Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 504/19

Aktenzeichen  30 W (pat) 504/19

Datum:
25.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:250321B30Wpat504.19.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Dr. Meiser und der Richterin Dr. Weitzel
beschlossen:
Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beitreibung der Gebühr für eine elektronische Markenanmeldung in Höhe von 290,- €.
2
Die Beschwerdeführerin hat das Zeichen USANO am 28. September 2018 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 35 und 44 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet. Mit der elektronischen Markenanmeldung wurde ein vom Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Verfahrensbevollmächtigter) elektronisch signierter SEPA- Einzugsauftrag für die Bezahlung der Anmeldegebühr eingereicht.
3
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Zeichen USANO am 5. Oktober 2018 als Wortmarke unter der Registernummer 30 2018 110 900 in das Markenregister eingetragen und am 9. Oktober 2018 die Anmeldegebühr in Höhe von 290 € eingezogen.
4
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 2. November 2018, beim Patentamt eingegangen am 5. November 2018 (im Folgenden: Eingabe vom 5. November 2018), hat die Beschwerdeführerin die “Zurücknahme” der Marke erklärt und um Löschung der Marke aus dem Register gebeten.
5
Das Patentamt hat die Marke 30 2018 110 900 USANO daraufhin mit Wirkung vom 5. November 2018 gelöscht.
6
Am 9. November 2018 hat der Verfahrensbevollmächtigte die SEPA-Einzugsermächtigung gegenüber seiner Bank widerrufen und Widerspruch gegen den Einzug der Anmeldegebühr erhoben. Die Bank hat die Gebühr für die Anmeldung der Marke daraufhin zurückgebucht.
7
Mit Schreiben vom 15. November 2018 hat das Patentamt die Beschwerdeführerin aufgefordert, die Anmeldegebühr bis zum 29. November 2018 erneut einzuzahlen; andernfalls werde das Beitreibungsverfahren eingeleitet.
8
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 hat die Beschwerdeführerin eingewandt, die Voraussetzungen für die Einleitung eines Beitreibungsverfahrens lägen nicht vor. Die Anmeldegebühr sei lediglich aufgrund eines Büroversehens in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten bereits mit der Anmeldung gezahlt worden. Beabsichtigt sei gewesen, zunächst eine Recherche in Bezug auf etwaige Drittrechte an dem Zeichen USANO durchzuführen und danach zu entscheiden, ob die Anmeldung durch Einzahlung der Anmeldegebühr fortgeführt werden solle. Durch den nachträglichen Widerruf der SEPA-Einzugsermächtigung und die Löschung der Marke habe die Anmelderin von der ihr gesetzlich eingeräumten Korrekturmöglichkeit Gebrauch gemacht.
9
Mit Beschluss vom 16. Januar 2019 hat die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts festgestellt, dass der Anspruch auf Zahlung der Anmeldegebühr bestehen bleibt.
10
Zur Begründung ist ausgeführt, die Gebührenforderung in Höhe von 290,- € werde aufrechterhalten, da sie mit Einreichung der Anmeldung gemäß § 64a MarkenG i.V. m. § 3 Abs. 1 PatKostG fällig geworden und die beantragte Leistung – die Prüfung der Schutzfähigkeit und die Eintragung der Marke in das Register – auch erbracht worden sei. Der Widerspruch gegen den SEPA-Einzug der Anmeldegebühr sei daher zu Unrecht erfolgt. Auch ein Büroversehen in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten könne nicht zu einem Verzicht auf die Gebühr führen.
11
Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
12
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das SEPA-Lastschriftmandat wirksam widerrufen worden sei und daher kein Anspruch des Patentamts auf Zahlung der Anmeldegebühr bestehe.
13
Entgegen der Auffassung der Markenstelle könne ein SEPA-Lastschriftmandat ohne Grund innerhalb einer Frist von acht Wochen ab Kontobelastung zurückgegeben werden. Der Widerruf des SEPA-Lastschriftmandats sei vorliegend innerhalb dieser Frist erfolgt. Die Anmeldegebühr gelte damit gemäß § 2 Nr. 4 Satz 1 PatKostZV als nicht bezahlt und die Anmeldung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen. Die gesetzliche Fiktion der Rücknahme gelte uneingeschränkt und unterscheide insbesondere nicht danach, ob die angemeldete Marke bereits eingetragen worden sei oder nicht.
