Patent- und Markenrecht

Patentnichtigkeitsklageverfahren – “Entnehmbarer Datenspeicher” – zum Vorliegen einer unzulässigen Erweiterung in der Beschreibung eines Patents

Aktenzeichen  6 Ni 15/17 (EP)

Datum:
13.2.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:130219U6Ni15.17.0
Normen:
Art 138 Abs 1 Buchst b EuPatÜbk
Art II § 6 Abs 1 Nr 3 IntPatÜbkG
Spruchkörper:
6. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 960 542
(DE 698 32 591)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Friehe und der Richter Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck, Jacobi, der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber sowie des Richters Dipl.-Ing. Altvater
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent 0 960 542 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 10, 11, 15, 16, 27, 28, 31 und 32 für nichtig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
I.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 960 542 (Streitpatent), das auf die internationale Anmeldung PCT/GB1998/000153 vom 19. Januar 1998 zurückgeht und die Priorität aus der britischen Anmeldung GB 9702789 vom 11. Februar 1997 in Anspruch nimmt.
2
Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 698 32 591 geführte Streitpatent trägt die Bezeichnung
3
„REMOVABLE DATA STORE“
4
(auf Deutsch laut Streitpatentschrift: „ENTNEHMBARER DATENSPEICHER“)
5
und umfasst in der erteilten Fassung 33 Patentansprüche, die mit der am 3. März 2017 eingereichten Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen werden. Das Streitpatent war bei Erhebung der Nichtigkeitsklage noch in Kraft. Es ist mit Ablauf des 19. Januar 2018 durch Zeitablauf erloschen.
6
Die angegriffenen einander nebengeordneten erteilten Patentansprüche 1 und 18 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:
7
1. A removable data store (34) comprising a processor (36) for performing operations and memory means (38) having data records (A1-AN, B1-BN) for storing data,
8
said data store being responsive to a first memory access message specifying a data record (N), and
9
said memory means holding a plurality of data records (AN, BN) corresponding to said specified data record (N) and said processor being arranged to select one data record from said plurality of data records (AN, BN), to access in response to said first memory access message,
10
characterised in that said data store is connectable to a mobile station (8) used in a mobile communications system, said mobile station complying with a standard and being adapted, in accordance with said standard, to transmit a first memory access message, specifying a data record (N), in order to access said memory means, and
11
said selection from said the plurality of data records (AN, BN) being performed independently of the content of said first memory access message and on the basis of data indicating a current operational condition of said mobile station, said indicating data being held in a further data record in said memory means.
12
18. A mobile station (8) for use in a mobile communications system, said mobile station comprising a removable data store (34) which includes a processor (36) for performing operations and memory means having data records (A1-AN, B1-BN) for storing data,
13
said mobile station complying with a standard and being adapted, in accordance with said standard, to transmit a first memory access message, specifying a data record (N), in order to access said memory means,
14
said data store being responsive to said first memory access message,
15
wherein said memory means holds a plurality data records (AN, BN) corresponding to said specified data record (N) and said processor is arranged to select one data record, from said plurality of data records (AN, BN), to access in response to said first memory access message, said selection being performed independently of the content of said first memory access message and on the basis of data identifying a current operational condition of said mobile station, said indicating data being held in a further data record in said memory means.
16
In deutscher Sprache lauten sie laut Streitpatentschrift:
17
1. Entnehmbarer Datenspeicher (34), umfassend einen Prozessor (36), um Vorgänge durchzuführen, und ein Speichermittel (38), das Datensätze (A-1 bis A-N, B1 bis BN) zum Speichern von Daten aufweist,
18
wobei der Datenspeicher auf eine erste Speicherzugriffsnachricht anspricht, die einen Datensatz (N) bestimmt,
19
und das Speichermittel mehrere Datensätze (AN, BN) hält, die dem bestimmten Datensatz (N) entsprechen, und der Prozessor dazu eingerichtet ist, als Reaktion auf die erste Speicherzugriffsnachricht einen Datensatz aus den mehreren Datensätzen (AN, BN) zum Zugriff auszuwählen,
20
dadurch gekennzeichnet, dass der Datenspeicher an eine Mobilstation (8), die in einem Mobilkommunikationssystem verwendet wird, angeschlossen werden kann, wobei die Mobilstation einem Standard entspricht und gemäß diesem Standard dazu geeignet ist, eine erste Speicherzugriffsnachricht, die einen Datensatz (N) bestimmt, zu senden, um auf das Speichermittel zuzugreifen, und
21
die Auswahl aus den mehreren Datensätzen (AN, BN) unabhängig vom Inhalt der ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten, die einen gegenwärtigen Betriebszustand der Mobilstation angeben, durchgeführt wird, wobei die angebenden Daten in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten werden.
22
18. Mobilstation (8) zur Verwendung in einem Mobilkommunikationssystem, wobei die Mobilstation einen entnehmbaren Datenspeicher (34) umfaßt, der einen Prozessor (36) zum Durchführen von Vorgängen und ein Speichermittel, das Datensätze (A1 bis AN, B1 bis BN) zum Speichern von Daten aufweist, beinhaltet,
23
wobei die Mobilstation einem Standard entspricht und gemäß diesem Standard dazu geeignet ist, eine erste Speicherzugriffsnachricht, die einen Datensatz (N) bestimmt, zu senden, um auf das Speichermittel zuzugreifen,
24
wobei der Datenspeicher auf die erste Speicherzugriffsnachricht anspricht,
25
wobei das Speichermittel mehrere Datensätze (AN, BN) hält, die dem bestimmten Datensatz (N) entsprechen, und der Prozessor dazu eingerichtet ist, als Reaktion auf die erste Speicherzugriffsnachricht einen Datensatz aus den mehreren Datensätzen (AN, BN) zum Zugriff auszuwählen, wobei die Auswahl unabhängig vom Inhalt der ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten, die einen gegenwärtigen Betriebszustand der Mobilstation angeben, durchgeführt wird, wobei die angebenden Daten in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten werden.
26
Die Patentansprüche 2 bis 17 sind auf Patentanspruch 1 und die Patentansprüche 19 bis 33 auf Patentanspruch 18 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen.
27
Die Klägerin wird von der Beklagten seit Oktober 2016 wegen Verletzung von Patentanspruch 18 in Anspruch genommen. Das Landgericht Mannheim hat am 11. Juli 2017 erstinstanzlich entschieden (Geschäftszeichen 2 O 176/16); das Berufungsverfahren ist beim Oberlandesgericht Karlsruhe (Geschäftszeichen 6 U 161/17) anhängig.
28
Die Klägerin hält ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Patentansprüche 1 bis 17 auch nach Erlöschen des Patents für gegeben. Sie ist der Ansicht, dass das Streitpatent wegen der Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der mangelnden Ausführbarkeit sowie der unzulässigen Erweiterung für nichtig zu erklären sei. Dies stützt sie auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach Klageschriftsatz):
29
NK0-4 
Prioritätsdokument PCT/GB 98 / 00153
NK0-5 
WO 98/35516 A2
NK1     
EP 0 641 137 A2
NK2     
EP 0 876 736
NK3     
DE 38 05 291 A1
NK4     
WO 92/19078 A1
NK5     
WO 95/28062 A2
NK6     
WO 96/35304 A1
NK7     
DE 195 11 031 A1
NK8     
WO 94/30023 A1
NK9     
GSM 11.11, Version 5.4.0. Digital cellular telecommunications system (Phase2+); Specification of the Subscriber Identity Module – Mobile Equipment (SIM – ME) interface. Dezember 1996 (DRAFT)
NK10   
ISO/IEC 7816-4, Information technology – Identification cards – Integrated circuit(s) cards with contacts – Part 4: Interindustry commands for interchange, erste Ausgabe vom 1. September 1995 (ISO/IEC 7816-4 First edition 1995-09-01)
NK11   
FR 2 756 132 A1
NK11-1
EP 0 843 496 A1
NK12   
W. Rankl, W. Effing: Handbuch der Chipkarten: Aufbau – Funktionsweise – Einsatz. München: Hanser-Verlag, 1995
30
Die Klägerin beantragt,
31
das europäische Patent 0 960 542 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
32
Die Beklagte beantragt,
33
die Klage abzuweisen im Umfang der Patentansprüche 1 bis 9, 12 bis 14, 17 bis 26, 29, 30 sowie 33.
34
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen, verneint ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin und hält den Gegenstand der verteidigten Ansprüche des Streitpatents für schutzfähig. Zur Stützung ihres Vorbringens hat sie sich u. a. auf folgende Druckschrift berufen:
35
B1    
GSM 11.11, Version 5.1.0, März 1996
36
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 30. November 2018 zugeleitet.
37
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.
A.
38
Die zulässige Nichtigkeitsklage hat nur teilweise Erfolg. Soweit die Beklagte das vollständig angegriffene Streitpatent nicht verteidigt, nämlich im Umfang der Patentansprüche 10, 11, 15, 16, 27, 28, 31 und 32, war das Patent ohne Sachprüfung teilweise für nichtig zu erklären (BPatG München, Urteil vom 27. November 2012 – 4 Ni 47/10 (EP) –, BPatGE 54, 31ff. m. w. N.)
39
Überwiegend, nämlich im verteidigten Umfang, ist sie nicht begründet, da dem Streitpatent insoweit die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 52 bis 57 EPÜ), der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) EPÜ) sowie der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ) nicht entgegenstehen.
40
I. Die Klage ist auch im Umfang des Angriffs auf die Patentansprüche 1 bis 17 nach dem Erlöschen des Streitpatents weiter zulässig. Denn die Klägerin hat auch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Nichtigkeitsklage nach Erlöschen des Streitpatents zwar nur noch zulässig, soweit dem Kläger weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis zuzubilligen ist (BGH, Beschluss vom 14. Februar 1995 GRUR 1995, 342 – Tafelförmige Elemente; st. Rspr.). Diese Voraussetzung ist dabei für nebengeordnete Patentansprüche jeweils gesondert zu prüfen, da bei selbständigen Ansprüchen das Interesse an der Nichtigerklärung des einen Anspruchs nicht notwendigerweise auch das Interesse an der Nichtigerklärung des anderen begründen muss (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 – X ZR 188/01 GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).
41
Insoweit spricht nicht gegen ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, dass Gegenstand des im Berufungsverfahren vor dem OLG Karlsruhe (Geschäftszeichen 6 U 161/17) befindlichen Patentverletzungsverfahrens bislang allein eine Verletzung des Patentanspruchs 18 ist, denn vorliegend besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass die Nichtigkeitsklägerin im anhängigen Verletzungsverfahren von der Nichtigkeitsbeklagten auch noch wegen einer Verletzung des Patentanspruchs 1 in Anspruch genommen wird: Ein entnehmbarer Datenspeicher nach Patentanspruch 1 ist (zwingend) Teil der streitpatentgegenständlichen Mobilstation nach Patentanspruch 18. Damit beinhaltet die Behauptung der Patentinhaberin im Patentverletzungsverfahren, dass die Nichtigkeitsklägerin Patentanspruch 18 verletzt, zugleich auch die Behauptung eines Verstoßes gegen Patentanspruch 1, so dass sie sich bereits mit der Klage auch eines solchen Anspruchs „berühmt“. Für den Fall, dass das Streitpatent hinsichtlich Patentanspruch 18 für nichtig erklärt würde, könnte die Beklagte ihre Verletzungsklage im Berufungsverfahren nach § 264 ZPO ändern und ohne Zustimmung der Nichtigkeitsklägerin nunmehr allein auf Patentanspruch 1 stützen. Vor diesem Hintergrund ist die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Klägerin nicht nur theoretisch. Die Klage ist daher trotz Erlöschens des Streitpatents auch hinsichtlich Patentanspruch 1 und der darauf bezogenen Unteransprüche 2 bis 17 nach wie vor zulässig.
42
II. Zum Gegenstand des Streitpatents
43
1. Die Erfindung betrifft gemäß Absatz 0001 der Streitpatentschrift (SP) einen entnehmbaren Datenspeicher (removable data store) für eine Benutzerschnittstellenvorrichtung (user interface device) wie etwa eine Mobilstation, die in einem Mobilkommunikationssystem verwendet wird.
44
Die Streitpatentschrift geht davon aus, dass ein derartiger Datenspeicher ein Teilnehmerkennungsmodul bzw. eine SIM-Karte sei, wie sie in einem digitalen zellularen Funksystem nach GSM (Global System for Mobile communications) verwendet werden. Wie die Streitpatentschrift in den Absätzen 0002 bis 0005 weiter erläutert wird, sei in einem bekannten herkömmlichen GSM-System jede Mobilstation wie etwa ein Mobiltelefon-Handapparat mit einer SIM-Karte versehen, die in die Mobilstation eingesetzt sei, damit der Mobilstation gestattet werde, in einem GSM-Netz einen Dienst zu erhalten. Die SIM-Karte beinhalte einen Mikroprozessor, Speicherelemente einschließlich eines Dauerspeichers, eines nichtflüchtigen wiederbeschreibbaren Speichers und eines flüchtigen wiederbeschreibbaren Speichers sowie Kontakte zum Bilden der Datenübertragungsschnittstelle zwischen der SIM-Karte und der Mobilstation. lm GSM-Standard sei ein Satz von Datenaufzeichnungen auf SIM-Karten-Basis definiert. Diese beinhalteten dauerhafte Datensätze wie etwa jene, die die internationale Funkkennung (IMSI) halten, wodurch ein Mobilteilnehmer durch ein Mobilkommunikationsnetz erkannt werde. Andere Datensätze seien abänderbar, entweder auf Veranlassung bzw. Initiative der Mobilstation, wie etwa der Datensatz, der die gegenwärtige Standortbereichskennung (LAI, location area information) für die Mobilstation halte, oder auf Initiative des Mobilteilnehmers, wie ein Satz von festen Wählnummern (FDN, fixed dialling number), die verwendet würden, um dem Teilnehmer zu gestatten, das Anrufen dieser Wählnummern zu sperren oder zu beschränken. Der GSM-Standard bestimme auch einen Befehlssatz zur Verwendung durch eine Mobilstation, um auf einen Datensatz in der SIM-Karte zuzugreifen und Daten aus der Datei abzurufen und in sie zu schreiben. Jeder Standarddatensatz weise eine Standarddatensatzadresse auf, die in einem Zugriffsbefehl für diesen Datensatz bestimmt bzw. angegeben sei, der durch die Mobilstation gesendet werde. Die SIM-Karte verwende die Datensatzadresse, um zu bestimmen, auf welchen Datensatz zugegriffen werden solle. Somit bestehe eine lineare Beziehung zwischen einem Datensatzzugriffsbefehl, der durch die Mobilstation gesendet werde, und dem Datensatz, auf den durch die SIM-Karte zugegriffen werde.
45
Somit sei theoretisch jede beliebige Standard-GSM-Mobilstation mit jeder beliebigen Standard-GSM-SIM-Karte kompatibel, die an die Mobilstation angeschlossen werden könne. Jedes beliebige, an der Mobilstation implementierte grundlegende GSM-Merkmal, das die Speicherung und/oder den Abruf der Inhalte eines Standarddatensatzes in der SIM-Karte umfasse, sei verfügbar bzw. erhältlich. Darüber hinaus seien die Hersteller durch die Verwendung eines Standards wie des GSM-Standards fähig, die Kosten der damit verbundenen Technik zu verringern, indem die Kosten für Forschung und Entwicklung aufgeteilt würden. Die Herstellungskosten könnten von einem Hersteller durch die Verwendung grundlegender Ausgestaltungen, die für die Lieferung von Geräten an verschiedene GSM-Netzbetreiber verändert werden können, ebenfalls auf ein Mindestmaß verringert werden. Somit könnten an den Geräten individuelle Merkmale für bestimmte GSM-Betreiber bereitgestellt werden, während selbstverständlich die grundlegenden GSM-Merkmale bereitgestellt würden (vgl. Abs. 0006).
46
In einem weiteren Absatz geht das Streitpatent auf Kommunikationsnetze (PCN-Netze) ein (vgl. Abs. 0007). In den Absätzen 0008 bis 0016 beschreibt das Streitpatent sodann verschiedene Speicherlösungen aus dem Stand der Technik, beispielsweise eine tragbare elektronische Vorrichtung mit einem Speicherbereich, der in einen Verzeichnisbereich und einen Benutzerbereich geteilt ist (FR 2 611 289), ein zellulares Funktelefon, bei dem zwei oder mehr Fernsprechnummern in einem Speicher gespeichert sind (EP 526 981), ein Mobiltelefonsystem vom GSM-Typ, wobei einer intelligenten Karte zwei internationale Funkkennungen (IMSI) zugeteilt sind, die durch den Benutzer selektiv aktiviert werden (WO 92/19078), ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Herstellen einer Telefonverbindung zwischen zwei Sprechern, wobei einer der beiden Sprecher ein Mobiltelefon verwendet (EP 681 408), ein Speichermedium für eine intelligente Karte, das für einen gleichzeitigen Zugriff durch mehrere Anwendungen geeignet ist (EP 733 992), sowie eine SIM-Karte, in der eine der Benutzerkennungen eine zeitweilige Teilnehmerkennung (TMSI) ist, die als ein Alias verwendet wird, um zu verhindern, dass die tatsächliche Benutzerkennung in einer unverschlüsselten Form über die drahtlose Kommunikationsverbindung gesendet wird (WO 96/04759).
47
Ausgehend von diesem Stand der Technik benennt das Streitpatent nicht ausdrücklich eine Aufgabe, die mit der Erfindung gelöst werden soll, sondern beschreibt ab Absatz 0017 verschiedene Gesichtspunkte der vorliegenden Erfindung.
48
2. Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe ist darin zu sehen, unter Beibehaltung der bekannten Zugriffsbefehle einer Mobilstation eine erweiterte Dateistruktur auf einem entnehmbaren Speicher bzw. einer SIM-Karte bereitzustellen und damit die Abwärtskompatibilität zu sichern, sodass neue bzw. neu programmierte Mobilstationen sowohl mit einer neuen als auch mit einer alten SIM-Karte benutzbar sind.
49
Zur Lösung der Aufgabe sind ein einer Mobilstation entnehmbarer Datenspeicher mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie eine Mobilstation mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 18 vorgesehen.
50
3. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 18 lassen sich in der Verfahrenssprache, die der erteilten Fassung des Streitpatents zugrunde liegt, wie folgt gliedern:
51
Anspruch 1:
52
M1 A removable data store (34) comprising a processor (36) for performing operations and memory means (38) having data records (A1-AN, B1-BN) for storing data,
53
M2 said data store being responsive to a first memory access message specifying a data record (N), and
54
M3 said memory means holding a plurality of data records (AN, BN) corresponding to said specified data record (N) and
55
M4 said processor being arranged to select one data record from said plurality of data records (AN, BN), to access in response to said first memory access message,
56
characterised in that
57
M5 said data store is connectable to a mobile station (8) used in a mobile communications system,
58
M6 said mobile station complying with a standard and being adapted, in accordance with said standard, to transmit a first memory access message, specifying a data record (N), in order to access said memory means, and
59
M7 said selection from said the plurality of data records (AN, BN) being performed independently of the content of said first memory access message and on the basis of data indicating a current operational condition of said mobile station,
60
M8 said indicating data being held in a further data record in said memory means.
61
Anspruch 18:
62
N1 A mobile station (8) for use in a mobile communications system, said mobile station comprising a removable data store (34) which includes a removable data store (34) which includes a processor (36) for performing operations and memory means having data records (A1-AN, B1-BN) for storing data,
63
N2 said mobile station complying with a standard and being adapted, in accordance with said standard, to transmit a first memory access message, specifying a data record (N), in order to access said memory means,
64
N3 said data store being responsive to said first memory access message,
65
N4 wherein said memory means holds a plurality data records (AN, BN) corresponding to said specified data record (N) and
66
N5 said processor is arranged to select one data record, from said plurality of data records (AN, BN), to access in response to said first memory access message,
67
N6 said selection being performed independently of the content of said first memory access message and on the basis of data identifying a current operational condition of said mobile station,
68
N7 said indicating data being held in a further data record in said memory means.
