Aktenzeichen 2 C 244/18 (4)
ZPO § 286, § 296a
Leitsatz
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, das Grundstück des Klägers mit der Flurnummer … der Gemarkung … sowie die darauf befindliche Vogel-Voliere zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerseite.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
I.
Das AG Kaufbeuren ist sachlich und örtlich gem. den §§ 23, 71 GVG, 29a, 24 ZPO zuständig.
II.
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Hinsichtlich des Herausgabeanspruchs betreffend das Grundstück mit der Flurnummer … hat die Klage Erfolg, im Übrigen war sie unbegründet.
1. Hinsichtlich des Grundstückes mit der Flurnummer … ist zwischen den Parteien ein Leihvertrag geschlossen worden. Der Beklagte trägt hier selbst vor, dass es einen konkludenten Vertrag über die Nutzung des Grundstückes gegeben habe. Diesbezüglich ist jedoch keinerlei entgeltliche Entschädigung des Klägers vereinbart worden. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Damit liegt ein Leihvertrag vor. Gem. § 604 Abs. 3 BGB kann der Kläger damit jederzeit die entliehene Sache zurückfordern. Der Beklagte hat deshalb das Grundstück und die darauf befindliche Vogelvoliere zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
2. Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Räumung und Zahlung von Mietrückständen oder Nutzungsentschädigung betreffend die Wohnung … im Erdgeschoß zu.
Der Kläger hat das Mietverhältnis nicht wirksam gekündigt. Die mit der Anlage K 2 erklärte Kündigung wegen Zahlungsrückständen war nicht wirksam. Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme nach dem für § 286 ZPO erforderlichen Maß an Gewißheit davon überzeugt, dass es diese Zahlungsrückstände nicht gibt. Der Beklagte ist dafür beweisbelastet, dass zwischen den Parteien eine vorn Mietvertrag abweichende Vereinbarung betreffend die Zahlungsmodalitäten bestand. Diesen Beweis konnte der Beklagte führen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Parteien eine Vereinbarung dergestalt getroffen haben, dass der Beklagte den vollen, sich aus dem schriftlichen Mietvertrag ergebenden Betrag, an den Kläger überweist und dieser ihm anschließend den hälftigen Betrag in bar wieder zurückgibt.
Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht aufgrund der glaubwürdigen und glaubhaften Aussagen der Zeuge … und …. Die von der beklagtenseits ebenfalls benannte Zeugen … konnte vom Gericht nicht geladen werden, da die Bekiagtenseite trotz ausdrücklicher Aufforderung in der Verfügung vom 28.5.2018 eine ladungsfähige Anschrift nicht innerhalb der Frist und auch nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat. Aber auch bereits aufgrund der Aussagen der Zeugen … und … war das Gericht ausreichend vom Votlrag der Beklagtenseite überzeugt:
Bei beiden Zeuginnen handelt es sich um die ehemaligen Lebensgefährtinnen des Beklagten. Beide wohnen nicht mehr im streitgegenständlichen Anwesen und haben keinerlei persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens, Die Aussage der Zeugen … war in den wesentlichen Punkten detailreich und damit ersichtlich aus ihrer Erinnerung heraus geschildert. Insbesondere schilderte die Zeugin, dass sie eine Bargeldübergabe zwischen den Parteien beobachtet hat, bei der der Kläger ausdrücklich gesagt habe, dass es sich um eine Mietrückzahlung handelt. Sie konnte sich auch deshalb so gut daran erinnern, da sie vorn Beklagten damals extra gebeten worden war, das Gespräch mitzuhören, damit dieser einen Zeugen für diese Absprachen hat. Sie konnte sich zwar nicht mehr an genaue Daten oder ähnliches erinnern. Dies ist aber aufgrund des langen Zeitablaufes auch nachvollziehbar. Dass sie sich jedoch an das konkrete Geschehen mit den relevanten Details noch so genau erinnern konnte, liegt nachvollziehbar darin, dass die Zeugin eben im Vorfeld explizit darauf angesprochen worden ist und auf diese Angaben geachtet hat. Diesen Wortwechsel zwischen den Parteien hat die Zeugin auch nicht vom Hören-Sagen sondern aufgrund ihrer eigenen Wahrnehmung mitbekommen. Die Zeugin konnte auch nachvollziehbar angeben, warum ab April 2009 vom Beklagten an den Kläger nur 300,- Euro überwiesen worden sind. Sie gab an, dass deshalb die Mietzahlungen gekürzt wurde, weil sich der Kläger nicht mehr an die ursprüngliche Absprache gehalten habe und der Beklagte die monatlichen Barrückzahlungen nicht mehr erhalten habe, Aus diesem Grund habe man deshalb die Miete nur noch gemindert und unter Vorbehalt gezahlt. Die Zeugin schilderte das Geschehen sachlich und konzentriert. An der Glaubwürdigkeil der Zeugin hat das Gericht keine Zweifel.
