Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “LUVOWAX/LICOWAX (IR-Marke)” – Einrede mangelnder Benutzung – Glaubhaftmachung – teilweise Warenidentität, teilweise Warenähnlichkeit – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr

Aktenzeichen  30 W (pat) 512/19

Datum:
1.10.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:011020B30Wpat512.19.0
Normen:
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
§ 26 Abs 1 MarkenG
§ 26 Abs 2 MarkenG
§ 43 Abs 1 S 1 MarkenG
§ 43 Abs 1 S 2 MarkenG
Art 5 MAbkMadridProt
Art 6quinquies Abschn B Nr 1 PVÜ
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2016 108 072
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 01. Oktober 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Februar 2019 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke IR 711 303 zurückgewiesen worden ist.
II. Wegen des Widerspruchs aus der Marke IR 711 303 wird die Löschung der Marke 30 2016 108 072 angeordnet.

Gründe

I.
1
Die am 7. September 2016 angemeldete Wortmarke
2
LUVOWAX
3
ist am 13. Oktober 2016 unter der Nummer 30 2016 108 072 für die Waren
4
“Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere synthetische Wachse und chemisch modifizierte Wachse
5
Klasse 4: Wachse für gewerbliche Zwecke; Wachse als Rohstoffe”
6
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 18. November 2016.
7
Gegen die Eintragung ist am 7. Februar 2017 Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 18. März 1999 international unter der Nummer 711 303 registrierten Marke
8
LICOWAX
9
deren Schutz für die Waren
10
“Klasse 1: Produits chimiques destinés à l’industrie et aux sciences”
11
nach Maßgabe des Madrider Markenabkommens (MMA) auf Deutschland erstreckt worden ist.
12
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 2. Mai 2017 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 25. September 2017 zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke eine eidesstattliche Versicherung des Herrn Dr. F… vom 3. August 2017 und weitere Unterlagen insbesondere in Form von Produktbroschüren und -präsentationen, Zertifikaten, Produkt- und Sicherheitsdatenblättern, Rechnungen sowie im Beschwerdeverfahren eine weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn Dr. F… vom 24. August 2020 sowie Abbildungen von Verpackungen und Etiketten vorgelegt.
13
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 01 hat mit Beschluss vom 21. Februar 2019 den Widerspruch sowie den Kostenantrag der Widersprechenden zurückgewiesen. Auch wenn man ungeachtet der Benutzungslage von der Registerlage ausgehe, wonach sich beide Marken auf identischen Waren begegnen könnten, sowie weiterhin berücksichtige, dass sich die Vergleichswaren an Fachkreise wendeten, deren Aufmerksamkeit bei der Auswahl und dem Einkauf solcher Produkte regelmäßig erhöht sei, scheide eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Ähnlichkeit der Vergleichszeichen aus.
14
Maßgebend dafür sei, dass das gemeinsame Wortende “-WAX” als englischer Begriff für “Wachs” als beschreibender Hinweis auf die Art und Beschaffenheit der Waren verstanden werde, so dass aufgrund der damit verbundenen Kennzeichnungsschwäche den weiteren Bestandteilen “LICO-” bzw. “LUVO-” ein über das gewöhnliche Maß hinausgehendes Interesse entgegengebracht werde. In Anbetracht dessen reichten dann aber auch bei angemessener Berücksichtigung des gemeinsamen kennzeichnungsschwachen Wortendes “WAX” sowohl die klanglichen Abweichungen in den ersten Silben “LI” und “LU” und den sich daran anschließenden Konsonanten “C” und “V” als auch im Schriftbild die deutlich voneinander abweichende Umrisscharakteristik der Buchstaben “I/U” und “C/V” aus, um eine Verwechslungsgefahr beider Marken in ihrer Gesamtheit sowohl in klanglicher als auch schriftbildlicher Hinsicht auszuschließen, zumal sich die Abweichungen am in aller Regel stärker beachteten Wortanfang der Vergleichsmarken befänden.
15
Auch eine begriffliche Verwechslung der beiden Zeichen sei nicht zu befürchten, da die Markenbestandteile “LUVO-” bzw. “LICO-” keinen Sinngehalt vermittelten.