69
4. Der zuständige Fachmann, ein Ingenieur der Elektrotechnik, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet des Mobilfunks im Zusammenhang mit Speicher- bzw. SIM-Karten verfügt, versteht das Streitpatent und die in den Ansprüchen 1 und 18 verwendeten Begriffe wie folgt:
70
Die jeweiligen nebengeordneten Patentansprüche 1 und 18 betreffen einen entnehmbaren Datenspeicher und eine Mobilstation in einem Mobilkommunikationssystem. Gemäß Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist unter einer Mobilstation (mobile station) beispielsweise ein Mobiltelefon bzw. ein Mobiltelefon-Handapparat (mobile telephone handset) zu verstehen, während der Datenspeicher als eine austauschbare SIM-Karte (subscriber identity module (SIM)) in der Mobilstation anzusehen ist (vgl. Abs. 0001 und 0002 / Merkmale M1, N1 und M5). Der Datenspeicher in Form einer SIM-Karte wird in der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift auch als Teilnehmerkennungsmodul bezeichnet (vgl. DE 698 32 591 T2, Abs. 0001). Die Mobilstation, die in der Streitpatentschrift auch als Benutzerschnittstellenvorrichtung (user interface device) bezeichnet wird, soll dabei einem beliebigen Standard wie dem GSM-Standard entsprechen (vgl. Abs. 0001, 0006: by use of a standard such as the GSM standard, Abs. 0011 und 0021: any standard user interface device), wobei der Datenspeicher auf eine Nachricht bezüglich eines Speicherzugriffs ansprechbar (responsive) sein soll, die einen Datensatz (N) in einem Speichermittel des Datenspeichers bzw. der SIM-Karte spezifiziert (vgl. Merkmal M2 bzw. N2). Im Hinblick auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten streitigen Standard bezieht sich die in Rede stehende Erfindung damit nicht nur auf den GSM-Standard, sondern umfasst auch andere Mobilfunkstandards, die zumindest vergleichbare Speicherzugriffsnachrichten vorsehen (vgl. nachfolgende Ausführungen zur Zulässigkeit und zur Ausführbarkeit).
71
Die in den Ansprüchen 1 und 18 in den Merkmalen M2 und N2 aufgeführte Spezifizierung eines Datensatzes (N) in der Speicherzugriffsnachricht (memory access message) bedeutet nicht, dass bereits eine Auswahl im Hinblick auf die in den nachfolgenden Merkmalen genannten mehreren Datensätze (AN, BN) erfolgt, sondern nur, dass eine bestimmte Art von Datensatz angefragt wird.
72
Gemäß Merkmal M3 bzw. Merkmal N4 ist gefordert, dass das Speichermittel – wie vorstehend erwähnt – mehrere Datensätze (AN, BN) halten soll (holding a plurality of data records (AN, BN)), die dem bestimmten Datensatz (N) entsprechen. Ein solcher Datensatz umfasst ausweislich der Beschreibung des Streitpatents für den beispielhaft genannten GSM-Standard jeweils dauerhafte Datensätze (permanent data records), wie beispielsweise die internationale Funkkennung (IMSI), mit denen ein Mobilteilnehmer durch ein Mobilkommunikationsnetz erkannt wird (vgl. Abs. 0004). Die Datensätze sind aber nicht auf dauerhafte Datensätze wie die internationale Funkkennung (IMSI) beschränkt, sondern umfassen auch änderbare Datensätze, die beispielsweise Aufzeichnungen von festen Wahlnummern (FDN) beinhalten (vgl. Abs. 0004, Abs. 0037 i. V. m. Abs. 0051 sowie Fig. 3, 5 und 6).
73
Ein Prozessor, der in dem entnehmbaren Datenspeicher enthalten ist, wählt als Reaktion auf die Speicherzugriffsnachricht (memory access message) einen Datensatz aus den mehreren Datensätzen (AN, BN) zum Zugriff aus (vgl. Merkmal M4 bzw. N5). Diese Auswahl – zwischen den mehreren Datensätzen, die nach Merkmal M3 bzw. N4 dem in der Speicherzugriffsnachricht angefragten Datensatz N entsprechen – soll gemäß Merkmal M7 bzw. Merkmal N6 unabhängig vom Inhalt der Speicherzugriffsnachricht durchgeführt werden, jedoch auf Basis von Daten, welche einen gegenwärtigen Betriebszustand (current operational condition) der Mobilstation angeben (vgl. Abs. 0052). Der gegenwärtige Betriebszustand kann gemäß Beschreibung der Streitpatentschrift unter anderem ein PIN-Modus entsprechend einer erfolgreichen bzw. nicht erfolgten Freigabe der SIM-Karte sein (vgl. Abs. 0052, dritter Satz). Auch ein internationaler bzw. nationaler Netzmodus kann gemäß Streitpatentschrift als ein Beispiel für den in den Merkmalen M7 bzw. N6 genannten Betriebszustand angesehen werden (vgl. Abs. 0053, 0054, 0056), ebenso wie ein Dienstprofil des Nutzers (customer service profile) (Abs. 0054) oder die Identität der verbundenen Mobilstation (Abs. 0056). Der „Betriebszustand“ der Mobilstation ist damit als der Zustand zu verstehen, in dem die Mobilstation betrieben wird, nicht jedoch als interner Zustand der Mobilstation, bspw. als Zustand des Betriebssystems oder eines Anwendungsprogramms der Mobilstation.
74
Die vorgenannten Daten zur Angabe des Betriebszustands sollen dabei in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten werden (vgl. Merkmal M8 bzw. Merkmal N7).
75
III. Zum Einwand der unzulässigen Erweiterung
76
Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ) besteht im Umfang der verteidigten Fassung nicht.
77
1. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung basiert der verteidigte Anspruch 1 mit den Merkmalen M1 bis M7, in denen ein Datensatz (N) bzw. mehrere Datensätze (AN, BN) im Zusammenhang mit einer jeweiligen Speicherzugriffsnachricht (memory access message) genannt werden, auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 sowie der ursprünglichen Beschreibung entsprechend der ursprünglichen Anmeldung gemäß Anlage NK0-5. Das Merkmal M3, nach dem mehrere Datensätze (AN, BN) entsprechend eines Datensatzes N vorliegen, wobei eine Auswahl eines Datensatzes nach Merkmal M7 zugrunde liegt, ergibt sich dabei aus Figur 7 mit Beschreibung, S. 12, Z. 9 ff, i. V. m. S. 4, Z. 14-26 und S. 5, Z. 4-14 der ursprünglichen Beschreibung. Dabei sind die genannten Datensätze im Zusammenhang mit einer unabhängigen Auswahl auf Basis des gegenwärtigen Betriebszustands der Mobilstation gemäß Merkmal M7 des Anspruchs 1 nicht nur als spezielle FDN-Datensätze für festgelegte Wählnummern offenbart worden (vgl. NK0-5 ab S. 10, Z. 16: One example of data record […] is a fixed dialling number (FDN) […]), sondern im Gesamtzusammenhang auch in der beanspruchten allgemeinen Form ohne weitere Spezifizierung der Datensätze (vgl. NK0-5, insbes. S. 6, letzter Abs., bis S. 7, zweiter Abs., i. V. m. S. 4, Z. 14, bis S. 5, Z. 33, sowie S. 15, Z. 16 – 21; vgl. hierzu den urspr. Anspruch 1: independently selects […] on the basis of a current operational condition).
78
Entgegen den Ausführungen der Klägerin ändert auch die vom Anmeldezeitpunkt des Streitpatents aus nachträgliche Würdigung des Standes der Technik gemäß Druckschrift FR 2 611 289 in Absatz 0008 der Beschreibungseinleitung des Streitpatents nichts an ursprünglichen Offenbarung des streitigen Merkmals M7, da dies nicht zu einem veränderten Verständnis in Bezug auf die genannte unabhängige Auswahl führt (vgl. nachfolgende Ausführungen zur Zulässigkeit der diesbezüglichen Änderung in der Beschreibungseinleitung).
79
Auch das Merkmal M6 des Anspruchs 1,
80
[…] said mobile station complying with and being adapted, in accordance with said standard, to transmit a first memory access message, specifying a data record (N), in order to access said memory means, and […],
81
in welchem gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 (vgl. NK0-5) beansprucht wird, dass die Mobilstation einem nicht weiter spezifizierten Standard entspricht, stellt in Bezug auf den in allgemeiner Form genannten Standard (a standard) ohne Spezifizierung des GSM-Standards – entgegen den Ausführungen der Klägerin – keine unzulässige Erweiterung oder Verallgemeinerung dar, da dieses Merkmal (ohne Konkretisierung als GSM-Standard) ebenfalls der ursprünglichen Beschreibung zu entnehmen ist, wobei ein Standard wie GSM (a standard such as the GSM standard) lediglich als Beispiel genannt wird (vgl. NK0-5, S. 2, zw. Abs.). Dazu wird in der ursprünglichen Beschreibung im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung auch auf eine beliebige Standard-Benutzerschnittstellenvorrichtung (any standard user interface device) hingewiesen (vgl. NK0-5, S. 5, Z. 26-33), wobei ein Benutzerschnittstellengerät (user interface device) gemäß der Beschreibungseinleitung wiederum als nichts anderes als eine Mobilstation anzusehen ist (NK0-5, S. 1, Z. 2-7). Die zitierte Formulierung in der ursprünglichen Beschreibung (a standard such as …) im Zusammenhang mit dem GSM-Standard lässt insofern offen, um welchen Standard es sich handelt, sodass die Nennung eines nicht weiter spezifizierten Standards im Anspruchswortlaut nicht über die ursprüngliche Offenbarung hinausgeht.
82
An der ursprünglichen Offenbarung eines diesbezüglichen allgemeinen Standards anstelle des GSM-Standards ändert sich auch nichts durch die – gemäß den Ausführungen der Klägerin – vom Anmeldezeitpunkt des Streitpatents aus gesehen – nachträgliche Würdigung des Stands der Technik in Absatz 0008 der Beschreibungseinleitung, die zu keinem veränderten Verständnis von Begriffen führt (vgl. auch nachfolgende Ausführungen zu Änderungen in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents, die den im Erteilungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik bzw. dessen Würdigung betreffen).
83
2. In Bezug auf den auf eine Mobilstation gerichteten und ansonsten mit den Merkmalen N1 bis N7 inhaltsgleichen nebengeordneten Anspruch 18 gelten die vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit des Anspruchs 1 in gleicher Weise.
84
3. Die verteidigten Unteransprüche (d. h. die Unteransprüche 2 bis 9, 12 bis 14, 17, 19 bis 26, 29, 30 und 33) sind ebenfalls zulässig.
85
a) Ansprüche 2, 3, 6 bis 8, 12, 13, 19, 20, 23 bis 25, 29 und 30
86
Bezüglich der Unteransprüche 2, 3, 6 bis 8, 12, 13, 29, 20, 23 bis 25, 29 und 30 hat die Klägerin keine unzulässige Erweiterung geltend gemacht, soweit dies über die Ansprüche 1 und 18, auf die diese Unteransprüche direkt oder indirekt rückbezogen sind, hinausgeht – eine unzulässige Erweiterung ist hier im Übrigen auch nicht ersichtlich.
87
b) Ansprüche 4 und 21
88
Den Ausführungen der Klägerin bezüglich der verteidigten Unteransprüche 4 und 21, dass in der ursprünglichen Anmeldung jeder Hinweis auf eine standardgemäße „zweite“ Speicherzugriffsnachricht fehle, ist nicht zuzustimmen. Die von der Klägerin angegriffenen Unteransprüche 4 und 21, in denen die Zusätze „first“ bzw. „second“ bezüglich einer ersten bzw. zweiten Speicherzugriffsnachricht (memory access message) zwischen unterschiedlichen Speicherzugriffsnachrichten unterscheiden, dienen ausgehend von einer allgemein beschriebenen Speicherzugriffsnachricht nach Anspruch 1, die zum Bestimmen des Datensatzes führt, zur Unterscheidung zwischen Lesezugriffen nach Anspruch 4 und Schreibzugriffen nach Anspruch 5 auf einen Datensatz des Datenspeichers mittels einer solchen Speicherzugriffsnachricht. Diese Unterscheidung stützt sich auf die Charakterisierung der Mobilstation als Lese- und Schreibgerät (read/write device, vgl. NK0-5, S. 7, Z. 3-20 und Anspruch 15) sowie die beispielgebend für den GSM-Standard beschriebenen Speicherzugriffsbefehle zum Lese- und Schreibzugriff (vgl. NK0-5, S. 1, Z. 33 bis S. 2, Z. 4), jeweils in Verbindung mit Angaben zu ersten bzw. zweiten Antworten (first and second responses) auf eine jeweilige Speicherzugriffsnachricht (vgl. die ursprünglichen Ansprüche 2 bis 5 bzw. 17 bis 20) im Zusammenhang mit der allgemeinen Beschreibung der Speicherzugriffsnachrichten(vgl. NK0-5, S. 4, Z. 14-26).
89
c) Ansprüche 5 und 22
90
Auch den Ausführungen der Klägerin hinsichtlich der verteidigten Unteransprüche 5 und 22, dass die dort genannten Daten, die den gegenwärtigen Betriebszustand angeben würden, ursprünglich lediglich nur als „line flag record“ im Zusammenhang mit einem „current line mode“ anstelle verschiedener und nicht weiter spezifizierter Betriebszustände bzw. verschiedener „line modes“ beschrieben seien, kann nicht zugestimmt werden. Die Unteransprüche 5 und 22 basieren vielmehr auf dem allgemein gehaltenen ursprünglichen Anspruch 7 bezüglich nicht weiter spezifizierter Betriebszustände (one operational condition / another operational condition) sowie der ursprünglichen Beschreibung für ein Ausführungsbeispiel gemäß Figur 7 im Zusammenhang mit solchen Betriebszuständen (vgl. NK0-5, S. 5, Z. 4-14 i. V. m. S. 17, Z. 32, bis S. 18, Z. 4; sowie S. 15, Z. 15 ff, Abschnitt OTHER EMBODIMENTS).
91
d) Ansprüche 9 und 26
92
Die Unteransprüche 9 und 26, die zusätzlich zu den im Anspruch 1 genannten Speicherzugriffsnachrichten (memory access message) eine gesonderte Datenzugriffsnachricht (separate data access message) im Zusammenhang mit geänderten Identifizierungsdaten bzw. einem Identifizierungscode und einem geänderten Betriebszustand beinhalten, basieren – entgegen den Ausführungen der Klägerin – auf den Merkmalen der ursprünglichen Unteransprüche 22 und 23 bezüglich einer Änderung des Betriebszustands (operational condition) und entsprechenden Identifizierungsdaten bzw. einer entsprechenden gesonderten Datenzugriffsnachricht, sowie dem Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Ansprüche 1 und 17 sowie der ursprünglichen Beschreibung zu einem Identifizierungscode bzw. entsprechenden Daten, die den Betriebszustand der Mobilstation signalisieren (vgl. NK0-5, S. 17, Z. 32 ff und insbes. S. 18, Z. 4-11; sowie S. 7, Z. 3-10).
93
e) Anspruch 14
94
Des Weiteren ist den Ausführungen der Klägerin hinsichtlich des verteidigten Unteranspruchs 14, dass der dort in allgemeiner Form im Zusammenhang mit einer Funkschnittstelle aufgeführte Betriebszustand ursprünglich nicht offenbart worden sei, nicht zuzustimmen. Vielmehr basiert Anspruch 14 auf den Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 28, in dem auch ein Betriebszustand einer Funkschnittstelle (mode of operation of said radio interface) genannt wird, in Verbindung mit dem ursprünglichen Anspruch 1).
95
f) Ansprüche 17 und 33
96
Auch den Ausführungen der Klägerin hinsichtlich der verteidigten Unteransprüche 17 und 33, dass ein entnehmbarer Datenspeicher nicht dadurch spezifiziert sein könne, was eine seitens der Mobilstation an den Datenspeicher gesendete Speicherzugriffsnachricht nicht ausführe, kann nicht zugestimmt werden. Die Unteransprüche 17 und 33 geben vielmehr wieder, dass eine erste Speicherzugriffsnachricht noch nicht den letztlich ausgewählten Datensatz unter den mehreren Datensätzen identifiziert, wie es vorstehend bereits in Bezug auf den Anspruch 1 dargelegt worden ist (vgl. a. a. O., insbes. S. 6 letzter Abs. bis S. 7 zweiter Abs., i. V. m. S. 4, Z. 14 bis S. 5 Z. 33), wobei aus den Zitatstellen in der ursprünglichen Anmeldung hervorgeht, dass eine erste Speicherzugriffsnachricht noch nicht den weiteren Datensatz (further data record) identifiziert.
97
g) Die erteilten Unteransprüche 10, 11, 15, 16, 27, 28, 31 und 32 sind von der Beklagten nicht mehr verteidigt worden. Die von der Klägerin hierzu geltend gemachte unzulässige Erweiterung bedarf daher hier keiner Entscheidung.
98
4. Die Änderungen in Absatz 0008 der Beschreibungseinleitung des Streitpatents, betreffen lediglich eine Würdigung des Standes der Technik gemäß einer Druckschrift FR 2 611 289, der im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt genannt worden ist, was vorliegend – entgegen den Ausführungen der Klägerin – nicht zu einem veränderten Verständnis bzw. einer geänderten Auslegung der im Streitpatent verwendeten Begriffe oder des geschützten Gegenstands führt. Dies gilt in gleicher Weise in Bezug auf Absatz 0022 der Beschreibungseinleitung des Streitpatents, in dem auf den zum Anmeldetag des Streitpatents bekannten Stand der Technik hingewiesen wird, was ebenfalls zu keinem anderen Verständnis von Begriffen führt, die in der ursprünglichen Anmeldung aufgeführt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 – X ZR 28/06, Leitsatz – Hubgliedertor II). Hierzu wird auch auf vorstehende Ausführungen zur zum Verständnis des zuständigen Fachmanns und zur Zulässigkeit von einzelnen Merkmalen der Patentansprüche hingewiesen, insbesondere zu Merkmal M7 des Anspruchs 1 sowie dem im Anspruch 1 bezüglich der Mobilstation nicht weiter spezifizierten Standard (mobile station complying with a standard). Die Auslegung der im Streitpatent verwendeten Begriffe ist dabei unabhängig von der (teilweise nachträglich erfolgten) Würdigung des zum Anmelde- bzw. Prioritätstag bekannten Standes der Technik in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents durch die Patentinhaberin, denn die Würdigung des Standes der Technik beschreibt nicht die Erfindung. Dies ist davon zu unterscheiden, dass der Stand der Technik selbst – und nicht dessen Würdigung durch die Patentinhaberin – Hinweise auf das fachmännische Verständnis einzelner Merkmale oder Begriffe auf dem Gebiet des Streitpatents zum Anmelde- bzw. Prioritätstag liefern kann.
99
Dies gilt in gleicher Weise in Bezug auf die Darlegung des Weiteren zum Anmelde- bzw. Prioritätstag bekannten Standes der Technik in den Absätzen 0009 bis 0022, die ebenfalls zulässig ist.
100
IV. Zur Ausführbarkeit
101
Die Erfindung ist im Streitpatent im Umfang der verteidigten Fassung auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) EPÜ) besteht deshalb nicht.
