Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 7/20

Aktenzeichen  30 W (pat) 7/20

Datum:
7.10.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:071021B30Wpat7.20.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. Oktober 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Dr. Meiser und der Richterin Dr. Weitzel
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die am 22. November 2005 angemeldete Wort-/Bildmarke
2
wurde am 6. April 2006 für die Waren
3
„Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen, Fleischkonserven; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate, soweit in Klasse 29 enthalten
4
Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten“
5
unter der Nummer 305 69 903 in das Markenregister eintragen. Ihre Schutzdauer wurde am 1. Dezember 2015 verlängert.
6
Mit einem am 22. April 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG beantragt.
7
Die Markeninhaberin und Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag, der ihr am 20. Juli 2015 zugestellt worden ist, mit am 21. September 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz widersprochen.
8
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 25. April 2019 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
9
Zur Begründung ist ausgeführt, dass die angegriffene Marke sowohl im Anmeldezeitpunkt als auch im Entscheidungszeitpunkt für die beanspruchten Waren eine beschreibende Angabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (gewesen) sei. Das in kyrillischen Buchstaben wiedergegebene Markenwort beinhalte nach übereinstimmendem Vortrag beider Parteien die Angabe „(für die) Armee“. Lebensmittel, die zur Verpflegung von Armeen eingesetzt würden, müssten – jedenfalls, wenn sie für den Einsatz im Feld konzipiert seien – besondere Eigenschaften aufweisen. Insbesondere müssten sie speziellen Anforderungen an Haltbarkeit, Kompaktheit, Ausgewogenheit sowie an eine möglichst einfache Zubereitung genügen. Die Angabe „(für die) Armee“ stelle sich deshalb als glatt beschreibende, objektive Eigenschaftsbezeichnung für Lebensmittel dar.
10
Das gelte auch für die russische Übersetzung in kyrillischer Schrift. So würden ursprünglich für die Bedürfnisse des Militärs hergestellte Lebensmittel regelmäßig über den freien Handel abverkauft, beispielsweise wenn es sich um Überbestände handele oder das Haltbarkeitsdatum demnächst ablaufe. Dabei würden sie weiterhin in ihren Originalverpackungen angeboten, die sie als Militär-Verpflegung auswiesen. Als solche erfreuten sie sich insbesondere bei Sammlern von Militaria aller Art oder auch bei Outdoorausrüstern besonderer Beliebtheit. Aus den beigefügten Recherchenachweisen ergebe sich, dass auch Lebensmittel der russischen Streitkräfte mit entsprechender kyrillischer Beschriftung angeboten würden.
11
Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass jedenfalls das entsprechende Fachpublikum, aber auch der einschlägige Fachhandel die beschreibende Bedeutung des Markenwortes in der kyrillischen Schreibweise erfassen werde. Die Beschreibungseignung beziehe sich auf alle von der Marke umfassten Waren, da es sich dabei um Lebensmittel handele, die länger haltbar gemacht und verzehrfertig abgepackt werden könnten.
12
Gegen die Löschung ihrer Marke durch die Markenabteilung 3.4 wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, zu der sie jedoch weder einen Antrag gestellt noch eine Begründung eingereicht hat.
13
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, es sei nicht ersichtlich, weshalb der Begriff „Armee“ nicht Fleisch- oder Wurstwaren kennzeichnen könne. So sei eine Wurst mit der Aufschrift „Armee“ ohne weiteres schutzfähig. Es gebe keine „Armeewurst“ oder Ähnliches, da es auch keine Besonderheiten in Bezug auf Fleisch- oder Wurstwaren im Armeebereich gebe. Eine Internetabfrage mit der Eingabe „Armee Fleisch“ habe insofern auch keine Treffer ergeben. Da die Marke für die von ihr umfassten Waren nicht beschreibend sei, bestehe kein Freihaltungsbedürfnis zugunsten von Mitbewerbern.
14
Auch die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
15
Vor der Markenabteilung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass das angegriffene Markenwort die adjektivierte, feminine Form des russischen Substantivs für „Armee“ sei. Es werde mit „Armejskaja“ transliteriert und weise die von der Marke umfassten Waren als Armee- oder Militärprodukte aus. Das Markenwort weise auf spezielle Eigenschaften in Bezug auf Qualität, Haltbarkeit, Strapazierfähigkeit usw. von Lebensmitteln hin und sei deshalb eine reine Beschaffenheitsangabe. Es gebe ein Marktsegment, das sich auf den Vertrieb von originalen oder nachgemachten Militär-Artikeln bzw. Militär-Lebensmitteln spezialisiert habe. Von den maßgeblichen russisch-sprachigen Verkehrskreisen werde das Markenwort insofern ohne weiteres als beschreibende Angabe verstanden.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
17
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist für ihre Zulässigkeit kein (konkreter) Antrag erforderlich. Fehlt, wie vorliegend, ein Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Aufl., § 66 Rn. 40).