16
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie geltend macht, dass nicht von einer erhöhten Aufmerksamkeit der von den Vergleichswaren angesprochenen Fachkreise bei Auswahl und Einkauf entsprechender Produkte ausgegangen werden könne, da es sich dabei weder um besonders hochpreisige Produkte noch um Gefahrstoffe o.ä. handele, demnach auch keine besonders geschulten oder aufmerksamen Personen mit dem Erwerb dieser Waren betraut seien.
17
Ausgehend davon verfügten beide Marken bereits in klanglicher Hinsicht ihrem allein maßgeblichen Gesamteindruck nach trotz des beschreibenden Anklangs von “-WAX” angesichts des übereinstimmenden Anfangskonsonanten “L”, der ebenfalls übereinstimmenden Silbenzahl und -gliederung beider Marken sowie der weitgehend übereinstimmenden Vokalfolge I/U – O – A, wobei die Abweichung I/U klanglich eher unbedeutend und leicht zu überhören sei, über eine erhebliche und vor dem Hintergrund, dass beide Marken sich auch nach der Benutzungslage auf identischen Waren begegnen könnten, die Gefahr von Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit, welche allein durch die Abweichungen nicht ausgeschlossen werden könne.
18
Auch schriftbildlich stimmten beide Marken in 5 von 7 Buchstaben und dabei nicht nur in den Endbestandteilen “WAX”, sondern auch in den Anfangs- bzw. Endbuchstaben “L” und “O” der Anfangsbestandteile “LICO” und “LUVO” überein, so dass auch insoweit keinesfalls von einer fehlenden schriftbildlichen Ähnlichkeit ausgegangen werden könne.
19
Die Widersprechende beantragt,
20
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 01 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 21. Februar 2019 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2016 108 072 zu löschen.
21
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
22
die Beschwerde zurückzuweisen.
23
Mit der Markenstelle sei davon auszugehen, dass unter Zugrundelegung einer erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Fachkreise sowie in Anbetracht der Kennzeichnungsschwäche des gemeinsamen Endbestandteils “-WAX” die deutlichen Unterschiede am ohnehin stärker beachteten Wortanfang ausreichten, um sowohl in klanglicher als auch schriftbildlicher Hinsicht die Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden.
24
Zudem habe die Widersprechende nach den eingereichten Benutzungsunterlagen keine Benutzung für “Produits chimiques destinés à l’industrie et aux sciences”, für die die Widerspruchsmarke Schutz beanspruchen könne, glaubhaft gemacht.
25
Für die Frage der Subsumtion sei die Rechtslage im Zeitpunkt der Eintragung der Widerspruchsmarke maßgeblich. Dies sei das Jahr 1998.
26
Gemäß der 7. Auflage der Nizza-Klassifikation unterfielen lediglich “Baumwachse” der Klasse 1, während “Wachse als Rohmaterial” und “Wachse für gewerbliche Zwecke” unabhängig von ihrem Einsatzzweck der Klasse 4 zugeordnet worden seien. Die “LICOWAX”-Produkte der Widersprechende stellten jedoch ein “Wachs als Rohmaterial” oder ein “Wachs für gewerbliche Zwecke” und somit eine Ware der Klasse 4 dar. Die Widerspruchsmarke sei somit nicht für die beanspruchten Waren benutzt worden.
27
Die Widersprechende macht dazu geltend, dass die Widerspruchsmarke nach den eingereichten Unterlagen ausschließlich für chemisch modifizierte Naturwachse oder synthetische Wachse verwendet werde. Jedenfalls bei diesen handele es sich aber um unter den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 1 eingetragenen Warenoberbegriff zu subsumierende “chemische Produkte für die Industrie”.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
29
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, welche sich – wie die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung vom 01. Oktober 2020 klargestellt hat – allein gegen die Zurückweisung des Widerspruchs, nicht hingegen gegen die Kostenentscheidung der Markenstelle richtet, hat in der Sache Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr besteht (§§ 119, 124, 107, 114, 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 und Art. 9sexies Abs. 1 Buchst. a PMMA, Art. 6quinquies B Nr. 1 PVÜ). Der angefochtene Beschluss der Markenstelle Für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Februar 2019 ist daher aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke IR 711 303 zurückgewiesen wurde, und die Löschung der Marke 30 2016 108 072 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 711 303 anzuordnen (§§ 119, 124, 107, 114, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
30
A. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine Für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG).
31
B. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Nr. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 – UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren (oder Dienstleistungen). Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 – Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).
32
C. Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.
33
1. Die seitens der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 2. Mai 2017 undifferenziert und sich daher auf beide nach §§ 119, 124, 107, 114, 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG (in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden, hier gemäß § 158 Abs. 5 MarkenG anzuwendenden Fassung) relevanten Benutzungszeiträume beziehende Einrede ist auch hinsichtlich beider vorgenannten Benutzungszeiträume statthaft. Nach § 116 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1, § 115 Abs. 2 MarkenG (in der hier im Hinblick auf die Schutzerstreckung im Jahr 1999 anzuwendenden Fassung von 1994/95) unterliegt eine international registrierte Marke der Einrede der Nichtbenutzung, wenn im Zeitpunkt der Veröffentlichung des angegriffenen Zeichens (hier am 18. November 2016) die Frist des Art. 5 Abs. 2 MMA seit mindestens fünf Jahren abgelaufen war. Dies ist hier der Fall.
34
Deshalb oblag es der Widersprechenden, die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 26 MarkenG sowohl Für den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraum vom 18. November 2011 bis 17. November 2016 als auch Für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch, welcher vorliegend dem Tag der mündlichen Verhandlung am 01. Oktober 2020 entspricht (vgl. Ströbele/ Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 43 Rdnr. 17), hinsichtlich aller maßgeblichen Umstände, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang darzulegen und glaubhaft zu machen.
35
a. Dem ist die Widersprechende nachgekommen. Die in den eidesstattlichen Versicherungen des bei der C… GmbH als Global Head of Application Development BL Waxes tätigen Herrn F… vom 3. August 2017 und vom 24. August 2020 ausgewiesenen Umsätze in Deutschland für die Jahre 2011 bis 2019 zwischen …. CHF und … CHF belegen eine kontinuierlich über mehrere Jahre und beide Benutzungszeiträume hinweg erfolgte und somit ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke im Inland iS von § 26 Abs. 1 MarkenG für “Wachse (insbesondere Polyolefinwachse, Montanwachse, Amidwachse, Wachsoxidate und Polmeroxidate)”. Die Benutzung erfolgte dabei durch die Widersprechende oder – wie in den eidesstattlichen Versicherungen ausdrücklich versichert – mit ihr im Konzern verbundene Unternehmen, so dass insoweit von einer Benutzung mit Zustimmung der Widersprechenden als Markeninhaberin iS von § 26 Abs. 2 MarkenG auszugehen ist.
36
Unschädlich ist, dass den eidesstattlichen Versicherungen nicht entnommen werden kann, in welcher Höhe die Umsätze auf die jeweils konkret unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Produkte umzulegen sind. Denn Herr Dr. F… hat in der eidesstattlichen Versicherung vom 24. August 2020 klargestellt, dass es sich nicht nur bei den mit “insbesondere” beispielhaft benannten, sondern bei sämtlichen unter der Widerspruchsmarke hergestellten und vertriebenen “Wachse” um chemisch modifizierte Naturwachse und synthetische Wachse handelt. Dies gilt insbesondere für die in den eidesstattlichen Versicherungen explizit genannten “Montanwachse”.
37
b. Die Widerspruchsmarke wurde damit für die Waren”Produits chimiques destinés à l’industrie et aux sciences” (chemische Erzeugnisse/Produkte für Industrie und Wissenschaft), für die sie in Klasse 1 Schutz beanspruchen kann, benutzt.
38
aa. Ob eine benutzte Ware einem der Warenbegriffe des Warenverzeichnisses unterfällt (§ 26 Abs. 1 MarkenG), kann nur im Wege der Auslegung ermittelt werden. Hierbei sind sowohl der allgemeine Sprachgebrauch als auch der Sprachgebrauch der amtlichen Warenklassifikation zu berücksichtigen (BPatG GRUR 1997, 133 Tz. 33 – ORION; Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 26 Rdnr. 264).
39
Wachs bezeichnet ganz allgemein einen Stoff, der bei 20 °C knetbar, fest bis brüchig-hart ist, eine grobe bis feinkristalline Struktur aufweist, farblich durchscheinend bis opak, aber nicht glasartig ist, über 40 °C ohne Zersetzung schmilzt, wenig oberhalb des Schmelzpunktes leicht flüssig (wenig viskos) ist, eine stark temperaturabhängige Konsistenz und Löslichkeit aufweist sowie unter leichtem Druck polierbar ist (vgl. dazu Römpp, Lexikon Chemie, 10. Aufl. 1999 zu “Wachse”). Danach werden “Wachse” in erster Linie durch ihre mechanisch-physikalischen Eigenschaften definiert, nicht hingegen nach ihrer chemischen Zusammensetzung und Herkunft (vgl. https://www.chemie.de/lexikon/Wachs.html zu “Wachs”). Darin können Wachse dann auch sehr unterschiedlich sein. So bezeichnet man (in aller Regel auf natürliche Weise gewonnene) tierische, pflanzliche oder auch mineralische/fossile Wachse allgemein als “natürliche Wachse” (vgl. dazu Römpp, aaO; ferner https://de.wikipedia.org/wiki/Wachs zu der Überschrift “Natürliche Wachse”). Neben diesen natürlichen Wachsen gibt es teilsynthetische chemisch modifizierte Wachse, welche man aus Naturwachsen gewinnt, deren Zusammensetzung aber durch physikalische oder chemische Umwandlungen beeinflusst ist, sowie die durch Verfahren wie (Hoch-, Mittel-, Niederdruck-) Polymerisation, Kondensation oder Addition aus Syntheseprodukten, hauptsächlich aus Erdöl, aber auch aus Braunkohle gewonnenen synthetischen Wachse (vgl. Wikipedia aaO sowie Römpp aaO).
40
Da solche (teil-)synthetischen Wachse, für die die Widerspruchsmarke allein benutzt worden ist, auf der Umwandlung von natürlichen und/oder der Herstellung von synthetischen Rohstoffen beruhen, handelt es sich um Produkte/Erzeugnisse der chemischen Industrie (vgl. BROCKHAUS Enzyklopädie, 21. Aufl. zu “Chemische Industrie”), welche sich ohne weiteres unter den von der Widerspruchsmarke zu Klasse 01 beanspruchten Warenoberbegriff “Produits chimiques destinés à l’industrie et aux sciences” subsumieren lassen.
41
bb. Dieser Subsumtion steht nicht entgegen, dass die im Zeitpunkt der Eintragung der betroffenen Marke geltende “Alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen” zur 7. Ausgabe der Nizza-Klassifikation “Wachse als Rohmaterial” bzw. “Wachse für gewerbliche Zwecke” der Klasse 4 zuordnet, und zwar selbst dann nicht, wenn man zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke ohne weitere Sachprüfung die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren oberbegrifflich auch als “Wachse als Rohmaterial” bzw. “Wachse für gewerbliche Zwecke” betrachtet.
42
aaa. Zwar ist – wie bereits erwähnt – für die Frage der Subsumtion einer Ware unter einen im Warenverzeichnis der Marke aufgeführten Warenbegriff nicht allein auf den allgemeinen Sprachgebrauch abzustellen, sondern auch der Sprachgebrauch der amtlichen Klassifikation zu berücksichtigen, wobei für die Auslegung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht die aktuell geltende Klassifikation, sondern die Klassifizierung im Zeitpunkt der Eintragung der betroffenen Marke heranzuziehen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 662, Nr. 36 – Probiotik; Ströbele/Hacker/ Thiering, aaO § 26 Rn. 263). Dies ist vorliegend die Klassifikation von Nizza in der 7. Auflage.
43
Allerdings wird der Schutzbereich einer Marke nicht durch die Klassifikation bestimmt; diese hat vielmehr nur indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Art der Ware oder Dienstleistung und ist dementsprechend bei der Subsumtion der benutzten unter die eingetragenen Waren und Dienstleistungen allenfalls unterstützend heranzuziehen (BGH aaO Nr. 14 – Probiotik). Gleichwohl kann die Klassensystematik ergeben, dass eine Ware deshalb nicht unter einen Oberbegriff fällt, weil sie eindeutig unter einen anderen Oberbegriff derselben oder einer anderen Klasse fällt (vgl. BPatG Mitt. 1993, 348, 349 – ISOSIL/ICOSIT; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rdnr. 691).