102
Die in der Klageschrift sinngemäß bemängelte Kompatibilität mit einem bekannten Standard stellt für den Fachmann kein unüberwindliches Hindernis dar, die in Rede stehende Erfindung nachzubilden bzw. auszuführen. In den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 18 wird aufgeführt, dass die Mobilstation einem Standard genügt (complying with a standard), ohne damit jedoch einen bestimmten Standard wie den GSM-Standard fest vorzugeben (vgl. Merkmale M6 und N2). In der Beschreibung des Streitpatents wird ein dem Fachmann bekannter GSM-Standard lediglich als Beispiel genannt (vgl. SP, Abs. 0001: as used in a GSM […] digital cellular radio system; Abs. 0006: use of a standard such as the GSM standard). Dies legt den jeweiligen Anspruchswortlaut jedoch nicht auf den speziellen GSM-Standard fest. Insofern ist der Anspruchswortlaut auch nicht nur im Lichte eines bestimmten und bereits zum Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt bekannten Standards wie dem GSM-Standard zu interpretieren. Die Beschreibung zu den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 3 und 5 bis 7 des Streitpatents ist dabei für den Fachmann auch hinreichend detailliert und steht einer Ausführbarkeit nicht entgegen. Selbst wenn der Vorwurf der Klägerin zutreffend sein sollte, dass der Fachmann bei der Ausführung der Erfindung nicht ohne eine Modifikation eines standardgemäßen Mobiltelefons als Mobilstation auskomme, so steht dies nicht der Ausführbarkeit der in den Ansprüchen 1 und 18 genannten Maßnahmen zum Zugriff auf einen Datensatz im Speichermittel eines in eine Mobilstation bzw. ein Mobiltelefon eingesetzten Datenspeichers entgegen. Vielmehr steht es dem Fachmann bei der Implementierung der aus dem Streitpatent bekannten Lehre frei, von einem zum Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt bekannten GSM-Standard abzuweichen bzw. diesen zu modifizieren.
103
Soweit die Klägerin dabei sinngemäß bemängelt, dass der Fachmann die beanspruchte Erfindung bei einem nicht näher spezifizierten, vom GSM-Standard abweichenden Standard nicht ausführen könne, sowie dass der Fachmann bei der Ausführung der Erfindung nicht ohne eine Modifikation eines standardgemäßen Mobiltelefons als Mobilstation auskomme und somit im Widerspruch zu den Forderungen in den unabhängigen Ansprüchen vom Standard abweiche, kann der Senat dem nicht beitreten.
104
Die geltenden unabhängigen Ansprüche fordern, dass die Mobilstation standardkonform ist und damit auch die Speicherzugriffsnachricht (memory access message) dem entsprechenden Standard genügt (vgl. Merkmale M6, N2), wobei die Speicherzugriffsnachricht einen Datensatz (N) spezifiziert (vgl. Merkmale M2, M6, N2). Der Datenspeicher (data store) wählt dann den Datensatz aus einer Mehrzahl an Datensätzen (AN, BN) aus, der dem bestimmten, angefragten Datensatz (N) entspricht (vgl. Merkmale M3, N4). Die Umsetzung einer solchen Vorgehensweise bedarf keiner Kenntnis über einen bestimmten Standard, da der Datenspeicher nur in der Lage sein muss, vorbestimmte Speicherzugriffsnachrichten zu empfangen und zu erkennen. Da sich der Datenspeicher gegenüber der Mobilstation wie ein standardkonformer Datenspeicher verhalten soll, stellt es für den Fachmann kein Problem dar, die beanspruchte Lehre auf einen beliebigen Standard für Speicherzugriffsnachrichten anzuwenden, die zumindest einen Datensatz spezifizieren.
105
Das Streitpatent gibt für den GSM-Standard mit dem PIN-Modus zumindest ein Beispiel an, das hinsichtlich des Datenspeichers (SIM-Karte) keine Fragen hinsichtlich der Kenntnis über den Betriebszustand der Mobilstation aufwirft, da zumindest der PIN-Modus im GSM-Standard dem Datenspeicher bekannt ist. Damit ist die beanspruchte Lehre auch grundsätzlich ausführbar, da ein Weg zur Ausführung aufzeigt ist (BGH, Beschluss vom 11. September 2013 – X ZB 8/12, GRUR 2013, 1210 Rn. 15 – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Darüber hinaus sieht das Streitpatent ergänzend geeignete Speicherzugriffsnachrichten vor, mit denen die Mobilstation den Betriebszustand an den Datenträger übermitteln kann (vgl. Abs. 0025). Eine solche in der Mobilstation zusätzlich zu implementierende Nachricht steht jedoch in keinem Widerspruch dazu, dass diese Mobilstation einem Mobilfunkstandard genügt und standardkonforme Speicherzugriffsnachrichten versendet. Das Ergänzen einer solchen zusätzlichen Funktion der Mobilstation ist weder von den Ansprüchen des Streitpatents noch von einem standardkonformen Verhalten der Mobilstation ausgeschlossen. Für den Datenspeicher folgt aus den unabhängigen Ansprüchen in Bezug auf einen Standard wiederum nur, dass er unter anderem geeignet sein muss, standardkonforme Speicherzugriffsnachrichten verarbeiten.
106
V. Zur Patentfähigkeit
107
Das Streitpatent ist in der verteidigten Fassung schließlich auch patentfähig nach Art. 52 bis 57 EPÜ. Der Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ besteht nicht.
108
1. Neuheit
109
Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 18 sind neu, da aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 bzw. des erteilten nebengeordneten Anspruchs 18 bekannt sind.
110
a) Druckschrift NK1
111
Der vorveröffentlichte Stand der Technik gemäß NK1 beschreibt im Hinblick auf Anspruch 1 eine auswechselbare Berechtigungs- bzw. SIM-Karte (Berechtigungskarte SIM (Subscriber Identification Module)) für eine Mobilstation (MS), die in eine Mobilstation in Form eines Mobiltelefons eingesetzt und wieder entnommen werden kann, wobei diese SIM-Karte einen Datenspeicher mitsamt Speichermittel (Speicher SP1) und einem Prozessor (Steuereinheit S1 bzw. ST / Mikrorechner) zur Durchführung eines Authentifizierungsalgorithmus darstellt (vgl. Fig. 3 und 4 sowie Sp. 6, Z. 49-51 und Sp. 7, Z. 32-38). Das Speichermittel (Speicher SP1) des Datenspeichers dient zum Speichern von nicht überschreibbaren Datensätzen mit Lokalisierungdaten (Lokalisierungsidentifikationen LAI1 bis LAIn) für zulässige Gebiete bzw. Bereiche, in denen ein Mobilfunkteilnehmer mobile Dienste in Anspruch nehmen darf (vgl. Sp. 6, Z. 56 bis S. 7, Z. 3 und Fig. 3 und 4). Damit handelt es sich bei der SIM-Karte um einen entnehmbaren Datenspeicher entsprechend Merkmal M1, wobei der im Streitpatent als Ausführungsbeispiel beschriebene Datenspeicher ebenfalls eine entnehmbare SIM-Karte darstellt (vgl. vorherige Ausführungen zum Verständnis des Fachmanns bzw. Begriffsauslegung).
112
Der in eine Mobilstation (MS) eingesetzte Datenspeicher (Berechtigungskarte SIM mit Speicher SP1) spricht im Rahmen eines Authentifizierungsvorgangs auf eine Speicherzugriffsnachricht an, die einen Datensatz auf Basis der Lokalisierungsdaten (Lokalisierungsidentifikationen LAI1 bis LAIn) bestimmt, um eine Identifikation (Lokalisierungsidentifikation) mittels eines Vergleichs mit einer aktuellen Lokalisierungsidentifikation (LAIa) durchzuführen, welche vor einer solchen Authentifizierung in einem Speicher (SP2) der SIM-Karte gespeichert worden ist (vgl. Sp. 7, Z. 3-11). Je nach Ausgang des Vergleichs wird eine individuelle Antwort (Signed Response SRES / individuelle Antwort SRES / Datenfolge SRES) an die Mobilstation (MS) mit dem entnehmbaren Datenspeicher sowie an eine Vermittlungsstelle weitergegeben (vgl. Sp. 7, Z. 11-28 und Sp. 2, Z. 13-18 sowie Sp. 9 und 10, dortige Ansprüche 7 und 11), wobei die zitierte individuelle Antwort SRES offensichtlich einen individuellen Datensatz zur Bestätigung oder Nicht-Bestätigung enthält (Merkmal M2). Dies geschieht, um eine Authentifizierung zu verhindern, sobald der Mobilfunkteilnehmer sich in einem Aufenthaltsgebiet befindet, in dem er mobile Dienste nicht in Anspruch nehmen darf bzw. ein Mobilfunkteilnehmer nicht berechtigt ist, ein bestimmtes Netz zu benutzen (vgl. a. a. O. und Sp. 7, 28-31 i. V. m. Sp. 2, Z. 8-13).
113
Die vorstehend im Zusammenhang mit der individuellen Antwort (SRES) genannten Daten zur Bestätigung bzw. Nicht-Bestätigung stellen dabei einen individuellen aktuell berechneten Datensatz dar. Der Prozessor (Steuereinheit S1 bzw. ST / Mikrorechner) ist dabei eingerichtet, als Reaktion auf die Speicherzugriffsnachricht im Rahmen der individuellen Antwort (SRES) den vorstehend genannten Datensatz zur Bestätigung für die individuelle Antwort zum Zugriff zu erzeugen (vgl. insbesondere Sp. 7 Z. 17-24 und 35-38 sowie Fig. 4 und Ansprüche 7 und 11). Im Gegensatz zu den mehreren Datensätzen des Streitpatents wird der genannte Datensatz damit jedoch nicht zur Auswahl bereit gehalten, wie es die Klägerin geltend macht, sondern stellt lediglich einen Datensatz dar, den der Prozessor der SIM-Karte aktuell berechnet (teilweise Merkmale M3, M4 und M8).
