Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Bachblüten” – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  25 W (pat) 587/12

Datum:
20.1.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 003 944.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters kraft Auftrags Portmann
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
Bachblüten
3
ist am 4. April 2012 unter der Nummer 30 2012 003 944.8 beim Deutschen Patent- und Markenamt für die folgende Waren der Klassen 3, 5, und 30 angemeldet worden:
4
Klasse 3:
5
Mittel zur Schönheitspflege; Kosmetika; Seifen und Shampoos; Dusch- und Badepräparate (kosmetisch); sämtliche der vorgenannten Waren hergestellt unter Verwendung von Bachblüten-Rezepturen nach Dr. Bach;
6
Klasse 5:
7
pharmazeutische, medizinische, homöopathische, allopathische, heilende und diätetische medizinische Präparate und Substanzen sowie Präparate und Substanzen für die Gesundheitspflege, soweit in Klasse 05 enthalten; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; medizinische Diätnahrungsmittel; Blütenheilmittel und Blütenessenzen für medizinische Zwecke; aus Pflanzen und Blüten gewonnene Präparate und Substanzen zur Verwendung bei der Behandlung von emotionalen und psychischen Störungen und Zuständen; aus Pflanzen und Blüten gewonnene Präparate für medizinische und heilkundliche Zwecke; Kaugummi für medizinische Zwecke; sämtliche der vorgenannten Waren auch in Form von Mundsprays, Mundtropfen, Pastillen oder Gelatineperlen sowie hergestellt unter Verwendung von Bachblüten-Rezepturen nach Dr. Bach;
8
Klasse 30:
9
Tee, löslicher Kaffee und Tee, angereicherter Kaffee und Tee; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Süßwaren, insbesondere in Form von Zuckerkugeln und Saccharosekugeln; sämtliche der vorgenannten Waren hergestellt unter Verwendung von Bachblüten-Rezepturen nach Dr. Bach.
10
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung im Wesentlichen unter Bezugnahme auf einen zuvor ergangenen Beanstandungsbescheid durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.
11
Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Das Wort „Bachblüten“ sei die übliche Bezeichnung für verschiedene, durch Dr. Edward Bach definierte Pflanzen, welche bei der sogenannten Bachblüten-Therapie verwendet würden. Die beanspruchten Waren könnten explizit unter Verwendung von Bachblütenrezepturen hergestellt werden. Daher werde der Verkehr die angemeldete Marke lediglich als Hinweis auf eine den Waren zugrunde liegende Rezeptur verstehen. Einen Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der Waren könne der Verbraucher der Marke nicht entnehmen. Zudem handele es sich bei der angemeldeten Marke um eine beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Mit der Bezeichnung „Bachblüten“ werde in verständlicher und sprachüblich gebildeter Weise darauf hingewiesen, dass die so gekennzeichneten Waren Blüten entsprechend des von Dr. Edward Bach entwickelten Konzepts beinhalten und für die gleichnamige Therapie bestimmt seien. Damit sei die angemeldete Marke geeignet, als beschreibender Hinweis auf den Inhalt und die Bestimmung der beanspruchten Waren zu dienen.
12
Hiergegen hat der Anmelderin  Beschwerde erhoben.
13
Die Anmelderin gesteht zu, dass sich die angemeldete Marke auf verschiedene durch den englischen Arzt Dr. Edward Bach definierte Pflanzen beziehe, welche bei der sogenannten Bachblüten-Therapie Verwendung finden. Der großen Masse der Endverbraucher sei die Bachblüten-Therapie jedoch kaum bekannt. Der durchschnittliche Endverbraucher halte die angemeldete Marke daher für einen Phantasiebegriff und nicht für eine beschreibende Angabe. Dieser könne sich nicht vorstellen, dass es beispielsweise Kaugummis gebe, die unter Verwendung von Bachblüten hergestellt würden.
14
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
15
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juli 2012 aufzuheben.
16
Die Anmelderin hat ihren ursprünglich gestellten Terminsantrag zurückgenommen und darum gebeten, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
18
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist aber nicht begründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass bezüglich der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, so dass die Anmeldung von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden ist. Ob darüber hinaus ganz oder teilweise das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht, kann dahingestellt bleiben.
1.
19
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieses Schutzhindernisses besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 265). Es genügt also, wenn die angemeldete Marke in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 31 – Chiemsee; GRUR 2004, 674, Tz. 56 – Postkantoor). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 – Chiemsee; GRUR 2006, 411, Tz. 24 – Matratzen Concord).
20
Hiervon ausgehend stellt die Bezeichnung “Bachblüten” in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 3, 5 und 30 eine beschreibende Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.
21
Die Bach-Blütentherapie ist ein in den 1930er Jahren von dem britischen Arzt Edward Bach (1886–1936) begründetes und nach ihm benanntes alternativmedizinisches Verfahren. Laut Bachs zentraler These beruht jede körperliche Krankheit auf einer seelischen Gleichgewichtsstörung. Die Ursache dieser Störung sah er in einem Konflikt zwischen der unsterblichen Seele und der Persönlichkeit, deren Beseitigung bzw. Heilung nur durch eine Harmonisierung auf dieser geistig-seelischen Ebene bewirkt werden könne. Bach beschrieb zunächst neunzehn Gemütszustände, erweiterte das Repertoire dann aber auf „38 disharmonische Seelenzustände der menschlichen Natur“. Diesen ordnete er Blüten und Pflanzenteile zu, die er in Wasser legte oder kochte und die so ihre „Schwingungen“ an das Wasser übertragen sollten. Aus diesen Urtinkturen werden anschließend durch starke Verdünnung die sogenannten Blütenessenzen hergestellt (siehe hierzu www.wikipedia.org unter dem Stichwort „Bach-Blütentherapie“). Von dieser Lehre des Dr. Bach, die unter dem Stichwort „Bach-Blütentherapie“ bekannt ist, geht die Anmelderin selbst in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren aus, da die Herstellungsweise bzw. die Inhaltsstoffe nach der Formulierung im Warenverzeichnis sogar zwingend für sämtliche Waren entsprechend definiert wird („…hergestellt unter Verwendung von Bachblüten-Rezepturen nach Dr. Bach“). Demzufolge können die beanspruchten Waren unter Verwendung von Bachblüten-Rezepturen nach Dr. Bach hergestellt werden. Darüber hinaus können in sämtlichen Waren „Bachblüten“ als Inhaltsstoffe Verwendung finden.
22
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es nicht entscheidungserheblich, ob der durchschnittliche Verkehrsbeteiligte die Bedeutung der Bezeichnung „Bachblüten“ in dem hier verwendeten Sach- und Warenzusammenhang zutreffend erkennt oder aber für einen Phantasiebegriff hält. Angesichts der nicht unerheblichen inländischen Bekanntheit der „Bachblüten-Therapie“ spricht einiges dafür, dass sogar relevante Teile des allgemeinen Verkehrs diesen Zusammenhang erkennen. Aber darauf kommt es vorliegend gar nicht an, weil das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass beschreibende Zeichen und Angaben von jedermann frei verwendet werden können. Deshalb sind nach dieser Vorschrift grundsätzlich alle objektiv beschreibenden Zeichen und Angaben von der Eintragung ausgeschlossen. Die subjektive Beurteilung der Marke kann nur Bedeutung für die Frage haben, ob die fragliche Marke aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise als beschreibende Bezeichnung der beanspruchten Waren verständlich ist und deshalb gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Verkehr zur Beschreibung dieser Waren dienen kann. Daran kann im vorliegenden Sachzusammenhang und angesichts der Bekanntheit der „Bachblüten-Therapie“ kein vernünftiger Zweifel bestehen, zumal bereits die Kenntnisse eines relativ kleinen Teils aller beteiligten Verkehrskreise einer Markeneintragung entgegenstehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz 10. Auflage, § 8 Rdnr. 296; BGH GRUR 2001, 732, 733f. – BAUMEISTER-HAUS). Im vorliegenden Fall ist die Verwendung des Begriffs „Bachblüten“ ohne weiteres geeignet, um auf die spezielle Herstellungsweise und Beschaffenheit der beanspruchten Waren hinzuweisen.
23
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.


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