Aktenzeichen S 53 SO 120/13
Leitsatz
1 Fehlt zur grundsicherungsrechtlichen Angemessenheit von Wohnraum ein schlüssiges Konzept, welches für die Vergangenheit auch nicht herbeiführbar ist, ist auf das Wohngeldgesetz mit einem Zuschlag von 20% zurückzugreifen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wohnkosten, welche die so ermittelte Referenzmiete übersteigen, sind nur so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsempfänger unmöglich oder unzumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der grundsätzlich bestehende Sozialhilfeanspruch der Klägerin nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (Grundsicherung) ist im vorliegenden Fall unstreitig. Streitig war lediglich der Umfang der im Rahmen des § 35 SGB XII zu gewährenden Leistungen.
Leistungen für die Unterkunft werden gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Der Gesetzgeber lässt sich bei der Regelung der Unterkunftskosten also zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höher zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind, vgl. BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanzeinfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der von der Klägerin bewohnte Wohnraum nicht angemessen ist. Es liegt zwar kein schlüssiges Konzept vor; ein solches kann für die Vergangenheit auch nicht durch zumutbaren Aufwand herbeigeführt werden. In solchen Fällen ist schließlich der Rückgriff auf das Wohngeldgesetz zulässig und angezeigt. Im konkreten Fall wurde ein Zuschlag von 20% aufgeschlagen, um das dem Wohngeldgesetz als eine abstrakt generelle Regelung innewohnende Moment auszugleichen.
Übersteigen wie hier die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt korrekt ermittelte Referenzmiete, sind die übersteigenden Kosten gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII nur so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsempfänger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regen jedoch längstens für sechs Monate.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinerlei Ansätze gemacht, sich ernsthaft um eine Kostensenkung zu bemühen. Sie hat lediglich im Laufe des Gerichtsverfahrens schlecht leserliche Kopien von Wohnungsanzeigen vorgelegt, was in dieser Form seitens des Gerichts jedoch nicht als ernsthaftes Bemühen gewertet werden konnte. Insbesondere wurden keinerlei Besichtigungen, Maklerbesuche, Suchanzeigen o.ä. belegt. Auch Aspekte, die im vorliegenden Fall eine Abweichung von der Regel des § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.
Ein Anspruch auf Anerkennung der übersteigenden Kosten besteht daher nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII mit Ablauf der Sechs-Monats-Frist nicht. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 192 SGG.