Sozialrecht

Soziales Entschädigungsrecht – Kriegsopferversorgung – Internierung – zwangsweise Umsiedlung von Wolgadeutschen in eine Sondersiedlung – sowjetische Kommandaturaufsicht – eigentümliche Verhältnisse der Internierung – Umwelteinflüsse – Atomwaffen-Tests in der Nähe des Internierungsorts – Strahlungskontamination – sozialgerichtliches Verfahren – Antrag auf “Beschädigtenversorgung nach dem BVG” – Bestimmtheit des Leistungsantrags – Auslegung

Aktenzeichen  B 9 V 2/17 R

Datum:
27.9.2018
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BSG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BSG:2018:270918UB9V217R0
Normen:
§ 1 Abs 1 BVG
§ 1 Abs 2 Buchst c BVG
§ 7 Abs 1 Nr 1 BVG
§ 9 BVG
§ 123 SGG
§ 130 Abs 1 SGG
§ 170 Abs 2 S 2 SGG
Spruchkörper:
9. Senat

Leitsatz

Mit in der Nähe eines Internierungsorts durchgeführten Atomwaffenversuchen und der durch sie verursachten Strahlungskontamination am Internierungsort liegt ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang vor.

Verfahrensgang

vorgehend SG Schleswig, 27. März 2014, Az: S 14 VK 4/09, Urteilvorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 6. Dezember 2016, Az: L 2 VK 57/14, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. Dezember 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt eine Versorgungsleistung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Der 1947 in Kasachstan geborene Kläger ist als Spätaussiedler anerkannt und lebt seit März 1996 in Deutschland. Seine Eltern waren Wolgadeutsche und wurden im Jahr 1941 nach Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Krieges nach Kasachstan in das Gebiet P. deportiert. Dort wurden sie in eine in M. gelegene Sondersiedlung untergebracht. In dieser Region befand sich das Atomwaffentestgelände Semipalatinsk der Sowjetunion, die dort zwischen 1949 und 1991 überwiegend zu militärischen Zwecken nukleare Bombentests durchführte.
3
Der Kläger und seine Eltern standen in der Sondersiedlung bis 1956 unter sowjetischer Kommandanturaufsicht und durften die Sondersiedlung ohne behördliche Genehmigung unter Strafandrohung nicht verlassen.
4
Im Oktober 2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten Beschädigtenversorgung. Aufgrund der Strahlenbelastung durch die sowjetischen Atomwaffenversuche sei er gesundheitlich geschädigt worden.
5
Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Der Kläger könne keine Beschädigtenversorgung beanspruchen, weil er in Kasachstan nicht interniert gewesen sei (Bescheid vom 17.11.2008; Widerspruchsbescheid vom 5.2.2009).
6
Das SG hat den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Beschädigtenversorgung nach dem BVG zu gewähren (Urteil vom 27.3.2014). Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Kläger interniert gewesen. Seine Eltern seien gegen ihren Willen in die Sondersiedlung verbracht worden. Aufgrund der Kommandanturaufsicht sei es ihm und seinen Eltern bis 1956 verwehrt gewesen, die in der Nähe des sowjetischen Atomwaffentestgeländes gelegene Sondersiedlung zu verlassen. Auch nach Aufhebung der Kommandanturaufsicht sei dem Kläger wegen der Atomwaffentests das Verlassen der Region verboten gewesen. Die Strahlendosis, der er während der Zeit seiner Internierung aufgrund der Atomwaffenversuche ausgesetzt gewesen sei, sei ausreichend, um die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen zu verursachen.
7
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.12.2016). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Zwar gehöre er grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis und sei bis zur Aufhebung der sowjetischen Sonderkommandantur im Jahr 1956 interniert gewesen. Der Kläger habe aber durch die Internierung keine gesundheitliche Schädigung erlitten. Die von ihm geltend gemachten Einwirkungen durch die atomwaffentestbedingte ionisierende Strahlung stellten keine der Internierung eigentümliche Gefahr dar. Es handele sich nicht um Einflüsse, die für die Eigenart der Internierung typisch und mit ihr zwangsläufig verbunden gewesen seien. Sie stünden mit der Internierung in keinem inneren Zusammenhang. Vielmehr sei der Kläger ihnen lediglich anlässlich seines erzwungenen Aufenthalts in der Nähe des Atomwaffentestgeländes ausgesetzt gewesen. Dies zeige sich insbesondere daran, dass von der Strahlung nicht nur die Internierten betroffen gewesen seien, sondern alle Bewohner der Region einschließlich des Bewachungspersonals.
