Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – “Trägerelement” – zur Auferlegung der außergerichtlichen Kosten für eine zweite mündliche Verhandlung

Aktenzeichen  10 W (pat) 116/14

Datum:
23.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 80 Abs 1 PatG
Spruchkörper:
10. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2004 051 942
hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing. Großmann
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 56 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. März 2010 aufgehoben und das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
– Patentanspruch gemäß Hilfsantrag IV vom 13. Oktober 2015,
– übrige Unterlagen wie erteilt.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin hat die der Einsprechenden durch die weitere mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2016 entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils ihre Kosten selbst.

Gründe

I.
1
Gegen das am 25. Juni 2004 angemeldete Patent 10 2004 051 942, dessen Erteilung am 4. September 2008 veröffentlicht worden ist, ist Einspruch erhoben worden. Die Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat auf Grund der Anhörung vom 18. März 2010 das Patent in vollem Umfang widerrufen.
2
In dem Beschluss der Patentabteilung sind dabei folgende Druckschriften herangezogen worden:
3
D1: DE 10 2004 016 610 B3 (ältere Anmeldung, nachveröffentlicht),
4
D2: DE 10 2004 038 023 A1 (ältere Anmeldung, nachveröffentlicht),
5
D3: WO 00/15470 A1,
6
D4: EP 1 350 690 A2.
7
Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin am 20. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (Anspruchsfassung des Hauptantrags wurde nicht gesondert eingereicht, der Patentanspruch 1 liegt aber gegliedert in der Beschwerdebegründung vor und stimmt merkmalsmäßig mit der erteilten Fassung überein) nicht nur gegenüber der D1, D2, D3 und D4 neu, sondern auch erfinderisch sei, weil auch eine Kombination der technischen Lehren von D3 und D4 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag führe.
8
In einer am 13. Oktober 2015 durchgeführten, früheren mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin ihren Haupt- und Hilfsantrag I aus ihrer Beschwerdebegründung vom 26. Juni 2015 gestellt. Ferner hat sie in dieser mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 3 gemäß einem neuen Hilfsantrag II sowie einen Patentanspruch gemäß einem neuen Hilfsantrag III überreicht. Zu dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Patentanspruch 4 des früheren Hilfsantrags II hat sie in der früheren mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015 erklärt, dass sie diesen als Hilfsantrag IV weiterverfolge. Da die Einsprechende offensichtlich nicht in der Lage war, sich aus dem Stand sachlich zu den neuen Anträgen der Patentinhaberin zu äußern, hat der erkennende Senat die mündliche Verhandlung geschlossen und einen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung für angezeigt erachtet.
9
Im Termin vom 23. Juni 2016, in dem die mündliche Verhandlung fortgesetzt wurde, hat die Einsprechende beantragt,
10
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen sowie der Patentinhaberin die durch die weitere mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2016 der Einsprechenden entstandenen Kosten aufzuerlegen.
11
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin, die zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2016 nicht mehr erschienen ist, beantragt nach wie vor (sinngemäß),
12
den Beschluss der Patentabteilung 56 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. März 2010 aufzuheben und das Patent im Umfang ihres Haupt- oder ihres Hilfsantrags I aus der Beschwerdebegründung vom 26. Juni 2015, im Umfang der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015 überreichten, neuen Patentansprüche 1 bis 3 gemäß einem neuen Hilfsantrag II bzw. im Umfang eines dort überreichten neuen Patentanspruchs 1 gemäß einem neuen Hilfsantrag III und höchsthilfsweise im Umfang des Patentanspruchs 4 (Hilfsantrag IV) aus dem früheren Hilfsantrags II aus der Beschwerdebegründung aufrechtzuerhalten bzw. beschränkt aufrechtzuerhalten.
