Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “BEST-FIT” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  24 W (pat) 28/11

Datum:
19.2.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
24. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 071 554.8
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. Februar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Am 8. Oktober 2009 hat die Anmelderin die Wortmarke
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BEST-FIT
3
angemeldet für folgende Waren:
4
„Klasse 10: Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial;
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Klasse 17: Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Dichtungs-, Packungs-, und lsoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall);
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Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“.
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Die Markenstelle für Klasse 17 hat mit Beschlüssen vom 7. Juni 2010 und vom 28. Januar 2011, davon einer im Erinnerungsverfahren ergangen, die Markenanmeldung nach vorheriger Beanstandung, der Anmeldung stünden die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Eintragung der angemeldeten Wortmarke stehe die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, denn die angemeldete Bezeichnung „BEST-FIT“ lasse sich übersetzt als „optimal, am besten geeignet“ auffassen. Beide Wörter entstammten dem Grundwortschatz der englischen Sprache und würden demzufolge auch von den weitesten Verkehrskreisen verstanden. Bei der Begegnung mit dem Zeichen werde das Publikum dies lediglich als werbende Anpreisung der so markierten Waren verstehen und nicht als Herkunftshinweis.
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Hiergegen hat die Anmelderin am 24. Februar 2011 Beschwerde eingelegt.
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Sie hält das angemeldete Zeichen für unterscheidungskräftig, weil es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare und bislang nicht bestehende Wortzusammenstellung handele. Die aus der Angabe ableitbaren Assoziationen für den inländischen Endverbraucher seien so vielseitig, dass von einem unmittelbar beschreibenden Charakter für die angemeldeten Waren nicht ausgegangen werden könne. So könne beispielsweise „FIT“ auch auf den Begriff Fitness hindeuten. Es fehle an einem engen sachlichen Zusammenhang zwischen der Marke und den beanspruchten Waren. Einer Eintragung stünden die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
10
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Juni 2010 und vom 28. Januar 2011 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; hinsichtlich der begehrten Waren der Klasse 10, 17 und 18 steht der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis des § 8 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
14
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke geeignet sein muss, in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Keine Unterscheidungskraft kommt u.a. Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen oder die sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hergestellt wird, und deren sachliche Bedeutung ohne weiteres und ohne Unklarheiten von den maßgebenden Verkehrskreisen erfasst werden können (BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) – VISAGE; GRUR 2009, 952 (Nr. 10) – DeutschlandCard; GRUR 2010, 825 (Nr. 16) – Marlene-Dietrich-Bildnis II). Denn solche Marken weisen nur auf die für sie beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin, nicht dagegen auf deren Herkunftsunternehmen. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2005, 44 Tz. 24 – SAT 2; GRUR Int. 2005, 135 Tz. 19 – Maglite).
15
Auch Wortkombinationen – hier „BEST-FIT“ – kann der Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen, wenn ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie eine Funktion als Sachbegriffe ohne weiteres erfüllen können. Dies ist der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt. Für die Schutzfähigkeit der Gesamt(wort-)marke ist es dabei nicht ausschlaggebend, ob die einzelnen Wortbestandteile i.d.S. unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist ausschließlich, ob der damit entstandenen Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung zukommt. So kann bei Verbindungen von an sich beschreibenden Einzelelementen die Unterscheidungskraft zu bejahen sein, wenn die Gesamtmarke nicht ebenfalls eine sachbezogene Aussage enthält. Maßgeblich ist letztlich, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht oder sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; GRUR 2003, 58, 60 – Companyline; GRUR 2006, 229, 230 – BioID).
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Hiernach ist der angemeldeten Marke die notwendige Unterscheidungskraft abzusprechen, weil der Angabe „BEST-FIT“ mit der unmittelbar verständlichen Bedeutung „am Besten geeignet“ in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren der Klassen 10, 17 und 18 die Eignung fehlt, als betrieblicher Herkunftshinweis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu dienen, da sie vom Publikum lediglich als eine Beschreibung der Waren in Bezug auf eine bestimmte Qualität wahrgenommen wird.
