Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung.

Aktenzeichen  3 Ni 38/17 (EP)

Datum:
21.5.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:210519U3Ni38.17EP.0
Spruchkörper:
3. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 459 650
(DE 50 2004 004 783)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2019 durch den Richter Hermann als Vorsitzenden, die Richterin Martens sowie die Richter Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Wiegele und Dr.-Ing. Schwenke
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 459 650 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche 1 bis 4 folgende Fassung erhalten:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 459 650, das vom deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 50 2004 004 783 geführt wird.
2
Das am 29. August 2007 erteilte Patent wurde am 18. März 2004 unter Inanspruchnahme der Priorität DE 103 13 159 vom 18. März 2003 angemeldet. Es wurde in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und trägt den Titel „Regal aus einem knickbaren Material wie Pappe“.
3
Das Patent ist in Kraft und umfasst in der erteilten Fassung den unabhängigen Anspruch 1 mit den rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 9 sowie den Anspruch 10, einen Bausatz für ein Regal nach einem der Ansprüche 1 bis 9. Der Beklagte hat das Patent im Lauf des Verfahrens mit einer beschränkten Anspruchsfassung verteidigt.
4
Der geltende Anspruch 1 nach diesem Hauptantrag lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:
5
Regal aus einem knickbaren, flächigen Material wie Pappe oder dergleichen mit einem Regalträger (1) und mindestens einem einsteckbaren Regalboden (2), wobei der Regalboden (2) mindestens eine über eine Knickkante gelenkig mit dem Regalboden (2) verbundene Lasche (10) zum Einstecken in einen Schlitz (11) im Regalträger (1) aufweist,
6
dadurch gekennzeichnet,
7
dass der Regalboden (2) eine Grundfläche (8) sowie mit der Grundfläche (8) über Knickkanten verbundene Wandteile (9) aufweist, dass die Lasche (10) an einem der Wandteile (9) oder einer Verlängerung eines der Wandteile (9) angeordnet ist und dass der Schlitz (11) bei aufgestelltem Regal oberhalb eines durch die Grundfläche (8) definierten Niveaus liegt, wobei der Schlitz (11) an einer Stelle ist, an welcher der Träger (1) mindestens zweilagig ist, so dass die Lasche (10) in eingestecktem Zustand zwischen zwei Lagen liegt, wobei der Regalboden (2) mindestens zwei Laschen (10) an seitlichen Wandteilen (9) oder Verlängerungen seitlicher Wandteile (9) aufweist, wobei der Regalträger (1) eine Rückwand (3) und zwei Seitenwände (4) aufweist, wobei beide Seitenwände (4) jeweils einen bei aufgestelltem Regal oberhalb des durch die Grundfläche (8) definierten Niveaus liegenden Schlitz (11) zur Aufnahme einer Lasche (10) aufweisen.
8
Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 2 und 3, des nebengeordneten Anspruchs 4 sowie den weiteren Einzelheiten wird auf das Streitpatent bzw. die Akten Bezug genommen.
9
Die exklusive Lizenznehmerin des Beklagten hat gegen die Klägerin am 20. Juli 2017 Verletzungsklage vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben.
10
Mit ihrer Klage vom 30. Oktober 2017 greift die Klägerin das Patent in vollem Umfang gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II, § 6 (1) Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 (1) i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ) an. Sie hält den angegriffenen Streitgegenstand für nicht neu und auch nicht für erfinderisch. Die Klägerin verweist auf folgende Druckschriften:
11
K-4 JP 2000-237006,
12
K4Ü deutsche Übersetzung der K-4,
13
K-5 JP 2000-237003,
14
K-5Ü deutsche Übersetzung der K-5,
15
K-6 DE 296 22 521 U1 und
16
K-7 Anlagenkonvolut bestehend aus:
17
K-7a: NL 93 00806
18
K-7aÜ: englische Übersetzung der K-7a
19
K-7b: Recherchebericht zu NL 93 00806
20
K-7c: Foto Messestand 1994
21
K-7d: Foto Messestand 1994
22
K-9 US 3,139,192
23
K-13 DE 198 60 305 A1
24
Der Gegenstand des nach der Selbstbeschränkung des Beklagten gemäß Hauptantrag geltenden Anspruchs 1 sei nicht zulässig, da er unzulässig erweitert sei. Auch sei er offenkundig vorbenutzt worden und somit nicht neu. Die Klägerin habe aufgrund einer Erfindung des Designers K…, die dieser im Mai 1993 beim
25
niederländischen Patentamt eingereicht hatte, ein auf den Merkmalen des angefochtenen Patents beruhendes Display bereits 1994 auf der Messe „Du Marketing Point de Vente“ u. a. als sogenanntes Mentos-Display vorgestellt. Weil das an sich wegweisende Prinzip, die Transportverpackung eingehängt als Regal-Lade zu verwenden, damals nicht erfolgreich gewesen sei, sei die Patentanmeldung nicht weiter verfolgt worden. Wegen der Einzelheiten des diesbezügliche Vorbringens wird auf den Inhalt der Klageschrift unter 5.1.C und der Schriftsätze vom 12. Juni 2018 unter 2.2, vom 5. März 2019 unter 3.2.1 und vom 4. April 2019 unter 2 sowie das Anlagenkonvolut K-7 Bezug genommen.
26
Ausgehend von K-5, K-9 und K-13 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 im Übrigen nicht erfinderisch.
27
Die Ansprüche 1 der Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 seien jeweils unzulässig erweitert, zum Teil unklar, nicht neu gegenüber der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung, sowie, ausgehend von den o.g. Druckschriften, auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
28
Die Klägerin beantragt,
29
das europäische Patent 1 459 650 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
30
Der Beklagte beantragt,
31
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung nach dem Hauptantrag, die der Fassung nach dem ursprünglichen Hilfsantrag 1 gemäß Schriftsatz vom 1. Februar 2018 entspricht, erhält,
32
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 3, die den ursprünglichen Hilfsanträgen 2 bis 4 gemäß Schriftsatz vom 1. Februar 2018 entsprechen, erhält.
33
Hinsichtlich des Wortlauts von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1, einschließlich der auf diesen unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 sowie des nebengeordneten Patentanspruchs 4, wird auf den Tenor der Entscheidung Bezug genommen.
34
Wegen des Wortlauts der Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 2 und 3 sowie den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
35
Der Beklagte bestreitet eine offenkundige Vorbenutzung und tritt dem Vorbringen der Klägerin auch im Übrigen entgegen.
36
Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
37
Der Senat hat nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 21. Mai 2019 Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 21. Mai 2019 verwiesen.


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