Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Unwirksamkeit einer vor Einführung des § 29a ZPO getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung

Aktenzeichen  14 HK O 910/20

Datum:
8.10.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 31511
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 29a, § 40, § § 281 Abs. 1
BGB § 566 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine, in einem Wohn- oder Gewerberaummietvertrag vor 1993 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung zur örtlichen Zuständigkeit, welche von der jetzigen Regelung des § 29a ZPO abweicht, wird mit einem Übergang des Mietvertrages nach § 566 Abs. 1 BGB, nach der Einführung des § 29a ZPO, unwirksam. (Rn. 7 – 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Landgericht München I erklärt sich für örtlich unzuständig.
2. Der Rechtsstreit wird auf Antrag der Klägerin an das zuständige Landgericht Braunschweig verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Landgericht München I ist örtlich unzuständig. Auf Antrag der Beklagten hat sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht Braunschweig zu verweisen.
1. Das Landgericht München I ist nicht zuständig aufgrund der im Jahr 1982 zwischen den Parteien abgeschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 19 Ziff. 5 des Mietvertrags Anlage K 1. Das Gericht sieht sich an der Bejahung der eigenen Zuständigkeit gehindert am – allerdings erst nach Abschluss des ursprünglichen Mietvertrags im Jahr 1982 – erlassenen § 29 a ZPO, der eine ausschließliche Zuständigkeit in Mietsachen am jeweiligen Gericht der belegenen Mietsache postuliert und daher auch gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht möglich ist.
Die Klägerin ist nicht insoweit Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Grundstückseigentümers geworden, sondern gemäß § 566 BGB lediglich in die Rechte des ursprünglichen Vermieters eingetreten. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB (vgl. BeckOK Mietrecht, Schach/Schultz/Schiller/Lehr, Rdnr. 5 zu § 566 BGB).
Dies bedeutet für das vorliegende Mietverhältnis, dass in dem Moment des Eigentumsübergangs ein neues Mietverhältnis zwischen Erwerber des Grundstücks und dem Mieter entsteht. Bei mehrfachem Wechsel auf Vermieter- und Mieterseite entstehen damit immer wieder neue Mietverhältnisse, grundsätzlich allerdings mit demselben Inhalt, wie es ursprünglich zwischen Vermieter und Mieter im Jahr 1982 bestanden hatte.
Allerdings wurde diese „Fortgeltung“ der mietvertraglichen Regelung aus dem Jahr 1982 „gestört“ durch den ab 1993 eingeführten und geänderten ausschließlichen Gerichtsstand des zwingenden § 29 a ZPO, zuletzt in der Fassung seit 21.10.2005. Dadurch, dass grundsätzlich neue Mietverhältnisse durch § 566 BGB begründet werden, konnten insoweit gesetzeswidrig gewordene Regelungen, die nunmehr zwingendem Recht der §§ 29 a, 40 ZPO entgegenstehen, nicht mehr fortwirken.
2. Dies entspricht auch dem Normzweck des § 29 a Abs. 1 ZPO. Damit verfolgte der Gesetzgeber nicht nur sozialpolitische Komponenten im Wohnungsmietrecht, sondern berücksichtigte auch die Grundsätze der Praktikabilität der Prozessführung, der Prozessökonomie und die Erleichterung der Rechtsverfolgung.
Das Gericht der belegenen Sache insoweit genauer die örtlichen Verhältnisse, Üblichkeiten und ähnliches beurteilen und Beweiserhebungen vor Ort leichter durchführen.
Mit dem Klageantrag begehrt die Klägerseite Schadensersatz dafür, dass die Beklagte als letzte Mieterin ihre Renovierungs- und Rückbauverpflichtungen nicht erfüllt habe. Diesbezüglich müssten gegebenenfalls vor Ort Beweisaufnahmen erfolgen mit Beweismitteln, die auch leichter vor Ort verfügbar sind.
Aus diesem Grund war der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Braunschweig gemäß § 29 a, § 281 ZPO zu verweisen.


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