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Das englische Wort „BEST“ bezeichnet wie auch im Deutschen als Superlativform von „gut“ (vgl. PONS Großwörterbuch Englisch, 2008, S.78 f.: „best“ = Superlativ von „good“; der/die/das beste) eine Beschaffenheit der so gekennzeichneten Waren. Als Kennzeichnung der Waren in den Klassen 10, 17 und 18 vermag diese Angabe – isoliert – deshalb nicht auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen hinzuweisen, sondern wird ausschließlich als herkunftsunabhängiger Hinweis auf eine bestimmte Qualitätsstufe wahrgenommen.
18
Auch der Begriff „FIT“ (vgl. aaO., S. 352: „fit“ = „geeignet, fähig, bereit, passend) gibt nur einen herkunftsneutralen Hinweis im Sinne einer besonderen Eignung der so gekennzeichneten Waren. In jeder dieser Bedeutungen beschreibt es in Bezug auf die in Rede stehenden Waren lediglich Qualitäts-Merkmale der damit gekennzeichneten Produkte, ohne den Abnehmer auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen hinzuweisen.
19
Die mit einem Bindestrich verbunden englischen Wörter „BEST“ und „FIT“ lassen sich zwanglos – wie auch die Anmelderin eingeräumt – mit „am besten passend/ geeignet“ ins Deutsche übersetzen. Beide Wortbestandteile gehören zum englischen Grundwortschatz, so dass sie sowohl für den inländischen Fachverkehr als auch für den allgemeinen Endverbraucher ohne weiteres verständlich sind. Für die angesprochenen Verkehrskreise ergibt sich als im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt mithin „am besten geeignet/passend“.
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Der Sinngehalt dieses für die Prüfung maßgeblichen Gesamteindrucks der angemeldeten Wortkombination geht auch nicht wesentlich über den Bedeutungsgehalt der Summe der beiden Einzelbegriffe hinaus. Sofern überhaupt ein weitergehende Bedeutung festgestellt werden kann, erschöpft sich diese in der Steigerung des Begriffes „FIT“ durch die Hinzufügung des Superlatives „BEST“. Die Übersetzung dieser Angabe, nämlich „am besten/ bestens geeignet/ passend“ bringt gegenüber dem Publikum ebenso lediglich eine Beschaffenheitsangabe zum Ausdruck, die nur eine sachliche Beschreibung der Waren in Bezug auf ihre Qualität oder Eignung enthält, aber gerade nicht auf die Herkunft der Waren hinweist.
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Die Bedeutung der Angabe ist für jede der beanspruchten Waren tauglich, die beste Eignung für den jeweiligen Bestimmungszweck zu versprechen. Dies gilt für sämtliche beanspruchten Waren in den Klassen 10, 17 und 18.
22
Allein der Umstand, dass die Wörter sprachregelwidrig mittels Bindestrich verbunden werden, führt vorliegend nicht zu einer anderen Beurteilung, da es sich dabei lediglich um eine werbeübliche grafische Ausgestaltung handelt.
23
Desgleichen kann der Umstand, dass die Wortkombination „BEST-FIT“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, nicht zur Eintragungsfähigkeit führen. Auch lexikalisch nicht nachweisbare Wortzusammensetzungen erfüllen nicht allein deshalb die Anforderungen an die Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – AntiKALK), sofern sie einen beschreibenden Waren- bzw Dienstleistungsbezug aufweisen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 111 – BIOMILD). Dies gilt selbst dann, wenn es sich um sprachunübliche, möglicherweise auch neue Begriffsbildungen handelt.
24
Abgesehen davon, dass Einzelwörter in vielfältiger Kombination zusammengesetzt werden können und durch ihre Aufnahme der Umfang von Lexika oder Wörterbüchern bei weitem gesprengt würde, ist die Anwendung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Zusammenhang mit werbenden oder sonst beschreibenden Angaben auch nicht auf Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschränkt, denn das gesetzliche Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft stellt nicht auf das Vorliegen bestimmter objektiver Merkmalsangaben, sondern allein auf die Verkehrsauffassung ab.
25
Der Umstand, dass das Zeichen auch andere Bedeutungen haben kann, steht dem nicht entgegen, da es ausreicht, wenn auch nur eine mögliche begriffliche Bedeutung einer Marke beschreibend ist (vgl. EuGH, GRUR 2004,146 (Nr. 32) – Doublemint; GRUR 2004, 680 (Nr. 38) – BIOMILD).
26
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Senat nicht als sachdienlich erachtet und ist nicht beantragt worden. Der Senat konnte deshalb im schriftlichen Verfahren entscheiden, § 69 MarkenG.


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