44
bbb. Dies scheidet vorliegend aber bereits deshalb aus, weil “Wachs” als Oberbegriff in der Klasseneinteilung der in der 7. Auflage der Klassifikation von Nizza – anders als in der aktuellen 11. Ausgabe der Nizza-Klassifikation, Version 2020 – weder in der Klasse 04 noch in einer anderen Klasse als eigenständiger Klassenbegriff enthalten ist, so dass eine Subsumtion der hier relevanten chemisch modifizierten und synthetischen Wachse unter den von der Widerspruchsmarke zu Klasse 01 beanspruchten Warenoberbegriff nur dann ausgeschlossen wäre, wenn die in der “Alphabetischen Liste der Waren und Dienstleistungen” zur 7. Auflage der Klassifikation von Nizza (nachfolgend: “Alphabetische Liste”) erfolgte Zuordnung von “Wachse als Rohmaterial” bzw. “Wachse für gewerbliche Zwecke” zur Klasse 04 dahingehend zu interpretieren wäre, dass solche Wachse allein und ausschließlich der Klasse 04 unterfallen. Dies ist entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke jedoch nicht der Fall.
45
So bestehen bereits Zweifel, ob die in erster Linie als Hilfe für Anmelder und Amt bei der Zuordnung angemeldeter Waren und Dienstleistungen gedachte “Alphabetische Liste” überhaupt eine abschließende und eine Zuordnung zu anderen Klassen ausschließende Aussage zur Klassifizierung von Waren/Dienstleistungen treffen kann. Dies gilt jedenfalls bei einem weiten Warenbegriff wie “Wachse für gewerbliche Zwecke”, welcher oberbegrifflich natürliche, chemisch modifizierte natürliche und synthetische Wachse umfasst, die in ihrer stofflichen Beschaffenheit und ihren Eigenschaften eine hohe Diversität aufweisen und daher ohne weiteres eine Zuordnung auch zu anderen Klassenbegriffen wie zB “chemische Erzeugnisse” nahelegen.
46
Ungeachtet dessen scheidet eine solche Auslegung aber bereits deshalb aus, weil die “Alphabetische Liste” Wachsprodukte nicht einheitlich und durchgängig der Klasse 04 zuordnet. So werden zB “rutschhemmendes Wachs für Fußböden” und “Polierwachs” der Klasse 03 sowie “Baumwachs” der Klasse 01 zugewiesen, obwohl es sich bei diesen Wachsarten und -sorten ebenso wie bei den hier relevanten chemisch modifizierten und synthetischen Wachsen auch um “Wachse für gewerbliche Zwecke” handelt. In Anbetracht dieser abweichenden Einteilung und Zuordnung unterschiedlicher Wachsarten und -sorten zu verschiedenen Klassen je nach Beschaffenheit, Verwendungszweck etc. kann dann aber nicht davon ausgegangen werden, dass “Wachse als Rohmaterial” sowie vor allem “Wachse für gewerbliche Zwecke” ungeachtet ihrer stofflichen Beschaffenheit und ihrer Eigenschaften allein zur Klasse 4 gehören sollen. Vielmehr ist trotz der in der Alphabetischen Liste erfolgten Zuordnung dieser Waren zur Klasse 04 eine Subsumtion unter Klassenbegriffe einer anderen Klasse je nach stofflicher Beschaffenheit, Eigenschaften und Einsatz- und Verwendungsbereichen der betreffenden “Wachse als Rohmaterial” bzw. “Wachse für gewerbliche Zwecke” ohne weiteres möglich. Rechtlich bestehen dagegen auch keine Bedenken, da die Oberbegriffe der amtlichen Klassifikation sich nicht untereinander ausschließen, sondern sich teilweise überlappen, so dass einzelne Waren ohne weiteres unter mehrere Begriffe der amtlichen Klassifikation zu subsumieren sein können (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 26 Rdnr. 264; Ingerl/Rohnke, aaO, § 14 Rdnr. 691).
47
Gestützt wird dies auch durch die aktuell geltende Fassung der “Alphabetischen Liste der Waren und Dienstleistungen” zur 11. Ausgabe der Klassifikation von Nizza, welche “Wachs” nunmehr zwar ausdrücklich der Klasse 04 zuordnet, jedoch in den “Erläuternden Anmerkungen” die dort beispielhaft genannten “Spezialwachse”, bei denen es sich ausnahmslos nicht um natürliche, sondern chemisch modifizierte Wachse handelt, von dieser Klasse ausnimmt.
