Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Overview” – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  30 W (pat) 521/18

Datum:
30.4.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 024 676.5
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. April 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Merzbach und der Richterin Akintche
Akintche
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2018 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Dienstleistungen
Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Daten in Datenbanken oder Datennetzen und zum Abruf aus dem Internet für die Weiterverarbeitung in Drittsystemen zur prozessgesteuerten Aktualisierung und Ergänzung von zusätzlichen Informationen und/oder Daten; Bereitstellung eines Zugangs zu Portalen oder Informationsdiensten im Internet oder in Datennetzwerken; Übermittlung oder Streaming von Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten über das Internet, Computer-, Telekommunikations- oder andere Datennetzwerke; Vermieten von Zugriffszeit auf Computer- und andere Datennetzwerke, nämlich zur Übertragung und Verwaltung von Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten; elektronische Nachrichtenübermittlung;
Klasse 42: elektronische Datenverarbeitung für Dritte, nämlich prozessgesteuerte Aktualisierung und Verwaltung von verarbeiteten, bereitgestellten und übernommenen Daten aus Drittsystemen oder für Drittsysteme
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
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Overview
3
ist am 28. September 2017 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 09: Computersoftware [gespeichert, zum Herunterladen oder online]; Software zur Steuerung und Überwachung der Zusammenarbeit in Teams; Software zur Steuerung und Überwachung von Arbeitsabläufen, nämlich in Redaktionen, redaktionsähnlichen Strukturen, prozessorientierten Organisationen und Unternehmen; Software zur Steuerung und Überwachung aller in einer Produktionsumgebung verbundenen Systeme; Software zur Verwaltung, Bereitstellung, Archivierung, Analyse und zum Austausch von digitalen Informationen und Medien, nämlich Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten über interne und externe Datennetze, das Internet oder andere Kommunikationswege;
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Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Computersoftware in Datennetzen und zum Abruf aus dem Internet; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten in Datenbanken oder Datennetzen und zum Abruf aus dem Internet für die Weiterverarbeitung in Drittsystemen zur prozessgesteuerten Aktualisierung und Ergänzung von zusätzlichen Informationen und/oder Daten; Bereitstellung eines Zugangs zu Portalen oder Informationsdiensten im Internet oder in Datennetzwerken; Übermittlung oder Streaming von Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten über das Internet, Computer-, Telekommunikations- oder andere Datennetzwerke; Vermieten von Zugriffszeit auf Computer- und andere Datennetzwerke, nämlich zur Übertragung und Verwaltung von Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten; Durchführen von Videokonferenzen; elektronische Nachrichtenübermittlung;
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Klasse 42: Entwurf, Entwicklung, Pflege, Wartung und Installation von Computersoftware oder Datenbanken; Dienstleistungen eines Software-Programmierers; EDV-Beratung; elektronische Datenverarbeitung für Dritte, nämlich prozessgesteuerte Aktualisierung und Verwaltung von verarbeiteten, bereitgestellten und übernommenen Daten aus Drittsystemen oder für Drittsysteme; Software-as-a-Service; Betrieb und Implementierung von Software-Programmen oder Datenbanken in Netzwerk-Strukturen.
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Mit Beschluss vom 26. Januar 2018 hat die Markenstelle für Klasse 9 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, weil es der Bezeichnung an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle und der Eintragung zudem ein Freihaltebedürfnis entgegenstehe. Dem angemeldeten Zeichen „Overview“ komme für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ein eng beschreibender Begriffsgehalt zu, der so deutlich und unmissverständlich hervortrete, dass er aus der Sicht der maßgeblichen inländischen Fachkreise und Durchschnittsverbraucher unmittelbar und ohne weiteres analysierendes Nachdenken erkennbar sei. Der englische Begriff „Overview“ assoziiere eine herkunftsneutrale Sachaussage in der synonymen Bedeutung von „Überblick, Übersicht, Auswertung, Aufsicht, Gesamtschau, überblicks- bzw. Übersichtsdarstellung“ und stelle somit nur einen schutzunfähigen Gesamtbegriff dar. Bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde der angesprochene Verkehr dem Zeichen lediglich einen Sachhinweis beimessen. Die Waren der Klasse 9 könnten funktional oder nach ihrer Zweckbestimmung einem überblick, einer Aufsicht, Übersicht, Auswertung, Gesamtschau oder überblicks-/übersichtsdarstellung im Zusammenhang mit der gebotenen Steuerung und Überwachung von Betriebs- und Geschäftsprozessen sowie von unternehmensinternen und externen Systemen dienen. Auch die Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 könnten die Entwicklung entsprechender Software oder die Übermittlung von Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten, die einen überblick, eine Übersicht, eine Aufsicht, Auswertung, Gesamtschau oder überblicks-/übersichtsdarstellung in Verbindung mit der beabsichtigten Steuerung und Überwachung von Betriebs- und Geschäftsprozessen sowie von unternehmensinternen und externen Systemen gewährleisteten, zum Gegenstand haben. Weitere beanspruchte Waren und Dienstleistungen stünden sowohl funktional oder als ergänzende Hilfswaren und -dienste, wie EDV-Beratung oder Vermieten von Zugriffszeit auf Computer- und andere Datennetzwerke, in einem kohärenten Sachbezug hierzu. Die Bezeichnung „Overview“ lasse insoweit keinen Raum für eine vom Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wegführende Interpretation in Richtung nur vager und diffuser Deutungsmöglichkeiten. Ferner bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstelle.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
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Sie ist der Auffassung, das DPMA habe dem Zeichen zu Unrecht die Eintragung versagt. So sei schon nicht festgestellt worden oder ansonsten ersichtlich, dass der Begriff „Overview“ zum englischen Grundwortschatz gehöre und dem überwiegenden Teil des inländischen Verkehrs, insbesondere dem Durchschnittsverbraucher, geläufig sei. Zudem gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verkehrskreise an eine beschreibende oder ausschließlich werbemäßig anpreisende Verwendung des Wortes „Overview“ gewöhnt seien. Der angegriffene DPMA-Beschluss stelle auch zu pauschal auf den Charakter der angemeldeten Waren und Dienstleistungen als funktionale oder ergänzende Hilfswaren und -dienstleistungen ab. Die Beschwerdeführerin verweist ferner auf eine Reihe von Voreintragungen beim DPMA und beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). Es erscheine paradox, dass Bezeichnungen, die jedenfalls nach Auffassung des EUIPO für englische Muttersprachler unterscheidungskräftig seien und keinem Freihaltebedürfnis unterlägen, in Deutschland aufgrund der hier angenommenen Fremdsprachenkenntnisse einem Eintragungshindernis unterliegen sollten.
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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2018 aufzuheben.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
13
Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist in der Sache im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG insoweit nicht bestehen.
14
Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und die weiteren beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen als unmittelbar beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
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1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 362). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 30, 31) – Chiemsee; GRUR 2004, 674 (Nr. 56) – Postkantoor; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 377 m. w. N.). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) – Chiemsee; GRUR 2006, 411 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 392, 393).
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Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl z. B. EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 (Nr. 97) – Postkantoor; GRUR 2004, 680 (Nr. 38) – BIOMILD; MarkenR 2008, 160 (Nr. 35) – HAIRTRANSFER; EuGH GRUR Int. 2010, 503 (Nr. 37) – Patentconsult; GRUR 2010, 534 (Nr. 52) – PRANAHAUS; BGH GRUR 2012, 272 (Nr. 12, 17) – Rheinpark-Center Neuss; GRUR 2012, 276 (Nr. 8) – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; siehe auch Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 377, 379 ff.). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH a. a. O. – DOUBLEMINT).
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2. Die angemeldete Bezeichnung Overview besteht nach diesen Maßstäben in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der im Tenor genannten Dienstleistungen – ausschließlich aus einer Angabe, die deren Merkmale beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.
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a) Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sind der IT-Branche zuzurechnen, wobei der Schwerpunkt vor allem auf der Softwareentwicklung für den Bereich Content Management liegt. Zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören neben dem Fachverkehr weitestgehend unternehmerische Kreise. Nur teilweise werden auch normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla) angesprochen.
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b) Das Anmeldezeichen Overview ist das englische Wort für „Überblick, Übersicht, Gesamtschau, überblicks-/übersichtsdarstellung“; es kann ferner – aber seltener – für „Auswertung, Aufsicht“ stehen (vgl. Online Wörterbücher Englisch-Deutsch: LEO unter dict.leo.org; PONS unter de.pons.com; dict.cc unter www.dict.cc). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, wird der hier angesprochene (Fach)Verkehr aus der IT-Branche keine Schwierigkeiten haben, das englische Wort zu übersetzen; er wird dem Begriff ohne weiteres die Bedeutung „Überblick, Übersicht“ beimessen.
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c) In dieser Bedeutung beschreibt das Anmeldezeichen schlagwortartig die Art bzw. eine wesentliche Teilfunktion der zurückgewiesenen Software sowie Gegenstand und Bestimmung der damit in Verbindung stehenden Dienstleistungen.
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aa) Werden die Waren der Klasse 9 „Software zur Steuerung und Überwachung der Zusammenarbeit in Teams; Software zur Steuerung und Überwachung von Arbeitsabläufen, nämlich in Redaktionen, redaktionsähnlichen Strukturen, prozessorientierten Organisationen und Unternehmen; Software zur Steuerung und Überwachung aller in einer Produktionsumgebung verbundenen Systeme; Software zur Verwaltung, Bereitstellung, Archivierung, Analyse und zum Austausch von digitalen Informationen und Medien, nämlich Nachrichten, Bild-, Audio-, Video- und Text-Daten über interne und externe Datennetze, das Internet oder andere Kommunikationswege“ mit dem Anmeldezeichen gekennzeichnet, wird der Verkehr in der Bezeichnung unmittelbar einen Sachhinweis auf eine wesentliche Funktion der Software erkennen, nämlich, dass diese eine Übersicht beispielsweise über Teilnehmer, Zuteilung von Aufgaben, Projektstatus oder von verwalteten Daten und Content etc. ermöglicht. Derartige Übersichtsfunktionen fördern eine effiziente Teamarbeit und sind wichtige und wesentliche Bestandteile von Datenmanagement-Software sowie Steuerungs- und Überwachungssoftware (wie Team Management Software, Monitoring-Software, Content-Management-Software etc.).
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Da somit die Voraussetzungen des Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die hier jeweils aufgeführte spezielle Software gegeben sind, ist auch ein Freihaltebedürfnis an dem Zeichen Overview für die oberbegriffliche Angabe „Computersoftware [gespeichert, zum Herunterladen oder online]“, die die genannte Spezialsoftware umfasst, zu bejahen (vgl. BGH GRUR 2002, 261 – AC). Zudem kommt insoweit das Anmeldezeichen als schlagwortartiger Hinweis auf die Art und Funktion der Software in Betracht, nämlich dahingehend, dass diese einer Übersichtsdarstellung dient.
Im vorgenannten Umfang ist das Wort Overview somit ohne weiteres geeignet, konkrete Merkmale, nämlich eine wesentliche (Teil)Funktion oder die Bestimmung der Software unmittelbar zu bezeichnen und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen problemlos in diesem beschreibenden Sinngehalt verstanden werden.
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bb) Die komplementären Dienstleistungen der Klasse 38, nämlich „Bereitstellung des Zugriffs auf Computersoftware in Datennetzen und zum Abruf aus dem Internet“ können sich auf Software der oben dargestellten Art und mit entsprechenden Funktionen beziehen, so dass sich das Anmeldezeichen insoweit in einer Bestimmungsangabe erschöpft. In Bezug auf die IT-Dienstleistungen „Durchführen von Videokonferenzen“ stellt eine Übersichtsdarstellung bzw. ein guter Teilnehmerüberblick wesentliches Qualitätsmerkmal der Dienstleistung dar, mithin ist das Anmeldezeichen hierfür ebenfalls beschreibend.cc) Auch die in Klasse 42 beanspruchten IT-Dienstleistungen „Entwurf, Entwicklung, Pflege, Wartung und Installation von Computersoftware oder Datenbanken; Dienstleistungen eines Software-Programmierers; Software-as-a-Service; Betrieb und Implementierung von Software-Programmen oder Datenbanken in Netzwerk-Strukturen“ können, wie auch die „EDV-Beratung“ unmittelbar auf Software der oben dargestellten Art und Bestimmung bezogen sein, so dass sie beschreibend von dem Anmeldezeichen umfasst sind.
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d) Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des Schutzhindernisses auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 (Nr. 18) – Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2012, 276, Nr. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; BGH GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche).
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Der Einwand der Beschwerdeführerin, es sei paradox, dass englische Angaben vom EUIPO für eintragungsfähig erachtet, vom deutschen Amt hingegen aufgrund der vermeintlich hier vorhandenen Sprachenkenntnisse als Sachangaben zurückgewiesen werden, verfängt nicht. Denn das EUIPO hat die Parallelanmeldung „Overview“ der Beschwerdeführerin bereits bestandskräftig – zudem vollständig – zurückgewiesen (UM-Anmeldung 17793563).
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e) Die Bezeichnung kann damit hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Ihr steht insoweit ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
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Demnach ist die Beschwerde im genannten Umfang zurückzuweisen.
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3. Im Hinblick auf die im Tenor aufgeführten Dienstleistungen aus den Klassen 38 und 42 lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Anmeldezeichen Overview deren Merkmale beschreibt oder zumindest einen engen beschreibenden Bezug hierzu aufweist.
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Zwar gehört zu den Dienstleistungen in Klasse 38 neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen. Zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung besteht nämlich ein so enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt (vgl. BGH GRUR 2014, 1204 (Nr. 22) – TOOOR!; BPatG, Beschluss vom 11.05.2015, 26 W (pat) 72/14 – Shopping Compass; Beschluss vom 22.01.2015, 29 W (pat) 525/13 – The European). Die Angabe Overview erscheint allerdings in Alleinstellung in ihrer Bedeutung „Überblick, Übersicht“ insoweit als Inhalts- und Themenhinweis – z. B. als Hinweis auf eine Nachrichtenübersicht – zu vage; die Recherche hat jedenfalls nicht ergeben, dass mit der Angabe in Alleinstellung ein Sachhinweis gegeben wird, sondern nur mit weiteren Angaben wie beispielsweise „news overview“. Das Zeichen mag einen deutlich beschreibenden Anklang haben, insofern handelt es sich aber um ein sprechendes, mithin schutzfähiges Zeichen. Auch in Bezug zu der prozessgesteuerten Datenverwaltung aus Klasse 42 und den übrigen Bereitstellungsdienstleistungen des Zugriffs/Zugangs zu Datenbanken und zum Internet aus Klasse 38 kann sich allenfalls über gedankliche Zwischenschritte, nämlich durch Ergänzung erläuternder Angaben zu dem Anmeldezeichen, ein beschreibender Aussagegehalt ergeben.
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Die Bezeichnung unterliegt insoweit keinem Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diesbezüglich gibt es keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass dem Anmeldezeichen die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehlt.
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Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.


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