8
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG. Das Berufungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die atomwaffentestbedingte ionisierende Strahlung nicht auf die mit der Internierung zusammenhängenden eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen sei. Vielmehr sei die Internierung die wesentliche Bedingung für seine Verstrahlung gewesen. Zudem sei auch das Festgehaltenwerden in der Region von 1956 bis Mitte der 1960er-Jahre als Internierung zu bewerten. Weiterhin habe das LSG seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Zumindest hätte es unter Auswertung des im Verfahren vorgelegten Materials aufklären müssen, inwieweit er seit seiner Geburt im Jahr 1947 bis zur Aufhebung der sowjetischen Sonderkommandantur im Jahr 1956 bereits durch die in diesem Zeitraum erfolgte Strahleneinwirkung gesundheitlich geschädigt worden sei.
9
Der Kläger beantragt,das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. März 2014 zurückzuweisen.
10
Der Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
11
Er schließt sich der angefochtenen Entscheidung an. Das Berufungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass eine Kausalbeziehung zwischen einer Internierung und der Strahlenexposition durch die Atomwaffentests nicht bestehe.
12
Die auf ihren Antrag Beigeladene hat sich weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ermöglichen dem Senat keine abschließende Entscheidung, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung nach dem BVG hat.
14
A. Den Streitgegenstand bildet der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Versorgung nach dem BVG, den der Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2009 (§ 95 SGG) verneint hat.
15
Der Senat legt das vom Kläger geltend gemachte Versorgungsbegehren in dessen wohlverstandenem Interesse dahin aus, dass dieser die Gewährung einer Beschädigtenrente (vgl §§ 30, 31 BVG) beansprucht (vgl § 123 SGG). Der erstinstanzlich wörtlich gestellte Leistungsantrag auf Gewährung von “Beschädigtenversorgung nach dem BVG” wäre nämlich unzulässig. Zwar kann im sozialgerichtlichen Verfahren die Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG auf jede nach dem materiellen Recht vorgesehene Leistung gerichtet sein. Die beanspruchte Leistung muss jedoch genau bezeichnet werden (Senatsurteil vom 17.4.2013 – B 9 V 3/12 R – Juris RdNr 24). Der Begriff “Beschädigtenversorgung” betrifft aber keine bestimmte Leistung, sondern umfasst alle nach dem BVG zur Verfügung stehenden Leistungen (vgl § 9 Abs 1 BVG). Selbst wenn nach den Umständen des Falles als “Beschädigtenversorgung” nur eine Geldleistung in Betracht käme, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ein dann immer noch zu unbestimmter Ausspruch nicht Gegenstand eines Grundurteils nach § 130 Abs 1 S 1 SGG sein (vgl Urteil vom 17.4.2013 – B 9 V 3/12 R – Juris RdNr 24; Urteil vom 2.10.2008 – B 9 VG 2/07 R – Juris RdNr 12; Urteil vom 8.8.2001 – B 9 VG 1/00 R – BSGE 88, 240, 246 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 20 S 90 = Juris RdNr 25; Urteil vom 20.10.1999 – B 9 VG 2/98 R – Juris RdNr 16).
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B. Als Anspruchsgrundlage für das Versorgungsbegehren des Klägers im vorgenannten Sinne kommt allein § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG in Betracht. Danach erhält auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Eine Schädigung iS des Abs 1 steht einer Schädigung gleich, die durch eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit herbeigeführt wird. Ob diese Tatbestandsvoraussetzungen beim Kläger vorliegen, kann der Senat aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
17
Der Kläger gehört grundsätzlich zu dem geschützten Personenkreis des § 1 Abs 2 Buchst c BVG (dazu unter 1) und war während der Zeit der sowjetischen Kommandanturaufsicht in der in M. gelegenen Sondersiedlung bis zum Jahr 1956 wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit interniert iS der vorgenannten Norm (dazu unter 2). Ob, wo und wie lange der Kläger auch über diesen Zeitraum hinaus interniert war, kann der Senat aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht beurteilen (dazu unter 3). Mit den in der Nähe des Internierungsorts des Klägers im sowjetischen Atomwaffentestgelände Semipalatinsk durchgeführten Atomwaffenversuchen und der durch sie verursachten Strahlenkontamination am Ort der Internierung liegt ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang vor (dazu unter 4a). Ob diese Strahlungsexposition während der Internierungszeit zu Gesundheitsschädigungen beim Kläger geführt hat, die eine oder mehrere dauerhafte gesundheitliche Schädigungsfolgen bedingen, hat das LSG nicht festgestellt (dazu unter 4b). Wegen der fehlenden tatsächlichen Feststellungen hat der Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (dazu unter 4c).
