Patent- und Markenrecht

26 W (pat) 567/18

Aktenzeichen  26 W (pat) 567/18

Datum:
19.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:190721B26Wpat567.18.0
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 215 106
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Juli 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Dr. von Hartz sowie der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Wort-/Bildmarke (weiß, silber, gelb, blau, schwarz)
2
ist am 12. Mai 2017 angemeldet und am 2. Juni 2017 unter der Nummer 30 2017 215 106 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für die Ware der
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Klasse 34: Wasserpfeifentabak.
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Gegen diese Marke, deren Eintragung am 7. Juli 2017 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus ihrer auf der schweizerischen Basisanmeldung beruhenden, am 29. März 1976 nach dem Madrider Protokoll unter der Nummer 642 758 international registrierten Wortmarke
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CRISTAL
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die seit dem 1. September 1995 Schutz für die Bundesrepublik Deutschland genießt für Waren der
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Klasse 34: Produits du tabac.
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Mit einem am 13. November 2017 eingegangenen Schreiben vom 5. November 2017 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke vorgetragen, dass die Widerspruchsmarke nicht auf dem Markt erhältlich sei. Eine Google-Recherche habe weder das Produkt noch das Logo oder einen sonstigen Eintrag aufgezeigt. Die Widersprechende hat als Benutzungsunterlagen drei eidesstattliche Versicherungen des Präsidenten ihres Verwaltungsrats, der Assistentin der Geschäftsführung und eines Mitarbeiters ihrer Schwestergesellschaft, der V… GmbH in W…, jeweils vom 23. Januar 2018, eine Absatzübersicht für die Jahre 2012 bis 2014, Verpackungsfotos, neun Beispielrechnungen aus den Jahren 2012 bis 2014 sowie eine Übersicht über belieferte Netto-Supermärkte vorgelegt.
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Mit Beschluss vom 3. Juli 2018 hat die Markenstelle für Klasse 34 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes den Widerspruch mangels rechtserhaltender Benutzung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 5. November 2017 sei als Einrede der Nichtbenutzung auszulegen, weil es eindeutig die Benutzung der Widerspruchsmarke in Frage stelle. Da sie undifferenziert erhoben sei, betreffe sie beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 MarkenG. lm Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 7. Juli 2017 sei die Benutzungsschonfrist der älteren Marke bereits abgelaufen gewesen. Die Widersprechende habe daher die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für den relevanten Zeitraum von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der jüngeren Marke und fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, mithin ab Juli 2012 bis zur Entscheidung darzulegen und glaubhaft zu machen, was ihr nicht gelungen sei. Zwar sei ihr die Benutzung durch ihre Schwestergesellschaft aufgrund einer Lizenzvereinbarung zuzurechnen. Auch ohne Vorlage des Lizenzvertrages spreche eine deutliche Vermutung für eine Zustimmung der Markeninhaberin, weil letztere sich auf diese Verwendung berufe. Sämtliche Angaben und Nachweise bezögen sich aber nur auf die Jahre 2012 bis 2014. Ferner sei die Stückzahl der mit der älteren Marke gekennzeichneten Zigarillos im Jahr 2014 deutlich geringer gewesen als in den beiden Jahren zuvor. Die Widersprechende habe … Zigarillos im Jahr 2012 und … Zigarillos im Jahr 2014 in Deutschland verkauft, während der Gesamtabsatz im Segment Zigarren im Bundesgebiet 2012 … Stück und 2014 … Stück betragen habe. In den angegebenen Nettomärkten im Nordosten Deutschland seien die Zigarillos nur bis Ende 2014 verkauft worden. Für die dreieinhalb Jahre nach 2014, also für die Jahre 2015 bis Juli 2018 fehlten Stück- oder Umsatzzahlen. Angesichts der eher geringen Stückzahlen abgesetzter Zigarillos in den Jahren 2012 bis 2014 und der mangelnden Markenverwertung ab 2015 könne nicht von einer rechtserhaltenden Benutzung ausgegangen werden.