Ebenso verhält es sich mit der Zeugin …. Diese schilderte ebenfalls das übliche Vorgehen der Parleien dahingehend, dass der Kläger den offiziellen Betrag per Überweisung erhalten hat und dann dem Beklagten der häiltige Betrag in bar vom Kläger wieder zurückgegeberi wurde. Sie habe diese Abläufe ein paar Mal mitbekommen. Dabei sei der Kläger gekommen und habe gesagt- „wir müssen das jetzt mit der Mietzahlung regeln.“ Sie könne sich auch noch daran erinnern, dass der Kläger zum Beklagten einmal gesagt habe „nun unser gleiches Prozedere wie jeden Monat, du kriegst jetzt die Hälfte zurück“. Zwar weist die Aussage der Zeugin hinsichtlich der Beträge eine Diskrepanz zu der Bestätigung auf, die die Zeugin am 3.12.2009 abgegeben hat: Im damaligen Schreiben gab sie die 562,- Euro und die 250,- Euro konkret an. In der mündlichen Verhandlung sagte sie es handle sich um einen Betrag von 600,- Euro und einen Betrag von 300,- Euro. Allerdings hat die Einvernahme der Zeugin auch ergeben, dass der Beklagte mit dem Schreiben der Anlage K 6 damals zur Zeugin gegangen ist und ihr dieses gezeigt hat und sie dann um eine Bestätigung der tatsächlichen Abläufe gebeten hat. Damit hat die Zeugin zum damaligen Zeitpunkt die genauen Zahlen, die sich aus der Anlage K 6 ergeben, vor Augen gehabt als sie ihre Bestätigung abgegeben hat. Die Zeugin ist mittlerweile seit 16 Jahren aus dem Haus ausgezogen. Das man nach einem solchen Zeitraum keine genauen Zahlen mehr im Kopf hat, sst nachvollziehbar. So räumte sie auch ein, dass sie sich inhaltlich an das Schreiben aus dem Jahr 2009, das sie damals verfasst hat, nicht mehr konkret erinnern könne. Das Gericht geht davon aus, dass der Zeugin deshalb in der mündlichen Verhandlung die runden Beträge noch im wesentlichen von der Größenordnung her im Gedächtnis waren. Die wesentlichen Geschehensabläufe sind der Zeugin noch in Erinnerung geblieben. Wenn sie nun nach einem so langen Zeitraum hinsichtlich der Beträge in einer Größenordnung von nur 50,- Euro in ihrer Aussage abweicht, so ist dies keinesfalls ungewöhnlich und geeignet die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern. Die Zeugin schilderte auch, dass sie ihre Angaben betreffend der Abrede von der Mutter der Parteien erhalten habe, als sie diese besucht habe. Damit ist sie auch Zeugin vom Hören/Sagen betreffend die Abrede zwischen den Parteien. Dass die Mutter der Parteien der Zeugin falsche Angaben gegenüber machen sollte, ist nicht ersichtlich.
Die Aussage der Zeugin … war nicht geeignet, die Aussagen der Zeug en … und … zu erschüttern. Sie gab selbst an, dass sie erst im Rahmen der Auseinandersetzung im Jahr 2009 von ihrem Mann erfahren habe, dass er dem Bruder regelmäßig 250,- Euro gebe. Im Vorfeld habe sie nur mitbekommen, dass ihr Mann den Schwager finanziell unterstützt. Dabei habe es sich um die Unterstützung betreffend die Greifvogelzucht gehandelt. Auf Nachfrage, ob es sich um eine Mietrückzahlung gehandelt habe, sagte die Zeugin: „Nein, ganz sicher nicht Woher denn auch. Es war von Anfang an klar, dass es sieh bei diesem Geld nur um Geld für die Greifvögel handelt.“ Ob gerade diese 250,- Euro nun die finanzielle Unterstützung für die Greifvogelzucht sein sollten, oder ob der Kläger den Beklagten darüber hinaus auch noch anderweitig unterstützt hat und die 250 € eine Mietrückzahlung darstellen, konnte sich der Aussage der Zeugin nicht entnehmen lassen, da die Zeugin betreffend dieser Absprache zwischen den Brüdern ihre Informationen letztenendes nur vom Hören-Sagen von ihrem Ehemann und damit nicht aus neutraler Quelle hat. Es mag durchaus sein, dass der Kläger den Beklagten finanziell betreffend die Greifvogelzucht unterstützt hat. Dass es sich hierbei aber um die genau 250,- Euro, die jeweils in bar zurückgezahlt worden sind, handelt, dafür hat das Gericht zu wenig Anhaltspunkte. Die Zeugin … war auch ersichtlich emotional bei ihrer Aussage involviert. Dass auch sie ein großes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat und dem Schwager nicht neutral gegenüber steht, wurde anhand einiger Randbemerkungen während der Aussage deutlich.
II.
Die fristlose Kündigung der Anlage K 17 ist ebenfalls nicht wirksam. Dieser Kündigung hätte eine Abmahnung vorausgehen müssen. Es handelt sich hierbei um eine verhaltensbezogene Kündigung, die sich darauf stützt, dass der Beklagte die Wohnung und das Anwesen verwahrlosen und vermüllen lassen würde. Dieser Zustand ist der Klägerseite aus eigenen Angaben heraus – unterstellt er sei wahr – seit Jahren bekannt, So erfolgte bereits am 19.10.2009 die mit der Anlage K 7 vorgelegte Abmahnung. Danach erfolgten allerdings nur Kündigungen wegen Zahlungsverzugs. Die vorgelegte Kündigung aus dem Jahr 2009 der Anlage K 10 stützt sich nur auf Zahlungsverzug. Auch die Kündigung vom 23. 1.2018 erfolgte rein wegen Zahlungsverzuges. Erst im September 2018 wurde der Beklagtenseite wegen Verwahrlosung und Vermüflung gekündigt. Für diese Kündigung ist jedoch die Abmahnung aus dem Jahr 2009 nicht mehr ausschlaggebend. Zwischen Abmahnung und Kündigung muß ein zeitlicher Zusammenhang bestehen, der hier definitiv nicht mehr gegeben ist (siehe Schmitt/Futterer, § 543 Rd.Nr, 64). Da der Beklagtenseite der Zustand auch seit Jahren bekannt ist, kann sie nicht einfach ohne vorherige Abmahnung eine Kündigungserklärung aussprechen. Sie muß dem Beklagten deutlich machen, dass sie nicht mehr gewillt ist den weiteren Zustand zu dulden und ihn über die Konsequenzen aufklären. Insofern muß dem Beklagten die Gelegenheit gegeben werden den Zustand zu beseitigen. Soweit die Klägerseite nunmehr mit Schriftsatz vom 29.10.2018 vorträgt, dass eine Abmahnung wegen Vermüllung am 15.10.2018 dem Beklagten am 19.10.2018 zugestellt wurde, handelt es sich um Sachvortrag, der nach der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde (und auch erst tatsächlich danach stattfand). Dieser ist gem. § 296 a ZPO wegen Verspätung zurückzuweisen.
Da die Kündigungen unwirksam waren, hat die Klägerseite keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung oder Nutzungsentschädigung. Da die Beklagtenseite auch zur Überzeugung des Gerichts nachweisen konnte, dass sie zu Recht nur den hälftigen Mietzins gezahlt hat, hat auch die Leistungsklage der Klägerseite keine Aussicht auf Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 ZPO.