Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zugangsrecht des Architekten

Aktenzeichen  I ZR 193/20

Datum:
29.4.2021
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:290421UIZR193.20.0
Normen:
§ 307 Abs 1 S 1 BGB
§ 307 Abs 2 Nr 1 BGB
§ 2 Abs 1 Nr 4 UrhG
§ 2 Abs 2 UrhG
§ 25 Abs 1 UrhG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Leitsatz

Zugangsrecht des Architekten
Die in Musterverträgen zugunsten von Architekten verwendete Klausel
Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.
ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie bei der gebotenen objektiven Auslegung den Vertragspartner des Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Verfahrensgang

vorgehend LG Stuttgart, 10. März 2020, Az: 17 S 5/19vorgehend AG Stuttgart, 1. August 2019, Az: 5 C 1636/19

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart – 17. Zivilkammer – vom 10. März 2020 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Architekt. Er erbrachte auf der Grundlage des zwischen den Parteien am 19. Juni 2013 geschlossenen “Architekten-/Hochbauingenieurvertrags für Gebäude HOAI 2009” Planungsleistungen zur Erweiterung und zum Umbau des Wohnhauses des Beklagten. Unter Ziffer 11.2 des Vertrags hieß es:
Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.
2
Im August 2018 verweigerte der Beklagte die vom Kläger erbetene Erlaubnis zum Betreten des Hauses zum Zweck der Anfertigung von Fotografien. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe aufgrund von Ziffer 11.2 des Vertrags sowie gemäß § 25 Abs. 1 UrhG ein Anspruch auf Duldung des begehrten Betretens des Gebäudes zu, um Fotografien zu Demonstrationszwecken zu fertigen.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,90 € sowie dazu verurteilt,
das einmalige Betreten des Bauwerks […] zum Fotografieren des Bauwerks zu Dokumentationszwecken durch den Kläger – nach vorheriger Ankündigung mit einer zweiwöchigen Ankündigungsfrist, zu gewöhnlichen Geschäftszeiten – zu dulden, hinsichtlich:
a. des Betretens des Gebäudes selbst, hier zum Anfertigen von Lichtbildern:
aa. sämtlicher Türen, Wände und Decken sowie Installationen der Technikräume im Kellergeschoss in Groß- und Detailaufnahmen,
bb. sämtlicher Türen, Wände und Decken sowie Fenster des Treppenhauses,
cc. der Installationen der Fahrstuhlanlage, einschließlich des Fahrstuhlschachtes,
dd. der Hauseingangstüre von beiden Seiten,
ee. der Außenansicht der Wohnungsabschlusstüren,
ff. sämtlicher verlaufender Leitungen und Installationen, die der Versorgung des Gebäudes mit Energie, Wärme, Wasser sowie der Entsorgung dienen in Groß- und Detailaufnahme;
b. des Betretens und Fotografierens der Wohnung im Erdgeschoß, hier zum Anfertigen von Lichtbildern:
aa. der Decken und Wände sämtlicher Innenräume, soweit nicht verstellt,
bb. sämtlicher Wohnungsabschlusstüren von innen,
cc. sämtlicher Fenster in der Totalen sowie in der Detailaufnahme von Laibung und Rahmen von innen,
dd. sämtlicher Räume in der Totalen als Panoramabild zur Dokumentation eines Lichteinfalls,
ee. sämtlicher Installationen zur elektrischen Versorgung, zur Wasserver- und -entsorgung sowie zur Beheizung der Wohnung, einschließlich des Zählerkastens und der Verbrauchsablesegeräte in Groß- und Detailaufnahmen;
c. des Betretens und Fotografierens der Wohnung im ersten Untergeschoß, hier zum Anfertigen von Lichtbildern:
aa. … ee. … [wie unter b]
d. des Betretens und Fotografierens der Wohnung im zweiten Untergeschoß, hier zum Anfertigen von Lichtbildern:
aa. … ee. … [wie unter b].
4
Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.


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