18
1. Der Kläger gehört grundsätzlich zum geschützten Personenkreis des § 1 Abs 2 Buchst c BVG.
19
Vom persönlichen Anwendungs- und versorgungsrechtlichen Schutzbereich des § 1 Abs 2 Buchst c BVG werden neben Internierten wegen deutscher Staatsangehörigkeit auch Internierte wegen deutscher Volkszugehörigkeit erfasst, für deren Schicksal die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Verantwortung anerkannt hat. Der Begriff der deutschen Volkszugehörigkeit lehnt sich an § 6 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) an (Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1 Anm 22, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2015; Wilke/Förster/Leisner/Sailer, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl 1992, § 1 RdNr 7). Hiernach ist deutscher Volkszugehöriger, “wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird” (§ 6 Abs 1 BVFG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehören zu den deutschen Volkszugehörigen iS des § 1 Abs 2 Buchst c BVG als Volksdeutsche auch die Bürger eines Staates, die von dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besaßen, wegen ihres Bekenntnisses zum Deutschtum interniert wurden (Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 39 = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 32 = Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 26.11.1968 – 8 RV 461/68 – Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 25.6.1963 – 10 RV 1015/60 – Juris RdNr 14; Senatsurteil vom 23.5.1962 – 9 RV 794/58 – BSGE 17, 69, 71 = SozR Nr 60 zu § 1 BVG = Juris RdNr 14; Senatsurteil vom 22.2.1961 – 9 RV 946/58 – BSGE 14, 50, 52 = SozR Nr 54 zu § 1 BVG = Juris RdNr 7; BSG Urteil vom 15.12.1959 – 11 RV 296/58 – SozR Nr 42 zu § 1 BVG = Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 4.2.1959 – 10 RV 918/57 – Juris RdNr 15; S. Knickrehm in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 BVG RdNr 49; Gelhausen, Soziales Entschädigungsrecht, 2. Aufl 1998, RdNr 102).
20
Nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) waren die Eltern des Klägers Wolgadeutsche. Sie wurden aufgrund des Dekrets des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 28.8.1941 “Über die Übersiedlung der Deutschen, die in den Volga-Rayons leben” (abgedruckt bei Eisfeld/Herdt, Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee – Deutsche in der Sowjetunion 1941 bis 1956, 1996, S 54 f) nach Kasachstan deportiert und dort bis 1956 zum Verbleib in einer Sondersiedlung unter sowjetischer Kommandanturaufsicht gezwungen, die sie nicht verlassen durften.
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Unerheblich für den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 2 Buchst c BVG ist, dass der Kläger erst nach der zwangsweisen Umsiedlung seiner Eltern im Jahr 1947 geboren wurde. Denn der von dieser Bestimmung bezweckte Versorgungsschutz ist auch den während einer Internierung der Eltern oder eines Elternteils geborenen Kindern einzuräumen. Maßgeblich dafür ist, dass sich ein internierungsbedingter Freiheitsentzug der Eltern auf die Kinder dahingehend auswirkt, dass auch sie nicht in Freiheit geboren wurden und im Hinblick auf ihre völlige rechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit das Schicksal der Eltern und die in deren Internierung begründete, versorgungsrechtlich geschützte besondere Gefahrenlage zu teilen hatten (vgl Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1 Anm 21, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2007; ebenso für den Tatbestand der Internierung und der Verschleppung iS des § 1252 Abs 1 Nr 5 Reichsversicherungsordnung: BSG Urteil vom 25.2.1992 – 5 RJ 34/91 – SozR 3-2200 § 1252 Nr 2 S 10 = Juris RdNr 19 ff; für den Tatbestand des Festgehaltenwerdens iS des § 250 Abs 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch : BSG Urteil vom 17.2.2005 – B 13 RJ 25/04 R – Juris RdNr 18 und für den Tatbestand des Gewahrsams iS des § 1 Abs 5 S 1 Häftlingshilfegesetz und des Anschlussgewahrsams iS des § 1 Abs 5 S 2 HHG: BVerwG Urteil vom 3.9.1980 – 8 C 8/78 – BVerwGE 60, 343, 353 f = Juris RdNr 37).
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2. Der Kläger war zusammen mit seinen Eltern während der Zeit der sowjetischen Kommandanturaufsicht bis zum Jahr 1956 wegen deutscher Volkszugehörigkeit in der in M. gelegenen Sondersiedlung interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c BVG.
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a) Der im Gesetz nicht umschriebene Begriff der Internierung stammt aus dem Völkerrecht. Der dort übliche Sprachgebrauch bestimmt auch seinen Inhalt im BVG. Internierung ist völkerrechtlich der/die mit der Festnahme beginnende, auf eng begrenztem und überwachtem Raum des Internierungsorts stattfindende und mit der Freilassung endende Freiheitsentzug/Festhaltung einer Zivilperson fremder Staatszugehörigkeit durch die Gewahrsamsmacht (stRspr, zB Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 38 = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 32 = Juris RdNr 14; Senatsurteil vom 22.2.1961 – 9 RV 946/58 – BSGE 14, 50, 51 = SozR Nr 54 zu § 1 BVG =
Juris RdNr 7; BSG Urteil vom 15.12.1959 – 11 RV 296/58 – SozR Nr 42 zu § 1 BVG = Juris RdNr 12). Für das BVG gilt – wie oben unter 1. bereits ausgeführt – davon abweichend die Besonderheit, dass der Betroffene nicht zwingend eine von der Internierungsmacht fremde Staatsangehörigkeit besitzen muss. Der Kläger und seine Eltern konnten also – anders als nach dem strengen völkerrechtlichen Begriff – auch als sowjetische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit (Volksdeutsche) von der Sowjetunion interniert werden.
24
Die Internierung ist von der Zuweisung eines Zwangsaufenthalts abzugrenzen. Sie unterscheidet sich von der Zuweisung eines Zwangsaufenthalts, die nur eine Aufenthaltsbeschränkung bedeutet, durch den allgemeinen Freiheitsentzug (Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 39 = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 32 f = Juris RdNr 15; Senatsurteil vom 22.2.1961 – 9 RV 946/58 – BSGE 14, 50, 51 = SozR Nr 54 zu § 1 BVG = Juris RdNr 7; Gelhausen, Soziales Entschädigungsrecht, 2. Aufl 1998, RdNr 102).
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Im Fall des Klägers sind die Voraussetzungen für die Annahme einer Internierung bis zum Jahr 1956 erfüllt. Während des zwangsweisen Aufenthalts in der Sondersiedlung unter sowjetischer Kommandanturaufsicht war dem Kläger und seinen Eltern die Freiheit allgemein entzogen. Unter Freiheit ist dabei die Gesamtheit jener Rechte zu verstehen, durch die man seinen Aufenthalt, seine Lebensweise, seine Bewegungen und all seine sonstigen Lebensäußerungen nach eigenem Willen bestimmen kann (Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 38 f = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 32 = Juris RdNr 15; Senatsurteil vom 22.2.1961 – 9 RV 946/58 – BSGE 14, 50, 51 = SozR Nr 54 zu § 1 BVG = Juris RdNr 7; BSG Urteil vom 26.2.1960 – 11/10 RV 66/57 – Juris RdNr 11). Diese Möglichkeiten waren dem Kläger und seinen Eltern in der Sondersiedlung genommen.
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Zwar hat das LSG keine Feststellungen dazu getroffen, ob das begrenzte Areal der Sondersiedlung eingezäunt war und unter besonderer Bewachung stand. Diese waren vorliegend aber auch entbehrlich, weil der Kläger und seine Familie sich nicht frei bewegen konnten, auch ohne in einem eingezäunten Bereich zu leben und besonders bewacht zu werden. Denn der Freiheitsentzug war nachhaltig. Zudem setzt eine Internierung nicht zwingend eine ununterbrochene Bewachung und auch nicht eine Bewachung durch militärische oder polizeiliche Kräfte voraus. Wesentlich ist vielmehr, dass in irgendeiner Form eine ständige Überwachung besteht, die eine dauernde Kontrolle der den Betroffenen auferlegten Freiheitsbeschränkungen gewährleistet (vgl Senatsurteil vom 23.4.1964 – 9 RV 778/61 – SozR Nr 1 zu § 2 ÜBG = Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 15.12.1959 – 11 RV 296/58 – SozR Nr 42 zu § 1 BVG = Juris RdNr 12). Dies war nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach standen der Kläger und seine Eltern unter Aufsicht des Vorsitzenden des Dorfsowjets und durften ohne behördliche Genehmigung die Sondersiedlung in M. nicht verlassen. Das eigenmächtige Verlassen der Sondersiedlung war unter Strafe gestellt.
