Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Mietminderung wegen einer Großbaustelle

Aktenzeichen  28 C 6191/18

Datum:
12.12.2018
Fundstelle:
WuM – 2019, 433
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 536 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Ein für den Mieter nicht zu erwartender Lückenschluss im Hinterhof führt bereits zu einer Mietminderung für die Zeit einer Großbaustelle von 10 %. (Rn. 10 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dass der Mieter nachts arbeitet und tags schläft, führt nicht zu einer Erhöhung der Quote. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 793,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszins hieraus ab 10.09.2018 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt 61 % der Kosten des Rechtsstreits, die Klägerin trägt 39 % der Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.311,65 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.
I.
Die Klägerin kann von der Beklagten Miete in Höhe von 793,85 Euro für den streitgegenständelichen Zeitraum zurückfordern.
Im streitgegenständlichen Zeitraum war die Miete gemäß § 536 Abs. 1, Satz 1 BGB gemindert. Nach Auswertung der vorgelegten, ausgedruckten Bilder von Google Maps sowie der vorgelegten Fotos und der Beschreibungen geht das Gericht vom Vorliegen einer Großbaustelle aus Es handelt sich dabei aber nicht um einen erwartbaren Lückenschluß, da für die Anwohner vor dem Abriss eine Lücke nicht erkennbar war. Die Aufnahmen ergeben, daß sich an Ort und Stelle zuvor ein lückenschließendes Vorderhaus in gleicher Höhe wie die Nachbarhäuser befunden hat. Erst im nicht einsehbaren Hinterhof haben sich die flacheren Fabrikationsräume befunden. Eine Nachforschungspflicht für die Mieter, in der Umgebung auch Hinterhöfe aufzusuchen, um nach eventuellen zukünftigen Baustellen mit Baulärm durch Lückenschluß zu suchen, ist nicht forderbar. Da deshalb die Lärmbelästigung unerwartet kam, hat die Klägerin einen Mangel erlitten und somit Anspruch auf eine Mietminderung.
Nach dem konkreten Sachvortrag kann die Klägerin allerdings nur eine Mietminderung in Höhe von 793,85 € fordern. Gemäß ständiger Rechtsprechung haben die Mieter bereits einen Anspruch auf 10 % Mietminderung aufgrund einer nahe gelegenen Großbaustelle ohne Dokumentation. Aufgrund der hier vorgelegten, teilweise sehr konkreten Dokumentation ist von einer erhöhten Mietminderung auszugehen. Als besonders störend sind die Monate zu berücksichtigen, in welchen zusätzlich direkt an der Straße unterhalb des Schlafzimmerfensters Bauarbeiten erfolgt sind, bzw. Bau-LKW’s in Schlange standen.
Es ist aufgrund des Klägervortrags davon auszugehen, daß in der Zeit zwischen 12.02. und 19.02.2018 aufgrund von Frost keine Bauarbeiten stattgefunden haben. Ebenso ist davon auszugehen, daß über die Weihnachtsfeiertage ab 24.12.2017 kein vergleichbarer Baulärm stattgefunden hat. Das Gericht hält daher aufgrund der vorgelegten Bilder und dem Sachvortrag in den Monaten November 17 sowie Januar, März und April 18 eine Minderung in Höhe von 30 % für angemessen. In den übrigen eingeklagten Monaten schätzt das Gericht die Einschränkung des Mietgebrauchs aufgrund teilweisen Aussetzens des Baulärms auf 25 % der Bruttomiete. Ein substantiiertes Bestreiten des Baulärmes oder ein substantiierter Vortrag über Zeiten ohne Lärm hat durch die Beklagtenseite nicht stattgefunden.
Es war keine höhere Minderungsquote anzusetzen. Das Vorbringen der Klägerin, nachts zu arbeiten und Vormittags schlafen zu müssen, kann nicht berücksichtigt werden. Die großten Teile der Bevölkerung arbeiten tagsüber, so dass dies auch die vorrangige Arbeitszeit bei Baustellen darstellt und nicht zu einer Erhöhung der Quote führt.
Für den Monat November 2017 waren daher 30 % von 426,57 €, für Januar, März und April 2018 30 % von 475,43 € und für Dezember 2017 und Februar 2018 je 25 % von 475,43 € anzusetzen, insgesamt 793,85 €.
II.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 ZPO.
III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.


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