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, der Vortrag im Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 5. November 2017 sei keine wirksame Einrede der Nichtbenutzung. Ihre Schwestergesellschaft habe die ältere Marke auf der Basis einer konzerninternen Lizenzvereinbarung zur Kennzeichnung von Zigarillos verwendet und damit für die eingetragenen Tabakprodukte benutzt. Ihre Lizenznehmerin habe die Marke von 2009 bis Ende 2014 als Handelsmarke für die Supermarktkette „Netto Ost“ eingesetzt. Von deren Zentrallager seien die Produkte an über 300 Filialen in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein vertrieben worden. Auf diese Weise seien in Deutschland im Jahr 2012 …, im Jahr 2013 … und im Jahr 2014… Zigarillos verkauft worden. Unter Vorlage weiterer Unterlagen trägt die Widersprechende vor, dass im Jahr 2019 die Schwestergesellschaft mit ihrer Zustimmung unter der älteren Marke zwei neue eigene Produkte vorgelegt habe, nämlich Zigarillos unter der Produktkennzeichnung „CRISTAL“ in den beiden Geschmacksrichtungen „ORIGINAL BLEND“ und „SPECIAL BLEND“. Als Herstellerhinweis fungiere wie immer der Unternehmensname , so dass „CRISTAL“ als zusätzliche Spezialmarke wahrgenommen werde. Die Schwestergesellschaft habe Anfang 2019 zunächst intensive Vorbereitungsmaßnahmen ergriffen, indem sie umfangreiches Verpackungs- und Marketingmaterial, u. a. Verkaufsaufsteller, sog. Thekendisplays bestellt habe (Anlage 1a). Zudem habe sie die Widerspruchsmarke 2019 und 2020 in ihre Preisliste aufgenommen (Anlage 1b). Seit Juni 2019 seien Zigarillos unter der Widerspruchsmarke deutschlandweit ausgeliefert worden, wie die beispielhaften Lieferscheine und Rechnungen von Juni 2019 bis Januar 2021 (Anlagenkonvolut 2) belegten. Über die Marketingmaßnahmen sei 2019 in der Fachpresse berichtet worden (Anlagenkonvolut 3a). Die Marke sei in das Tabakjahrbuch 2020 aufgenommen worden (Anlage 3b). Der Hersteller des Thekendisplays habe am 4. September 2019 über das neue Display für die neuen Zigarillos berichtet, das auch im Fachmagazin „display“ erwähnt worden sei (Anlage 4). Es seien Anzeigen in den Fachmagazinen Presse- und Verbandsreport geschaltet worden mit dem Hinweis auf den Stand der Schwestergesellschaft auf der weltgrößten Fachmesse „InterTabac“ für Tabakwaren und Raucherbedarf, die vom 20. bis zum 22. September 2019 stattgefunden habe (Anlagenkonvolut 5, Anlage 6). Das Fachmagazin „Sprit Plus“ habe in seiner Ausgabe 9/2019 darauf hingewiesen, dass die V… auf der Messe die Filterzigarillos „CRISTAL“ präsentiert hätten(Anlage 7). Sowohl eine Google-Recherche mit eingestelltem Zeitfilter ab dem 1. Januar 2019 als auch eine zeitlich unbeschränkte Suche ergäben zahlreiche Ergebnisse für den Suchbegriff „V… CRISTAL“ (Anlagen 8 und 9). Auszüge aus „Workshops“ von Tabakhändlern wiesen darauf hin, dass das Produkt „CRISTAL Original Blend“ seit 2019 im Sortiment sei (Anlagenkonvolut 10). Laut Absatzbericht vom 25. März 2021 (Anlage 11) seien im Jahr 2019 …, im Jahr 2020 … und im Jahr 2021 … Zigarillos verkauft worden. Der eher ruhige Verkauf nach 2019 beruhe auf der Sondersituation der Corona-Pandemie. Auch die Gesamtzahlen beim Konsum von Zigarren und Zigarillos seien rückläufig. 