Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “AzubiScout.de” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  29 W (pat) 20/17

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:010720B29Wpat20.17.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 052 357.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 1. Juli 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Lachenmayr-Nikolaou und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Wortzeichen
2
AzubiScout.de
3
ist am 4. September 2015 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 35: Werbung; Online-Werbung in Computernetzwerken; Verbreitung von Anzeigen und Werbung für Dritte; Vermittlung und Vermietung von Werbeflächen, insbesondere im Internet; Bereitstellung von Raum für Kleinanzeigenwerbung in Computernetzwerken; Personalanwerbung und Stellenvermittlung; Personalvermittlung; Personalmanagementberatung; Zusammenstellung, Eingabe und Weiterleitung von freien Stellen über interaktive Datenträger sowie Computer- und Kommunikationsnetze; Zusammenstellung, Eingabe und Systematisierung von Informationen in Datenbanken, insbesondere Informationen über Stellengesuche und -angebote; Bereitstellung von Informationen zu Waren und Dienstleistungen Dritter über Computer- und Kommunikationsnetze; Online-Dienstleistungen in und außerhalb des Internets, nämlich Bereitstellen eines Online-Verzeichnisses mit Geschäftsinformationen in weltweiten Computernetzwerken; Verwaltung, Indexierung und elektronische Verarbeitung von Informationen [Datenverwaltungsdienste]; Datenverarbeitung für Dritte [Büroarbeiten]; Systematisierung, Pflege und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Organisation von Veranstaltungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke und für Werbezwecke;
5
Klasse 38: Telekommunikationsdienstleistungen, einschließlich elektronische Übertragung von Daten, Nachrichten und Informationen; Telekommunikationsdienste, einschließlich Senden und Empfangen von Daten in Bezug auf Stellenanzeigen, Festanstellungen, Personalauswahl, Vermietung von Zeitarbeitskräften, alles über Computernetzwerke; Bereitstellung des Zugangs zu interaktiven Datenbanken insbesondere in Bezug auf Anstellungsmöglichkeiten, Personalanwerbung, Stellenanzeigen und Karriereplanung, einschließlich Stellenausschreibungen; elektronisches Übermitteln von Anforderungen und Auswahlkriterien und Informationen darüber zwischen potenziellen Arbeitnehmern, Auszubildenden und potenziellen Arbeitgebern; Bereitstellung von Foren und Portalen für Stellenanzeigen und Stellengesuche in Computernetzwerken; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken mit Informationen insbesondere hinsichtlich Stellenanzeigen, Unternehmensinformationen, Stellengesuchen, Beschäftigung, Veranstaltungen, Aktivitäten; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken;
6
Klasse 41: Erziehung und Unterricht; Ausbildung, insbesondere im Bereich Personalanstellungen und Personalanwerbung; Berufsberatung; Beratung in Bezug auf Karrierewahl und Entwicklung von beruflichen Laufbahnen; Veröffentlichung von Materialien, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann;
7
Klasse 42: Bereitstellung von Suchmaschinen für das Internet; Erstellen von Datenbanken; Hosting einer Online-Websitegemeinschaft für registrierte Benutzer; Vermietung von Speicherplatz; elektronische Datenspeicherung.
8
Mit Beschluss vom 2. Dezember 2016 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 25. Januar 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
9
Die angemeldete Bezeichnung sei ohne weiteres erkennbar wie ein Teil einer Internetadresse, bestehend aus der Second-Level-Domain “AzubiScout” und der auf Deutschland hinweisenden Top-Level-Domain “de”, gebildet. “Azubi” sei die weit verbreitete Abkürzung für “Auszubildende(r)”, “Scout” habe als Wort für “Pfadfinder; jemand der etwas aufspüren soll” Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Der Begriff “AzubiScout” reihe sich nahtlos in andere mit “scout” gebildete Kombinationswörter, wie “Talentscout” oder “Trendscout” ein, so dass ihm der Verkehr auf Anhieb die Bedeutung “jemand, der Azubis suchen/aufspüren soll” entnehme. Der Endung “de” komme als Hinweis auf die in Deutschland am weitesten verbreitete Top-Level-Domain nur funktionelle Bedeutung zu. Top-Level- Domains seien in Verbindung mit beschreibenden Angaben grundsätzlich nur als (weitere) Sachinformation und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis zu werten. Aus Sicht der von den angemeldeten Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise stelle die Bezeichnung “AzubiScout.de” eine rein sachbezogene Angabe dar, die lediglich darauf hinweise, dass diese Dienstleistungen die (Online- )Suche nach bzw. die (Online-)Vermittlung von Auszubildenden zum Gegenstand habe bzw. zu diesen Zwecken erbracht werde oder sich inhaltlich mit diesem Thema beschäftige.