13
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
14
„Trägerelement (51″, 5″‘) zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls (95″‘) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator (97″‘) des ersten Airbagmoduls,
15
mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51″‘) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselements (71″‘)
16
oder zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads (93″) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul,
17
mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51″) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselementes, wobei das Trägerelement (51″, 51″‘) einen Kunststoff umfasst und an das Trägerelement (51″, 51″‘) zum einen zumindest ein Zusatzelement,
18
ausgewählt aus einem Dichtungsrand (57), einem Versteifungselement, einem ersten Befestigungselement (53″), einem Abstandselement (55″), einem Positionierelement (109″‘) und/oder einem Kraftableitelement angeformt ist, und zusätzlich zum anderen mittels Umspritzung das Kopplungselement (71″‘), zumindest ein Anschlagelement (103″‘) und/oder zumindest ein Dichtungselement (105″‘), jeweils umfassend zumindest ein elastisches Material, angeformt ist bzw. sind.“
19
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I lautet:
20
„Trägerelement (51″, 51″‘) zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls (95″) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator (97″‘) des ersten Airbagmoduls, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51″‘) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselements (71″‘) oder zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads (93″) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51″) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselementes, wobei das Trägerelement (51″, 51″‘) einen Kunststoff umfasst und an das Trägerelement (51″, 51″‘) zum einen zumindest ein Zusatzelement, ausgewählt aus einem Dichtungsrand (57), einem Versteifungselement, einem ersten Befestigungselement (53″), einem Abstandselement (55″), einem Positionierelement (109″‘) und/oder einem Kraftableitelement angeformt ist, und zusätzlich zum anderen mittels Umspritzung das Kopplungselement (71″‘), zumindest ein Anschlagelement (103″‘) und/oder zumindest ein Dichtungselement (105″‘), jeweils umfassend zumindest ein elastisches Material, ohne Vulkanisation oder Klebung angeformt ist bzw. sind.“
21
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II lautet:
22
„Trägerelement (51) zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls (95) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator (97) des ersten Airbagmoduls, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselements (71) oder zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads (93) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselementes, wobei das Trägerelement (51) einen Kunststoff umfasst und an das Trägerelement (51) zum einen umlaufender
zumindest ein Zusatzelement, ausgewählt aus einem Dichtungsrand (57) zur Abdichtung eines Airbagraums bei einer Zündung des Gasgenerators des Airbagmoduls , einem Versteifungselement, einem ersten Befestigungselement (53), einem Abstandselement (55), einem Positionierelement und/oder einem Kraftableitelement angeformt ist, und zusätzlich zum anderen mittels Umspritzung das Kopplungselement (71), zumindest ein Anschlagelement (103) und/oder zumindest ein Dichtungselement (59), jeweils umfassend zumindest ein elastisches Material, ohne Anvulkanisation oder Anklebung angeformt ist bzw. sind,
23
wobei in dem Bereich
zumindest
ein
des
mittels Umspritzung angeformten Kopplungselementes (71)
Anschlagelementes und/oder Dichtungselementes
zumindest
eine Öffnung
ein Durchbruch (75, 77, 79) in dem Trägerelement (51) bereitgestellt ist, wobei
die Öffnung
der Durchbruch (75, 77, 79) bei der Umspritzung
zumindest bereichsweise
mit dem elastischen Material ausgefüllt ist, um das Kopplungselement (71) an dem Trägerelement (51) zu verankern.“
24
Der geltende Patentanspruch nach Hilfsantrag III lautet:
25
„Trägerelement (51) zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls (95) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator (97) des ersten Airbagmoduls, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselements (71) oder zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads (93) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselementes, wobei das Trägerelement (51) einen Kunststoff umfasst und an das Trägerelement (51) zum einen umlaufender
zumindest ein Zusatzelement, ausgewählt aus einem Dichtungsrand (57) zur Abdichtung eines Airbagraums bei einer Zündung des Gasgenerators eines Airbagmoduls , einem Versteifungselement, einem ersten Befestigungselement (53), einem Abstandselement (55), einem Positionierelement und/oder einem Kratableitelement angeformt ist, und zusätzlich zum anderen mittels Umspritzung das Kopplungselement (71), zumindest ein Anschlagelement (103) und/oder zumindest ein Dichtungselement (59), jeweils umfassend zumindest ein elastisches Material, ohne Anvulkanisation oder Anklebung angeformt ist bzw. sind,
26
wobei in dem Bereich
zumindest
ein
des
mittels Umspritzung angeformten Kopplungselementes (71)
Anschlagelementes und/oder Dichtungselementes
zumindest ein
e Öffnung
Durchbruch (75, 77, 79) in dem Trägerelement (51) bereitgestellt ist, wobei
die Öffnung
der Durchbruch (75, 77, 79) bei der Umspritzung
zumindest bereichsweise
mit dem elastischen Material ausgefüllt ist, um das Kopplungselement (71) an dem Trägerelement zu verankern, und
27
wobei in dem Dichtungsrand (57)- Bereich des mittels Umspritzung angeformten Dichtungselementes (59) zumindest bereichsweise eine Oberflächenstruktur umfassend zumindest eine Nut und/oder zumindest eine Erhebung auf dem Dichtungsrand (59) aufgebracht ist, wobei die Oberflächenstruktur zumindest bereichsweise von dem elastischen Material des Dichtungselementes (59) bedeckt ist.“
28
Der geltende Patentanspruch nach Hilfsantrag IV lautet:
29
„Trägerelement (51″‘) zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls (95″‘) eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator (97″‘) des ersten Airbagmoduls, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement (51″‘) in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselements (71″‘)
30
oder
31
zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul, mittels zumindest eines mit dem Trägerelement in Wirkverbindung stehenden elastischen Kopplungselementes,
32
wobei das Trägerelement (51″‘) einen Kunststoff umfasst und an das Trägerelement (51″‘) zum einen zumindest ein Zusatzelement, ausgewählt aus einem Dichtungsrand, einem Versteifungselement, einem ersten Befestigungselement, einem Abstandselement, einem Positionierelement (109″‘) und/oder einem Kraftableitelement angeformt ist, und zusätzlich zum anderen mittels Umspritzung das Kopplungselement (71″‘), zumindest ein Anschlagelement (103″‘) und/oder zumindest ein Dichtungselement (105″‘), jeweils umfassend zumindest ein elastisches Material, angeformt ist bzw. sind,
33
wobei der Teil des ersten Airbagmoduls oder das Lenkrad reibschlüssig über eine Presspassung mit dem Kopplungselement verbunden ist,
34
wobei das Kopplungselement vorzugsweise zumindest ein Presselement zur Erzeugung einer Pressspannung zwischen dem Teil des ersten Airbagmoduls bzw. dem Lenkrad und dem Kopplungselement umfasst oder der Gasgenerator (97″‘) des ersten Airbagmoduls oder das zweite Airbagmodul reibschlüssig über eine Presspassung mit dem Kopplungselement (71″‘) verbunden ist,
35
wobei das Kopplungselement (71″‘) vorzugsweise zumindest ein Presselement (99″‘) zur Erzeugung einer Pressspannung zwischen dem Gasgenerator (97″‘) des ersten Airbagmoduls bzw. dem zweiten Airbagmodul und dem Kopplungselement (71″‘) umfasst.“
36
Änderungen in den Hilfsanträgen im Vergleich zum Hauptantrag sind durch Streichung bzw. Unterstreichung für neu hinzugenommene Merkmale kenntlich gemacht.
37
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
38
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig.
39
2. In der Sache hat die Beschwerde der Patentinhaberin jedoch nur im Umfang des Hilfsantrags IV Erfolg.
40
Der Gegenstand des Streitpatents ist in der Fassung des Hilfsantrags IV patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG), weshalb der angegriffene Beschluss insoweit aufzuheben und das Streitpatent auf die Beschwerde entsprechend beschränkt aufrechtzuerhalten ist (§ 61 Abs. 1 PatG).
41
3. Der Einspruch ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG form- und fristgerecht erhoben, er ist auch ausreichend substantiiert und somit zulässig.
42
4. Der Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents ankommt, ist hier ein Maschinenbauingenieur mit Fach- oder Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Fertigung auf dem Gebiet der Kfz-Sicherheitstechnik.
43
5. Die Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen I, II, III und IV sind zulässig, da sie sich unmittelbar aus der Patentschrift ergeben. Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags II sind Merkmale aus dem erteilten Anspruch 16 aufgenommen und Angaben aus den Absätzen [0028], [0011] und [0030] der Patentschrift ergänzt worden. Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags III sind Merkmale aus dem erteilten Patentanspruch 17 hinzugekommen. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags IV ist eine Zusammenfassung der Patentansprüche 1 und 24 der erteilten Fassung.
44
Sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge vermittelt dem Fachmann eine klare Lehre zum technischen Handeln.
45
6. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt sowohl im Umfang des Hauptantrages als auch im Umfang eines der Hilfsanträge I, II oder III keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.
46
Der Gegenstand des Patentanspruchs nach Hilfsantrag IV ist patentfähig.
47
Das Patent bezieht sich auf ein Trägerelement zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Teils eines ersten Airbagmoduls eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator des ersten Airbagmoduls oder zur elastischen Verbindung zumindest eines Schwingungen und/oder Vibrationen ausgesetzten Lenkrads eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul gemäß den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1.
48
Ausgehend vom in der Patentschrift zitierten Stand der Technik ist die in Abs. [0017] angegebene Aufgabe, ein Trägerelement zur elastischen Verbindung zweier Bauteile bereitzustellen, welches die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile überwindet, insbesondere einfach herstellbar sowie montierbar ist.
49
Die Lösung dieser Aufgabe ist ein Trägerelement mit den eingangs angeführten Merkmalen nach Patentanspruch 1.
50
a) Hauptantrag
51
Der unstreitig gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu, er beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
52
Die D1 zeigt ein Airbagmodul mit einem Kunststoff überspritzten elastomeren Schwingungsdämpfer. Ein Trägerelement mit Zusatzelement bestehend u. a. aus einem Dichtungsrand ist beim Airbagmodul in der D1 nicht verwirklicht.
53
Die D2 zeigt einen Schwingungstilger für ein schwingendes Maschinenelement. Ein Trägerelement mit Zusatzelement bestehend u. a. aus einem Dichtungsrand und einem Versteifungselement hat dieser Schwingungstilger nicht.
54
Die D3 offenbart ein Lenkrad mit einem Airbagmodul. Explizit ist der D3 nicht zu entnehmen, dass das dort als elastisch verformbares Element 19 bezeichnete Kopplungselement mittels Umspritzung an das dort als ringförmiges Bauteil 21 bezeichnete Trägerelement 21 angeformt ist (vgl. Fig. 3, Beschreibung S. 7, 2. Abs.).
55
Die D4 zeigt kein Bauteil, das mit dem Trägerelement vergleichbar wäre und an das ein Zusatzelement angeformt ist.
56
Das Trägerelement nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist damit sowohl gegenüber dem Stand der Technik nach der D1 bzw. D2, der gem. § 3, Abs. 2 PatG bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen ist, als auch gegenüber dem vorveröffentlichten Stand der Technik nach der D3 und der D4 neu.
57
Die Neuheit des Trägerelements nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist gegenüber dem weiteren Stand der Technik nicht in Frage gestellt worden. Demgegenüber ist dieses Trägerelement neu, wie eine Überprüfung durch den Senat ergeben hat.
58
Die D3 zeigt in Fig. 3 und 4 ein dort als ringförmiges Bauteil 21 bezeichnetes Trägerelement zur elastischen Verbindung eines Schwingungen und Vibrationen ausgesetzten Bauteils eines Airbagmoduls eines Kraftfahrzeuges mit einem als Tilgermasse wirkenden Gasgenerator 6 des Airbagmoduls, das über ein elastisches Kopplungselement 19 mit dem Trägerelement 21 in Wirkverbindung steht (vgl. u. a. S. 6, 2. Abs., S. 7, 2. Abs., Fig. 3 und 4).
59
Dieses in der D3 als ringförmiges Bauteil 21 bezeichnete Trägerelement dient dort auch zur elastischen Verbindung eines Schwingungen und Vibrationen ausgesetzten Lenkrads eines Kraftfahrzeugs mit einem als Tilgermasse wirkenden zweiten Airbagmodul 6, das über ein elastisches Kopplungselement 19 mit dem Trägerelement 21 in Wirkverbindung steht (vgl. u. a. S. 7, 2. Abs. und Fig. 4).
60
Das Trägerelement 21 ist in Abs. 2, S. 7, als z. B. aus Blech bestehend beschrieben, kann aber, weil nur beispielsweise Blech angegeben ist, für den Fachmann durchaus auch aus Kunststoff bestehen (vgl. S. 3, 4. Abs.).
61
An das Trägerelement 21 ist zumindest ein Zusatzelement, z. B. ein Dichtungsrand 26, angeformt, (vgl. S. 7, 2. Abs. bis S. 8, 2. Abs. und Fig. 3, 4).
62
Zusätzlich sind an dem Trägerelement 21 ein in der D3 als Zapfen 20 bezeichnetes Kopplungselement, zumindest ein Anschlagelement 26 und ein Dichtungselement 26, jeweils aus einem elastischen Material, angeformt.
63
Wie das als ringförmiges Bauteil 21 bezeichnete Trägerelement mit dem Kopplungselement 19 verbunden ist, ist in der D3 nicht ausdrücklich angegeben. Aus Fig. 3 ist jedoch ersichtlich, dass die Verbindung von Trägerelement 21 und Kopplungselement 19 und auch Dichtungselement 26 ohne erkennbare Verbindungsmittel erfolgt.
64
Gängiges Verbinden für derartige Bauteile ist das direkte Anspritzen bzw. Umspritzen, wie es der Fachmann naheliegend auch für das Kopplungselement 19 an das Trägerelement 21 in Betracht ziehen würde. Das Dichtungselement 26 ist offensichtlich aus dem gleichen Material wie das Kopplungselement 19, wobei auch hier ein Anspritzen bzw. Umspritzen des Dichtungselements 26 an dem Kopplungselement naheliegend ist.
65
Denn der Fachmann kennt das Verbinden durch Anspritzen bzw. Umspritzen sowie die Materialwahl wie z. B. Kautschuk oder Silikon aus der D4, die sich ebenfalls auf ein Airbagmodul mit elastisch gelagertem Gasgenerator bezieht und das Verbinden durch Anspritzen bzw. Umspritzen im Absatz [0018] in Verbindung mit Absatz [0023] sowie in den Fig. 1 und 2 offenbart.
66
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
67
Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
68
b) Hilfsantrag I
69
Für den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I gilt ebenfalls das, was zum Hauptantrag ausgeführt worden ist.
70
Mit der im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I angefügten Ergänzung, dass das elastische Material ohne Vulkanisation oder Klebung angeformt ist, ist gegenüber dem Hauptantrag keine auf erfinderische Tätigkeit beruhende Maßnahme hinzugekommen, weil der Fachmann das Anformen durch Anspritzen, also ohne Vulkanisation oder Klebung, aus der D4, Abs. [0018], als gängige Methode kennt, um elastische Baugruppen aus Kautschuk und Silikon am Gasgenerator oder einem damit verbundenen Flansch zu verbinden.
71
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag I beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
72
Der Hilfsantrag I ist daher nicht gewährbar.
73
c) Hilfsantrag II
74
Im Hilfsantrag II sind neben zwei Wirkungsangaben – zur Abdichtung eines Airbags bei einer Zündung des Gasgenerators des Airbag und um das Kopplungselement (71) an dem Tragelement (51) zu verankern – im Vergleich zum Patentanspruch 1 des Hilfsantrags I zusätzlich vorgesehen, dass der Dichtungsrand 57 umlaufend ist und dass im Bereich zumindest eines mittels Umspritzung angeformten Kopplungselementes 71, Anschlagelementes und/oder Dichtungselementes zumindest ein Durchbruch 75, 77, 79 in dem Trägerelement 51 bereitgestellt ist, wobei der Durchbruch 75, 77, 79 bei der Umspritzung zumindest bereichsweise mit dem elastischen Material ausgefüllt ist.
75
Das in der D3 in Fig. 3, 4 gezeigte, dort als ringförmiges Bauteil 21 bezeichnete Trägerelement hat im Bereich zumindest eines angeformten Kopplungselementes, Anschlagelementes und/oder Dichtungselementes zumindest eine Öffnung/ Durchbruch, die bzw. der zumindest bereichsweise mit elastischem Material ausgefüllt ist, wie in Fig. 3 ersichtlich.
76
Auch hier bietet sich naheliegend die Herstellung des Verbindens mittels Umspritzung an, weil der Fachmann das Verbinden, wie unter a) im Einzelnen erläutert, mittels Anspritzen bzw. Umspritzen mit Kautschuk oder Silikon aus der D4 kennt.
77
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag II beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
78
Der Hilfsantrag II ist daher nicht gewährbar.
79
d) Hilfsantrag III
80
Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags III ist im Vergleich zum Patentanspruch 1 des Hilfsantrags II noch vorgesehen, dass in den Dichtungsrand 57 im Bereich des mittels Umspritzung angeformten Dichtungselementes 59 zumindest bereichsweise eine Oberflächenstruktur umfassend zumindest eine Nut und/oder eine Erhebung auf dem Dichtungsrand 59 aufgebracht ist, wobei die Oberflächenstruktur zumindest bereichsweise von dem elastischen Material des Dichtungselementes 59 bedeckt ist.