18
Die Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Marke ist entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat daher zu Recht die Löschung der Marke angeordnet (§ 50 Abs. 1 MarkenG, §§ 50 Abs. 2, 54 MarkenG a.F.).
19
A. Schon während des Löschungsverfahrens vor der Markenabteilung ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (BGBl. I 2018, S. 2357) mit Wirkung vom 14. Januar 2019 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht.
20
Da der Löschungsantrag am 22. April 2015 und damit vor dem 14. Januar 2019 gestellt worden ist, ist § 50 Abs. 2 MarkenG in seiner bisher geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 8 MarkenG n. F.). Die neue Fassung des § 50 Abs. 1 MarkenG ist seit ihrem Inkrafttreten am 14. Januar 2019 anwendbar, da insoweit keine Übergangsregelung existiert (vgl. BGH I ZB 42/19 Rn. 24 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung II; BGH I ZB 21/20 Rn. 10 – Black Friday).Weiter anzuwenden ist die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 54 MarkenG in der bis zum 30. April 2020 geltenden Fassung (vgl. Art. 5 Abs. 3  MarkenrechtsmodernisierungsG ).Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dem ihr am 20. Juli 2015 zugestellten Löschungsantrag, der innerhalb der 10-Jahresfrist des § 50 Abs. 2 MarkenG a. F. MarkenG gestellt worden ist, innerhalb der 2-Monatsfrist des § 54 Abs. 2 MarkenG a.F. und daher fristgerecht widersprochen, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war.
21
B. Für die Nichtigkeitsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt – wie nach altem Recht für die absoluten Löschungsgründe -, dass eine Nichtigerklärung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 MarkenG verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (BGH GRUR 2014, 565 (Nr. 10) – smartbook; GRUR 2014, 483 (Nr. 22) – test; GRUR 2013, 1143 (Nr. 15) – Aus Akten werden Fakten) bestanden hat als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-9 MarkenG a.F. geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG a.F.). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen, nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG GRUR 2006, 155 – Salatfix).
22
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 8 Rn. 408). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30, 31 – Chiemsee; GRUR 2004 Rn. 56 – Postkantoor). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Hierbei muss der Formulierung „und/oder“ entnommen werden, dass auch das Verständnis der (am Handel) beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 8 Rn. 443).
23
Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 97 – Postkantoor; MarkenR 2008, 160 Rn. 35 – HAIRTRANSFER; GRUR Int. 2010, 503 Rn. 37 – Patentconsult; GRUR 2010, 534 Rn. 52 – PRANAHAUS; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 12, 17 – Rheinpark-Center Neuss; GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; siehe auch Ströbele in Ströbele/ Hacker/Thiering, a.a.O., § 8 Rn. 431ff.). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT).
24
2. Nach diesen Maßstäben besteht an der Bezeichnung als glatt beschreibender, objektiver Eigenschaftsbezeichnung für Lebensmittel, die „(für die) Armee“ bestimmt sind, ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
25
a. Wie die Antragstellerin korrekt ausgeführt und belegt hat, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Marke um die feminine, adjektivische Form des Substantivs (= Armee). Das mit „Armejskaja“ zu transliterierende Markenwort hat im Deutschen keine unmittelbare Entsprechung, weil Eigenschaftswörter wie „armeeig“ oder „armeeisch“ nicht existieren. Nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien beinhaltet das Markenwort die Angabe „(für die) Armee“. In dieser Bedeutung stellt sich die angegriffene Marke gegenüber den hier angesprochenen inländischen Verkehrskreisen sowohl im Anmeldezeitpunkt als auch im Entscheidungszeitpunkt als glatt beschreibende, objektive Eigenschaftsbezeichnung für die beanspruchten Lebensmittel dar.
26
Entsprechend den zutreffenden Ausführungen und Belegen der Markenabteilung weisen Lebensmittel, die zur Verpflegung von Armeen eingesetzt werden, besondere Eigenschaften auf. Das gilt insbesondere dann, wenn sie für den Einsatz im Feld konzipiert sind. Da sie hier mitgeführt werden müssen und die Soldaten auch unter schwierigen Bedingungen mit gesundem Essen versorgen sollen, müssen die Lebensmittel speziellen Anforderungen an Haltbarkeit, Kompaktheit, Ausgewogenheit sowie an eine möglichst einfache Zubereitung genügen. Wie bereits die Markenabteilung ausgeführt hat, sind beispielsweise die Einmannpackungen der Bundeswehr („EPa“) bekannt, die die Verpflegung eines Soldaten für einen Tag sicherstellen sollen. Es handelt sich um haltbare, sofort verzehrbare Nahrung, die nicht extra aufbereitet werden muss bzw. sehr einfach zubereitet und auch kalt gegessen werden kann.
27
Die Angabe „(für die) Armee“ in seiner deutschen Bedeutung ist nach alldem geeignet, die vorgenannten Eigenschaften der beanspruchten Lebensmittel zu bezeichnen.
28
b) Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entfällt trotz der rein warenbeschreibenden Bedeutung des Markenworts nicht deshalb, weil der Sinngehalt und damit die beschreibende Bedeutung der streitgegenständlichen Marke von dem überwiegenden Teil der allgemeinen Verkehrskreise aufgrund der, gemessen an der Gesamtbevölkerung, eher geringen Zahl der im Inland lebenden russischen Staatsbürger bzw. der über Kenntnisse der russischen Sprache verfügenden deutschen Staatsangehörigen (einschließlich derjenigen, die aus Russland stammen bzw. der (Ost-)Deutschen, die Russisch z.B. in der Schule gelernt haben) nicht erkannt und als Phantasiebegriff wahrgenommen wird.
29
Zu Recht hat die Markenabteilung bei ihrer Bewertung der Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Marke neben dem Verständnis des einschlägigen Fachhandels auch das Verständnis russisch-sprachiger Verbraucher bzw. fachkundiger Spezialkreise, wie inländische Militaria-Sammler, einbezogen.
30
aa) Zwar kann das Abstellen auf einen inländischen Durchschnittsverbraucher, der regelmäßig der deutschen, der englischen und – mit Einschränkungen – der französischen Sprache mächtig ist, dazu führen, dass einem durch eine bestimmte Kultur und Sprache geprägten Segment des inländischen Marktes keine maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses zukommt, obwohl sich das in Rede stehende Zeichen auch an Marktteilnehmer mit diesen besonderen Fremdsprachenkenntnissen richten kann (vgl. BPatG GRUR-RS 2019, 10782 Rn. 19 – Kasap).
31
Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ausnahmsweise die Bildung und Berücksichtigung verschiedener Verkehrskreise gerechtfertigt ist, sofern solche sich – wie insbesondere bei unterschiedlichen Sprachkreisen – objektiv voneinander abgrenzen lassen, so dass es für eine Verwechslungsgefahr ausreicht, wenn diese bei einem der angesprochenen Verkehrskreise besteht (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2013, 631, Rn. 64 – AMARULA/Marulablu; ferner in Zusammenhang mit der Frage einer rechtserhaltenden Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG: BGH GRUR GRUR 2015, 587, Rn. 23 ff. – PINAR), ist jedoch auch bei der Prüfung der Frage, ob die beteiligten inländischen Verkehrskreise das streitgegenständliche Zeichen als beschreibende Angabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verstehen, nicht notwendig ein einheitliches Verkehrsverständnis zugrunde zu legen, sondern es sind gegebenenfalls die Auffassungen mehrerer Verkehrskreise, die durch ihre Sprachkenntnisse objektiv abgrenzbar sind, zu berücksichtigen. Dies gilt zumindest dann, wenn der betreffende fremdsprachige Verkehrskreis nach den gegebenen Verhältnissen des Marktes für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen, insbesondere auf Grund seiner Größe und Ausrichtung, eine selbständige Bedeutung hat (vgl. BPatG, aaO. Rn. 19 – Kasap).
32
bb) Im vorliegend relevanten Warenbereich ist dies zu bejahen, da – wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt und belegt hat – sich im Inland eine Vielzahl von Geschäften nachweisen lässt, die allein oder zumindest schwerpunktmäßig (typisch) russische Lebensmittel mit russischen Produktangaben und/oder -bezeichnungen im Sortiment führen. Diese Geschäfte und die darin angebotenen Produkte richten sich zwar nicht ausschließlich, so jedoch in erster Linie an aus Russland stammende und/oder der russischen Sprache mächtige Verbraucher. Darüber hinaus gibt es – wie die Markenabteilung ebenfalls zutreffend ausgeführt und belegt hat – ein spezielles Marktsegment für Militärverpflegung in Originalverpackungen, das sich an fachkundige inländische Verbrauchergruppen, wie z. B. Sammler von Militaria, richtet.
33
Somit war zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits eine spezifische Marktstruktur für russische und/oder aus Russland stammende (Armee-)Produkte und Lebensmittel vorhanden. Alle beanspruchten Waren können zudem spezifische, an die Bedürfnisse der (russischen) Armee angepasste Eigenschaften, wie Kompaktheit, Haltbarkeit und Ausgewogenheit, aufweisen und als solche in russischen Lebensmittelgeschäften angeboten werden. Insofern sind russisch-sprachige Verbraucher bzw. ein Fachpublikum wie Militaria-Sammler als relevante inländische und damit bei der Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses als selbständig zu berücksichtigende Verkehrskreise anzusehen. Diese und der Fachhandel, der entsprechende Armee-Produkte und Lebensmittel anbietet, werden der streitgegenständlichen Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren nach alldem lediglich einen sachbeschreibenden Hinweis auf deren armeespezifischen Eigenschaften entnehmen.
34
3. Die streitgegenständliche Marke unterlag nach alldem sowohl im Anmeldezeitpunkt als auch im Entscheidungszeitpunkt einem Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
35
C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.


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