10
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,
11
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Dezember 2016 aufzuheben.
12
Zu Begründung trägt er vor, die Häufigkeit der Verwendung der Bezeichnung “Azubi” werde vom Duden (http://www.duden.de/rechtschreibung/Azubi_Auszubildender) als eher gering eingestuft, was für die Kennzeichnungskraft des Begriffes spreche. Die Bezeichnung “Scout” sei für eine Datenbank im Internet nicht beschreibend. Auch die Vielzahl der eingetragenen Wortmarken mit “Scout-Bestandteil” für die betroffenen Warengruppen, wie zum Beispiel “Wein Scout”, belege die Fehlerhaftigkeit der DPMA-Entscheidung. Selbst wenn man eine beschreibende Angabe annehme, träfe diese nur für Teile des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zu.
13
Zur Ergänzung wird auf den Hinweis des Senats vom 3. April 2017 sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
14
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
15
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens “AzubiScout.de” als Marke steht hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
16
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas?, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch).
17
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).
18
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rn. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn.10– DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 23 – TOOOR!).
19
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Zeichen nicht, da die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich in erster Linie um das unternehmerisch tätige Fachpublikum handelt, in diesem Wortzeichen wegen der darin enthaltenen Sachaussage keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennen werden.
20
a) Das angemeldete Zeichen setzt sich wie eine Internetadresse aus den Wörtern “Azubi” und “Scout” sowie der Top-Level-Domain “.de” zusammen.
21
Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 – BioID).
22
“Azubi” ist das lexikalisch verzeichnete und weit verbreitete Kurzwort für “der/die Auszubildende (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Azubi_Auszubildender; https://www.wortbedeutung.info/Azubi/).
23
Das Wort “Scout” ist die englische Bezeichnung für “Aufklärer; Kundschafter; Späher; Pfadfinder; jemand der etwas aufspüren soll” (vgl. https://dict.leo.org/englisch-deutsch/scout) und hat bereits seit langem Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Scout
;
https://www.slogans.de
: “Ein Scout für alle Fälle”; “Ihr Scout für gebrauchte Möbel”). In dieser Bedeutung findet der Begriff unter anderem im Sport Verwendung (vgl. https://www.ovb-online.de/sport/beobachter-fussballs-5494794.html/
https://www.ovb-online.de/sport/beobachter-fussballs-5494794.html/ Online-Artikel vom https://www.ovb-online.de/sport/beobachter-fussballs-5494794.html/ Online-Artikel vom 05.09.2015: “Die Beobachter des Fußballs”; “Fußball ohne Scouts würde nicht funktionieren”; http://checkfussballberater.de/die-bekannte-unbekannte-die-scouting-bewertungsliste/). Auch in Kombination mit dem das Objekt der Suche beschreibenden Wort, das typischerweise vorangestellt wird, ist der Begriff allgemein geläufig (vgl. https://wortschatz.uni-leipzig.de/de Stichwort: *scout: Talentscout; Jugendscout; Trendscout; Qualitätsscout; Musikscout; Modelscout; Medienscout; Locationscout etc.). “Scout” bezeichnet zudem eine Person, die sich auf einem Gebiet gut auskennt und dort kundschaften oder andere Personen führen soll (vgl. https://www.wortbedeutung.info/Scout/). So spricht man von einem “Energy-Scout” (www.mittelbayerische.de/region/cham/gemeinden/waffenbrunn/was-macht-eigentlich-ein-energy-scout), der als “Botschafter in Sachen Energie” Ansprechpartner für die Bereiche Energieverbrauch, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien im Haushalt ist und bei Bedarf interessierte Bürger an weiterführende Fachleute verweist; oder von einem “Fördermittel-Scout” (www.klartext.la/schlagwort/fordermittel-scout/) mit guten Vernetzungen und Kontakten auf verschiedenen Ebenen bis hin zur EU, der die Wirtschaft bei der Beschaffung von Fördermitteln beraten kann. Auch für Suchmaschinen wird “Scout” in Zusammensetzung mit dem vorangestellten Sachbegriff zur Bezeichnung des Themas der Suche bereits beschreibend verwendet, wie zum Beispiel “Immobilienscout”, “Jobscout” oder “Autoscout” (vgl. Hinweis des Senats vom 3. April 2017).
