Patent- und Markenrecht

29 W (pat) 577/19

Aktenzeichen  29 W (pat) 577/19

Datum:
26.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2022:260122B29Wpat577.19.0
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 227 814.4
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und den Richter kraft Auftrags Posselt
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 17. September 2019 aufgehoben.

Gründe

I.
1
Das Wort-/Bildzeichen
2
ist am 17.09.2018 zur Eintragung in das beim DPMA geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
3
Klasse 16: Buchbinderartikel; Bücher; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Druckereierzeugnisse; Drucklettern; Druckstöcke; Flyer; Grafische Drucke; Kalender; Karten; Kataloge; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; Papier; Papier- und Schreibwaren; Pappe [Karton]; Photographien; Pinsel für Künstler; Pinsel zum Auftragen von Farben; Plakate; Schreibmaschinen; Verpackungsmaterial aus Kunststoff; Verpackungsmaterial aus Papier; Verpackungsmaterial aus Pappe [Karton];
4
Klasse 40: 3D-Druckarbeiten; Dienstleistungen eines Buchdruckers; Druck von Büchern; Druck von Dekormustern auf Geschenkpapier; Druck von digital gespeicherten Bildern und Fotografien; Druck von Werbedrucksachen; Druckarbeiten; Druckarbeiten und fotografische sowie kinematografische Entwicklung; Druckdienstleistungen; Drucken von Bildern auf Gegenständen; Drucken von Briefpapier; Drucken von Dokumenten von digitalen Medien; Drucken von Fotos von digitalen Medien; Druckweiterverarbeitung [Binden]; Druckweiter-verarbeitung [Falzen]; Druckweiterverarbeitung [Schneiden]; Endbearbeitung im Bereich Druck [Binden]; Endbearbeitung im Bereich Druck [Schneiden]; Fertigbearbeitung im Bereich Druck;
5
Klasse 41: Dienstleistungen der Herausgabe von Zeitschriften; Erziehung, Ausbildung; Herausgabe und Publikation von Druckereierzeugnissen; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen; Herausgabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form im Internet; Herausgabe von Druckereierzeugnissen und gedruckten Veröffentlichungen; Herausgabe von Fotografien; Herausgabe von geschriebenen Texten; Herausgabe von Online-Veröffentlichungen; Herausgabe von Texten; Herausgabe von Texten und Bildern, auch in elektronischer Form, ausgenommen für Werbezwecke; Publikation [Veröffentlichung und Herausgabe]; Unterhaltung; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckwerken; Veröffentlichung und Herausgabe von Illustrierten;
Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriftenmagazinen; Veröffentlichung von Broschüren;
Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Almanachen und Zeitschriften; Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Jahrbüchern und Journalen; Veröffentlichung von Druckerzeugnissen; Veröffentlichungsdienstleistungen für die Herausgabe von Zeitschriften.
6
Mit Beschluss vom 17.09.2019 hat die Markenstelle für Klasse 16 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich für die oben fettgedruckten Waren und Dienstleistungen, zurückgewiesen.
7
Es handle sich um ein Wort-/Bildzeichen, welches aus der Wortkombination „Amper-Bote“ bestehe, die in Frakturschrift dargestellt sei. Der Begriff „Amper“ bezeichne einen Fluss im bayrischen Alpenvorland. Das Wort „Bote“ sei über seine ursprüngliche Bedeutung von „Überbringer von Dingen oder Nachrichten“ hinaus in Deutschland als Bestandteil von Tageszeitungen gebräuchlich. Es stelle daher eine Gattungsbezeichnung dar und werde zudem häufig mit dem Namen eines Flusses oder einer Region verbunden. Das Zeichen „Amper-Bote“ werde daher als Hinweis auf eine Zeitung/Zeitschrift verstanden, die über die Amper-Region berichte oder für Leserkreise in der Amper-Region bestimmt sei. Es stelle daher für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine glatt beschreibende Sachangabe dar. Der Verkehr gehe davon aus, dass es sich um Druckereierzeugnisse, insbesondere in Form einer Zeitschrift bzw. einer Zeitung handele, die über die Region rund um die Amper berichte bzw. für Leser dieser Region bestimmt sei. Die beschreibende Bedeutung gelte nicht nur für die Waren selbst, sondern auch für die Dienstleistungen, mittels derer diese Waren entstehen. Daher könne die Anmeldemarke auch für die Druck-, Veröffentlichungs- und Herausgabedienstleistungen nicht als Marke ins Register eingetragen werden.
8
Die graphische Ausgestaltung erschöpfe sich in der Frakturschrift. Diese werde heutzutage noch immer verwendet und begegne dem Verkehr insbesondere auch bei Titeln einiger Tageszeitungen, wie beispielsweise Frankfurter Allgemeine, The New York Times, Die Glocke und Los Angeles Times. Daher sei davon auszugehen, dass zumindest erhebliche Teile der deutschsprachigen Verkehrskreise diese Schriftart lesen und verstehen könnten. Auch das Zeichen zwischen den Wörtern „Amper“ und „Bote“ könne der Anmeldung nicht zur Schutzfähigkeit verhelfen. Der Verkehr werde dem vermeintlichen Gleichheitszeichen keine besondere Bedeutung beimessen.
9
Soweit die Anmelderin auf – teils identische – Voreintragungen verweise, ändere dies nichts an der Schutzunfähigkeit des angemeldeten Zeichens. Teils seien die Eintragungen schon sehr alt, so dass schon daher keine Vergleichbarkeit der Verkehrsauffassung gegeben sei. Im Übrigen seien selbst identische Voreintragungen nicht bindend.
10
Auch der Hinweis der Anmelderin, dass sie die Bezeichnung seit vielen Jahren nutze, führe nicht zur Schutzfähigkeit des Begriffs. Die Frage der Unterscheidungskraft sei abstrakt anhand des einer Bezeichnung von Haus aus innewohnenden Sinngehalts zu beurteilen. Aspekte einer tatsächlichen Benutzung spielten dabei keine Rolle. Sie könnten allenfalls im Rahmen einer Verkehrsdurchsetzung von Bedeutung sein. Konkrete Anhaltspunkte, die auf einen solchen Antrag abzielten, seien jedoch nicht erkennbar.
11
Es bestünden auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen für die tenorierten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstelle. Dies könne jedoch dahinstehen, da dem Zeichen insoweit bereits keine Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zukomme.
12
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
13
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 17. September 2019 aufzuheben, soweit darin die Markenanmeldung zurückgewiesen worden ist.
14
Sie ist der Ansicht, dem angemeldeten Zeichen fehle für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen weder die Unterscheidungskraft noch sei es freihaltebedürftig. Sowohl der Wortteil, als auch die grafische Gestaltung seien jeweils für sich genommen bereits unterscheidungskräftig. Dies gelte erst Recht für das Zeichen in seiner Gesamtheit.
15
Im Hinblick auf den Wortbestandteil habe die Prüferin die Bedeutung des Wortes „Amper” und den Begriff „Bote”, korrekt erfasst. Jedoch setze sie die Unterscheidungskraft dieser Elemente nicht korrekt in Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Selbst wenn „Bote” für Zeitungen eine Gattungsbezeichnung darstellen sollte, was bestritten werde, so gelte dies ausschließlich für diese Waren. Eine pauschale Übertragung auf andere Waren und Dienstleistungen dürfe hingegen nicht erfolgen. So sei nicht erkennbar, warum „Bote” für Dienstleistungen wie „Herausgabe von Fotografien; Unterhaltung; Endbearbeitung im Bereich Druck [Binden; Schneiden]“ oder für „Flyer; Grafische Drucke; Kalender; Karten; Photographien; Plakate” beschreibend sein solle.
16
Allein die graphische Ausgestaltung der angemeldeten Wort-/Bildmarke steche dem Durchschnittsverbraucher gleich ins Auge. Diese werde mit einem beständigen und traditionsbewussten Unternehmen in Verbindung gebracht. Die bildliche Gestaltung des Zeichens führe schon dazu, dass die maßgeblichen Verkehrskreise dieses als Herkunftshinweis aus einem bestimmten Unternehmen erkennen und diesem zuordnen würden. Ferne werde die Frakturschrift heutzutage nicht mehr von einem erheblichen Teil der deutschsprachigen Verkehrskreise gelesen und verstanden. Selbst diejenigen, die dazu noch in der Lage seien, könnten dies nicht mehr fließend und problemlos. Zwar sei unbestritten, dass diese Schriftart bisweilen noch immer verwendet werde. Dies sei jedoch keineswegs alltäglich und geschehe, wenn überhaupt, nur noch bei Überschriften wie „Urkunde” oder „Speisekarte”. Die Frakturschrift werde nicht mehr gelehrt und von der Bevölkerung gelernt. Auch gebe es im 21. Jahrhundert nahezu keine Publikationen mehr in dieser Schriftart. Ferner sei im Onlinelexikon Wikipedia zur Frakturschrift ein eigener Unterpunkt „Schreib- und Lesehilfe” enthalten. Dort würden zahlreiche Buchstaben aufgelistet und mit verwechselbar ähnlichen, lateinischen Buchstaben verglichen. Dies zeige deutlich, dass Aufklärung über die korrekte Weise, diese Schrift zu lesen und zu verstehen, nötig sei. Die Verwendung der Frakturschrift sei daher eine graphische Ausgestaltung, die in der heutigen Zeit eine Verfremdung für den Durchschnittsverbraucher darstelle und deshalb die Schwelle der Unterscheidungskraft der graphischen Elemente der Wort-/Bildmarke überwinde.
17
Im Übrigen sei die Anmelderin Inhaberin einer gleichlautenden Wortmarke „Amper-Bote”, welche am 10. März 1971 für Waren und Dienstleistungen eingetragen worden sei, die vom Amt nunmehr zurückgewiesen würden. Darüber hinaus werde das Logo in der angemeldeten Form bereits seit 1872, also seit beinahe 150 Jahren, von ihr verwendet. Unter Vorlage einer entsprechenden Liste erklärt sie weiter, dass vergleichbare Marken rund um den Begriff „Bote” unter anderem auch für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 eingetragen worden seien.
18
Die konkrete graphische Gestaltung benötige der Verkehr zudem nicht zur werblichen Anpreisung seiner einschlägigen Waren. Dritte könnten weiterhin ihre Produkte mit Begriffen wie „(Tages-)Zeitung” oder „Zeitschrift” bzw. „Anzeigenblatt” als entsprechendes Presseerzeugnis kennzeichnen, ohne durch die angemeldete Marke in ihrer freien Benutzung dieser Benennungen eingeschränkt zu werden. Ein Freihaltebedürfnis an der Kombinationsmarke könne deshalb nicht festgestellt werden.
19
Der Senat hat mit Hinweis vom 19. Januar 2022 seine vorläufige Rechtsauffassung dargelegt.
20
In der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2022 hat die Beschwerdeführerin die Anmeldung für folgende der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zurückgenommen:
21
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Flyer; Kalender; Karten;
22
Klasse 41: alle verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen mit Ausnahme der „Herausgabe von Fotografien“.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf den Senatshinweis vom 19. Januar 2022 Bezug genommen.
II.
24
Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG wirksam eingelegte Beschwerde ist zulässig und nach der teilweisen Rücknahme der Anmeldung auch begründet. Der angegriffene Beschluss ist im Umfang der noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen aufzuheben, da der Eintragung des Zeichens für diese keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.
25
1. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 8 – #darferdas? II). Die Eintragungshindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und des Freihaltebedürfnisses aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/95/EG (MarkenRL a. F.) finden sich nun in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie (EU) 2015/2436 (MarkenRL) und werden unverändert umgesetzt durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.
26
2. Dem angemeldeten Zeichen fehlt es für die im Beschwerdeverfahren zuletzt noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
27
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
28
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).
29
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops).
30
a) Von den noch beschwerdegegenständlichen „Grafischen Drucken; Photographien; Plakaten“ der Klasse 16 und von den Dienstleistungen der Klasse 40 zum Druck von Fotos und Dokumenten werden die allgemeinen Verkehrskreise, von den übrigen Dienstleistungen der Klasse 40 und der „Herausgabe von Fotografien“ in Klasse 41 vorwiegend der inländische Fachverkehr, aber auch allgemeine inländische Verbraucher angesprochen.
31
b) Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen genügt das angemeldete Wort-/Bildzeichen in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, gegen deren Zurückweisung sich die Beschwerde noch richtet, den Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft.
32
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und die Beschwerdeführerin nicht bestritten hat, besteht es aus den in Frakturschrift geschriebenen Worten „Amper“ und „Bote“, die durch einen Doppelbindestrich in eben genannter Schriftart verbunden sind.
33
Der Begriff „Amper“ bezeichnet einen Fluss sowie eine Region im bayerischen Alpenvorland. Das Wort „Bote“ ist über seine ursprüngliche Bedeutung von „Überbringer von Dingen oder Nachrichten“ hinaus in Deutschland als Bestandteil von Tageszeitungstiteln gebräuchlich. Es wird häufig in Verbindung mit dem Namen eines Flusses, z.B. Aar Bote, Altmühl-Bote, Bote vom Untermain, Illertal Bote, Isar Loisachbote, Mangfallbote oder einer Region, z.B. Alb Bote, Der Bote für Nürnberg-Land, Friesländer Bote, Gäubote, Schlitzer Bote oder Schwarzwälder Bote verwendet. Im Bereich der Zeitschriftentitel findet sich der Begriff vor allem bei regionalen Mitteilungsblättern wie z.B. „Berkatal-Bote“, Bote des Geiseltales, Gelnhäuser Bote, Obereichsfeld-Bote und Schwälmer Bote. Angesichts dieser Verwendung stellt der Begriff eine Gattungsbezeichnung für Zeitungen und Zeitschriften dar (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 14.05.2003, 29 W (pat) 107/01 – Der Neckarbote).
34
In der üblichen Kombination einer Ortsangabe und einer Gattungsbezeichnung wird der Verkehr daher nur einen Hinweis auf eine Zeitung, Zeitschrift, Illustrierte oder ein Magazin sehen, die über die Amperregion berichten oder für Leser aus dieser Region bestimmt sind.
35
Daran ändert auch die – gerade von Zeitungen vielfach verwendete – grafische Ausgestaltung in Frakturschrift nichts (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 14.03.2003, 29 W (pat) 316/00 – Hofer Anzeiger, Beschluss vom 03.12.2008, 29 W (pat) 45/07 – Traunsteiner Tagblatt; Beschluss vom 03.12.2008, 29 W (pat) 44/07 – Traunsteiner Wochenblatt; Beschluss vom 27.03.2014, 30 W (pat) 539/12 – Lawyering; Beschluss vom 21.12.2016, 26 W (pat) 57/16 – Wacholder).
36
Wenngleich somit das Verständnis dem angesprochenen Verkehr keine Schwierigkeiten bereitet, ist gleichwohl die Beurteilung des Anmeldezeichens stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen vorzunehmen, für die die Eintragung begehrt wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 33 – Postkantoor).
37
Die Beschwerdeführerin hat die Markenanmeldung teilweise zurückgenommen. Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren „Grafische Drucke; Photographien; Plakate“ in Klasse 16, die Druck- und Bearbeitungsdienstleistungen in Klasse 40 und die „Herausgabe von Fotografien“ in Klasse 41 ist kein thematischer Zusammenhang oder enger beschreibender Bezug zu Zeitungstiteln aus oder über die Amperregion ersichtlich. Insbesondere die Kombination der geografischen Angabe mit dem Begriff des „Boten“ führt in diesem Waren- und Dienstleistungskontext von einem sachbeschreibenden Bezug weg.
38
Weder die Markenstelle noch der Senat haben bei ihrer Recherche Belege gefunden, dass die Waren „grafische Drucke“, „Fotografien“ und „Plakate“ einen „Amper-Boten“ im Sinne eines „Überbringers von Nachrichten in der Amperregion“ als gängiges und hinreichend konkretes Motiv oder Thema darstellen würden. Auch ließ sich nicht feststellen, dass die eben genannten Waren Zeitungen oder Zeitschriften beigelegt werden. Insbesondere „grafische Drucke“ und „Plakate“ werden auch nicht von bzw. für eine Zeitung oder Zeitschrift produziert oder verwendet. „Fotografien“ werden in der Regel von Fotografen erstellt, die bereits aus finanziellen Gründen nicht nur für eine einzige Zeitung oder Zeitschrift einer räumlich eng begrenzten Region tätig werden. Auch konnte nicht ermittelt werden, dass es auf diesem Gebiet üblich ist, auf die Verwendung der Fotografien in einer einzelnen Zeitung oder Zeitschrift, die über eine Region berichtet oder bestimmt ist, hinzuweisen. Damit fehlt es auch an einem engen beschreibenden Bezug. Gleiches gilt für die „Herausgabe von Fotografien“.
39
Die Druck- und Bearbeitungsdienstleistungen in Klasse 40 werden unter anderem von Fotostudios, Drogeriemärkten, Copy-Shops oder entsprechenden Onlineanbietern für Dritte erbracht, um Filme und Bilder zu entwickeln bzw. digitale Bilder, Fotos und Dokumente zu drucken. Die angesprochenen Verkehrskreise werden in dem Anmeldezeichen daher keinen Bezug zu den oben genannten Medienprodukten wie z.B. einer regionalen Tageszeitung erkennen.
40
Selbst wenn ein Teil der Dienstleistungen wie z. B. „Druck von Werbedrucksachen; Druckarbeiten; Druckdienstleistungen; Druckweiterverarbeitung [Binden]; Druckweiterverarbeitung [Falzen]; Druckweiterverarbeitung [Schneiden]; Endbearbeitung im Bereich Druck [Binden]; Endbearbeitung im Bereich Druck [Schneiden]; Fertigbearbeitung im Bereich Druck“ auch als Bearbeitungsschritt bei der Produktion von Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen in Betracht kommt, gilt das Vorgesagte. Druck- und Verarbeitungsdienstleistungen wie Falzen, Schneiden und Binden werden in der Regel schon unter betriebswirtschaftlichen Aspekten nicht themenspezifisch oder nur für eine einzige Zeitung oder eine ganz bestimmte Zeitschrift oder Illustrierte mit Bezug zu einer – hier ziemlich kleinen – Region angeboten werden.
41
Dem Anmeldezeichen kann nach alledem die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis für die zuletzt beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht abgesprochen werden.
42
c) Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen ebenfalls nicht gegeben.


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