2014 seien …, 2017 nur noch …, 2018 …, 2019 … und 2020 … Zigarren und Zigarillos abgesetzt worden (Anlage 12). Zigarillos fielen unter den registrierten Oberbegriff Tabakprodukte, weil sie aus Tabak bestünden und zum Konsum bestimmt seien. Allenfalls ließe sich noch die Untergruppe „Rauchtabakerzeugnisse“ von rauchlosen Tabakprodukten abgrenzen. Die Vergleichswaren seien identisch, weil auch Wasserpfeifentabak ein Tabakprodukt zum Rauchen sei und Nikotin enthalte. Die Widerspruchsmarke sei mangels beschreibenden Charakters zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Die Kollisionsmarken seien sowohl in klanglicher als auch in begrifflicher Hinsicht identisch und (schrift-)bildlich hochgradig ähnlich. In der angegriffenen Marke bilde das Wort „CRYSTAL“ den zentralen Bestandteil, während das beschreibende Wortelement „Smoke“ als englische Übersetzung der Begriffe „Rauch“ oder „Rauchen“ erst auf den zweiten Blick wahrgenommen werde. Der dominierende Wortbestandteil „CRYSTAL“ der jüngeren Marke stimme mit der Widerspruchsmarke „CRlSTAL“ bis auf einen Buchstaben vollständig überein. Beide Markenwörter würden mit nicht nennenswert wahrnehmbaren Unterschieden ausgesprochen und stellten nur unterschiedliche Schreibweisen für den identischen Begriff „Kristall“ oder „kristallisch“ dar. Daneben bestehe auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, weil die angesprochenen Verkehrskreise die jüngere Marke als „Schwesterzeichen“ ansähen und deshalb annähmen, der Wasserpfeifentabak stamme wie die Tabakprodukte aus demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen.
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Die Widersprechende beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des DPMA vom 3. Juli 2018 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 642 758 zu löschen.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. lm Verfahren vor dem DPMA hat sie die Auffassung vertreten, Zigarren und Wasserpfeifentabak seien zwei verschiedene Produkte. Außerdem wichen die Vergleichsmarken in Wort, Schreibweise, Bedeutung und Bild voneinander ab, so dass eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei.
16
Mit gerichtlichem Schreiben vom 26. Januar 2021 ist die Widersprechende darauf hingewiesen worden, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden sei.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
18
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache mangels hinreichender Darlegung und Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg.
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Da es sich vorliegend um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, ist die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG). In Bezug auf die erhobene Nichtbenutzungseinrede sind gemäß § 158 Abs. 5 MarkenG die Vorschriften der §§ 26, 43 Abs. 1 MarkenG ebenfalls in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.
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1. Die Erklärung der Inhaberin der angegriffenen Marke in ihrem am 13. November 2017 beim DPMA eingegangenen Schreiben vom 5. November 2017 ist als rechtswirksames Bestreiten der Benutzung auszulegen.
21
a) Der Wille, die Benutzung der Widerspruchsmarke zu bestreiten, muss eindeutig erklärt werden. Allgemeine Ausführungen zur Benutzungslage in anderem Zusammenhang, wie z. B. bei der Erörterung der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Waren/Dienstleistungen oder anderer Aspekte der Verwechslungsgefahr können grundsätzlich nicht als Nichtbenutzungseinwand ausgelegt werden (BPatGE 25, 53; Mitt. 1987, 56 f. – Joker; 24 W (pat) 54/08 – well! gifts & more/Wella; 25 W (pat) 78/05 – ELCH GRAPHICS/ELCH; 26 W (pat) 100/05 – SCHUTZENGEL; 25 W (pat) 59/08 – preveo/prevero; 26 W (pat) 34/13– Palm Beach Bademoden Made in Germany/Palm Beach; 26 W (pat) 509/20– Free!/frei).
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b) Das auf den Widerspruch erfolgte Vorbringen der Inhaberin der angegriffenen Marke in ihrem Schreiben vom 5. November 2017, dass die Widerspruchsmarke nicht auf dem Markt erhältlich sei und eine Google-Recherche weder das Produkt noch das Logo oder einen sonstigen Eintrag aufgezeigt habe, stellt eine eindeutige Erklärung dahingehend dar, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke in Abrede gestellt wird. Aus ihr ist die Absicht, sich gegenüber der Widersprechenden mit der Nichtbenutzungseinrede verteidigen zu wollen, hinreichend deutlich zu entnehmen. Dass die Erklärung das Wort „bestreiten“ nicht ausdrücklich enthält, ist demgegenüber entbehrlich (BPatGE 32, 98, 100– SEDRESIN/Sekrezym; a. a. O. – SCHUTZENGEL). Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdegegnerin nicht anwaltlich vertreten ist, kann nicht verlangt werden, dass sie den juristischen Fachbegriff verwendet.
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2. Am 13. November 2017 hat somit die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der international registrierten Widerspruchsmarke bestritten. Da die Einrede der Nichtbenutzung undifferenziert erhoben wurde, ist davon auszugehen, dass sie beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG umfassen soll (BGH GRUR 1998, 938 – DRAGON; lngerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 43 Rdnr. 12; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Aufl., § 43 Rdnr. 30; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., Rdnr. 560).
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a) Die Einrede ist wirksam erhoben worden, weil die Benutzungsschonfrist der international registrierten Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede am 13. November 2017 bereits abgelaufen war.
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aaa) Um dem Markeninhaber die Benutzungsaufnahme solange nicht zuzumuten, wie eine Schutzverweigerung für Deutschland noch möglich ist, tritt nach §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 115 Abs. 2, 43 Abs. 1 MarkenG bei einer international registrierten Marke für den Beginn der Benutzungsschonfrist an die Stelle der Eintragung ins Register entweder der Tag, an dem die Mitteilung über die Schutzbewilligung gemäß Regel 18ter Abs. 2 der Gemeinsamen Ausführungsverordnung zum MMA/PMMA (GAusfO MMA/PMMA) dem Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zugegangen ist, oder der Tag an dem die einjährige Ausschlussfrist des Art. 5 Abs. 2 des Madrider Markenabkommens (MMA) bzw. Art. 5 Abs. 2 lit. a des Protokolls zum Madrider Markenabkommen (PMMA) abgelaufen ist, sofern zu diesem Zeitpunkt weder die Mitteilung über die Schutzbewilligung noch eine Mitteilung über die vorläufige Schutzverweigerung zugegangen ist. Für die Berechnung der vorgenannten Jahresfrist ist das Datum der sog. Notification (Date of recording/Date of notification) gemäß Regel 18ter Abs. 1 lit. a) Nr. iii GAusfO MMA/PMMA, also der Tag der tatsächlichen Eintragung im internationalen Register, maßgeblich (BPatG GRUR 2006, 868, 870 – go seven; BPATGE 48, 91, 95 – LOKMAUS), der dem Datum der Versendung der Mitteilung über die internationale Registrierung entspricht.
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bbb) Da im vorliegenden Fall keine Mitteilung über die Schutzbewilligung oder eine vorläufige Schutzverweigerung bei der WIPO eingegangen ist, hat die fünfjährige Benutzungsschonfrist erst ein Jahr nach dem dort eingetragenen „Date of notification“, dem 23. Oktober 1995, und damit erst am 23. Oktober 1996 zu laufen begonnen und ist am 23. Oktober 2001 beendet gewesen.
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b) Die Einrede ist nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zulässig, weil die Benutzungsschonfrist der international registrierten Widerspruchsmarke länger als fünf Jahre vor der am 7. Juli 2017 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke abgelaufen war, so dass eine rechtserhaltende Benutzung in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, also im Zeitraum von Juli 2012 bis Juli 2017 nach Art, Zeit, Ort und Umfang dargelegt und glaubhaft gemacht werden muss.
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c) Ferner ist aufgrund der Zulässigkeit der Einrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG eine rechtserhaltende Benutzung der älteren Marke innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, also von Juli 2016 bis Juli 2021 nach Art, Zeit, Ort und Umfang darzulegen und glaubhaft zu machen.
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d) Damit sind für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nur die Waren zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benutzung in den beiden Fünfjahreszeiträumen glaubhaft gemacht worden ist.
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e) Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen ist, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren (EuGH WRP 2017, 1066 Rdnr. 37 – Gözze/VBB; GRUR 2003, 425 Rdnr. 38 – Ansul/Ajax; BGH GRUR 2013, 725 Rdnr. 38 – Duff Beer). Eine ernsthafte Benutzung erfordert, dass die Marke tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist (EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 72 – 74 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]).
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Zur Glaubhaftmachung muss von der Widersprechenden daher konkret angegeben werden, wer die Marke auf welche Weise für welche Waren in welchen Jahren an welchem Ort benutzt hat und wie viel Umsatz damit erwirtschaftet worden ist. Dabei müssen die detaillierten Angaben zu den Umsatzzahlen entweder in Geldbeträgen oder in Stück- bzw. Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Waren bezogen und in die jeweiligen für die Benutzung rechtserheblichen Zeiträume aufgeteilt sein.
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f) Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nach §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 43 Abs. 1 MarkenG unterliegt abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Untersuchungsgrundsatz (§§ 59 Abs. 1, 73 Abs. 1 MarkenG) dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz (BGH GRUR 2006, 152 Rdnr. 19 – GALLUP; BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469 – Senkrechte Balken).
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g) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den zweiten Benutzungszeitraum nicht glaubhaft gemacht.
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aa) Anders als im Verletzungs- und Löschungsverfahren ist die rechtserhaltende Benutzung in den Fällen des § 43 MarkenG nicht gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 286 ZPO voll zu beweisen, sondern lediglich nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 294 ZPO (nur) glaubhaft zu machen. Der insoweit zu führende Nachweis ist bereits dann als erbracht anzusehen, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des behaupteten Sachverhalts spricht (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 20 – GALLUP; BGHZ 156, 139, 142 m. w. N.). Davon bleibt unberührt, dass in dieser Hinsicht der Widersprechende die Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung trägt und verbleibende Zweifel zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH a. a. O. – GALLUP BPatG; GRUR 1996, 981, 982 – ESTAVITAL, m. w. N.).
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bb) Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 294 ZPO zwar alle präsenten Beweismittel in Betracht. Dabei stellt aber die eidesstattliche Versicherung das wichtigste Glaubhaftmachungsmittel hinsichtlich Umfang, Zeitraum und Ort der bestrittenen Benutzung sowie der Person des Benutzers dar (BPatG 24 W (pat) 40/01 – SINTEC/SIM TEC GmbH). Weitere Benutzungsunterlagen, wie z. B. Preislisten, Rechnungskopien, Etiketten, Prospekte oder sonstige Veröffentlichungen, können zur Erläuterung, Ergänzung oder Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (BPatG GRUR 2007, 596, 597 – La Martina; BPatGE 33, 228, 231 – Lahco; 24, 109, 111– FOSECID). Für die Glaubhaftmachung von Art und Form der Benutzung ist allerdings die Vorlage der tatsächlich verwendeten Markenform auf der Originalware- oder -verpackung oder in sonstigen Wiedergabearten wie Katalogen oder Fotos unerlässlich (BPatG Mitt. 2006, 567, 569 – VisionArena/@rena vision; 28 W (pat) 246/97 – PATURAGES/PATURAGE; 26 W (pat) 162/02 – Residenz Wallerstein/Wallenstein).
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cc) Während die Widersprechende für den ersten Fünfjahreszeitraum noch drei eidesstattliche Versicherungen eingereicht hatte, sie sich also der Bedeutung dieses Glaubhaftmachungsmittels bewusst war, hat sie für den zweiten Benutzungszeitraum von Juli 2016 bis Juli 2021 keine einzige eidesstattliche Versicherung vorgelegt.
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aaa) Die im selbst erstellten Absatzbericht vom 25. März 2021 (Anlage 11) enthaltenen Stückzahlen in Deutschland verkaufter Zigarillos in Höhe von … im Jahr 2019, von … im Jahr 2020 und von … vom 1. Januar bis zum 24. März 2021 hat die Widersprechende nicht durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht.
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bbb) Sie hat diese Zahlen auch nicht durch andere Benutzungsunterlagen untermauert. Obwohl neben der Stückzahl auch der erzielte Umsatz ein wichtiger Gesichtspunkt ist, hat die Widersprechende keine Umsatzzahlen angegeben. Die beispielhaft vorgelegten 17 Lieferscheine und 17 Rechnungen (Anlagenkonvolut 2), deren Rechnungsbeträge zudem geschwärzt sind, geben Verkäufe der Schwestergesellschaft der Widersprechenden, der V… GmbH, im Jahr 2019 in Höhe von …, im Jahr 2020 in Höhe von … und im Januar 2021 in Höhe von … Zigarillos wieder. Ausweislich dieser Unterlagen hat die Widersprechende in den Jahren 2019, 2020 und 2021 insgesamt nur … mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Zigarillos veräußert. Weitere Belege zu Stück- und/oder Umsatzzahlen sind nicht eingereicht worden. Weder die Aufnahme in Preislisten noch ins Sortiment von Tabak-Onlinehändlern oder erfolgreiche Google-Recherchen für den Suchbegriff „V… CRISTAL“ sagen etwas über die Anzahl verkaufter Zigarillos aus. Die durch Lieferscheine und Rechnungen belegte Veräußerung von … Zigarillos an 17 kleine inländische Einzelhändler, meist Tankstellen, Tabakgeschäfte oder Kioskbesitzer über einen Zeitraum von über zwei Jahren stellt einen äußerst geringen Benutzungsumfang dar.
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ccc) Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 73 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2012, 832 Rdnr. 49 – ZAPPA; GRUR 2013, 725 Rdnr. 38 – Duff Beer). Selbst eine geringfügige Benutzung kann als ernsthaft anzusehen sein, wenn sie mit Blick auf die Gewinnung oder Erhaltung von Marktanteilen wirtschaftlich gerechtfertigt ist; absolute Untergrenzen der ernsthaften Benutzung gibt es nicht (vgl. EuGH GRUR 2006, 582 Rdnr. 72 – VITAFRUIT). Dabei ist unter Berücksichtigung der Art der Waren und Dienstleistungen, der Dauer der Benutzung der Marke, der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verwenders und branchenbezogener Gegebenheiten objektiv zu beurteilen, ob sich die Vertriebshandlungen unabhängig von dem Bestreben, den Bestand der Marke zu erhalten, noch als wirtschaftlich sinnvoll darstellen (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 21 – GALLUP).
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(1) Dabei kommt es in erster Linie auf die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen an. Während bei billigen Produkten des täglichen Bedarfs die Annahme einer ernsthaften Benutzung erhebliche Umsatzzahlen voraussetzt (BGH GRUR 2013, 725 Rdnr. 39 – Duff Beer; OLG Hamburg MarkenR 2017, 358, 367 – Rechtserhaltende Benutzung für Bekleidungsstücke), können bei sehr teuren (BGH GRUR 2002, 59, 63 – ISCO), nur für einen begrenzten Abnehmerkreis bestimmten (BGH GRUR a. a. O. Rdnr. 25 – GALLUP) oder relativ selten benötigten Erzeugnissen (BPatG GRUR 2001, 58, 59 – COBRA CROSS) bereits geringe Mengen als ausreichend anerkannt werden. Zigarillos richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Chiemsee) als auch an den Tabakwarenfachhandel, und sind wie Zigaretten Massenwaren, die gewöhnlich in Millionenzahlen je Sorte hergestellt werden. Ein Verkauf von weniger als 100.000 Stück ist in der Regel wirtschaftlich sinnlos (BGH GRUR 1986, 542 Rdnr. 22 – King II). Dies gilt erst recht für … verkaufte Zigarillos an 17 kleine Einzelhändler in zwei Jahren.