48
Zudem war es auch bereits zu dem für die Auslegung und Subsumtion maßgeblichen Zeitpunkt der Registrierung der Widerspruchsmarke durchaus üblich, “Wachse” als “chemisches Erzeugnis” der Klasse 1 zu betrachten. So waren auch bereits zu diesem Zeitpunkt weitere Marken wie insbesondere auch die im patentamtlichen Widerspruchsverfahren weiter verfahrensgegenständlichen Widerspruchsmarken 1 086 428 LUWAX, angemeldet am 15. Februar 1985 und Unionsmarke 086 645 LUWAX, angemeldet am 1. April 1996 jeweils in Klasse 1 für “Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich Wachse” eingetragen, was verdeutlicht, dass auch bereits zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls bestimmte “Wachse” und dabei naheliegend solche, deren Herstellung auf chemischen Prozessen beruht, den “chemischen Erzeugnissen/Produkten” der Klasse 1 zugeordnet wurden.
49
cc. Nach alledem verbleibt es dabei, dass die Widerspruchsmarke für die zu Klasse 01 eingetragenen Waren “Produits chimiques destinés à l’industrie et aux sciences” benutzt wurde.
50
c. Die in der eidesstattlichen Versicherung für die genannten Benutzungszeiträume als Verwendungsform in Bezug genommen Abbildungen von Produktverpackungen
51
welche mit den nachfolgend in vergrößerter Darstellung abgebildeten Etiketten
52
versehen sind, belegen eine funktionsgemäße Benutzung der Widerspruchsmarke als Produktmarke für die vorgenannten Waren in einer der Eintragung entsprechenden Form (in druckschriftlichen Großbuchstaben). Soweit auf den Etiketten neben oder unter dem Markenwort LICOWAX weitere Angaben wie “PED 136 FL” oder “PED 521 GR MG” angeordnet sind, handelt es sich um jedenfalls für den Fachverkehr ohne weiteres erkennbare allgemeine Sachangaben bzw. Typen- und/oder Sortenbezeichnungen. Diese deutlich von der Marke LICOWAX abgesetzten Angaben haben mit der Marke als solcher nichts zu tun, so dass der Verkehr ihnen keine Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke und der benutzten Form beimisst (vgl. BGH GRUR 2014, 662 Nr. 18 – Probiotik; Ströbele/ Hacker/Thiering, aaO, § 26 Rdnr. 171).
53
d. Demnach ist eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für “chemisch modifizierte natürliche Wachse und synthetische Wachse” anzuerkennen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
54
2. Ausgehend von dieser Benutzungslage können sich die Vergleichszeichen in Bezug auf die von der angegriffenen Marke zu Klasse 01 beanspruchten “Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere synthetische Wachse und chemisch modifizierte Wachse” auf identischen Waren begegnen. Zu den von der angegriffenen Marke zu Klasse 04 beanspruchten “Wachse für gewerbliche Zwecke; Wachse als Rohstoffe” besteht jedenfalls eine hochgradige Ähnlichkeit, da diese entweder oberbegrifflich auch “chemisch modifizierte natürliche Wachse und synthetische Wachse” umfassen, zumindest aber Ausgangs- und Basisstoff für solche Wachse sein können.
55
3. Weiterhin ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, da diese trotz des erkennbar beschreibenden Aussagehalts des Endbestandteils “wax” jedenfalls in ihrer Gesamtheit als Phantasiebegriff wahrgenommen wird.
56
4. Beide Marken weisen ferner entgegen der Auffassung der Markenstelle sowohl klanglich als auch schriftbildlich eine jedenfalls noch durchschnittliche Zeichenähnlichkeit auf, und zwar auch dann, wenn man mit der Inhaberin der angegriffenen Marke davon ausgeht, dass sich die vorliegend maßgeblichen Waren in erster Linie an den Fachverkehr wenden, so dass von einer erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen ist.
57
a. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 – MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 – ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 – THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484GRUR 2009, 484, Nr. 32 – METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 – coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781GRUR 2009, 484, Nr. 32 – METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 – coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 – AIDA/ AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, aaO., § 9 Rdn. 268 m. w. N.).
58
b. Klanglich stimmen die Vergleichsmarken bei gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus und weitgehend übereinstimmender Vokalfolge im Anfangskonsonanten “L” sowie in der Endsilbe “WAX” überein; sie unterschieden sich lediglich in dem Endlaut der ersten Silbe “I/U” und dem Anlaut der zweiten Silbe “C/V”. Diese Abweichungen im Wortinnern beider Markenwörter treten gegenüber den weitreichenden Übereinstimmungen am Wortanfang und -ende sowie im Mittelvokal “O” jedoch nicht so deutlich hervor, dass sie die weitgehend übereinstimmende Gesamtstruktur beider Markenwörter im Klangbild wesentlich beeinflussen könnten. Daran ändert auch der beschreibende Aussagehalt der jeweiligen Endsilbe “WAX” als Hinweis auf “Wachs” nichts. Denn auch wenn ein derartiger kennzeichnungsschwacher bzw. schutzunfähiger Bestandteil eines Markenworts allein nicht kollisionsbegründend wirken kann, kann er dennoch den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 – NEURO-VIBOLEX/ NEURO-FIBRAFLEX). Beide Marken weisen auch keinen sofort und ohne weiteres erfassbaren Sinngehalt auf, welcher die Übereinstimmungen im Klangbild beider Marken “neutralisieren” oder zumindest reduzieren könnte. Insgesamt überwiegen damit die Gemeinsamkeiten in beiden Markenwörtern. Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit der zu vergleichenden Marken ist aber grundsätzlich mehr auf die Gemeinsamkeiten abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen (vgl. BGH GRUR 1998, 924 – salvent/ Salventerol).
59
c. Dies gilt auch für einen schriftbildlichen Vergleich der beiden Markenwörter LICOWAX und LUVOWAX in ihrer konkret eingetragenen Form in Großbuchstaben. Sie stimmen in 5 von sieben Buchstaben überein. Der schriftbildliche Gesamteindruck wird dabei maßgeblich durch den identischen Anfangskonsonanten “L”, den übereinstimmenden und in seiner Umrisscharakteristik markanten Buchstaben “O” sowie den trotz seines beschreibenden Aussagegehalts ebenfalls im Rahmen des Gesamteindrucks beider Markenwörter mit zu berücksichtigenden identischen Endbestandteil “WAX” mit seinem ebenfalls markant hervortretenden Buchstaben “X” bestimmt.Gegenüber diesen Übereinstimmungen fallen die Abweichungen am Ende der ersten Silbe “I/U” und am Anfang der zweiten Silbe “C/V” nicht zuletzt aufgrund der sie jeweils umgebenden und die Umrisscharakteristik maßgeblich mitbestimmenden Buchstaben “L” bzw. “O” nicht sehr auf, selbst wenn man berücksichtigt, dass das Schriftbild sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort.
60
d. Mögen die beiden Markenwörter danach in ihrer Gesamtheit auch nicht hochgradig ähnlich sein, so sind die klanglichen wie schriftbildlichen Gemeinsamkeiten doch zu ausgeprägt, als dass zumindest eine (noch) durchschnittliche Ähnlichkeit der Zeichen in Frage gestellt werden könnte. Insoweit ist auch zu beachten, dass der Verkehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem eher undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. u. a. EuGH GRUR Int 1999, 734 Nr. 26 Lloyd; BGH GRUR 2000, 506 – ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2003, 1047 – Kellogg`s/Kelly`s).
61
5. Ausgehend von einer durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit kann dann aber in der Gesamtabwägung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren angesichts der Identität bzw. erheblichen Ähnlichkeit der Waren sowie der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken nicht verneint werden.
62
D. Für die von der Widersprechenden angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG. Vor allem war nicht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden. Bei der Auslegung der Warenbegriffe “Wachse als Rohmaterial” sowie vor allem der “Wachse für gewerbliche Zwecke” und deren Bedeutung für die Subsumtion geht es um eine rein tatsächliche Frage. Zwar war nach § 15 Abs. 1 MarkenV in der damaligen Fassung vom 30. November 1994 die als Anlage zur Verordnung enthaltene Klasseneinteilung von Waren und Dienstleistungen unmittelbar Bestandteil der MarkenV; dies galt aber nicht für die “Alphabetische Liste”, da § 15 Abs. 2 MarkenV insoweit lediglich bestimmte, dass diese “ergänzend” herangezogen werden “kann”. Die “Alphabetische Liste” war somit nicht verbindlich, weswegen auch die Auslegung der darin aufgeführten Waren und Dienstleistungsbegriffe und deren Bedeutung für die Frage der Subsumtion unter die Begriffe der Klassifikation auf tatrichterlichem Gebiet liegt.
63
E. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Verwandte Themen: , , , , ,

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben