Aktenzeichen 28 W (pat) 501/09
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 762. 8
hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-/Bildmarke
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als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 14
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„Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren und Edelsteine; Uhren“.
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Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Angabe „facettenreich“ stelle einen beschreibenden Hinweis auf bestimmte Produkteigenschaften dar. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde dieser Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen sofort und ohne weiteres Nachdenken ausschließlich als bloßer Sachhinweis auf die äußere Gestaltung der Waren, nicht aber als Herkunftshinweis verstanden. Der Marke fehle somit die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dass hier sprachtheoretisch durchaus verschiedene Verständnismöglichkeiten des fraglichen Begriffs in Betracht kämen, schließe die Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht aus. Auch die ansatzweise erkennbare, graphische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht begründen. Derartige Darstellungen bewegten sich vollkommen im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungs- und Blickfangmittel und seien keineswegs hinreichend eigenwillig, um für sich genommen oder in Verbindung mit dem vorhandenen Wortbestandteil eine schutzbegründende Wirkung zu entfalten. Bei dieser Sachlage bedürfe es keiner Feststellungen dazu, ob die Anmeldung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen sei.
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Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Wort-/Bildmarke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Dies ergebe sich im Hinblick auf die notwendige Unterscheidungskraft bereits daraus, dass insoweit ein großzügiger Maßstab angelegt werden müsse. Bei dem Markenwort „facettenreich“ handle es sich um einen mehrdeutigen Begriff, der interpretations- und merkfähig sei. Der Begriff weise im Hinblick auf die beanspruchten Waren auch keine lediglich beschreibende Bedeutung auf, zumal er nicht nur als Adjektiv sondern ebenso als Substantiv verstanden werden könne. Gerade als Substantiv komme dem Markenwort als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Produkte aus einem „Facetten-Reich“ ein phantasievoller und geradezu phantastischer Anklang zu. Außerdem müssten im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung die grafischen Elemente schutzbegründend berücksichtigt werden. Nicht zuletzt der unterhalb des Wortes „facettenreich“ angeordnete, asymmetrisch unterbrochene Strich, stelle ein unübliches und prägnantes Gestaltungselement dar, das der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft vermittle.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien Waren– und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies im 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie (MarkenRichtl) hervorgehoben wird. In ihrer Konzeption geht die MarkenRichtl dabei davon aus, dass Marken im europäischen Wirtschaftssystem einerseits eine wichtige ökonomische Rolle zukommt, gleichzeitig aber aufgrund ihrer Monopolwirkungen auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so das angestrebte Maß an Chancengleichheit für die Mitbewerber zu gewährleisten und negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb zu vermeiden (EuGH GRUR 2004, 943 Rdn. 26 – SAT.2).
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Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel).
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Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen. Um diesen Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es bei Kombinationsmarken, wie dem vorliegenden Wort-/Bildzeichen, zweckmäßig und zulässig, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2).
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Bei dem Wortbestandteil „facettenreich“ handelt es sich um ein gebräuchliches Adjektiv, das in seinem umgangssprachlichen Bedeutungsgehalt „variantenreich, vielfältig, vielseitig“ im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine unzweideutige, produktbeschreibende Sachaussage besitzt. Die Verwendung dieser lexikalisch belegbaren Sachangabe (vgl. hierzu etwa Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]) ist gerade auch auf dem hier einschlägigen Produktsektor weit verbreitet. Hinweise auf facettenreiche Schmuckwaren oder auf facettenreiche Kreationen aus verschiedenen Edelmetallen und Edelsteinen zählen etwa bei Uhren ebenso wie bei Schmuck- und Juwelierwaren quasi zum Standardvokabular jedes Anbieters oder Designers. Entsprechende Hinweise sollen den jeweiligen Produkten eine fantasievolle, anziehende Wirkung vermitteln, eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher Stimmungen und Vorlieben ansprechen und die fraglichen Waren damit für die Kunden besonders attraktiv machen. Entsprechend konzeptorientierte und beworbene Produktportfolios bzw. Kollektionen sind weit verbreitet und begegnen den Verbrauchern in sämtlichen Preisklassen. Der Begriff „facettenreich“ entspricht also in jeder Hinsicht den auf dem hier maßgeblichen Produktsektor üblichen Beschreibungsgewohnheiten und ist den angesprochenen Verbraucherkreisen seit langem als typische Sach- und Werbeangabe bekannt. Soweit die Anmelderin eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes „facettenreich“ geltend macht, mag diese abstrakt betrachtet durchaus gegeben sein – nicht jedoch im Zusammenhang mit den hier konkret beanspruchten Waren. Im Übrigen wird auf die höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen (vgl. etwa EuGH, GRUR 2004, 146, Rdn. 32 – Doublemint), nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein wesentliches Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.
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Entgegen der Wertung der Anmelderin vermittelt auch die gewählte grafische Ausgestaltung dem Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Es ist zwar grundsätzlich möglich, dass die grafische Gestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile deren schutzunfähigen Charakter sozusagen „aufheben“ und dadurch einen schutzfähigen Gesamteindruck der Marke bewirken kann (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK). Angesichts des unmittelbar beschreibenden Warenbezugs des Wortbestandteils bedürfte es im vorliegenden Fall allerdings einer prägnanten grafischen Gestaltung, um eine solche kennzeichnungskräftige Verfremdung des beschreibenden Aussagegehalts zu erzielen. Die gewählte Bildgestaltung ist jedoch als werbeübliche, geradezu unauffällige Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Markenwortes wird durch diese Ausgestaltung jedenfalls nicht erreicht. Der gewählte Schrifttyp und die unterbrochene, allenfalls bei eingehender Betrachtungsweise asymmetrisch wirkende Unterstreichung entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination dem gängigen, allgemein bekannten Werbestandard. Allein der Umstand, dass die Gestaltung als optisch ansprechend angesehen werden könnte, ist im Fall des im Vordergrund stehenden, beschreibenden Aussagegehalts des Wortbestandteils nicht ausreichend, um der Marke die notwendige Unterscheidungskraft zu vermitteln (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK; BPatG PAVIS PROMA 29W(pat)035/99 – Bildmarke FRANKEN).
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Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.