Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Kehlstein Praline” – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  25 W (pat) 518/17

Datum:
23.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 014 469.1
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
Kehlstein Praline
3
ist am 14. Februar 2012 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgenden Waren der Klasse 30 angemeldet worden:
4
Pralinen, Konfekte, Schokoladen, Zuckerwaren, Torten, Törtchen, Kuchen, feine Backwaren, Gebäck.
5
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2012 014 469.1 geführte Anmeldung bzw. die Erinnerung mit den Beschlüssen vom 25. Juli 2013 und vom 23. Januar 2015 wegen des Bestehens eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich die angemeldete Wortkombination „Kehlstein Praline” aus dem Namen eines Berges in den Berchtesgadener Alpen (Kehlstein) und einer Warenbezeichnung (Praline) zusammensetze. Auf dem Sektor der Schokoladenwaren spiele motiv- und formorientiertes Design eine wichtige Rolle. So habe sich in der Branche der Fachbegriff „Motivschokolade” bzw. „Motivpraline” für diese Art der Süßwaren eingebürgert. Als ohne weiteres verständliche Motiv- bzw. Formbezeichnung sei das angemeldete Zeichen „Kehlstein Praline” geeignet, darauf hinzuweisen, dass es sich bei den beanspruchten Schokoladenwaren um mit entsprechenden Motiven ausgestaltete oder in entsprechende Form gegossene Produkte handle. Ob derartige Produkte – neben denen des Anmelders – im Handel bereits erhältlich seien, sei nicht entscheidungserheblich, da das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich danach zu beurteilen sei, ob neben den aktuellen Gegebenheiten eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten sei. Da bereits unzählige Motive und Formen für Schokoladenwaren gebräuchlich seien, könne vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass auch das Motiv oder die Form des Berges „Kehlstein” für Schokoladenwaren Verwendung finden werden. Ein markenrechtlicher Schutz eines derartigen Begriffs würde in der Praxis letzten Endes auf einen weitgehenden Schutz des Motivs an sich hinauslaufen, wie ihn das Markenrecht nicht vorsehe. Darüber hinaus würden die angesprochenen Verkehrskreise die Anmeldemarke mit ihrem oben dargestellten Bedeutungsgehalt nur als produktbeschreibende Sachangabe und nicht als betriebliches Herkunftszeichen auffassen, so dass der Eintragung auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe.
6
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Anmelders, die der Anmelder nicht begründet hat.
7
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
8
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juli 2013 und vom 23. Januar 2015 aufzuheben.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
10
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Wortkombination als Marke steht ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
11
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 31 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss). Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung. Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 29 – Chiemsee), deren Verständnisfähigkeit nicht zu gering veranschlagt werden darf. Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, ob und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900 Rn. 12 – SPA II; GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.).
12
Gemessen an diesen Grundsätzen besteht hinsichtlich der angemeldeten Wortfolge ein Freihaltebedürfnis. Wie das DPMA zutreffend dargelegt hat, besteht das Zeichen besteht aus den Wörtern „Kehlstein“ und „Praline“. Das Wort „Praline“ bezeichnet ein bissengroßes Erzeugnis aus Schokolade mit geschmacksbestimmenden Füllungen, wie z. B. Nougat, Likör oder Marzipan. Das Wort bzw. der Name „Kehlstein“ bezeichnet einen Berg in den Berchtesgadener Alpen, der wegen des sogenannten Kehlsteinhauses besonders bekannt ist. Das Haus, das sich unterhalb des Gipfels des Kehlsteins befindet, ist nicht zuletzt wegen der Umstände seiner Erbauung in der Zeit des Nationalsozialismus eine bekannte Touristenattraktion. Ausgehend von diesen Feststellungen eignet sich die angemeldete Wortkombination ohne weiteres dafür, Konfekte, Pralinen und Schokoladen zu bezeichnen, welche die Form des Kehlsteins bzw. des Kehlsteinhauses aufweisen. Damit wird die Art der Ware (Pralinen, Konfekt bzw. Schokoladenerzeugnisse) und deren bzw. dessen Form bzw. Beschaffenheit (in Form des Kehlsteins bzw. seiner Silhouette) i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschrieben. Bei Pralinen und Schokoladenerzeugnissen ist es üblich und weit verbreitet, bekannte Motive etwa von bekannten Bauwerken oder speziell auch von Bergen oder Bergmassiven, wie dem Matterhorn oder Mont Blanc für die Form der Waren zu verwenden. Derartige Pralinen-Bezeichnungen dürfen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht markenmäßig monopolisiert werden, sondern müssen auch den Wettbewerbern zum Zwecke der Beschreibung entsprechender Produkte bzw. bei der Gestaltung entsprechender Pralinenprodukte zur freien Verfügung stehen.
13
Das Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG betrifft auch die weiteren, mit der Markenanmeldung beanspruchten Waren wie Zuckerwaren, Torten, Törtchen, Kuchen, feine Backwaren und Gebäck. Diese Waren können gleichfalls in der Form des Kehlsteins hergestellt werden und gleichen Pralinen, Konfekt und Schokoladen nicht nur hinsichtlich der Zutaten, der Herstellung, der Vertriebswege und der Zweckbestimmung, sondern können vor allem auch in  Pralinengröße hergestellt werden. Im Übrigen könnten diese Waren auch mit entsprechenden Pralinen versehen werden. Wegen der Ähnlichkeit der Waren würden die angesprochenen Verkehrskreise selbst bei einer in üblicher Größe gefertigten Torte in dem Zeichen „Kehlstein Praline“ lediglich die – möglicherweise scherzhaft gemeinte – Bezeichnung der Art und der Beschaffenheit der Waren erkennen.
14
Nachdem der Eintragung bereits ein Freihaltebedürfnis entgegensteht, können weitere Ausführungen zum Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.
15
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.
16
Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war nicht gemäß § 69 Nr. 3 MarkenG angezeigt. Der Anmelder hat seinen hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung mit Telefax vom 14. Februar 2017 im Übrigen zurückgenommen, so dass auch die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung nach § 69 Nr. 1 MarkenG entfallen ist.


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