24
Die Wortkombination “AzubiScout” reiht sich in derart vergleichbar gebildete Zusammensetzungen des Wortes “Scout” mit anderen Wörtern ohne weiteres ein und wird demnach von den angesprochenen Verkehrskreisen als jemand, der nach Auszubildenden sucht bzw. der Auszubildende führt und sich in der Ausbildungsbranche gut auskennt, verstanden. Dieses Verständnis zeigt auch die Verwendung des Begriffes “IHK AusbildungsScouts” durch die Industrie- und Handelskammern in Bayern: “AusbildungsScouts sind Auszubildende aller Ausbildungsberufe im Zuständigkeitsbereich der IHK, die ihre Berufe in Vorabgangsklassen allgemein bildender Schulen vorstellen und den Schülerinnen und Schülern die Berufsausbildung näherbringen. Glaubwürdigere Botschafter für die duale Berufsausbildung gibt es nicht!” (https://ausbildungsscouts.bihk.de/). Dabei ist es unerheblich, ob die konkrete Wortkombination “AzubiScout” schon sachbeschreibend verwendet wird oder wurde (vgl. BGH GRUR 2012, 272 Rn. 13 – Rheinpark-Center-Neuss; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 8 Rn. 157 – 159). Denn auch Wortneubildungen kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriff erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich, wie hier, den angesprochenen Abnehmern die konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt.
25
Der Zeichenbestandteil “.de” ist den breiten Verkehrskreisen der inländischen Internetnutzer als länderspezifische Top-Level-Domain der Bundesrepublik Deutschland bekannt (vgl. BGH GRUR 2016, 939 Rn. 37 – wetter.de; BPatG, Beschluss vom 12.04.2018, 30 W (pat) 46/16 – rheuma.online.de; Beschluss vom 26.01.2000, 29 W (pat) 160/99 – http://www.cyberlaw.de). Der Verkehr misst dabei den Top-Level-Domains (hier: “.de”) – ebenso wie den Bestandteilen höherer Ordnung wie z. B. www. – ausschließlich eine technisch funktionale Bedeutung und keine individualisierende Wirkung bei, so dass der kennzeichnende Gesamteindruck nur durch die jeweilige Second-Level-Domain bestimmt wird (vgl. BGH a. a. O. Rn. 37 – wetter.de; GRUR 2012, 1040 Rn. 43 – pjur/pure; GRUR 2005, 262, 263 – soco.de; BPatG, Beschluss vom 16.11.2016, 29 W (pat) 13/16 – ek-steuer.de; Beschluss vom 22.05.2012, 29 W (pat) 2/12 – bueroservice24.de; OLG Hamburg GRUR-RR 2006, 262, 263 combit/kompit.de; OLG Köln GRUR-RR 2003, 40, 41 – nightloop.de; OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 100, 102 – derrick.de (Revision vom BGH nicht angenommen); vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a O. § 8 Rn. 193 m. w. N.). Beschränkt sich die Second-Level-Domain – wie hier – auf eine beschreibende Angabe, ist die als Domainname ausgestaltete Gesamtmarke grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftig zu bewerten, da der Verkehr hierin keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen erkennt, sondern nur weitere sachbezogene Informationen zu der beschreibenden Aussage erwartet (vgl. BGH GRUR 2016, 1301 Rn. 35 – Kinderstube; GRUR 2011, 617 Rn. 19 – Sedo; GRUR 2008, 912 Rn. 19 f. – Metrosex; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 193 m. w. N.). Die aus der Einmaligkeit der Registrierung resultierende technische Adressfunktion eines Domain-Namens gibt im Übrigen keinen Aufschluss über dessen Eintragungsfähigkeit (EuGH, Beschluss vom 12.12.2013, C-70/13 – PHOTOS.COM; BPatG, Beschluss vom 14.10.2014, 27 W (pat) 501/14 – dirndl.com; Beschluss vom 22.05.2012, 29 W (pat) 2/12 – bueroservice24.de; EuG, Urteil vom 14.05.2013, T-244/12 – fluege.de).
26
Ausgehend hiervon werden die angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge “AzubiScout.de” als Ganzes ohne weiteres als Sachhinweis auf ein Internetangebot zur Suche oder Vermittlung von Auszubildenden bzw. auf ein Informationsangebot für Auszubildende und hierauf bezogene Dienstleistungen verstehen.
27
b) Dies gilt, anders als der Beschwerdeführer ohne weitere Begründung vorträgt, in Bezug auf sämtliche beanspruchten Dienstleistungen.
28
Die in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen “Werbung; Online-Werbung in Computernetzwerken; Verbreitung von Anzeigen und Werbung für Dritte; Vermittlung und Vermietung von Werbeflächen, insbesondere im Internet; Bereitstellung von Raum für Kleinanzeigenwerbung in Computernetzwerken” werden in der Regel nach der Art des Mediums oder der Branche beschrieben. Das ist auch hier der Fall. Dem in der Art einer Internetadresse gebildeten Anmeldezeichen ist zum einen ein Hinweis auf die Art des Mediums, in dem die Werbeanzeigen geschaltet werden – das Internet –, zu entnehmen. Zum anderen enthält das Anmeldezeichen einen beschreibenden Hinweis auf die Ausbildungsbranche. Diese Angabe der konkreten Werbeplattform ist für den Werbetreibenden ein entscheidendes Auswahlkriterium, weil damit die Zielgruppe besser erreicht werden kann (vgl. BPatG, Beschluss vom 20.01.2015, 29 W (pat) 122/12 – akku-net).
29
In Bezug auf die in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen “Personalanwerbung und Stellenvermittlung; Personalvermittlung; Personalmanagementberatung; Zusammenstellung, Eingabe und Weiterleitung von freien Stellen über interaktive Datenträger sowie Computer- und Kommunikationsnetze; Zusammenstellung, Eingabe und Systematisierung von Informationen in Datenbanken, insbesondere Informationen über Stellengesuche und -angebote; Bereitstellung von Informationen zu Waren und Dienstleistungen Dritter über Computer- und Kommunikationsnetze; Online-Dienstleistungen in und außerhalb des Internets, nämlich Bereitstellen eines Online-Verzeichnisses mit Geschäftsinformationen in weltweiten Computernetzwerken; Verwaltung, Indexierung und elektronische Verarbeitung von Informationen [Datenverwaltungsdienste]; Datenverarbeitung für Dritte [Büroarbeiten]; Systematisierung, Pflege und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Organisation von Veranstaltungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke und für Werbezwecke” enthält die Bezeichnung “AzubiScout.de” einen beschreibenden Hinweis auf das Ziel der Dienstleistungen, nämlich dass sie der Suche und Vermittlung von Auszubildenden über das Internet bzw. der Information für Auszubildende im Internet dienen sollen.