81
Auch diese Maßnahme kann die erfinderische Tätigkeit und damit die Patentfähigkeit nicht begründen, weil dem Fachmann hinreichend bekannt ist, dass eine Verankerung von elastischem Material mit z. B. einem Dichtungsrand wesentlich verbessert wird, wenn der Dichtungsrand eine Oberflächenstruktur hat, die in naheliegender Weise nutförmig sein, aber auch aus Erhebungen bestehen kann.
82
Der Gegenstand des Patentanspruchs nach Hilfsantrag III beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
83
Der Hilfsantrag III ist daher nicht gewährbar.
84
e) Hilfsantrag IV
85
Im Patentanspruch des Hilfsantrag IV ist im Vergleich zum Patentanspruch 1 des Hauptantrages im Weiteren vorgesehen, dass der Teil des ersten Airbagmoduls oder das Lenkrad reibschlüssig über eine Presspassung mit dem Kopplungselement verbunden ist, wobei das Kopplungselement vorzugsweise zumindest ein Presselement zur Erzeugung einer Pressspannung zwischen dem Teil des ersten Airbagmoduls bzw. dem Lenkrad und dem Kopplungselement umfasst oder der Gasgenerator 97″‘ des ersten Airbagmoduls oder das zweite Airbagmodul reibschlüssig über eine Presspassung mit dem Kopplungselement 71″‘ verbunden ist, wobei das Kopplungselement 71″‘ vorzugsweise zumindest ein Presselement 99″‘ zur Erzeugung einer Pressspannung zwischen dem Gasgenerator 97″‘ des ersten Airbagmoduls bzw. dem zweiten Airbagmodul und dem Kopplungselement 71″‘ umfasst.
86
Eine Verbindung über eine Presspassung mit einem Kopplungselement zu verwirklichen, ist aus der D3 weder bekannt noch sind dort Hinweise, die den Fachmann veranlassen könnten, eine derartige Festlegung von z. B. Airbagteilen vorzusehen.
87
Die D4 zeigt in Figur 5 zwar eine elastische Baugruppe 18, die die Form einer Haube hat, aber auch dort ist keine Offenbarung entnehmbar, die in Richtung des Festlegens von z. B. Airbagteilen über Presspassungen weist.
88
Damit vermag der aufgezeigte Stand der Technik, insbesondere die D3 und D4, weder für sich allein betrachtet, noch in einer Zusammenschau eine Anregung zur erfindungsgemäßen Lehre gemäß dem Patentanspruch des Hilfsantrags IV zu geben.
89
Der Patentanspruch des Hilfsantrages IV ist damit gewährbar.
III.
90
Die Auferlegung der Kosten für die Durchführung der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2016 zu Lasten der Patentinhaberin folgt aus § 80 Abs. 1 PatG. Grundsätzlich trägt im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht jeder Beteiligter seine Kosten selbst. Von diesem Grundsatz ist dann abzuweichen, wenn Billigkeitsgründe dies erfordern. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Patentinhaberin hat in der ersten mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015, ohne dass dies durch den Vortrag der Einsprechenden oder einen konkreten Hinweis des erkennenden Senats veranlasst war, neue Patentansprüche gemäß einem neuen Hilfsantrag II und einem neuen Hilfsantrag III vorgelegt. Mit Rücksicht auf die dort vorgenommenen, zahlreichen Änderungen war es der Einsprechenden weder zuzumuten noch möglich, sich zu diesen aus dem Stand fundiert und sachgerecht zu äußern, was die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2016 notwendig gemacht hat (vgl. BGH GRUR 2004, 354, 355 – „Vertagung“). Es oblag der Patentinhaberin, frühzeitig prozessfördernd weitere aus ihrer Sicht brauchbare Hilfsanträge in das Verfahren einzubringen. Dies geschah offensichtlich nicht. Daher ist es billig, der Patentinhaberin insoweit die außergerichtlichen Kosten der Einsprechenden aufzuerlegen, als diese die Durchführung der zweiten mündlichen Verhandlung verursacht hat. Im Zivilprozessrecht ist diese Billigkeitserwägung ausdrücklich in § 95 ZPO festgeschrieben, auf die über § 99 Abs. 1 PatG auch hier zurückgegriffen werden kann.


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