Aktenzeichen 463 C 1125/19
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.658,- € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist unzulässig, da es an der Besorgnis der nicht rechtzeitigen Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 259 ZPO fehlt.
Der Kläger verlangt zukünftige Räumung der streitgegenständlichen Wohnung mit Kelleranteil zum 30.9.2019. Gemäß § 259 ZPO kann eine Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
Der Beklagte hat das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Der Kläger hat die behaupteten Äußerungen des Beklagten bei Übergabe der Kündigung und damit das Vorliegen der Besorgnis der nicht rechtzeitigen Räumung zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht bewiesen.
Die Zeugen … und … gaben zwar glaubhaft an, der Beklagte habe bei Übergabe der Kündigung am 30.12.2018 sinngemäß erklärt, dass er die Kündigung nicht akzeptiere. Der Zeuge … bekundete insbesondere, der Kläger habe bei Übergabe des Kündigungsschreibens im Kuvert an den Beklagten angegeben, dass es sich hierbei um eine Eigenbedarfskündigung handele. Der Beklagte habe erklärt, dass der Kläger es mit seiner Rolle übertreibe. Auf die Frage des Klägers, ob der Beklagte die Kündigung akzeptiere, habe der Beklagte mit „nein“ geantwortet und mitgeteilt, dass sich seine Anwälte darum kümmern werden.
Der Zeuge … bekundete insbesondere, dass der Beklagte bei Übergabe der Eigenbedarfskündigung erklärt habe, dass dieser es in letzter Zeit mit seiner Rolle übertreibe. Auf Frage die Frage des Klägers, ob der Beklagte mit der Eigenbedarfskündigung einverstanden sei, habe der Beklagte mit „nein“ geantwortet. Weiter habe der Beklagte erklärt, dass er „das mit seinen Anwälten klären“ werde.
Beide Zeugen gaben weiter an, außer dem Beklagten keine andere Person im Eingangsbereich der Wohnung des Beklagten gesehen zu haben. Der Zeuge … gab an, dass die Wohnungstüre nur zum Teil geöffnet war und „theoretisch“ jemand hinter der Türe hätte stehen können. Der Zeuge … gab hierzu an, er meine, dass es „physikalisch“ nicht möglich sei, dass hinter der Türe jemand stehe, da nach der Türe, wenn diese geöffnet sei, gleich die Wand komme.
Beide Zeugen schilderten den Ablauf und die Umstände bei der Übergabe der streitgegenständlichen Eigenbedarfskündigung in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar.
Demgegenüber gab die Zeugin … insbesondere Folgendes an: Sie habe seitlich hinter dem Beklagten, für den Kläger und die beiden Zeugen wegen der nur teilweise geöffneten Wohnungstür nicht sichtbar im Flur der Wohnung gestanden. Der Beklagte habe dem Kläger gegenüber bei Übergabe der Kündigung auf dessen Frage, ob er die Kündigung annehme, nicht mit „ja“ oder „nein“ geantwortet und nicht gesagt, dass er die Kündigung nicht annehme. Er habe erklärt, dass er nichts dazu sagen könne, weil er das mit dem Rechtsanwalt besprechen müsse. Sie habe keinen Anlass gesehen, sich in das Gespräch einzubringen. Dieses habe nur eine Minute gedauert. Die Zeugin … machte ihre Angaben widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Sie erscheinen für das Gericht ebenfalls glaubhaft.
Durch die Angaben der Zeugin … wurde die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der Angaben der Zeugen … und … erschüttert. Es liegen widersprechende Angaben der Zeugen … und … einerseits und der Zeugin … andererseits zum Inhalt der Erklärungen des Beklagten vor. Sämtliche Zeugen haben ein besonderes Interesse am Ausgang des Verfahrens. Der Zeuge … ist der Neffe des Klägers und die Bedarfsperson für die der Eigenbedarf für die streitgegenständliche Wohnung geltend gemacht wird. Der Zeuge … ist der Sohn des Klägers. Die Zeugin … ist die Partnerin des Beklagten. Objektive Anhaltspunkte, die für die Richtigkeit einer Version sprechen, liegen nicht vor. Einerseits erscheint es möglich, dass der Beklagte tatsächlich erklärt hat, der Kläger übertreibe es mit „seiner Rolle übertreibe“ und auf die Frage des Klägers, ob er die Kündigung akzeptiere mit „nein“ geantwortet hat. Andererseits kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Zeugin … das Gespräch mithörte und der Beklagte, wie von dieser angegeben, weder mit „ja“ noch mit „nein“ geantwortet, sondern erklärte, dass er nichts dazu sagen könne und das mit seinem Anwalt klären müsse. Auch nach dem vorgelegten Foto, das den Wohnungseingangsbereich zeigt, ist nicht auszuschließen, dass sich die Zeugin … im Flur aufgehalten hat, ohne dass sie von dem Beklagten und den Zeugen … und … gesehen wurde. Aufgrund der widersprechenden Angaben der Zeugen konnte sich das Gericht keine ausreichende Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO bilden, dass sich der Beklagte bei Übergabe der Kündigung tatsächlich die behauptete Erklärungen abgab, die Kündigung nicht anzuerkennen und nicht auszuziehen sowie dass sich um diese Angelegenheit ein Gericht kümmern müsse.
Es fehlt daher an der Besorgnis der nicht rechtzeitigen Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 259 ZPO.
Das mit Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 25.06.2019 erfolgte hilfsweise Bestreiten des geltend gemachten Eigenbedarfs erfolgte nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 296 a ZPO). Nachgelassen waren lediglich schriftliche Stellungnahmen zum Beweisergebnis. Ein Wiedereintritt in die mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO ist nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert bemisst sich nach der Jahresmiete, § 41 Abs. 1 GKG.