30
Zu den in Klasse 38 angemeldeten Dienstleistungen “Telekommunikationsdienstleistungen, einschließlich elektronische Übertragung von Daten, Nachrichten und Informationen; Telekommunikationsdienste, einschließlich Senden und Empfangen von Daten in Bezug auf Stellenanzeigen, Festanstellungen, Personalauswahl, Vermietung von Zeitarbeitskräften, alles über Computernetzwerke; Bereitstellung des Zugangs zu interaktiven Datenbanken insbesondere in Bezug auf Anstellungsmöglichkeiten, Personalanwerbung, Stellenanzeigen und Karriereplanung, einschließlich Stellenausschreibungen; elektronisches Übermitteln von Anforderungen und Auswahlkriterien und Informationen darüber zwischen potenziellen Arbeitnehmern, Auszubildenden und potenziellen Arbeitgebern; Bereitstellung von Foren und Portalen für Stellenanzeigen und Stellengesuche in Computernetzwerken; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken mit Informationen insbesondere hinsichtlich Stellenanzeigen, Unternehmensinformationen, Stellengesuchen, Beschäftigung, Veranstaltungen, Aktivitäten; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken” gehört neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen, weil zwischen der technischen Dienstleistung und der Kontentvermittlung ein so enger Bezug besteht, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt (BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 22 – TOOOR!; BPatG, Beschluss vom 25.04.2019, 26 W (pat) 44/17 – MODELLE HAMBURG.de; Beschluss vom 13.02.2017, 26 W (pat) 58/16 – partnerguide24). Das angesprochene Publikum wird die Wortfolge “AzubiScout.de” daher nur als Sachangabe dahingehend auffassen, dass sich die Dienstleistungen der Bereitstellung von Foren, Portalen, Plattformen, Chatrooms etc. und des Zugriffs auf Daten bzw. Datenbanken auf das Thema “Suche nach Auszubildenden/ Information für Auszubildende im Internet” beziehen.
31
Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klasse 41 “Erziehung und Unterricht; Ausbildung, insbesondere im Bereich Personalanstellungen und Personalanwerbung; Berufsberatung; Beratung in Bezug auf Karrierewahl und Entwicklung von beruflichen Laufbahnen; Veröffentlichung von Materialien, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann”, sowie der Klasse 42 “Bereitstellung von Suchmaschinen für das Internet; Erstellen von Datenbanken; Hosting einer Online-Websitegemeinschaft für registrierte Benutzer; Vermietung von Speicherplatz; elektronische Datenspeicherung”, die sich ebenfalls auf Ausbildungsfragen, sei es auf das Thema “Suche nach Auszubildenden in Internet” oder “Information für Auszubildende im Internet” beziehen können. Damit werden als Zielgruppe sowohl diejenigen angesprochen, die nach Auszubildenden suchen, als auch die Auszubildenden selbst, die nach einer Ausbildungsstelle oder entsprechenden Informationen darüber Ausschau halten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gilt dies auch für die Dienstleistungen “Veröffentlichung von Materialien, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann”. Hierbei kann es sich um Informationsmaterial zum Thema “Auszubildende” bzw. “Suche nach Auszubildenden” handeln. Der für diese Materialien beschreibende Begriffsinhalt kann sich gleichermaßen auf die Dienstleistungen beziehen, die zur Veröffentlichung dieser Materialien führen, da die Bezeichnung “Azubi-Scout.de” geeignet ist, einen weiten Themenbereich abzudecken (vgl. BGH GRUR 2013, 522 Rn. 17 – Deutschlands schönste Seiten; GRUR 2009, 949 Rn. 20 – My World; BPatG, Beschluss vom 23.11.20117, 29 W (pat) 22/15 – Substantial Media).
32
c) Der Umstand, dass dem Zeichen in Bezug auf die Dienstleistungen in zweierlei Hinsicht eine Sachaussage zukommen kann, führt nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Fraglich ist, ob man überhaupt von einer Mehrdeutigkeit im eigentlichen Sinne sprechen kann, da sich der Sachinhalt in jedem Falle auf Auszubildende bezieht. Jedenfalls aber sind beide möglichen Aussagegehalte für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend. Von einem beschreibenden und mithin nicht unterscheidungskräftigen Begriff kann auch dann ausgegangen werden, wenn das angemeldete Zeichen verschiedene Bedeutungen hat, sofern eine der möglichen Bedeutungen die Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2014, 872, Rn. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT).
33
d) Das Anmeldezeichen stellt nach alledem lediglich eine Sachaussage für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen dar und ist somit nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.
34
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben