Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “TRUST US – Bayreuth” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  27 W (pat) 516/12

Datum:
19.6.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 039 808.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Juni 2012 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Der Anmelder hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke
2
TRUST US – Bayreuth
3
für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:
4
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Veranstaltung von Reisen; Ausbildung, sportliche und kulturelle Aktivitäten.
5
Die Markenstelle hat diese Anmeldung mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die Aufforderung “Vertrauen Sie uns” sei auch in englischer Sprache dazu geeignet, das Vertrauen des Kunden zu gewinnen und demnach die Kaufentscheidung positiv zu beeinflussen.
6
In Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen weise “trust us” lediglich darauf hin, dass der Anbieter der Produkte “vertrauenswürdig” sei und die Produkte in Bayreuth angeboten würden.
7
Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne ungewöhnliche Änderung in syntaktischer oder semantischer Hinsicht führe nicht zu einer schutzfähigen Bezeichnung. Der zur leichteren Erfassbarkeit eingefügte Bindestrich sei üblich (vgl. BPatG, 29 W (pat) 112/99 – bio-energetische Zellstrom-Creme; BPatG, 28 W (pat) 87/05 – billiger-ist-nicht; HABM, R1216/07-4 – auto-auto; BPatG, 26 W (pat) 8/07 – Comfort-Panel).
8
“TRUST US – Bayreuth” erschöpfe sich somit in einer Inhalts-, Qualitäts- und Herkunftsangabe, so dass der Gedanke, einen ganz bestimmten Geschäftsbetrieb vor sich zu haben, zurücktrete.
9
Den Eintragungen von sieben angeblich vergleichbaren Kennzeichnungen lägen ausnahmslos Markengestaltungen zugrunde, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar seien, da sie auch schutzfähige Bestandteile enthielten, für nicht vergleichbare Waren/Dienstleistungen eingetragen seien bzw. gelöscht worden seien. “Walk in Balance” (304 10 411) enthalte eine auffällige, schutzfähige Graphik. “Get together” für “Möbel, Tische…” und “Vertrau dem Leben” für Dienstleistungen der Klasse 36 ergäben keinen konkreten Bezug zu den Produkten. “Follow me” (2913931) für Waren der Klasse 12, “Alt Nürnberg” (958707) für “Weinbrand”, “Die Meistersinger von Nürnberg” (1002608) für “Lebkuchen” und “To be” (30085039) seien wieder aus dem Register gelöscht worden.
10
Der Anmelder hat dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, es erscheine ihm fragwürdig, wieso aus eingetragenen vergleichbaren Marken kein Anspruch abgeleitet werden könne. Zumindest würde ihn interessieren, warum die anderen Marken eingetragen worden seien.
11
Er beantragt sinngemäß,
12
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II.
13
Die zulässige Beschwerde, über die, nachdem der Anmelder keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet, ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg.
14
Einer Registrierung als Marke steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
15
Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer.
16
Handelt es sich bei einem Zeichen um eine Bezeichnung, die von den angesprochenen Kreisen – etwa wegen einer entsprechenden allgemeinen Verwendung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 – marktfrisch).
17
Dies ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist.
18
Die Markenstelle hat belegt, dass “trust us” ein verständlicher Begriff im Sinne von “vertraue uns” ist, der keinen bestimmten Anbieter ausweist. Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.
19
Die dieser Aufforderung folgende geographische Angabe “Bayreuth” führt nicht zur Unterscheidungskraft. Dies gilt sowohl, wenn sie in dem Sinn zu verstehen ist, dass die Einwohner Bayreuths dem Markeninhaber vertrauen sollten, als auch wenn es als nachgestellter und durch den Bindestrich abgesetzter geografischer Herkunftshinweis wirkt.
20
Die Markenstelle hat die vom Anmelder in Bezug genommenen Anmeldungen, die aus der Sicht des Senats bis auf die Aufforderungen “Get together”, “Vertrau dem Leben” und “Follow me” nicht einmal vergleichbar sind, in überzeugender Weise abgegrenzt. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung ergibt sich daraus für den Anmelder keinesfalls. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann. Zudem verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise, da jeder Fall gesondert unter Einbeziehung seiner Besonderheiten, insbesondere der Marke selbst, der Waren und Dienstleistungen für die sie eingetragen werden soll und des beteiligten Publikums zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage und selbst Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken führen nach ständiger Rechtsprechung somit nicht zu einem Anspruch auf Eintragung.
21
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO) liegen nicht vor, weil keine ungeklärten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen und der Senat mit dieser Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Senate oder Gerichte abweicht.


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