14
Die Beschwerdeführerin habe daher in zulässiger Weise von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das SEPA-Lastschriftmandat für die Anmeldegebühr zu widerrufen, um sich so durch Nichtzahlung der Anmeldegebühr nach § 6 Abs. 2 PatKostG nachträglich von der zunächst begründeten Zahlungspflicht zu befreien. Soweit das Patentamt im angefochtenen Beschluss einen Ausnahmetatbestand für den Fall schaffen wolle, dass die beantragte Leistung (hier die Prüfung der Schutzfähigkeit und die Eintragung der Marke ins Register) bereits vorgenommen worden sei, fehle ihm hierfür die Kompetenz. Die Schaffung einer solchen Ausnahmeregelung könne alleine dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber obliegen. Dagegen sei es dem DPMA unbenommen, seine Verwaltungspraxis so zu gestalten, dass es zu Fallkonstellationen wie der vorliegenden nicht kommen könne, z. B. indem die Prüfung der Markenanmeldung erst nach Ablauf der Frist zum Widerruf des Lastschriftmandats vorgenommen werde, d.h. wenn der Zahlungstag gemäß § 2 Nr. 4 Satz 1 PatKostZV “definitiv feststehe”.
15
Aus Billigkeitsgründen sei auch die Beschwerdegebühr zurückzahlen, da die Markenstelle in ihrem Beschluss vom 16. Januar 2019 in völlig unvertretbarer Weise gegen geltendes materielles Recht verstoßen habe.
16
Die Beschwerdeführerin beantragt,
17
1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Januar 2019 aufzuheben;
18
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
20
A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerdeführerin ist als Kostenschuldnerin zur Zahlung der nach wie vor fälligen Gebühr für die von ihr eingereichte Anmeldung der Marke USANO verpflichtet, wie die Markenstelle mit Recht festgestellt hat.
21
1. Die Gebühr für die Anmeldung der Marke USANO in Höhe von 290 €, zu deren Zahlung die Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin verpflichtet ist, ist seit dem 28. September 2018 fällig (§ 64 a MarkenG i. V. m. §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 PatKostG).
22
Wird eine Anmeldung zur Eintragung als Marke eingereicht, prüft das Deutsche Patent- und Markenamt, ob die Markenanmeldung den gesetzlichen Anforderungen genügt, insbesondere ob die formellen Anmeldungserfordernisse erfüllt sind und keine absoluten Eintragungshindernisse entgegenstehen (vgl. §§ 36, 37 MarkenG). Für eine elektronische Markenanmeldung, wie sie die Beschwerdeführerin eingereicht hat, ist daher nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 64a MarkenG i. V. m. § 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Nr. 331 000 des Gebührenverzeichnisses eine Anmeldegebühr in Höhe von 290,- € zu entrichten, die nach § 64a MarkenG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG mit der Einreichung der Anmeldung fällig wird und gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG binnen drei Monaten ab Fälligkeit zu zahlen ist. Vorliegend ist die Anmeldegebühr, zu deren Zahlung die Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 PatKostG) verpflichtet ist, daher mit der Einreichung der Anmeldung am 28. September 2018 fällig geworden.
23
2. Die fällige Anmeldegebühr ist nicht aufgrund des mit Eingabe vom 5. November 2018 sinngemäß erklärten Verzichts auf die Marke sowie deren Löschung aus dem Markenregister entfallen.
24
Die Markenstelle hat die Markenanmeldung im Vertrauen auf die elektronisch eingereichte SEPA-Einzugsermächtigung bearbeitet und das Zeichen USANO am 5. Oktober 2018 als Wortmarke unter der Registernummer 30 2018 110 900 in das Markenregister eingetragen. Die Anmeldegebühr (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG) galt dabei nach § 2 Nr. 4 PatKostZV als am Tag des Eingangs der Einzugsermächtigung beim Patentamt (28. September 2018) gezahlt, so dass die Markenstelle die Anmeldung bearbeiten konnte, und wurde am 9. Oktober 2018 auf das Konto des DPMA eingezogen. Die knapp einen Monat nach Registereintragung mit Eingabe vom 5. November 2018 erklärte “Rücknahme”, die nach Abschluss des Eintragungsverfahrens als Verzicht auf die Marke im Sinne von § 48 MarkenG auszulegen war, sowie die antragsgemäße Löschung der Marke 30 2018 110 900 aus dem Register bleiben gebührenrechtlich ohne Auswirkungen. Insbesondere ließen sie den Rechtsgrund für die Zahlung der Anmeldegebühr nicht entfallen (vgl. BGH NJW 1987, 130 – Schweißpistolenstromdüse II; Schulte, PatG, 10. Aufl., § 10 PatKostG Rn. 6). Denn entrichtete fällige Gebühren sind grundsätzlich verfallen und können nicht zurückgezahlt – bzw. wie hier: einseitig zurückgebucht – werden (vgl. BGH NJW 1987, 130 – Schweißpistolenstromdüse II; BPatGE 43, 98, 100; BPatG, 28 W (pat) 222/04; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 32 Rn. 120 mwN).
25
3. Die fällige Anmeldegebühr ist entgegen dem Beschwerdevortrag auch nicht aufgrund des Widerrufs des SEPA-Lastschriftmandats am 9. November 2018 entfallen.
26
a) Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass die Anmeldung wegen des Widerrufs der SEPA-Einzugsermächtigung und der Rückbuchung der Anmeldegebühr als zurückgenommen gelten müsse und die Gebühr daher entfallen sei, beruft sie sich der Sache nach auf § 10 Abs. 2 PatKostG, verkennt aber die Voraussetzungen dieser Vorschrift.
27
§ 10 Abs. 2 PatKostG sieht vor, dass die Gebühr entfällt, wenn eine Anmeldung oder ein Antrag nach § 6 Abs. 2 PatKostG oder aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen als zurückgenommen gilt oder wenn ein Schutzrecht erlischt, weil die Gebühr nicht oder nicht vollständig bezahlt wurde. Dies steht nach dem letzten Halbsatz des § 10 Abs. 2 PatKostG ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass die beantragte Amtshandlung nicht vorgenommen wurde (vgl. BGH GRUR 2014, 710 – Prüfungsgebühr, juris Rn. 17).
28
Mit der Wendung, dass die Gebühr “entfällt”, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass eine bis dahin bestehende und fällige Gebührenforderung, soweit auf sie noch keine Zahlungen geleistet worden sind, mit Wirkung ex nunc erlischt, wenn die beantragte Amtshandlung nicht vorgenommen wurde (BGH GRUR 2014, 710 – Prüfungsgebühr, juris Rn. 17; vgl. auch Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, § 10 PatKostG Rn. 16). Dadurch sollen Vollstreckungsfälle für nach wie vor fällige Gebühren vermieden werden (BGH, a. a. O. – Prüfungsgebühr, Rn. 17). Zugleich soll sichergestellt werden, dass die Gebühr weiterhin beigetrieben werden kann, wenn das Amt im Vertrauen auf eine eingereichte Einzugsermächtigung bereits Amtshandlungen vorgenommen hat, die nicht von Amts wegen rückgängig gemacht werden können (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, BTDrucks. 14/6203, S. 47 f.; siehe ferner Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes, BTDrucks. 16/735, S. 16; so auch ausdrücklich BGH GRUR 2014, 710 – Prüfungsgebühr, juris Rn. 17; vgl. ferner BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 20/18 – factis).
29
b) In Anwendung der dargelegten Grundsätze kommt ein Entfallen der Anmeldegebühr nach § 10 Abs. 2 PatG vorliegend aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Denn zum einen war im Zeitpunkt des Widerrufs des SEPA-Lastschriftmandats die Zahlung der Anmeldegebühr bereits geleistet. Darüber hinaus hatte das Patentamt die beantragte Amtshandlung mit der Registereintragung der Marke USANO schon am 5. Oktober 2018 vorgenommen, so dass der Vorbehalt des § 10 Abs. 2 letzter Halbs. PatKostG greift.
30
c) Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach Vornahme der beantragten Amtshandlung (hier: der Registereintragung der Marke USANO am 5. Oktober 2018) ist ein Entfallen der Anmeldegebühr aufgrund des Vorbehalts in § 10 Abs. 2 letzter Halbsatz PatKostG zwingend ausgeschlossen (BGH, a. a. O. – Prüfungsgebühr, Rn. 17; Schneider/Volpert/Fölsch, a. a. O., § 10 PatKostG Rn. 19). Der sinngemäß geäußerten Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die Entscheidung hierüber im pflichtgemäßen Ermessen des Patentamts stehen und das Patentamt dabei auch Billigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen müsse, steht bereits der klare und eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen, wonach eine Gebühr nur entfallen kann, “wenn die beantragte Amtshandlung nicht vorgenommen wurde”.
31
Die vom Verfahrensbevollmächtigten in Bezug genommene Gesetzesbegründung zeigt im Übrigen gerade auf, dass es Intention des Gesetzgebers war, exakt die vorliegende Fallkonstellation – den Versuch des Verfahrensbevollmächtigten, durch Widerruf der SEPA-Ermächtigung eine vom Gesetz nicht vorgesehene “Antragsrücknahmemöglichkeit mit Kostenerstattung” herbeizuführen – auszuschließen. So heißt es in der Gesetzesbegründung (zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, BTDrucks. 14/6203, S. 47 f, Hervorhebung durch den Senat):
32
“Absatz 2 Satz 1 letzter Halbsatz regelt den Fall, dass im Vertrauen auf eine eingereichte Einziehungs- oder Abbuchungsermächtigung eine Amtshandlung vorgenommen wurde, die nicht von Amts wegen rückgängig gemacht werden kann (z. B. Eintragung eines Schutzrechts) und sich dann herausstellt, dass die Zahlung nicht erfolgte (z. B. Konto nicht gedeckt, Rückruf, falsche Kontonummer pp.). Ohne diese Regelung müsste bei Nutzung dieser modernen Zahlungswege in jedem Fall die Gutschrift bzw. die Widerrufsfrist abgewartet werden. Eine Beschleunigung des Zahlungsverkehrs wäre dadurch ausgeschlossen. Außerdem soll die vorgeschlagene Regelung verhindern, dass der Widerruf oder das “Platzenlassen” eines Abbuchungsauftrages den Antragstellern zu einer Antragsrücknahmemöglichkeit mit Kostenerstattung verhilft, die im Gesetz nicht vorgesehen ist.

33
Soweit es im Folgesatz der Gesetzesbegründung sodann heißt:
34
“Die nach wie vor fällige Gebühr (siehe § 3 Abs. 1) kann notfalls beigetrieben werden.”
35
meint dies offensichtlich nur, dass im Falle einer (weiterhin) verweigerten Zahlung der nach wie vor fälligen (!) Gebühr das Betreibungsverfahren eröffnet ist. Ein Ermessen des Patentamts, die Gebühr trotz vorgenommener Amtshandlung nachträglich entfallen zu lassen bzw. nicht mehr beizutreiben, wird hierdurch nicht begründet, zumal dem wie dargelegt bereits der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegensteht.
36
4. Auch unter sonstigen Gesichtspunkten kommen ein Entfallen oder eine Nichterhebung der Anmeldegebühr nicht in Betracht.
37
a) § 10 Abs. 1 PatKostG betrifft lediglich die Rückzahlung von Gebühren, die nicht mehr fällig werden können, nicht aber den – hier vorliegenden – Fall einer Gebühr, die bereits fällig geworden und nach wie vor fällig ist (vgl. BGH, GRUR 2014, 710 Rn. 14 – Prüfungsgebühr; BPatG, Beschluss vom 16. Dezember 2015, 7 W (pat) 7/15, juris).
38
b) Die Nichterhebung von Kosten nach § 9 PatKostG setzt eine unrichtige Sachbehandlung durch das Patentamt voraus, die vorliegend nicht festgestellt werden kann. Vielmehr hat die Markenstelle die Markenanmeldung im Vertrauen auf die elektronisch eingereichte SEPA-Einzugsermächtigung ordnungsgemäß bearbeitet und das Zeichen USANO am 5. Oktober 2018 als Wortmarke unter der Registernummer 30 2018 110 900 in das Markenregister eingetragen, wie es die Beschwerdeführerin beantragt hatte. Dass die Einreichung der SEPA-Einzugsermächtigung bereits mit der elektronischen Markenanmeldung auf einem Büroversehen der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten beruhte, war für die Markenstelle nicht erkennbar und betrifft ausschließlich die Risikosphäre (vgl. hierzu Schneider/Volpert/Fölsch, a. a. O, § 10 PatKostG, Rn. 25) der Beschwerdeführerin.
39
Sämtliche weiteren Vorwürfe der Beschwerdeführerin gehen ins Leere. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte sinngemäß eine zu schnelle (!) Antragsbearbeitung durch die Markenstelle gerügt hat, erscheint dieser Vorwurf abwegig und widerspricht nicht zuletzt der Intention des Gesetzesgebers des Kostenbereinigungsgesetzes, eine Beschleunigung des Zahlungsverkehrs und damit der patentamtlichen Prüfung von Schutzrechtsanmeldungen herbeizuführen. Aus demselben Grund geht auch die Anregung an das Patentamt, mit der Bearbeitung von Schutzrechtsanmeldungen erst nach Ablauf der Frist zum Widerruf des Lastschriftmandats zu beginnen, offensichtlich ins Leere.
40
c) Aus den dargelegten Gründen kommt schließlich auch kein Verzicht auf die Geltendmachung der Anmeldegebühr aus allgemeinen Billigkeitsgründen in Betracht (vgl. BGH NJW 1987, 130 – Schweißpistolenstromdüse II). Grundsätzlich stellen die §§ 9, 10 PatKostG abschließende Regelungen für den Fall dar, dass eine Gebühr aufgrund nachträglicher Umstände als sachlich ungerechtfertigt erscheint (vgl. Schulte, Patentgesetz, 10. Aufl., § 10 PatKostG Rn. 6), so dass im Anwendungsbereich dieser Vorschriften für darüber hinausgehende Billigkeitserwägungen regelmäßig kein Raum verbleibt (vgl. mwN BPatG, Beschluss vom 16.12.2015 – 7 W (pat) 7/15; BPatG, Beschluss vom 6. Juni 2013 – 10 W (pat) 6/09). Soweit teilweise aufgrund allgemeiner gebührenrechtlicher Grundsätze und verfassungsrechtlicher Erwägungen Ausnahmen angenommen werden, wenn die mit der Gebühr abgegoltene Leistung aus Gründen, die ausschließlich (Schneider/Volpert/Fölsch, a. a. O., § 10 PatKostG, Rn. 25) oder jedenfalls ganz überwiegend (Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 10 PatKostG Rn. 1) im Machtbereich des Patentamts liegen (zB im Fall einer arbeitstechnischen Überlastung, vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, ebenda), nicht erbracht worden ist und nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BGH GRUR 2000, 325 – Beschleunigungsgebühr; Busse/Keukenschrijver, ebenda, mwN), liegt ein solcher Fall hier offensichtlich nicht vor. Das Patentamt hat wie dargelegt in jeder Hinsicht antrags- und ordnungsgemäß gehandelt. Vermeintliche Fehler – hier insbesondere die vom Verfahrensbevollmächtigten nicht beabsichtigte Einreichung des SEPA-Mandats bereits mit der Markenanmeldung – sind ausschließlich in der Risikosphäre der Beschwerdeführerin begründet. Ergänzend und zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass das Vorgehen des Verfahrensbevollmächtigten, würde man es für zulässig erachten, erhebliches Missbrauchspotential eröffnet. Der Versuch, das Büroversehen seiner Kanzlei durch den Widerruf der SEPA-Ermächtigung zu “korrigieren” und hierdurch eine vom Gesetz nicht vorgesehene “Rücknahme mit Kostenerstattung” zu erreichen, obwohl das Patentamt bereits die beantragte Amtshandlung (die Eintragung der Marke in das Register) vorgenommen hatte, erscheint seinerseits unbillig und wurde daher zu Recht vom Gesetzgeber des Kostenbereinigungsgesetzes ausgeschlossen.
41
5. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
42
B. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG§ 71 Abs. 3 MarkenG ist unbegründet.
43
Die Rückzahlung ist nur anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig wäre. Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich aus Verfahrensfehlern oder einer völlig unvertretbaren Rechtsanwendung ergeben (vgl. u. a. BPatG 30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 71 Rn. 65- 67 mwN). Die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rechtfertigt die Rückzahlung an sich noch nicht. Diese kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine gefestigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71 Rn. 67 mwN). Anhaltspunkte für eine derart fehlerhafte Sachbehandlung vor dem Patentamt ergeben sich nicht, vielmehr hat die Markenstelle, wie ausführlich dargelegt (vgl. oben A), im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Beschwerdeführerin zur Zahlung der nach wie vor fälligen Anmeldegebühr verpflichtet ist. Die weitere Rüge der Beschwerdeführerin, wonach die Markenstelle eigenmächtig einen Ausnahmetatbestand für den Fall geschaffen habe, dass die beantragte Leistung bereits vorgenommen worden sei, übersieht offensichtlich die gesetzliche Regelung in § 10 Abs. 2 letzter Halbsatz PatKostG.
44
C. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Entscheidung des Senats weicht auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab, der ebenso hervorgehoben hat, dass die Möglichkeit des Entfallens der Gebühr nach § 10 Abs. 2 letzter Halbsatz PatKostG unter dem Vorbehalt steht, dass die beantragte Amtshandlung nicht vorgenommen wurde (vgl. BGH GRUR 2014, 710 – Prüfungsgebühr, juris Rn. 17).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben