Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 37/18

Aktenzeichen  30 W (pat) 37/18

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:200521B30Wpat37.18.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2021 unter Mitwirkung des Richters Merzbach als Vorsitzenden sowie der Richter Dr. Weitzel und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die am 15. Mai 1998 angemeldete Wortmarke
2
Excalibur
3
ist am 24. Juli 1998 für die Waren der Klassen 5, 29, 30
4
“Arzneimittel und homöopathische Präparate; Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen”
5
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden.
6
Am 23.04.2018 beantragte die Antragstellerin im Rahmen der Verlängerung der Schutzdauer “für die in Klasse 29 genannten “Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” eine Umklassifizierung in Klasse 05 zu “Nahrungsergänzungsmittel”.Dem Antrag entsprechend änderte die zuständige Markenabteilung des DPMA die Klassenzuordnung der Waren “Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis (…)” von Klasse 29 zu Klasse 5. Der Zusatz “für nicht medizinische Zwecke auf der Basis (…)” wurde beibehalten.Mit Schreiben vom 30.04.2018 wiederholte die Antragstellerin ihr Begehren, eine Umklassifizierung mit der Formulierung “Nahrungsergänzungsmittel” ohne den Zusatz vorzunehmen.
7
Mit Beschluss vom 4. Juli 2018 hat das DPMA den Antrag auf Umklassifizierung in einen “Antrag auf Änderung des Warenverzeichnisses” umgedeutet und zurückgewiesen.
8
Zur Begründung führt der Beschluss an: Soweit die Antragstellerin mit dem Antrag vom 23.04.2018 neben der erfolgten Umklassifizierung von Klasse 29 in Klasse 05 auch die Entfernung des Zusatzes “für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” verfolge, sei dieser auf eine Teillöschung, ggf. auf eine lediglich teilweise Verlängerung der Schutzdauer gerichtet. Jedenfalls handele es sich diesbezüglich nicht um eine Umklassifizierung im Sinne des § 22 Abs. 1 MarkenV.
9
§ 22 MarkenV betreffe lediglich die Klasseneinteilung der Waren und Dienstleistungen, wie sie im Register erfasst sind. Dies sei ohne Weiteres auf Antrag möglich, da die Klassifizierung selbst keinen direkten Einfluss auf den Schutzumfang der Marke habe. Etwas Anderes gelte jedoch bei Änderungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, da diese Auswirkungen auf den Schutzumfang der Marke haben. Entsprechende Änderungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses seien daher nach der Festsetzung des Anmeldetages bzw. nach Abschluss des Eintragungsverfahrens nur unter den Voraussetzungen der §§ 47, 48 MarkenG möglich.Vorliegend komme jedoch weder eine teilweise Verlängerung noch ein teilweiser Verzicht in Betracht. Der Wegfall des einschränkenden Zusatzes sei in beiden Fällen mit einer unzulässigen Erweiterung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses verbunden, da der uneingeschränkte Warenbegriff auch solche Nahrungsergänzungsmittel erfasse, die nicht “auf Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” angeboten werden. Eine solche Erweiterung sei jedoch mit dem Zeitrangprinzip des Markenrechts nicht vereinbar. Das Markengesetz erlaube insoweit nur Einschränkungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses.
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Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, die Entscheidung des DPMA sei schon deshalb falsch, weil eine Löschung des einschränkenden Zusatzes nicht beantragt worden sei.
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Zum Zeitpunkt der Anmeldung habe das DPMA bei “Nahrungsergänzungsmitteln” den Zusatz “für medizinische” oder “für nichtmedizinische” Zwecke gefordert. Handele es sich um “Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke” habe man zudem mitteilen müssen, auf welcher Basis (z.B. von Vitaminen – Kl. 5; Eiweiß – Kl. 29, Kohlehydraten – Kl. 30) die Erzeugnisse hergestellt werden. Ansonsten habe das DPMA das Warenverzeichnis für zu unbestimmt gehalten und eine Zurückweisung in Aussicht gestellt. Zum Nachweis legt die Antragstellerin ein Schreiben ohne Aktenzeichen vom 22. Oktober 1996 mit einem entsprechenden Hinweis des DPMA vor.Um eine Zurückweisung zu vermeiden sei die Wortmarke “Excalibur” am 15. Mai 1998 deshalb mit dem Zusatz “für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” angemeldet und am 24. Juli 1998 auch entsprechend eingetragen worden. Allerdings gebe es in der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) keine Produktgattung von Nahrungsergänzungsmitteln “für medizinische” oder “für nichtmedizinische Zwecke”.Die Markenanmeldung sollte deshalb ursprünglich nur die Klasse 05 und die Waren “Nahrungsergänzungsmittel” betreffen. Dies sei vom DPMA damals schon im Hinblick auf die NemV fehlerhaft verweigert worden. Das DPMA habe Warenklassen geschaffen, die rechtlich nicht existierten.Nunmehr solle mit einer Umklassifizierung dieser ursprünglich gewünschte Zustand hergestellt werden. Von einer Löschung oder Einschränkung könne nicht die Rede sein, da es immer um die gleiche Warenklasse “Nahrungsergänzungsmittel” gegangen sei. Wenn das DPMA damals von fehlerhaften Vorstellungen ausgegangen sei, seien diese nunmehr zu korrigieren. Schließlich sehe das DPMA heute Eintragungen für “Nahrungsergänzungsmittel” ohne jeden Zusatz vor. Es seien somit offenbar immer identische Produkte gemeint gewesen. Wenn die alte Definition mit dem Zusatz durch den technischen Fortschritt im Lebensmittelrecht überholt worden sei, dürfe nach der Rechtsprechung hieran nicht festgehalten werden.Der BGH habe stets darauf hingewiesen, dass das eingereichte Verzeichnis der Warenklasse gemäß § 20 Abs. 1 MarkenV so zu fassen sei, dass eine Klassifizierung jeder einzelnen Ware in eine Klasse der Klasseneinteilung nach § 19 MarkenV möglich sei. In dem angegriffenen Beschluss verkenne das DPMA, dass es vorliegend angezeigt sei, auch neue, im Zeitpunkt der Markenanmeldung noch unbekannte Waren unter die registrierten Klassifikationsbegriffe zu subsumieren, denen sie nach den im Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden Erkenntnissen ihrem Wesen nach zwanglos zuzuordnen seien.Die Beschwerdeführerin beantragt,
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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Juli 2018, Aktenzeichen 398 27 196 aufzuheben und die Umklassifizierung in der Klasse 05 mit “Nahrungsergänzungsmittel” vorzunehmen.
13
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
14
Die gemäß § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
15
1. Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass es sich bei dem seitens der Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren formulierten Antrag, über die seitens der Markenstelle antragsgemäß vorgenommene Änderung der Klassenzuordnung der bisher zu Klasse 29 eingetragenen Waren “Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” in Klasse 05 hinaus “die Umklassifizierung” dieser Waren “in Klasse 05 mit Nahrungsergänzungsmitteln vorzunehmen”, nicht um einen Antrag auf eine “Umklassifizierung” handelt.
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a. Denn durch eine Umklassifizierung nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung noch geltenden § 22 MarkenV oder auch des nunmehr geltenden § 21 MarkenV kann nur die Klasseneinteilung, nicht jedoch der eingetragene Warenbegriff in seinem Wortlaut verändert werden kann, jedenfalls dann nicht, wenn eine solche Änderung des Wortlauts des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses Auswirkungen auf den Schutzumfang der Marke hat, vgl. § 6 Abs. 1, 2, § 33 Abs. 1, § 32 Abs. 2 MarkenG.
17
Dies ist vorliegend der Fall. Denn ohne den einschränkenden Zusatz hätte die Marke einen anderen, nämlich weiteren Schutzumfang, weil der uneingeschränkte Warenbegriff auch solche Nahrungsergänzungsmittel erfassen würde, die nicht “auf Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” hergestellt werden. Wie bereits dargelegt, kann durch eine Umklassifizierung nach § 22 Abs. 1 MarkenV (a.F.) nur die Klasseneinteilung, nicht jedoch der Schutzumfang geändert werden. Entsprechendes gilt auch für eine Klassifizierung nach dem geltenden § 21 MarkenV.
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b. Soweit die Antragstellerin eine Änderung des Warenbegriffs in beantragtem Umfang auch im Rahmen einer Umklassifizierung für zulässig hält, weil die Markenanmeldung ursprünglich nur die Klasse 05 und die Waren “Nahrungsergänzungsmittel” betreffen sollte und eine entsprechende Anmeldung nur deshalb unterblieben sei, weil das DPMA seinerzeit fehlerhaft den in der NemV nicht vorhandenen Zusatz “für medizinische” oder “für nichtmedizinische” Zwecke gefordert habe, so dass die nunmehr beantragte Eintragung des Waren(ober)begriffs  “Nahrungsergänzungsmittel” ohne jeglichen Zusatz in Klasse 05 lediglich der Beseitigung des vom DPMA fälschlicherweise geforderten und seitens der Antragstellerin zur Vermeidung einer Zurückweisung der Anmeldung eingefügten Zusatzes diene, geht ihr Vorbringen fehl.Die vorliegende Marke wurde am 15. Mai 1998 für “Nahrungsergänzungsmittel” mit dem einschränkenden Zusatz “für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” angemeldet und am 24. Juli 1998 eingetragen.Es mag sein, dass die Beschwerdeführerin eigentlich “Nahrungsergänzungsmittel” anmelden wollte, stattdessen aber den einschränkenden Zusatz aufnahm, weil sie ansonsten eine Zurückweisung durch das DPMA fürchtete. Es mag auch sein, dass das DPMA 1998 von einer fehlerhaften Vorstellung ausging, als es den Zusatz damals grundsätzlich, jedenfalls in dem von der Beschwerdeführerin beigefügten Schreiben vom 24. Oktober 1996, forderte.Maßgebend ist aber allein, dass die vorliegende Marke wie beantragt mit dem einschränkenden Zusatz eingetragen und ein entsprechender Schutzumfang begründet wurde.Ungeachtet dessen war und ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine Beschränkung der “Nahrungsergänzungsmittel” auf Produkte für “nichtmedizinische Zwecke auf der Basis…” nicht unzulässig, da der Warenoberbegriff “Nahrungsergänzungsmittel” wie jede andere Waren hinsichtlich Gegenstand, Inhalt und Zweckbestimmung eingeschränkt werden kann. Definitionen und Begrifflichkeiten der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) sind dafür unerheblich.Zudem wäre es für die Antragstellerin bzw. den Markenanmelder ohne weiteres möglich gewesen, einen “lückenlosen” Schutz für den Oberbegriff “Nahrungsergänzungsmittel” dadurch zu erlangen, dass für die Marke auch Schutz für Nahrungsergänzungsmittel “für medizinische Zwecke” beantragt worden wäre.
19
2. Der alleinige Verbleib von “Nahrungsergänzungsmittel” im Warenverzeichnis erfordert den Entfall des einschränkenden Zusatzes “für nicht medizinische Zwecke auf Basis …” kann deshalb nur durch eine Änderung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erreicht werden. Eine solche Änderung ist bei einer eingetragenen Marke aber nur im Wege einer Teillöschung gemäß § 48 MarkenG, ggfs. als teilweise Verlängerung der Schutzdauer gemäß § 47 MarkenG möglich.
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Vorliegend scheiden beide Möglichkeiten aus.
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Denn der Wegfall des einschränkenden Zusatzes wäre in beiden Fällen mit einer Erweiterung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses verbunden, da der uneingeschränkte Warenbegriff wie bereits festgestellt auch solche Nahrungsergänzungsmittel erfassen würde, die nicht “auf Basis von Eiweiß oder Kohlenhydraten oder Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Enzymen” hergestellt werden.Eine solche Erweiterung durch den Wegfall des einschränkenden Zusatzes ist jedoch unzulässig, da sie mit der notwendigen Bestimmtheit der Anmeldung, der nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen beizufügen ist, der Maßgeblichkeit des Anmeldezeitpunkts für die Laufzeit des Zeichenschutzes (§ 33 Abs. 1 MarkenG) und für die Priorität des Rechts (§ 6 Abs. 1 MarkenG) unvereinbar ist (vgl. BGH, GRUR 1988, 377, 378 – Apropos Film). Das Markengesetz erlaubt insoweit nur Einschränkungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses (vgl. Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering MarkenG, 13. Auflage, § 39 Rn 3; BPatG PAVIS PROMA- 33 W (pat) 12/05 – Olympiafackel).
22
3. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
23
4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Es war weder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).


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