Patent- und Markenrecht

4 Ni 26/18

Aktenzeichen  4 Ni 26/18

Datum:
15.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:150321U4Ni26.18.0
Spruchkörper:
4. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das deutsche Patent DE 10 2012 011 599
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2021 durch die Vorsitzende Richterin Grote-Bittner sowie die Richterin Kopacek, die Richter Dipl.-Ing. Univ. Richter, Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder und die Richterin Dipl.-Ing. Univ. Schenk
für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 10 2012 011 599 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die angegriffenen Patentansprüche 1 bis 5 bei unveränderten Ansprüchen 6 bis 8 folgende Fassung erhalten:
1. Polygonartige Schiebeverpackung mit Dreh-Schub-Bewegung zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch Ineinanderschieben miteinander verbindbaren Hohlkörpern (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6, 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6, 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim Ineinanderschieben der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5, 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2, 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden Hohlköpers (3, 2) in Eingriff bringbar ist und dort in Verschiebungsrichtung verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinander liegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, an allen oder einigen Ecken vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern (2, 3) vorhandener radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren Hohlkörpers (3) und der Innenseite des äußeren Hohlkörpers (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist.
2. Schiebeverpackung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Gleitbahn (14, 15) an mindestens einer Ecke des Hohlkörpers (2, 3) angeordnet ist.
3. Schiebeverpackung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Gleitbahn (14, 15) an mindestens einer Fläche des Hohlkörpers (2, 3) außerhalb der Ecke im Bereich einer Wandung des Hohlkörpers (2, 3) angeordnet ist.
4. Schiebeverpackung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass bei der gegenseitigen Verdrehung der beiden Hohlkörper (2, 3) im Übergang von der Rastbahn in die Gleitbahn (14, 15) ein elastischer Drehwiderstand zu überwinden ist.
5. Schiebeverpackung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass im Übergangsbereich zwischen der Gleitbahn (14, 15) und der Rastbahn an dem einen Hülsenteil (2, 3) eine radial nach innen vorspringende Verformungskante vorgesehen ist, die beim Einschwenken der am anderen Teil angeordneten Rastbahn von der Raststellung in die Gleitstellung an dieser Verformungskante vorbei streicht und diese geringfügig verformt.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung des deutschen Patents 10 2012 011 599 (im Folgenden: Streitpatent). Die Beklagte ist Inhaberin des Streitpatents mit der Bezeichnung „Polygonartige Schiebeverpackung mit Dreh-Schub-Bewegung zum Öffnen und Verschließen“, das am 13. Juni 2012 angemeldet und dessen Erteilung am 26. November 2015 veröffentlicht worden ist.
2
Das Streitpatent, das im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 angegriffen wird, umfasst in seiner erteilten Fassung 8 Ansprüche mit dem unabhängigen Anspruch 1 sowie den hierauf rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 8.
3
Die Klägerin macht in der Klageschrift geltend und begründet dies, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht patentfähig, zudem macht sie erstmals mit Schriftsatz vom 18. September 2020 den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit des erteilten Anspruchs 5 geltend.
4
Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie in geänderter Fassung zuletzt nach den Hilfsanträgen 1, 1A, 1B‘, 1B, 2, 2A, 3, 3A, 4, 4A, 5, 5‘, 5‘‘, 5A, 6, 6A.
5
Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:
6
Wegen des Wortlauts der auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
7
Der jeweilige Patentanspruch 1 der von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen nach den Hilfsanträgen 1, 1A und 1B’ lautet:
8
Hilfsantrag 1:
9
1. Polygonartige Schiebeverpackung mit Dreh-Schub-Bewegung zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch Ineinanderschieben miteinander verbindbaren Hohlkörpern (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6, 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6, 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim Ineinanderschieben der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5, 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2, 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden Hohlköpers (3, 2) in Eingriff bringbar ist und dort in Verschiebungsrichtung verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinander liegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern (2, 3) vorhandener radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren Hohlkörpers (3) und der Innenseite des äußeren Hohlkörpers (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist.
10
Hilfsantrag 1A:
11
1. Polygonartige Schiebeverpackung mit Dreh-Schub-Bewegung zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch Ineinanderschieben miteinander verbindbaren Hohlkörpern (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6, 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6, 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim Ineinanderschieben der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5, 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2, 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden Hohlköpers (3, 2) in Eingriff bringbar ist und dort in Verschiebungsrichtung verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinander liegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern (2, 3) vorhandener radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren Hohlkörpers (3) und der Innenseite des äußeren Hohlkörpers (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist, so dass die beiden Hohlkörper (2, 3) bei deren Verdrehung nicht deformiert werden müssen.
12
Hilfsantrag 1B‘:
13
1. Polygonartige Schiebeverpackung mit Dreh-Schub-Bewegung zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch Ineinanderschieben miteinander verbindbaren Hohlkörpern (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6, 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6, 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim Ineinanderschieben der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5, 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2, 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden Hohlköpers (3, 2) in Eingriff bringbar ist und dort in Verschiebungsrichtung verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinander liegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, an allen oder einigen Ecken vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern (2, 3) vorhandener radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren Hohlkörpers (3) und der Innenseite des äußeren Hohlkörpers (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist.
14
Wegen des Wortlauts der jeweiligen Unteransprüche der Hilfsanträge 1, 1A und 1B’ und der übrigen Hilfsanträge 1B, 2, 2A, 3, 3A, 4, 4A, 5’, 5’’, 5A, 6, 6A wird auf den Schriftsatz vom 12. August 2020 sowie auf die Anlage 2 des Sitzungsprotokolls vom 15. März 2021 verwiesen.
15
Die Klägerin hält die Erfindung im erteilten Anspruch 5 sowie in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 für nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zudem sei der Gegenstand des Hilfsantrags 1B’ ursprünglich nicht offenbart und damit unzulässig erweitert. An keiner Stelle der Streitpatentschrift werde im Detail beschrieben, die Rastzähne eckseitig anzubringen. In Abs. [0018] und [0059] würden zwei Alternativen angesprochen, das Vorsehen eines einzigen Rastzahns oder das Vorsehen mehrerer hintereinander liegender Rastzähne. Enthalte die ursprüngliche Offenbarung mehrere Alternativen, sei es später nicht zulässig, sich auf eine Alternative einzuschränken.
16
Wegen der fehlenden Patentfähigkeit stützt sich die Klägerin insbesondere auf folgende Dokumente:
17
SP03 WO 94/24008 A1
18
SP04/SP04Ü FR 2 672 271 A1 mit deutscher Übersetzung
19
SP05 US 5,680,949 A
20
SP05a DE 44 06 932 C2
21
sowie auf die mit Schriftsatz vom 5. März 2021 erstmals eingereichten Druckschriften, die zwischen den Parteien unstreitig der Beklagten am 8. März 2021 zugegangen sind:
22
SP08/SP08Ü JP 11-105899 A mit deutscher Übersetzung
23
SP10/SP10Ü JP 2002-96852 A mit deutscher Übersetzung
24
SP11/SP11MÜ JP 2001-163384 A mit englischer Maschinenübersetzung
25
und führt aus, der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung sowie in den Fassungen nach den Hilfsanträgen sei nicht neu gegenüber der SP03 und der SP05. Darüber hinaus macht die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. September 2020 erstmals hilfsweise geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung sowie in den Fassungen nach den Hilfsanträgen sei nicht erfinderisch gegenüber SP03, SP04 und SP05. Die in SP03 geschützte Verpackung sei als polygonartig anzusehen; selbst wenn dies zu verneinen wäre, sei eine polygonartige Verpackung ausgehend von SP03 sowie in Kombination von SP03, SP10 oder SP11 jedenfalls nahegelegt. Obwohl die SP10 eine Lunchbox zum Gegenstand habe und daher gattungsfremd sei, zeige sie in den Figuren 1 und 3 ein allgemeines Konzept, um zwei Hohlkörper miteinander zu verrasten, das dem des Streitpatents entspreche. Zudem sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu gegenüber SP08. Die SP08 offenbare nicht nur in den Figuren zwei Rasten, sie beschreibe auch allgemein, dass mehr als zwei Rasten und Rastausnehmungen gegeben seien. Wie die SP08 schließe auch das Streitpatent eine elastische Verformung der Hohlkörper (vgl. Figuren 6 bis 8) durch das Ineinanderschieben in Raststellung nicht aus. Schließlich könnten die jeweiligen Gegenstände der Hilfsanträge auch keine erfinderische Tätigkeit gegenüber der SP08 begründen.
26
In der mündlichen Verhandlung am 15. März 2021 hat die Klägerin von einer öffentlich bestellten Übersetzerin beglaubigte Kopien der Übersetzungen der Schriften SP08 und SP10 eingereicht (Anlagen 3 und 4 zum Sitzungsprotokoll vom 15. März 2021).
27
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 11. März 2020 mit einer Frist zur abschließenden Stellungnahme bis 15. August 2020 und in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2021 weitere rechtliche Hinweise, dabei auch in Bezug auf den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erstmals eingereichten Hilfsantrag 1B’, erteilt.
28
Die Klägerin beantragt,
29
das deutsche Patent 10 2012 011 599 im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 für nichtig zu erklären.
30
Die Beklagte beantragt,
31
die Klage abzuweisen,
32
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent hinsichtlich der angegriffenen Ansprüche 1 bis 5 die Fassung eines der Hilfsanträge 1, 1A, 1B‘, 1B, 2, 2A, 3, 3A, 4, 4A, 5, 5‘, 5‘‘, 5A, 6, 6A, eingereicht mit Schriftsatz vom 12. August und in der mündlichen Verhandlung am 15. März 2021, erhält.
33
Sie tritt der Auffassung der Klägerin in allen Punkten entgegen und verteidigt das Streitpatent im Umfang der angegriffenen Ansprüche 1 bis 5 in der erteilten Fassung sowie in den jeweiligen Fassungen nach den Hilfsanträgen.
34
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der von der Klägerin neu geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzureichenden Offenbarung sowie der Nichtigkeitsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit als verspätet vorgebracht zurückzuweisen seien.
35
Zudem meint sie, dass die eingereichten Druckschriften SP08, SP10 und SP11 nebst Übersetzungen ebenfalls als verspätet zurückzuweisen seien und damit nicht im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren berücksichtigt werden dürften. Sie hält die verspätete Vorlage dieser Druckschriften nicht für entschuldigt, weil die am 12. August 2020 eingereichten Hilfsanträge bereits zu diesem Zeitpunkt Anlass zur Recherche gegeben hätten. Dass die Recherche erst später vorgenommen wurde, habe die Klägerin nicht plausibel erklären, erst recht nicht entschuldigen können. Darüber hinaus rügt die Beklagte, dass ihr eine Prüfung der von der Klägerin eingereichten Übersetzung der SP08, d.h. der SP08Ü, nicht möglich gewesen sei.
36
Jedenfalls seien aber die jeweiligen Gegenstände des Anspruchs 5 gemäß Hauptantrag und des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ausführbar offenbart.
37
Patentanspruch 1 sei dahingehend auszulegen, dass Rundverpackungen von Anspruch 1 nicht umfasst seien. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neu gegenüber SP03 ebenso wie gegenüber SP05 und SP08. Die SP08 sei insbesondere nicht neuheitsschädlich, da sie eine veränderbare Länge des Verschlusses nicht enthalte. Die SP08 gehe von einem stets fest aufsitzenden Deckel aus, die Rastungen seien nur für das Einrasten vorgesehen und ließen keinen losen Deckel zu. Zudem sei der Behälter der SP08 nur im Halsbereich polygonal (vgl. Figur 5); es bleibe daher immer beim Hohlraum des runden Behälters.
38
Darüber hinaus beruhe Anspruch 1 auch auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber SP04 und SP05 sowie gegenüber SP03 in Kombination mit SP10 oder SP11.
39
Sämtliche Hilfsanträge seien zulässig und deren jeweilige Gegenstände patentfähig, d.h. neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend. Insbesondere seien die Gegenstände der Hilfsanträge 1 und 1A patentfähig gegenüber SP05, da die dortige Verpackung zwangsläufig keinen radialen Freiraum im Sinne des Streitpatents aufweisen könne, der eine „kraftlose“ Verdrehung der Hohlkörper gestatte. Der Hinweis der Klägerin auf eine abweichende Profilform der SP05 verlaufe ins Leere, da lediglich die Profilform des inneren Hohlkörpers, und zwar gänzlich ohne Bezug zur Profilform des äußeren Hohlkörpers beschrieben werde.
40
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Inhalt der Akte verwiesen.


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