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(2) Durch eine lange Benutzungsdauer kann eine mengenmäßig geringe Benutzung zwar kompensiert werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 73 – VITAFRUIT). Im vorliegenden Fall war aber die Widerspruchsmarke vier Jahre lang, nämlich von 2015 bis 2018 auf dem Markt gar nicht präsent, so dass es an einer langen und kontinuierlichen Benutzungsdauer fehlt. Bei der Bestellung von Verpackungs- und Marketingmaterial Anfang 2019 handelt es sich nur um interne Vorbereitungsmaßnahmen. Erst ab Juni 2019 ist wieder mit dem Verkauf gestartet worden und ausschließlich im Jahr 2019 sind Werbeanzeigen in Fachmagazinen geschaltet worden und hat die von der Fachpresse wahrgenommene Teilnahme auf der Fachmesse „InterTabac“ stattgefunden, so dass vor allem der Fachverkehr die Markenwiederaufnahme bemerkt haben kann, nicht aber das breite Publikum. Ab dem Jahr 2020 sind keine Werbemaßnahmen mehr ergriffen worden und die Verkäufe sind zurückgegangen.
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(3) Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich weder bei der Widersprechenden noch bei ihrer Schwestergesellschaft um einen Kleinbetrieb handelt. In großen Unternehmen beginnt der Bereich der wirtschaftlich vernünftigen und angemessenen Betätigung aber grundsätzlich bei wesentlich höheren Umsätzen als in kleineren Unternehmen. Die Widersprechende ist ein international tätiger Schweizer Zigarillo- und Zigarren-Hersteller. Das Unternehmen wurde bereits 1888 als Zigarrenfabrik gegründet. 1910 wurde ein deutsches Unternehmen gegründet, die heutige Schwestergesellschaft. Das in dritter Generation geführte Familienunternehmen produziert jährlich über … Stück Zigarillos und Zigarren (https://de.wikipedia.org/wiki/V…_Holding; https://www.suedkurier.de/region/hochrhein/waldshut-tiengen/vor-111-jahren-als-die-schweizer-zigarrenfabrik-v…-ueber-den-hochrhein-expandierte;art372623,10780736).
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(4) Die durch Lieferscheine und Rechnungen belegten Zigarilloverkäufe von … Stück im Jahr 2019, … Stück im Jahr 2020 und … Stück im Januar 2021 machen nur einen verschwindend geringen Anteil am deutschen Gesamtmarkt für Zigarillos und Zigarren aus, auf dem im Jahr 2019 2,64 Milliarden und im Jahr 2020 2,74 Milliarden Zigarren und Zigarillos abgesetzt worden sind (Anlage 12). Dieser Gesamtmarkt ist durch die Corona-Pandemie nicht negativ beeinflusst worden, da die Absatzzahlen sogar leicht angestiegen sind.
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(5) Auch bei einem erkennbar nicht gewinnbringenden Einsatz der Marke können kostenaufwendige Vorbereitungs- und Begleithandlungen, namentlich Werbemaßnahmen, die auf eine dauerhafte Produktvermarktung angelegt sind, ein hinreichendes Indiz für die Ernsthaftigkeit einer Benutzungshandlung sein (BGH GRUR 1980, 289 f. – Trend). Vorliegend hat die Widersprechende aber die Höhe ihrer Ausgaben für die Verpackungs- und Marketingmaterialien und für das Schalten der Werbeanzeigen im Jahr 2019 weder angegeben noch glaubhaft gemacht. In den drei vorgelegten Rechnungen der Lieferanten sind die Beträge geschwärzt. Für das Jahr 2020 sind Marketingmaßnahmen nicht einmal vorgetragen worden. Ein besonders hoher Investitionsaufwand kann daher nicht festgestellt werden.
