltsgebühren sind gemäß §§ 280 II, 286, 288 BGB begründet. Die Klagezustellung erfolgte am 28.04.17 (§ 291 BGB).
II.
Kosten: § 91 I ZPO.
III.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 6.525,00 € festgesetzt.


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