Sozialrecht

Klage auf Anerkennung einer schweren Anpassungsstörung sowie eines depressiven Syndroms als Dienstunfallfolgen

Aktenzeichen  M 12 K 15.1582

Datum:
14.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 46 BayBeamtVG

 

Leitsatz

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer schweren Anpassungsstörung oder eines depressiven Syndroms (ICD-10 F 32.1) als Folge des Dienstunfalls vom 20. Januar 2014, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Entsprechend ist der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 24. März 2015 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn nach den strengen Maßstäben des Dienstunfallrechts (I.) konnte der Kläger keine weiteren von ihm geltend gemachten Körperschäden nachweisen, die kausal auf den Dienstunfall vom 20. Januar 2014 zurückzuführen wären (II.).
I.
Nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG wird Unfallfürsorge gewährt, wenn ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt wird. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder als Folge des Dienstes eingetreten ist. Als Folgen eines Dienstunfalls können nur Körperschäden anerkannt werden, die durch diesen verursacht wurden.
Ein äußeres, den Dienstunfall verursachendes Ereignis kann dabei nicht nur ein physisch auf den Körper des Beamten einwirkendes Ereignis sein, sondern auch ein solches, das nur mittelbar krankhafte Vorgänge im Körper auslöst, etwa durch die Verursachung eines seelischen Schocks (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.1970 – II C 49.68 – juris Rn. 14). Unter einem Körperschaden im Sinne des Dienstunfallrechts ist jede über Bagatelleinbußen hinausgehende Verletzung der körperlichen oder seelischen Integrität zu verstehen, mithin auch eine als Folge einer Traumatisierung eingetretene seelische Störung (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2009 – 2 C 134.07 – juris Rn. 24).
Als Ursachen im Rechtsinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, U.v. 15.9.1994 – 2 C 24.92 – juris Rn. 17; U.v. 18.4.2002 – 2 C 22.01 – juris Rn. 10). Der Ursachenzusammenhang ist dabei nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit oder ein anderes Unfallereignis) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt.
Löst ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigt oder verschlimmert es dieses, so ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen „der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“, bei einer Krankheit, „die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der krankhaften Veranlagung) derartig zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist. Nicht Ursache im Rechtsinn sind demgemäß sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, d. h. wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 22.01 – juris Rn. 10; U.v. 29.10.2009 – 2 C 134.07 – juris Rn. 26).
Der Grundgedanke dieser Kausaltheorie liegt darin, dass der Dienstherr nicht für Folgen haften soll, die nicht seiner Risikosphäre zugerechnet werden können. Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge darf nicht dazu führen, dass dem Beamten jedes denkbare Risiko abgenommen wird, auch wenn es sich in gar keiner Weise aus dem Dienst ableitet; vielmehr kann nur eine solche Risikoverteilung sinnvoll sein, die dem Dienstherrn die eigentümlichen und spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit auferlegt, dagegen dem Beamten mindestens die Risiken belässt, die sich aus seinen persönlichen Anlagen und etwa bereits bestehenden Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustands ergeben. Körperschäden auch psychischer Art sind so dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen, wenn sie jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastungssituation hätten eintreten können (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 22.01 – juris Rn. 11).
Für das Vorliegen eines Dienstunfalls, eines Körperschadens und der Ursächlichkeit des Dienstunfalls für den Körperschaden ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast sowohl für das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch dafür, dass die Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob die anspruchsbegründenden Voraussetzungen erfüllt sind, geht dies zulasten des Beamten. Ein Anspruch ist nur dann zuzuerkennen, wenn sowohl das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch der Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, B.v. 4.4.2011 – 2 B 7.10 – juris Rn. 8).
II.
Gemessen an diesen strengen Maßstäben konnte der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass bei ihm weitere Körperschäden vorhanden sind, die wesentlich durch das Ereignis vom 20. Januar 2014 hervorgerufen wurden.
1. Der Kläger hat am 20. Januar 2014 einen Dienstunfall erlitten. Ausweislich des bestandskräftigen Bescheids vom 2. Dezember 2014 wurde der Unfall des Klägers vom 20. Januar 2014 als Dienstunfall i. S. d. Art. 46 BayBeamtVG anerkannt.
2. Soweit der Kläger die Anerkennung einer schweren Anpassungsstörung als Folge des Dienstunfalls vom 20. Januar 2014 begehrt, konnte das Gericht bereits nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit davon gewinnen, dass beim Kläger ein entsprechender Körperschaden vorliegt.
a) Die Stellungnahme von Fr. Dr. P. vom 7. Januar 2015 enthält keine Diagnose einer schweren Anpassungsstörung, so dass sie schon deshalb nicht geeignet ist, einen entsprechenden Körperschaden beim Kläger darzulegen.
b) Hr. Dr. S. diagnostizierte zwar in seinem epikritischen Bericht vom 22. April 2015 beim Kläger eine schwere Anpassungsstörung bei depressivem Syndrom und ging auch bei seiner Einvernahme als sachverständiger Zeuge in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 vom Vorliegen einer Anpassungsstörung aus. Diese Aussagen überzeugen jedoch nicht. Vielmehr steht aufgrund der ausführlichen und nachvollziehbaren Ausführungen der sachverständigen Zeugin und Amtsärztin Fr. Dr. K. fest, dass beim Kläger keine Anpassungsstörung, sondern ein depressives Syndrom vorliegt. Damit ist dem Kläger – unabhängig davon, ob eine Anpassungsstörung als Körperschaden einzustufen ist – insoweit schon nicht der Nachweis eines vorhandenen Körperschadens gelungen.
c) Die sachverständige Zeugin Fr. Dr. K. erklärte anschaulich und widerspruchsfrei, warum beim Kläger keine Anpassungsstörung, sondern eine Depression gegeben ist. Denn bei der Anpassungsstörung gibt es ein zeitliches Moment dahingehend, dass diese regelmäßig nach sechs Monaten ausgeheilt oder zumindest erheblich gebessert ist. Dies ist beim Kläger aber gerade nicht der Fall. Es gibt zwar auch prolongierte Anpassungsstörungen, diese dauern jedoch maximal zwei Jahre. Auch dieser Zeitraum ist beim Kläger mittlerweile ohne Eintritt einer Besserung weit überschritten. Aus den schlüssigen Aussagen der sachverständigen Zeugin ergibt sich, dass es im Gegensatz zur Anpassungsstörung bei einer Depression keine zeitliche Einschränkung gibt, so dass sich die beiden Krankheitsbilder gut voneinander abgrenzen lassen. Es zeigt sich damit, dass aufgrund des zeitlichen Moments, also der langanhaltenden Beschwerden des Klägers, bei ihm nicht von einer Anpassungsstörung, sondern von einer Depression auszugehen ist.
Die sachverständige Zeugin setzte sich ausführlich mit der Diagnose von Hr. Dr. S… auseinander und erklärte schlüssig, dass die angenommene Anpassungsstörung eine reine Vermutung aufgrund der Angaben des Klägers, nicht jedoch einen belastbaren Befund aufgrund einer eigenen Diagnose darstellt. Dies überzeugt ebenfalls, da die sachverständige Zeugin den Kläger zur Erstellung des Gesundheitszeugnisses am 17. September 2014 amtsärztlich untersuchte.
3. Darüber hinaus konnte der Kläger weder bezüglich der geltend gemachten schweren Anpassungsstörung noch bezüglich des depressiven Syndroms mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass diese auf das Ereignis vom 20. Januar 2014 zurückzuführen sind.
a) Aus der Stellungnahme von Fr. Dr. P. vom 7. Januar 2015 ergibt sich kein Kausalzusammenhang. So werden schon die Diagnosen einer Anpassungsstörung oder eines depressiven Symptoms nicht fundiert herausgearbeitet. Ferner enthält die Stellungnahme keine tragfähigen Angaben zu einem möglichen Ursachenzusammenhang, sondern spricht nur „in Zusammenhang“ mit dem Lärmtrauma des Klägers vom Januar 2014 von der glaubhaften Vermittlung eines massiven Leidensdrucks durch den Kläger. Diese Ausführungen können einen Kausalzusammenhang im Sinne des Dienstunfallrechts nicht ansatzweise begründen.
b) Unabhängig davon, dass der Kläger schon nicht den Körperschaden einer schweren Anpassungsstörung nachweisen konnte (s.o.), konnte er auch nicht den Nachweis der Kausalität zwischen Dienstunfall und behaupteter Anpassungsstörung erbringen. Insbesondere ergibt sich ein solcher Nachweis nicht aus den Ausführungen des sachverständigen Zeugen Hr. Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016.
Zum möglichen Zusammenhang zwischen Dienstunfall und depressivem Syndrom machte der sachverständige Zeuge keine Angaben, da er beim Kläger vom Vorhandensein einer Anpassungsstörung ausging. Auf die Frage, ob die von ihm diagnostizierte schwere Anpassungsstörung ursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen sei, erklärte er, dass ihm der Kläger glaubhaft berichtet habe, vor dem Dienstunfall keine psychische Erkrankung und keine derartigen Symptome gehabt zu haben, so dass er aufgrund dessen einen Kausalzusammenhang sehe. Der Kläger habe anamnestisch angegeben, dass er trotz des früheren Tinnitus bislang an keiner psychischen Erkrankung gelitten habe. Der sachverständige Zeuge erklärte außerdem, dass es zwar nicht auszuschließen sei, dass der Kläger eine Veranlagung für eine depressive Erkrankung habe, die durch den Dienstunfall ausgelöst worden sei. Allerdings habe es keine konkreten Indizien für eine Veranlagung für eine depressive Erkrankung gegeben, da der Kläger psychische und psychiatrische Störungen verneint habe.
Diese Aussagen des sachverständigen Zeugen – ihre Richtigkeit unterstellt – vermögen nicht den Kausalzusammenhang zwischen Dienstunfall und der behaupteten Anpassungsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Denn der alleinige zeitliche Zusammenhang zwischen der vom sachverständigen Zeugen angenommenen Anpassungsstörung und dem Dienstunfall, aus dem vom sachverständigen Zeugen auf eine Kausalität geschlossen wird, genügt nicht, um einen ursächlichen Zusammenhang im Rechtssinne zu begründen. Durch bloßes Abstellen auf den zeitlichen Zusammenhang kann gerade nicht nachgewiesen werden, dass der anerkannte Dienstunfall im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Anpassungsstörung keine reine Gelegenheitsursache gewesen sein soll, bei der eine nur zufällige Beziehung zwischen dem Dienst und dem eingetretenen Schaden besteht. Daher kann auf Grundlage der Kausaltheorie des Dienstunfallrechts nicht davon ausgegangen werden, dass der beim Kläger eingetretene Schaden auf die eigentümlichen und spezifischen Gefahren seiner Beamtentätigkeit zurückzuführen ist, sondern er rührt vielmehr aus dem persönlichen Risikobereich des Klägers her.
Hinzu kommt, dass der sachverständige Zeuge die behauptete Kausalität allein aufgrund der anamnestischen Angaben, nicht aber aufgrund einer weitergehenden Untersuchung möglicher psychischer Vorerkrankungen des Klägers begründet: Er geht davon aus, dass keine Indizien für eine Veranlagung des Klägers für eine depressive Erkrankung gegeben seien, weil der Kläger psychische und psychiatrische Störungen verneint habe. Diese allein auf den Angaben des Klägers gründende Annahme genügt nicht für den Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Dienstunfall und dem behaupteten Körperschaden.
c) Auch konnte der Kläger keinen Kausalzusammenhang im Rechtssinne zwischen Dienstunfall und dem bei ihm vorhandenen depressiven Syndrom nachweisen.
Während sich die Aussagen des sachverständigen Zeugen Hr. Dr. S. auf den – im Ergebnis nicht gegebenen (s.o.) – Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und der von ihm angenommenen Anpassungsstörung beschränken, konnte die sachverständige Zeugin Fr. Dr. K. überzeugend darlegen, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall des Klägers und dem depressiven Syndrom gegeben ist.
Die sachverständige Zeugin konnte unter Berücksichtigung der vom Kläger ihr gegenüber gemachten Angaben plausibel darlegen, dass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass beim Kläger vor dem Dienstunfall am 20. Januar 2014 keine depressiven Symptome vorgelegen haben sollen: Der Kläger habe ihr gegenüber geschildert, dass sein Tinnitus im Jahr 2012 wohl stressbedingt verursacht worden sei. Seine letzte Tätigkeit der … stelle eine Riesenlast für ihn dar und er sei froh, wenn sie vorbei sei. Vor dem Hintergrund dieser Angaben des Klägers schilderte die sachverständige Zeugin den vom Kläger empfundenen Druck als Symptom einer Depression, die von seiner Arbeit im Sinne eines multifaktoriellen Geschehens ausgelöst wurde. Das Ereignis vom 20. Januar 2014 stellt damit gerade keine wesentliche Ursache im Sinne des Dienstunfallrechts für das beim Kläger vorhandene depressive Syndrom dar.
Insoweit passt auch der im Jahr 2012 beim Kläger aufgetretene Tinnitus ins Bild. Denn die sachverständige Zeugin erklärte überzeugend, dass ein Tinnitus die Entstehung einer psychischen Störung unterstützt. Dabei ist allerdings ungeklärt, was Ursache und was Wirkung ist, ob also der Tinnitus zur psychischen Störung oder die psychische Störung zum Tinnitus führt. Die Koexistenz beider Krankheiten ist jedoch evident. Vor diesem Hintergrund machte die sachverständige Zeugin deutlich, dass die Depression als längerfristige Entwicklung beim Kläger anzusehen ist, die durch viele Faktoren bestimmt wurde. Sie führte weiter nachvollziehbar aus, dass eine depressive Störung – im Gegensatz zur Anpassungsstörung – wellenartig verlaufen kann, so dass die Besserung des Tinnitus im Jahr 2012 mit einer Besserung der depressiven Störung erklärt werden kann. Auch konnte sie nachvollziehbar darstellen, dass eine Depression immer eine entsprechende Anlage voraussetzt und eine völlige Heilung daher skeptisch zu sehen ist.
Unter Berücksichtigung dieser überzeugenden Aussage lässt sich die Depression des Klägers gerade nicht auf den Dienstunfall vom 20. Januar 2014 zurückführen, sondern ist als Ergebnis einer langfristigen, durch viele Faktoren beeinflussten Entwicklung zu sehen. Damit hat der Dienstunfall weder überragend zum Erfolg (depressives Syndrom) beigetragen noch hat er zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens wie die anderen vorhandenen Gesamtumstände, also die spezifischen Anlagen beim Kläger und das schon frühere – jedenfalls seit 2012 – Vorhandensein eines Tinnitus und damit einhergehend einer psychischen Erkrankung. Der Dienstunfall ist damit nicht wesentliche Ursache im Rechtssinne für das Vorliegen des depressiven Syndroms.
4. Die Aussage der sachverständigen Zeugin und Amtsärztin Fr. Dr. K. ist glaubhaft. Sie hat die Diagnose (Depression) und fehlende Kausalität fundiert, in sich schlüssig und nachvollziehbar erläutert. Sie machte sowohl den Krankheitsverlauf beim Kläger als auch die möglichen Ursachen hierfür plausibel. In sich widerspruchsfrei und sachlich erklärte sie die medizinischen Zusammenhänge. Insbesondere konnte sie die Aussagen des sachverständigen Zeugen Hr. Dr. S. in Bezug auf die Diagnose der Anpassungsstörung und der Annahme eines diesbezüglichen Kausalzusammenhangs zum Dienstunfall ohne weiteres durch ihre fundierte, sachliche Einlassung entkräften. Es gibt keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der sachverständigen Zeugin zu zweifeln.
Hinzu kommt, dass amtsärztlichen Gutachten regelmäßig ein höherer Beweiswert zukommt als privatärztlichen Zeugnissen. Denn ein Amtsarzt ist unabhängig und an keine Weisungen und Empfehlungen gebunden. Die beim Gesundheitsamt tätigen Ärzte unterliegen zum einen einer besonderen Pflicht zur unparteiischen Aufgabenerfüllung, zum anderen verfügen sie regelmäßig über einen besonderen Sachverstand betreffend die Belange der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit sowie über die besondere Erfahrung aufgrund ihrer Tätigkeit in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Sie sind daher grundsätzlich eher als ein privater Arzt in der Lage, die getroffene medizinische Diagnose angesichts der Besonderheiten der verwaltungsrechtlichen Problematik zu stellen. Daraus folgt, dass den Aussagen eines amtsärztlichen Gutachters – hier den Gesundheitszeugnissen sowie der mündlichen Aussage von Fr. Dr. K., die auf einer vorangegangenen Untersuchung des Klägers gründen – aufgrund des hohen Maßes an Neutralität, Erfahrung und Fachkunde ein besonderer Beweiswert zukommt (VG München, U.v. 11.6.2015 – M 12 K 15.995 – juris Rn. 58; BVerwG, U.v. 11.4.2000 – 1 D 1.99 – juris Rn. 16 m. w. N.; vgl. Sächs. OVG, B.v. 10.10.2013 – 2 A 731/11 – juris Rn. 9). Es gibt keinen Anlass, von dieser Regelbewertung amtsärztlicher Einschätzungen vorliegend abzuweichen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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