114
Der entnehmbare Datenspeicher in Form einer SIM-Karte wird an eine Mobilstation (MS) in einem Mobilkommunikationssystem (Mobilfunknetz) angeschlossen (vgl. NK1 a. a. O. und u. a. Fig. 4 und Sp. 7, Z. 2-17 / Merkmal M5). Wie vorstehend dargelegt, wird eine individuelle Antwort (Signed Response SRES / Datenfolge SRES) je nach Ausgang eines Vergleichs an die Mobilstation (MS) und dann an eine Vermittlungsstelle weitergegeben (vgl. a. a. O. und Sp. 2, Z. 13-18). Dementsprechend übermittelt bzw. sendet die einem Standard (GSM-Standard) entsprechende Mobilstation im Zusammenhang mit dem zuvor genannten Authentisierungsvorgang auch eine Authentisierungsanfrage mitsamt einer Speicherzugriffsanfrage an den Datenspeicher in Form einer SIM-Karte (vgl. Sp. 1, Z. 14-18). Die Zugriffsanfrage bestimmt dabei den Datensatz (Datenfolge SRES), um auf das Speichermittel der SIM-Karte zuzugreifen (vgl. u. a. Sp. 6, Z. 49 ff. sowie a. a. O. / Merkmal M6).
115
Im Hinblick auf Merkmal M7 wird die Auswahl der Daten für die individuelle Antwort (SRES) auf Basis der Daten zur aktuellen Lokalisierungsidentifikation (LAIa) getroffen, welche vor dem Authentifizierungsvorgang im Speicher (SP2) der SIM-Karte hinterlegt worden sind (vgl. Sp. 7, Z. 3-31). Die Daten zur aktuellen Lokalisierungsidentifikation (LAIa) dienen als Basis zur Auswahl eines von mehreren Datensätzen zur individuellen Antwort (Datensatz der Antwort SRES). Dazu wird die aktuelle Lokalisierung der Mobilstation mittels einer aktuellen Lokalisierungsidentifikation LAIa mit den Lokalisierungsidentifikationen LAI1 bis LAIn verglichen und über den Zugang zu einem Aufenthaltsbereich des Mobilfunkteilnehmers entschieden. Zwar sind die Daten zur aktuellen Lokalisierungsidentifikation (LAIa) dabei auch noch als Daten anzusehen, die den Betriebszustand der Mobilstation in Form einer Lokalisierung bezüglich des Aufenthaltsbereichs der Mobilstation angeben (vgl. a. a. O.). Dass die Auswahl der Daten jedoch unabhängig vom Inhalt der vorstehend genannten Speicherzugriffsnachricht im Rahmen des Authentifizierungsvorgangs getroffen wird, trifft nicht zu. Die Auswahl und Erzeugung eines Datensatzes für die Antwort (Datenfolge SRES) wird vielmehr erst durch die Speicherzugriffsnachricht und deren Inhalt veranlasst und damit auch in Abhängigkeit vom Inhalt der Speicherzugriffsnachricht getroffen, welche die Lokalisierungsidentifikation betrifft (vgl. hierzu auch Sp. 2, Z. 13-18: Auf Wunsch der Heimatdatei erzeugt es [das Authentifizierungszentrum] die Authentifizierungsparameter, wie eine Zufallszahl, eine sogenannte individuelle Antwort (Signed Response SRES) und die Ver- und Entschlüsselungsparameter.).
116
Merkmal M7 bezüglich einer Auswahl unabhängig vom Inhalt der genannten Speicherzugriffsnachricht ist damit nicht aus dem Stand der Technik gemäß NK1 bekannt.
117
Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise in Bezug auf den nebengeordneten Anspruch 18, wobei die Merkmale N4 und N6 den Merkmalen M3 und M7 des Anspruchs 1 entsprechen.
118
b) Druckschrift NK2
119
Die nachveröffentlichte ältere Anmeldung NK2 ist in der von der Klägerin genannten Fassung gemäß WO 97/30561 A1 am 21. August 1997 nach dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents (11. Februar 1997) veröffentlicht worden und nimmt – unstreitig – eine frühere Priorität vom 16. Februar 1996 in Anspruch. Im Folgenden wird auf die Veröffentlichung WO 97/30561 A1 Bezug genommen, auf deren Basis die Klägerin argumentiert hat, nicht jedoch auf die EP 0 876 736 A1, welche nur aus einem Titelblatt mit Verweis auf die WO 97/30561 A1 besteht.
120
Die Druckschrift beschreibt einen Datenspeicher (memory device 41) in Form einer SIM-Karte (subscriber identity module / SIM 41), die einer GSM-kompatiblen Mobilstation (mobile station 32 (like a handset, keypad etc.) / GSM-specified mobile stations) entnehmbar ist, wobei der Datenspeicher respektive die SIM-Karte ein Speichermittel (memory location in the SIM) aufweist. Allerdings wird nicht explizit aufgeführt, dass der Datenspeicher auch einen Prozessor aufweist (vgl. S. 4, Z. 8-10, S. 5, Z. 5-8, S. 8, zw. Abs. sowie Fig. 2 und S. 11, Z. 23-28 sowie S. 12, Z. 6-8). Der Fachmann liest hier aufgrund seiner Kenntnisse bezüglich SIM-Karten jedoch mit, dass ein Datenspeicher in Form einer SIM-Karte auch einen Prozessor aufweist (Merkmale M1 und M5).
121
Im Hinblick auf die Merkmale M2, M4
und
M6 liest der Fachmann auch noch mit, dass in dem Speichermittel des entnehmbaren Datenspeichers (SIM 41) der GSM-kompatiblen Mobilstation (bspw. eines Mobiltelefons) zumindest ein Datensatz bzw. eine Liste mit einer Roaming-Auswahl von bevorzugten Roaming-Netzen in verschiedenen geografischen Gebieten (preferred
roaming selection list in SIM 41) gemäß Figur 3 gespeichert ist und eine Speicherzugriffsnachricht eines Prozessors (processor (CPU) 34) der Mobilstation (mobile station 32) diesen Datensatz zur Auswahl bestimmt (vgl. S. 12, zw. Abs. sowie Anspruch 1 auf S. 17 und Fig. 3).
122
Die ältere Anmeldung NK2 befasst sich – im Gegensatz zum Streitpatent – jedoch nicht damit, dass bei einem bekannten Datenspeicher bzw. einer SIM-Karte unter Beibehaltung der bekannten Zugriffsbefehle einer Mobilstation eine erweiterte Dateistruktur auf einem entnehmbaren Speicher (SIM-Karte) bereitgestellt wird, um damit die Abwärtskompatibilität zu sichern, sodass neue bzw. neu programmierte Mobilstationen sowohl mit einer neuen als auch mit einer alten SIM-Karte benutzbar sind.
123
Mehrere Datensätze, die gemäß Merkmal M3 dem bestimmten Datensatz entsprechen sollen, sind der älteren Anmeldung NK2 nicht zu entnehmen. Dass der Inhalt eines Eintrags einer Liste einen Zeiger bzw. sogenannten Pointer umfasst, der auf einen weiteren Datensatz verweist, bedeutet – entgegen den Ausführungen der Klägerin – noch nicht, dass damit mehrere Datensätze vorliegen, die im Sinne des Merkmals M3 dem vorgenannten Datensatz bzw. der Liste entsprechen.
124
Dass eine Auswahl des vorstehend genannten Datensatzes in der Liste zur Roaming-Auswahl (roaming selection list in SIM 41; vgl. Fig. 3) entsprechend Merkmal M7 aus mehreren Datensätzen unabhängig vom Inhalt der Speicherzugriffsnachricht und auf Basis eines Betriebszustands der Mobilstation durchgeführt wird, ist der älteren Anmeldung NK2 ebenfalls nicht zu entnehmen. Vielmehr wird auf Basis einer Zugriffsanfrage des Prozessors (processor (CPU) 34) der Mobilstation (mobile station 32 (like a handset, keypad etc.)) ein Netzwerk mit höchster Priorität ausgewählt, auf das ein Zeiger (pointer) in der Roaming-Auswahl-Liste (preferred
roaming selection list in SIM 41) zeigt (vgl. S. 10, le. Abs. und Anspruch 1 auf S. 17). Die Daten bezüglich bevorzugter Roaming-Netze in der vorstehend genannten Roaming-Auswahl-Liste können dabei zwar als Daten angesehen werden, die den Betriebszustand der Mobilstation angeben. Allerdings wird die Auswahl des Netzwerkes mit der höchsten Priorität auf Basis eines Zeigers (pointer) in der Roaming-Auswahl-Liste (preferred
roaming selection list in SIM 41) in Abhängigkeit vom Inhalt der entsprechenden Speicherzugriffsanfrage durchgeführt, die eine Abfrage bezüglich des bevorzugten Netzes beinhaltet, wobei die Auswahl durch den Prozessor (CPU 34) der Mobilstation erfolgt (vgl. bspw. S. 13, Z. 18-20: the mobile station will look for…; sowie Anspruch 1, le. Merkmalsgruppe). Die Daten bezüglich bevorzugter Roaming-Netze werden dabei auch nicht entsprechend Merkmal M8 in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten, der einem ersten, in der Speicherzugriffsnachricht spezifizierten Datensatz nach den Merkmalen M3 und M6 entspricht, sondern in den Datensätzen der Roaming-Auswahl-Liste selbst (preferred
roaming selection list in SIM 41), wie es in Figur 3 dargestellt ist.
125
Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise in Bezug auf den nebengeordneten Anspruch 18, wobei die Merkmale N4, N6 und N7 den Merkmalen M3, M7 und M8 des Anspruchs 1 entsprechen.