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In der Gesamtschau stellen die belegten Vertriebshandlungen der Schwestergesellschaft der Widersprechenden daher keine wirtschaftlich sinnvolle Markenverwendung mehr dar, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die 2019 ergriffenen Maßnahmen nur zu dem Zweck vorgenommen worden sind, die formalen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung von Markenrechten zu erfüllen.
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ccc) Diese Beurteilung würde auch dann gelten, wenn die Widersprechende die im Absatzbericht vom 25. März 2021 (Anlage 11) enthaltenen Stückzahlen verkaufter Zigarillos eidesstattlich versichert hätte. Denn … verkaufte Zigarillos im Jahr 2020 und … veräußerte Zigarillos vom 1. Januar bis zum 24. März 2021 können bei derartigen billigen Produkten des täglichen Bedarfs nicht als erhebliche Absatzzahlen angesehen werden. Selbst die höhere Verkaufszahl von … Zigarillos im Jahr 2019 stellt im Vergleich zu den Absatzzahlen für den ersten Benutzungszeitraum, nämlich … Stück im Jahr 2012, … Stück im Jahr 2013 und … Stück im Jahr 2014 (Anlage 5 zum Schriftsatz vom 25. Januar 2016) einen viel zu geringen Wert und bei einem jährlichen Gesamtabsatz der Widersprechenden von … Stück Zigarillos und Zigarren nur einen prozentualen Anteil von etwa … % und im Verhältnis zu den im Jahr 2019 in Deutschland verkauften … Zigarren und Zigarillos einen prozentualem Anteil von etwa … % dar, was vor dem Hintergrund der übrigen bereits eingehend erörterten Umstände nicht die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung rechtfertigen würde.
III.
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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht kein Anlass.
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1. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens ist § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, wonach das Bundespatentgericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht.
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a) § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 – mcpeople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur).
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b) Besondere Umstände, die eine Kostenauferlegung rechtfertigen, sind z. B. wenn ein Widerspruch auf eine prioritätsältere mehrgliedrige Marke gestützt wird, die nur in einem schutzunfähigen Bestandteil Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweist (BPatG 27 W (pat) 67/13 – Ein EVENT EIN Partner makosch media.GmbH/Event; 27 W (pat) 99/12 – SPORTARENA LECHTAL-KAUFERING/SPORT-ARENA), wenn trotz ersichtlich fehlender Ähnlichkeit der Marken (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rdnr. 14) oder der Waren und/oder Dienstleistungen (BPatGE 23, 224, 227) Widerspruch erhoben wird (BPatGE 23, 224, 227) oder wenn der Widerspruch auf eine zulässige Nichtbenutzungseinrede ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung weiterverfolgt wird (BPatG GRUR 1996, 981, 982 – ESTAVITAL).
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c) Derartige besondere Umstände, die ein Abweichen von der als Regelfall vorgesehenen Kostenaufhebung nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG rechtfertigen würden, liegen hier jedoch nicht vor.
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Zwar hat die Widersprechende, die auf die erhobene Nichtbenutzungseinrede zahlreiche Benutzungsunterlagen vorgelegt hat, für den zweiten Benutzungszeitraum keine eidesstattliche Versicherung als das wichtigste Glaubhaftmachungsmittel für den Benutzungsumfang eingereicht, aber, wie bereits dargelegt, hätten auch die eidesstattlich versicherten Stückzahlen im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung nicht zur Feststellung einer rechtserhaltenden Benutzung geführt. Der Sorgfaltsverstoß hat daher keine Auswirkungen gehabt. Da zudem die sich gegenüberstehenden Waren identisch sind, die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt und mit dem klanglich prägenden Wortbestandteil der jüngeren Marke fast vollständig übereinstimmt, konnte eine Verwechslungsgefahr nicht von vornherein völlig ausgeschlossen werden.

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