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Die innerhalb der Sondersiedlung dem Kläger und seinen Eltern zugestandene persönliche Bewegungsfreiheit lockerte zwar den Gewahrsam durch die sowjetischen Behörden. Diese eng begrenzten Bewegungsmöglichkeiten sind aber kein Hinweis auf eine von der Internierung abzugrenzende bloße Aufenthaltsbeschränkung, wenn der Betroffene im Übrigen nicht in das örtliche Wirtschafts- und Erwerbsleben eingegliedert war (Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 39 = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 33 = Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 26.11.1968 – 8 RV 461/68 – Juris RdNr 13; Senatsurteil vom 22.2.1961 – 9 RV 946/58 – BSGE 14, 50, 52 = SozR Nr 54 zu § 1 BVG = Juris RdNr 7; Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1 Anm 21, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2007). Während des Aufenthalts in der Sondersiedlung war die Familie des Klägers im örtlichen Wirtschafts- und Erwerbsleben nicht eingegliedert. Eine Teilnahme fand nicht stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verrichteten die Eltern des Klägers Zwangsarbeiten, für die sie ausschließlich Nahrungsmittelrationen erhielten. Sie verfügten über kein Geld für Einkäufe oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen im Ort. Der gesamte Tagesablauf war durch die Arbeitsverpflichtungen bestimmt. Danach hatte die Familie des Klägers in der Sondersiedlung durch das Zusammenwirken äußerer Umstände und staatlicher Zwangsmaßnahmen keine Möglichkeit, ihre Lebensweise nach eigenem Willen zu bestimmen und zu gestalten. Dementsprechend wird in der Rechtsprechung des BSG zu § 250 Abs 1 Nr 3 SGB VI die sowjetische Kommandanturaufsicht als gezielt gegen die deutsche Volksgruppe gerichtete feindliche Maßnahme iS dieser Norm verstanden (BSG Urteil vom 17.2.2005 – B 13 RJ 25/04 R – Juris RdNr 15 mwN).
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b) Auch die weitere Voraussetzung des Versorgungstatbestands des § 1 Abs 2 Buchst c BVG, dass die Internierung im Zusammenhang mit einem Krieg oder einem kriegerischen Ereignis gestanden haben muss (vgl Senatsurteil vom 23.5.1962 – 9 RV 794/58 = BSGE 17, 69, 71 = SozR Nr 60 zu § 1 BVG = Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 15.12.1959 – 11 RV 296/58 – SozR Nr 42 zu § 1 BVG = Juris RdNr 13; BSG Urteil vom 4.2.1959 – 10 RV 918/57 – Juris RdNr 16; S. Knickrehm in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 RdNr 49), ist erfüllt. Es ist eine allgemein bekannte historische Tatsache und oben unter 1. bereits ausgeführt, dass die in der Sowjetunion lebenden Wolgadeutschen – wie die Eltern des Klägers – während des Zweiten Weltkriegs nach Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Krieges aufgrund des Dekrets des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 28.8.1941 “Über die Übersiedlung der Deutschen, die in den Volga-Rayons leben” (abgedruckt bei Eisfeld/Herdt, Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee – Deutsche in der Sowjetunion 1941 bis 1956, 1996, S 54 f) ua nach Kasachstan deportiert und dort mit ihren Familienangehörigen bis 1956 in Sondersiedlungen unter sowjetischer Kommandanturaufsicht festgehalten wurden.
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3. Ob und gegebenenfalls für welchen weiteren Zeitraum sowie an welchem Ort der Kläger wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit auch noch nach der Aufhebung der sowjetischen Kommandanturaufsicht (durch das Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 13.12.1955 “Über die Aufhebung der Beschränkungen in der Rechtsstellung der Deutschen und der Mitglieder ihrer Familien, die sich in Sondersiedlungen befinden”, abgedruckt bei Eisfeld/Herdt, Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee – Deutsche in der Sowjetunion 1941 bis 1956, 1996, S 454 f) und seiner im Januar 1956 erfolgten “Abmeldung” aus der Sondersiedlung interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c BVG war, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Das Berufungsgericht hat diese Frage offen gelassen. Da aber die vom Kläger behauptete Fortdauer der Internierung wegen deutscher Volkszugehörigkeit über das Jahr 1956 hinaus bis Mitte der 1960er Jahre als versorgungsrechtlich geschützte besondere Gefahrenlage im Hinblick auf die vom Kläger während der Internierungszeit geltend gemachte Strahlenexposition durch die Atomwaffentests von Belang sein könnte, wird das LSG Feststellungen hierzu nachzuholen haben.
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Der Kläger behauptet zwar, es sei ihm und seinen Eltern wegen der sowjetischen Atomwaffentests auch weiterhin untersagt gewesen, das Deportationsgebiet zu verlassen. Den Senat bindende Feststellungen hierzu und über das tatsächliche Ausmaß der seitdem noch bestehenden Bewegungs- und Freiheitseinschränkung hat das LSG jedoch ebenso wenig getroffen wie dazu, ob und inwieweit dem Kläger und seinen Eltern mit der Aufhebung der sowjetischen Kommandanturaufsicht eine Teilnahme am örtlichen Wirtschafts- und Erwerbsleben möglich war. Nicht festgestellt hat das Berufungsgericht, wie die Lebens-, Arbeits- und Lohnbedingungen des Klägers und seiner Eltern nach 1956 ausgestaltet waren und inwieweit mit der Aufhebung der Sondersiedlungsbeschränkung die Wohnsitznahme im “erlaubten Gebiet” vorgegeben blieb. Hier könnte möglicherweise auch von Bedeutung sein, ob der Kläger und seine Eltern nach Ende der Kommandanturaufsicht und Aufhebung der Sondersiedlungsbeschränkung trotz des vom ihm behaupteten Verbots eines Wegzugs aus der Region tatsächlich daran gehindert waren, den Wohnsitz innerhalb des “erlaubten Gebiets”, aber in sicherer Entfernung von dem Atomwaffentestgelände zu nehmen.
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Nicht ausreichend für die Annahme des Fortbestehens einer Internierung iS des § 1 Abs 2 Buchst c BVG nach 1956 ist es jedenfalls, wenn dem Kläger und seinen Eltern aufgrund eines Rückkehrverbots “lediglich” untersagt blieb, das Herkunftsgebiet wieder aufzusuchen und dort Wohnsitz zu nehmen. Denn nach der Auflösung der deutschen Siedlungsgebiete an der Wolga bestand die Perspektive der Rückkehr in eine deutschsprachige Umgebung innerhalb der früheren Sowjetunion ohnehin nicht mehr (vgl BSG Urteil vom 12.12.1995 – 8 RKn 4/94 – Juris RdNr 19). Zudem erfüllen bloße Einschränkungen in der Freizügigkeit und Ausreiseschwierigkeiten für sich allein schon nicht den Begriff des internierungsbedingten Festgehaltenwerdens bzw Freiheitsentzugs (vgl Senatsurteil vom 22.10.1970 – 9 RV 310/68 – SozR Nr 4 zu § 2 UBG =
Juris RdNr 18; Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1 Anm 21, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2007). Ebenso wenig kann bei völliger Bewegungsfreiheit in einem bestimmten Gebiet und bei Eingliederung in das Wirtschafts- und Arbeitsleben des Aufenthaltsorts noch von Internierung gesprochen werden (vgl BSG Urteil vom 26.11.1968 – 8 RV 461/68 – Juris RdNr 13).
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Der Senat weist darauf hin, dass keine revisionsrechtlich verwertbaren Feststellungen vorliegen, wenn das Berufungsgericht den Vortrag eines Beteiligten lediglich inhaltlich referiert oder in wörtlicher Rede wiedergibt, sofern nicht erkennbar ist, welche Tatsachen es seiner Entscheidung aufgrund eigener Erkenntnis zugrunde gelegt hat. Für das BSG bindend festgestellt sind nur solche Tatsachen, die das LSG erkennbar für zutreffend erachtet, sich zu eigen macht und daher seiner rechtlichen Überzeugungsbildung zugrunde legt (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 14.3.2018 – B 12 KR 12/17 R – Juris RdNr 27 – zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 7 Nr 34 vorgesehen; BSG Urteil vom 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R – SozR 4-3500 § 35 Nr 3 = Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 22.6.2005 – B 12 RA 14/04 R – Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 15.2.2005 – B 2 U 1/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr 12 = Juris RdNr 17).
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4. Voraussetzung für einen Versorgungsanspruch des Klägers nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG ist weiter das Vorliegen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen mit der Internierung zusammenhängenden schädigenden Vorgang herbeigeführt worden ist. Ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang bzw schädigendes Ereignis muss zu einer Gesundheitsschädigung (im Sinne eines Primär- oder Erstschadens) geführt haben, die wiederum die geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungsfolgen bedingt haben muss, also die verbliebenen Gesundheitsstörungen, deren Feststellung als Versorgungsleiden der Kläger durch die Versorgungsverwaltung begehrt. Dabei müssen sich die drei Glieder (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl Senatsurteil vom 16.12.2014 – B 9 V 3/13 R – SozR 4-3200 § 81 Nr 6 = Juris RdNr 14 mwN).
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a) Entgegen der Auffassung des LSG liegt mit den in der Nähe des Internierungsorts im sowjetischen Atomwaffentestgelände Semipalatinsk durchgeführten Atomwaffenversuchen und der durch sie über das unmittelbare Testgelände hinaus verursachten Strahlenkontamination am Ort der Internierung ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang als 1. Glied der für einen Versorgungsanspruch nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG notwendigen Kausalkette vor.
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Sinn und Zweck der Regelung des § 1 Abs 2 Buchst c BVG ist es, für solche Gesundheitsschäden Versorgungsschutz zu gewähren, die durch die besonderen Gefahren einer wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit erfolgten Internierung verursacht worden sind (Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, § 1 Anm 21, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2015).
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Ein durch eine solchermaßen begründete Internierung herbeigeführter oder mit ihr zusammenhängender schädigender Vorgang liegt vor, wenn sich mit ihm eine für die jeweilige Internierung besondere Gefahr verwirklicht hat. Eine für eine Internierung besondere oder ihr eigentümliche Gefahr ist zeitlich, örtlich und ihrer Art nach nicht immer gleichmäßig bestimmbar. Sie muss aber den spezifischen Eigenarten der jeweiligen Internierung entspringen, eng mit ihr zusammenhängen und den besonderen Verhältnissen der Internierung zuzurechnen sein (vgl zum Begriff der dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse iS § 1 Abs 1 BVG: BSG Urteil vom 17.5.1977 – 10 RV 19/76 – SozR 3100 § 1 Nr 15 S 31 = Juris RdNr 15 und zu gewahrsamseigentümlichen Verhältnissen iS des
§ 4
Abs 1 und des
§ 1 Abs 1 Nr 1, Abs 5 HHG: Senatsurteil vom 2.3.1983 – 9a RVh 1/82 – Juris RdNr 13
). Hierbei muss es sich um solche (inneren und/oder äußeren) Verhältnisse handeln, die – wenn auch nicht unbedingt von Beginn an – für die Internierung kennzeichnend sind. Für die Betroffenen müssen sie mit der Internierung persönlich zwingend verbunden und damit ihrer Internierung nach Zeit, Raum, Ort und Art unmittelbar zuzurechnen sein. Hierzu gehören zB harte Arbeit, unzureichende Verpflegung, Hunger, enge Belegung der Unterkünfte, ungenügende Heizung und Beleuchtung, mangelhafte oder unterbliebene medizinische Versorgung (vgl zu Letzterem Senatsurteil vom 10.8.1993 – 9/9a RV 22/92 – BSGE 73, 37, 39 = SozR 3-3100 § 1 Nr 11 S 33 = Juris RdNr 16; vgl auch Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags “Entschädigung deportierter Russlanddeutscher für Gesundheitsschäden infolge sowjetischer Atomtests in Kasachstan nach dem BVG” vom 5.5.2010, WD 6 – 3000-081/10, S 7). Des Weiteren zählt der Senat zu den im vorgenannten Sinne internierungseigentümlichen Verhältnissen auch die natürlichen Umweltgegebenheiten und Witterungseinflüsse am Ort der Internierung, wie zB Hitze, Trockenheit, Kälte oder Nässe. Schließlich gehören hierzu zur Überzeugung des Senats vom Menschen am Ort der Internierung oder in dessen Nähe künstlich erzeugte und am Internierungsort sich auswirkende Umweltbedingungen zB auch als Folge von Umweltkontaminationen. Den zuletzt genannten Umwelteinflüssen zuzurechnen ist die insbesondere bei oberirdischen Atomwaffentests auch über das unmittelbare Testgelände hinaus freigesetzte ionisierende Strahlung, die ua auf den radioaktiven Niederschlag (sog Fallout) nach einer Kernexplosion zurückzuführen ist (vgl hierzu die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags “Gesundheitliche Auswirkungen der Atomwaffentests in Semipalatinsk” vom 10.3.2014, WD 9 – 3000 – 091/13, S 4), wenn von dieser Strahlungsexposition der Ort der Internierung betroffen ist.
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Dies war vorliegend für die in M. gelegene Sondersiedlung des Klägers der Fall. Zwar waren der atomwaffentestbedingten ionisierenden Strahlung nicht nur die an diesem Ort internierten Volksdeutschen ausgesetzt, sondern die gesamte Wohnbevölkerung der an das Atomwaffentestgelände Semipalatinsk angrenzenden Gebiete. Dies steht jedoch im hier zu entscheidenden Fall der Annahme einer der Internierung eigentümlichen Gefahr nicht entgegen, selbst wenn die ansässige Wohnbevölkerung aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen Einschränkungen in der Freizügigkeit unterworfen gewesen sein sollte. Denn im Gegensatz zu der einheimischen Wohnbevölkerung wurden die Volksdeutschen in die Nähe des (späteren) Atomwaffentestgeländes deportiert und von der sowjetischen Gewahrsamsmacht auch nach der Inbetriebnahme des Testgeländes unter Strafandrohung zum Verbleib in der ihnen gegen ihren Willen zugewiesenen Sondersiedlung gezwungen. Sie konnten sich wegen ihrer dortigen Internierung der atomwaffentestbedingten ionisierenden Strahlung nicht entziehen und waren ihr demzufolge während der ausschließlich wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit erfolgten Internierungszeit an diesem Ort ohne Schutz von innen und außen ausgeliefert. Deshalb war für diese Personengruppe die Einwirkung der ionisierenden Strahlung durch die Atomwaffentests rechtlich wesentlich durch ihre Internierung in der Nähe des Atomwaffentestgebiets Semipalatinsk bedingt.
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Als allgemein zugängliche Tatsache ist historisch belegt, dass im sowjetischen Atomwaffentestgebiet Semipalatinsk zwischen 1949 und 1991 Atomwaffentests stattfanden. Historisch gesichert und allgemeinkundig ist, dass hier am 29.8.1949 die erste sowjetische Atombombe gezündet wurde. Bis zum Inkrafttreten des ursprünglich zwischen Großbritannien, den USA und der Sowjetunion am 5.8.1963 geschlossenen “Vertrages über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser”, der auch für die Bundesrepublik Deutschland gilt (vgl Zustimmungsgesetz vom 29.7.1964, BGBl 1964 II, 906), am 10.10.1963 wurden diese Versuche oberirdisch durchgeführt; dies betraf 111 der insgesamt 456 durchgeführten Tests. Seitdem fanden die Atomwaffenversuche auf dem Testgelände ausschließlich unterirdisch statt (Zahlen nach der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags “Gesundheitliche Auswirkungen der Atomwaffentests in Semipalatinsk” vom 10.3.2014, WD 9 – 3000 – 091/13, S 4).
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b) Fest steht somit, dass der Kläger während seines zwangsweisen Aufenthalts in der in M.gelegenen Sondersiedlung unter sowjetischer Kommandanturaufsicht bis zum Jahr 1956 wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit interniert war und dass ein mit der Internierung des Klägers zusammenhängender schädigender Vorgang in Form einer durch die sowjetischen Atomwaffenversuche verursachten ionisierenden Strahlung vorliegt. Für das Bestehen eines Versorgungsanspruchs nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG muss daher weiter geprüft werden, ob die Strahlungsexposition an diesem Ort durch die Atomwaffentests während der Internierungszeit zu einer oder mehreren Gesundheitsschädigungen beim Kläger geführt hat, die eine oder mehrere dauerhafte gesundheitliche Schädigungsfolgen bedingen. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht aus seiner Sicht zu Recht nicht getroffen.
40
c) Die fehlenden tatsächlichen Feststellungen wird das LSG im nunmehr wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.
41
Dabei wird es zunächst zu untersuchen haben, ob und bejahendenfalls wo und wie lange der Kläger auch noch nach der Aufhebung der sowjetischen Kommandanturaufsicht und der Sondersiedlungsbeschränkung über das Jahr 1956 hinaus interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c BVG gewesen war.
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Sodann wird es unter Auswertung der bereits aktenkundigen und möglicherweise von weiteren noch beizuziehenden aktuellen medizinischen Befunden des Klägers sowie des vorhandenen wissenschaftlichen Materials zu der durch die sowjetischen Atomwaffentests verursachten Strahlenbelastung im Gebiet M./Semipalatinsk gegebenenfalls auch durch ergänzende Einholung eines strahlenmedizinischen Gutachtens zu prüfen haben, ob es aufgrund der im festgestellten Internierungszeitraum durch die Atomwaffenversuche verursachten Strahlungsexposition beim Kläger zu Gesundheitsschädigungen mit dauerhaften Schädigungsfolgen gekommen ist.
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C. Das LSG wird zudem über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.


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