126
c) Druckschrift NK3
127
Im vorveröffentlichten Stand der Technik gemäß NK3 wird ein Datenspeicher in Form einer Chipkarte bzw. IC-Karte mit einem Prozessor (Steuerelement 11 / Zentraleinheit bzw. CPU) sowie einem Speichermittel (u. a. Datenspeicher 12) beschrieben, wobei die IC-Karte in ein Endgerät bzw. Terminal in Form eines Geldautomaten mit einer Karten-Lese/Einschreibeinheit 2 eingeschoben werden kann und dementsprechend auch dem Endgerät bzw. Geldautomat wieder entnehmbar ist (vgl. Sp. 2, Z. 45 ff, Sp. 3, Z. 23-32 sowie Fig. 1 und 2 mitsamt Sp. 5, Z. 51-64 / Merkmal M1). Das Speichermittel (Datenspeicher 12) spricht auf eine Speicherzugriffsnachricht an, die einen Datensatz aus mehreren Datensätzen bestimmt, die in verschiedenen Gruppen/Dateneinheiten organisiert sind, worauf der Prozessor (Steuerelement 11 / Zentraleinheit bzw. CPU in der IC-Karte) den Zugriffsbefehl entschlüsselt und den Datensatz dann zur Verarbeitung auswählt (vgl. Fig. 5 und 8 sowie Sp. 7, Z. 34 ff, Sp. 8, Z. 7-31 und Z. 51-60: Gruppen der Bereichsbestimmungs-Dateneinheiten / […] Zugriff zum Bereich des Datenspeichers 12 nach Maßgabe der Kopfadresse und der Größendaten […] / Merkmale M2 und M4).
128
Dass mehrere Datensätze gemäß Merkmal M3 dem bestimmten Datensatz entsprechen, ist dem Stand der Technik gemäß NK3 nicht zu entnehmen. Dabei offenbart Druckschrift NK3 auch nicht die Merkmale M6, M7 und M8. Die von der Klägerin herangezogenen Zitatstellen in der NK3 offenbaren lediglich, dass die Bereiche, die durch „Bereichsbestimmungs-Dateneinheiten“ definiert sind, „unabhängig von den Bereichen nummeriert sind, die durch die betreffenden Dateneinheiten irgendeiner anderen Gruppe definiert sind“, sowie, dass in einer IC-Karte bestimmt wird, ob eine Gruppe geöffnet worden ist oder nicht (vgl. Sp. 8, Z. 20-31 und Z. 43-46). Insbesondere handelt es sich vorliegend im Zusammenhang mit dem vorstehend genannten Datenzugriff nicht um eine Auswahl aus mehreren Datensätzen unabhängig vom Inhalt der Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten, die einen gegenwärtigen Betriebszustand einer Mobilstation angeben, wie es in Merkmal M7 aufgeführt ist; der Speicherzugriffsbefehl bezeichnet vielmehr die auszuwählende Bereichsbestimmungs-Dateneinheit anhand eines Anwendungscodes (vgl. Sp. 7, Z. 34-42). Auch gibt es in diesem Zusammenhang keinen Hinweis darauf, dass die den Betriebszustand angebenden Daten entsprechend Merkmal M8 in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten werden.
129
Entgegen den Ausführungen der Klägerin liest der Fachmann auch nicht mit, dass die vorgenannte Karten-Lese/Einschreibeinheit, die als Lesegerät für den Datenspeicher in Form einer Chipkarte dient, als optionale Mobilstation zur Verwendung in einem Mobilkommunikationssystem gemäß Merkmal M5 angesehen werden kann. Ein Geldautomat oder ein Terminal für eine IC-Karte (vgl. Sp. 3, Z. 23-32) sind dabei auch nicht als eine Mobilstation im Sinne des Streitpatents anzusehen (vgl. Merkmal M6), denn das beschriebene Terminal ist aufgrund des ausschließlich beschriebenen Anwendungsfalls auch nicht ohne Weiteres durch eine Mobilstation für ein Mobilkommunikationssystem ersetzbar, wie von der Klägerin ausgeführt. Das von der Klägerin diesbezüglich genannte ID-1-Format betrifft lediglich die räumlichen Abmessungen von Chipkarten bzw. Bankkarten, Kreditkarten sowie Personalausweisen und Magnetstreifenkarten, jedoch nicht einen Speicherzugriff entsprechend den Merkmalen M6, M7 und M8.
130
Auch eine Kenntnis des Fachmanns im Hinblick auf das ID-1-Format bezüglich Kartenabmessungen und Magnetstreifen, wie es in dem von der Klägerin hierzu genannten Fachbuch dokumentiert ist (vgl. Druckschrift NK12), ergibt damit für den Fachmann keinen Hinweis auf die Merkmale M3, M6, M7 und M8 des Anspruchs 1.
131
d) Druckschrift NK4
132
Der vorveröffentlichte Stand der Technik gemäß NK4 beschreibt eine SIM-Karte (subscriber identity module / SIM) für Mobilstationen/Mobiltelefone (mobile units or stations / MS / subsciber unit) in einem Mobilkommunikationssystem (mobile telephone system) nach dem GSM-Standard (vgl. S. 1, Z. 4-27). Der Fachmann entnimmt dem Dokument dabei, dass die an die Mobilstation in einem Mobilkommunikationssystem vom GSM-Typ anschließbare SIM-Karte einen entnehmbaren Datenspeicher darstellt und auch einen Prozessor zur Steuerung der Mobilstation (mobile station MS […] controlled by a SIM card) aufweist. Des Weiteren speichert ein Speichermittel beispielsweise eine dienstliche und eine private Nutzer-Identität (e.g. a service identity
and a private identity; identity IMSI / identity IMSI 2), die beide als Identitäts-Datensätze (at least two identities) anzusehen sind (vgl. Abstract und S. 1, Z. 4-27, S. 2, Z. 23-26 sowie Fig. 1 und S. 6, Z. 36 bis S. 7, Z. 2 / vgl. Merkmale M1, M2
und
M5). Dass ein Prozessor eingerichtet ist, einen bestimmten Datensatz aus den mehreren Datensätzen zum Zugriff auszuwählen, liest der Fachmann dabei mit (vgl. Merkmal M4).
133
Im Hinblick auf Merkmal M7 lehrt Druckschrift NK4 zwar, dass auf den Inhalt des Speichermittels bzw. der SIM-Karte nur in Abhängigkeit von einem erfolgreich eingegebenen PIN-Code zugegriffen wird, wobei die erfolgreiche Aktivierung der Mobilstation mittels PIN-Code als Betriebszustand im Sinne des Streitpatents anzusehen ist (vgl. S. 3, Z. 10-12). Dass eine Auswahl entsprechend Merkmal M7 aus mehreren Datensätzen unabhängig vom Inhalt einer ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten, die den gegenwärtigen Betriebszustand der Mobilstation angeben, durchgeführt wird, wobei die angebenden Daten entsprechend Merkmal M8 in einem weiteren Datensatz im Speichermittel gehalten werden, kann dem Stand der Technik gemäß NK4 jedoch nicht entnommen werden. Vielmehr beruht die Auswahl zwischen den Nutzer-Identitäten auf der Entscheidung des Nutzers (…the user selectively activating the desired identity when using a subscriber unit, vgl. Anspruch 1 und S. 2, Z. 23-26).
134
Die Ausführungen zu den fehlenden Merkmalen M7 und M8 in Druckschrift NK4 gelten in gleicher Weise in Bezug auf die entsprechenden Merkmale N6 und N7 des Anspruchs 18.
135
e) Druckschrift NK7
136
Der Stand der Technik gemäß Druckschrift NK7, die von der Klägerin in Bezug auf den nebengeordneten Anspruch 18 entgegengehalten worden ist, beschreibt eine SIM-Karte und mehrere Teilnehmeridentitäten in einem GSM-Mobilfunknetz, die mittels einer gemeinsamen Kennung und einer gemeinsamen Geheimnummer/PIN aktiviert werden können, wobei nur eine Identität aktiv sein kann (vgl. u. a. Zusammenfassung und Sp. 1, Z. 46-49). Dazu wird im Hinblick auf die Merkmale N1 bis N5 noch aufgeführt, dass Daten wie die Kennung und Geheimnummern auf der SIM-Karte gespeichert werden (vgl. Sp. 1, Z. 6-11). Ansonsten werden Speicherzugriffe bzw. entsprechende Speicherzugriffsnachrichten nicht weiter beschrieben. Zwar wird noch auf die Inanspruchnahme von Dienstleistungen und eine „Identität“ bzw. einen damit verbundenen „Zustand“ hingewiesen, „der gültig ist, bis ein Benutzer ihn durch Aktivieren einer anderen Umgebung ändert“ (vgl. Sp. 1, Z. 58-63). Dies bedeutet aber nicht, dass ein Datensatz aus mehreren Datensätzen unabhängig vom Inhalt einer ersten Speicherzugriffsnachricht und Basis von Daten, die den gegenwärtigen Zustand einer Mobilstation angeben durchgeführt wird, wie es in Merkmal N6 i. V. m. Merkmal N5 aufgeführt ist. Auch das Merkmal N7 bezüglich Daten, welche den Betriebszustand angeben und in einem zweiten/weiteren Datensatz in einem Speichermittel der SIM-Karte gehalten werden, ist dem Stand der Technik gemäß NK7 nicht zu entnehmen.
137
Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise in Bezug auf die entsprechenden Merkmale des Anspruchs 1.
138
f) Druckschrift NK9
139
Der Stand der Technik gemäß NK9 betrifft den GSM-Mobilfunkstandard und beschreibt einen Datenspeicher in Form einer SIM-Karte (Plug-In SIM), (vgl. u. a. Abkürzungsliste auf S. 14), wobei die SIM-Karte auch ein Speichermittel (memory) aufweist. Der Fachmann liest dabei mit, dass die SIM-Karte einen Prozessor zur Steuerung aufweist und die SIM-Karte über eine Schnittstelle (Mobile Equipment (SIM – ME) interface) an die Mobilstation (MS) bzw. an mobile Geräte (mobile equipment ME) in einem Mobilkommunikationssystem (Global System for Mobile communications / GSM) angeschlossen werden kann (vgl. S. 1, Titel und Key words; Kapitel 6 auf S. 22 ff. / Merkmale M1 und M5). Ein mobiles Gerät (mobile equipment ME) sendet hier auch eine Speicherzugriffsnachricht in Form eines Lesebefehls (read command / SELECT) zur Bestimmung eines Datensatzes (requested data / Elementary File EF) in dem Speichermittel des Datenspeichers bzw. der SIM-Karte (vgl. Abschnitt 11.1.1 auf S. 87 und Abschnitt 8.1 auf S. 28 / Merkmal M2), wobei die SIM-Karte – für den Fachmann offensichtlich – eingerichtet ist, den angeforderten Datensatz als Reaktion auf die Speicherzugriffsnachricht (read command / SELECT) aus mehreren Datensätzen zum Zugriff auszuwählen, so dass die Mobilstation entsprechend Merkmal M6 im Zusammenhang mit Merkmal M4 auf den Datensatz zugreifen kann (vgl. Abschnitte 8.1 und 11.1.1, a. a. O.).
140
Diese Datensätze, die jeweils eigene Identifizierer aufweisen (file ID, vgl. Abschnitt 6.2 auf S. 23), erfüllen jedoch nicht die Anforderungen des Merkmals M3. Soweit die Klägerin in Bezug auf Merkmal M3 auf die Ausgabe einer Fehlermeldung im Falle einer fehlenden Zugriffsberechtigung des Teilnehmers verweist, ist festzustellen, dass eine zugehörige Fehlermeldung bzw. eine Meldung, dass kein Zugriffsfehler vorliegt, nicht als mehrere Datensätze anzusehen sind, die beide gemäß Merkmal M3 einem bestimmten Datensatz entsprechen. Dementsprechend erfolgt entgegen den sinngemäßen Ausführungen der Klägerin auch keine diesbezügliche Auswahl zwischen solchen Datensätzen unabhängig vom Inhalt der Speicherzugriffsnachricht und in Abhängigkeit vom Betriebszustand der Mobilstation, wie es in Merkmal M7 gefordert ist, selbst wenn der in Abschnitt 7.3 genannte Wert CHV1 (card holder verification 1) den Betriebszustand des Mobiltelefons und nicht nur den Betriebszustand der SIM-Karte abbildet.
141
Die weitere Argumentationslinie der Klägerin in Bezug auf NK9 und einer Dateiauswahl mittels Select-Befehl als Betriebszustand kann ebenfalls nicht überzeugen, da die Dateiauswahl mittels Select-Befehl durch die Mobilstation keinen „Betriebszustand“ der Mobilstation (current operational condition) darstellt, auch wenn sich die Mobilstation (d. h. die Software, welche den Befehl bewirkt) bei der Abgabe eines solchen Befehls in einem definierten Zustand befindet. Denn dabei handelt es sich gerade nicht um einen Betriebszustand im Sinne des Streitpatents, in dem die Mobilstation betrieben wird. Der durch das Ausführen des Select-Befehls wiederum bewirkte Zustand stellt einen Zustand des Datenspeichers (SIM-Karte) und nicht des Mobiltelefons selbst dar. Mit der fehlenden Abhängigkeit der Datenauswahl vom Betriebszustand der Mobilstation bzw. des Mobiltelefons sind aber die Merkmale M7 und M8 bereits nicht erfüllt.
142
Die Ausführungen zu den Merkmalen M3, M7 und M8 gelten in gleicher Weise in Bezug auf die entsprechenden Merkmale N4, N6 und N7 des Anspruchs 18.
143
g) Druckschriften NK5, NK6, NK8 und NK10
144
Zu den Druckschriften NK5, NK6, NK8 und NK10 hat die Klägerin nicht weiter ausgeführt. Druckschrift NK5 befasst sich mit einer SIM-Karte im Zusammenhang mit anfänglichen Prepaid-Zahlungen und Tarifen (vgl. u. a. den Abstract sowie Fig. 4-8 und zugeh. Text). Druckschrift NK6 beschreibt eine SIM-Karte und die Speicherung von Identitäten in einer solchen Karte (vgl. u. a. Abstract und Fig. 1 mit zugeh. Text). Druckschrift NK8 beschreibt den Zugang und die Sperrung von Speicherbereichen einer SIM-Karte (vgl. Abstract sowie Fig. 4 mitsamt zugeh. Text). Druckschrift NK10 stellt einen ISO-Standard zu logischen Datenstrukturen, Schnittstellen und Speicherorganisation in Chipkarten dar (vgl. u. a. Kapitel 5 auf S. 3 ff). Darüber hinaus geht es in dem ISO-Standard auch nicht um Mobilfunktechnologie oder die Verwendung der Chipkarten als Datenspeicher in Mobilstationen.
145
Insbesondere ein Hinweis darauf, dass als Reaktion auf eine erste Speicherzugriffsnachricht ein Datensatz aus den mehreren Datensätzen zum Zugriff ausgewählt wird, wobei die Auswahl unabhängig vom Inhalt der ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten geschehen soll, die einen gegenwärtigen Betriebszustand der Mobilstation angeben (vgl. insbesondere Merkmal M7 bzw. Merkmal N6) ist dabei keiner der Druckschriften NK5, NK6, NK8 und NK10 zu entnehmen.
146
h) Druckschrift NK11
147
Die Offenlegungsschrift FR 2 756 132 A1 gemäß Anlage NK11 ist erst am 22. Mai 1998 veröffentlicht worden und stellt damit eine nachveröffentlichte Druckschrift dar. Da es sich bei NK11 weder um eine PCT-Anmeldung noch um eine EP-Anmeldung mit Bestimmungsland DE handelt, stellt Druckschrift NK11 keine ältere Anmeldung dar, die bezüglich der Neuheit der jeweiligen Anspruchsgegenstände des Streitpatents zu berücksichtigen wäre.
148
i) Druckschrift NK11-1
149
Die als Anlage NK11-1 von der Klägerin ins Verfahren eingeführte und entsprechend Art. 54 (3) EPÜ nachveröffentlichte ältere Anmeldung EP 0 843 496 A1 stellt ein Familienmitglied der nachveröffentlichten Druckschrift gemäß Anlage NK11 / FR 2 756 132 A1 dar.
150
Die ältere Anmeldung NK11-1 nimmt die Gegenstände der Ansprüche 1 und 18 ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg. Zumindest Merkmal M7 bzw. N6, demgemäß die Auswahl eines Datensatzes unabhängig vom Inhalt einer ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten durchgeführt wird, die den gegenwärtigen Betriebszustand der Mobilstation angeben, sind der älteren Anmeldung gemäß NK11-1 nicht zu entnehmen; vgl. u. a. Figur 3 und den zugehörigen Text (Sp. 5, Z. 36 ff), der sich auf die Auswahl eines zusätzlichen / komplementären Datensatzes (sélection de fichier élémentaire complémentaire) bezieht. Der älteren Anmeldung NK11-1 ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu entnehmen, dass ein vorheriger Datensatz in einer Datei (vgl. elementary file EF) den Betriebszustand der Mobilstation (terminal mobile de télécommunications 2) angibt, wie es die Klägerin in Bezug auf Merkmal M3 ausgeführt hat (vgl. NK11-1 a. a. O. und Fig. 1 sowie Sp. 2, Z. 51 ff).
151
Die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf die ältere Anmeldung gemäß Anlage NK11-1 gelten in gleicher Weise in Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 18.
152
j) Druckschrift NK12
153
Auch die von der Klägerin genannte vorveröffentlichte Druckschrift NK12 beschreibt im Hinblick auf den in den Merkmalen M7 und N6 genannten Betriebszustand einer Mobilstation lediglich einen Zustandsautomaten in einer Chipkarte, welcher zur Bestimmung des Zustands einer Chipkarte dient. Druckschrift NK12 befasst sich jedoch nicht mit dem Betriebszustand einer Mobilstation, wie er in Merkmal M7 bzw. Merkmal N6 aufgeführt ist (vgl. u. a. den Text auf S. 164, 168, 169 und 175). Auch die weiteren Merkmale der Ansprüche 1 und 18 sind Druckschrift NK12 nicht zu entnehmen – entsprechendes ist seitens der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.
154
2. Erfinderische Tätigkeit
155
Wie vorstehend zur Neuheit der Gegenstände der jeweiligen nebengeordneten Ansprüche 1 und 16 ausgeführt, sind dem im Verfahren befindlichen vorveröffentlichten Stand der Technik insbesondere die Merkmale M7 und N6 nicht zu entnehmen. Dabei geben auch weder der vorveröffentlichte Stand der Technik gemäß den Druckschriften NK1, NK2, NK3, NK4 und NK9 sowie NK12 noch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, soweit sie vorveröffentlicht sind, einen Hinweis darauf, dass als Reaktion auf eine erste Speicherzugriffsnachricht ein Datensatz aus den mehreren entsprechenden Datensätzen zum Zugriff auszuwählen ist, wobei die Auswahl unabhängig vom Inhalt der ersten Speicherzugriffsnachricht und auf Basis von Daten geschehen soll, die einen gegenwärtigen Betriebszustand einer Mobilstation im Sinne des Streitpatents angeben (vgl. vorstehende Ausführungen, insbesondere zu den Merkmalen M7 und N6). Auch eine Zusammenschau des vorveröffentlichten Standes der Technik gemäß NK1, NK3, NK4 und NK9 sowie NK12 oder eine Kombination der Lehren der übrigen im Verfahren befindlichen vorveröffentlichten Druckschriften führt damit nicht in naheliegender Weise zu den Gegenständen der nebengeordneten Ansprüche 1 und 18 mit Merkmal M7 bzw. Merkmal N6. Die jeweiligen Anspruchsgegenstände sind dem Fachmann dabei auch unter Einbeziehung seines Fachwissens nicht nahegelegt.
156
Die Gegenstände der unabhängigen nebengeordneten Ansprüche 1 und 18 beruhen somit auf einer erfinderischen Tätigkeit und sind daher patentfähig.
157
3. Die auf die unabhängigen Patentansprüche 1 und 18 in der Fassung rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9, 12 bis 14, 17, 19 bis 26, 30 und 33 genügen ebenfalls den an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich Zulässigkeit und Schutzfähigkeit.
158
B. Nebenentscheidungen
159
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der im Umfang der Verteidigung als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand gegenüber demjenigen der erteilten Fassung in seiner wirtschaftlichen Bedeutung nur geringfügig eingeschränkt ist, sodass es gerechtfertigt ist, der Klägerin trotz der Beschränkung des Streitpatents 9/10 der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
160
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.


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