Aktenzeichen 3 K 2395/13
Leitsatz
1. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. (Leitsatz der LSK-Redaktion)
2. Allein die durch eine Vollmacht eines Unternehmers legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch eine andere Person reicht nicht dazu aus, diese Person als leistenden Unternehmer anzusehen. (Leitsatz der LSK-Redaktion)
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 3 K 2395/13
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort:
1. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.
2. Allein die durch eine Vollmacht eines Unternehmers legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch eine andere Person reicht nicht dazu aus, diese Person als leistenden Unternehmer anzusehen.
In der Streitsache
…
Kläger
prozessbevollmächtigt: …
gegen
Finanzamt …
Beklagter …
wegen Umsatzsteuer 2001
hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richterinnen … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 17. Februar 2016
für Recht erkannt:
1. Der Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 28. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Unternehmereigenschaft des Klägers und ob ihm Umsätze einer Firma A GmbH als eigene Umsätze zugerechnet werden können.
Der Kläger war nach den Feststellungen des Beklagten (das Finanzamt; im Folgenden: FA) im Streitjahr als Führer einer Kolonne von Estrichlegern auf verschieden Baustellen für eine B GmbH und eine C GmbH tätig. Nach Durchführung einer am 31. März 2003 begonnenen Steuerfahndungsprüfung setzte das FA die Umsatzsteuer für 2001 mit Bescheid vom 12. Dezember 2008 auf 32.117,82 € fest, weil der Kläger die unter Verwendung von Rechnungsvordrucken einer Firma A GmbH gegenüber den genannten Firmen abgerechneten Leistungen in Höhe von insgesamt 392.607 DM (= 200.737 €) als selbstständiger Unternehmer erbracht habe.
Die Firma A GmbH wurde mit Vertrag vom 24. Januar 2000 gegründet; der Sitz dieser GmbH war zunächst in D, N-Str. 238. Sie wurde mit notariellem Vertrag vom 6. November 2000 an die in B. ansässige Frau D durch Abtretung der Geschäftsanteile übertragen; diese wurde auch im Handelsregister als Geschäftsführerin eingetragen. Mit so bezeichneter Vollmacht vom 1. Januar 2001 berechtigte D den Kläger dazu, für die Firma A GmbH Aufträge anzunehmen, zu vergeben und Gelder in Empfang zu nehmen. Ein Antrag auf Eröffnung des lnsolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH wurde vom zuständigen Amtsgericht rechtskräftig abgelehnt. Die A GmbH wurde am 22. März 2010 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen aus dem Handelsregister gelöscht.
Nach den Feststellungen des FA war der Kläger im Jahr 2000 bei verschiedenen Arbeitgebern – unter anderem bei der A GmbH als Estrichkolonnenführer – nichtselbstständig beschäftigt. Laut einer Mitteilung der Landesversicherungsanstalt Schwaben stand der Kläger jedoch vom 1. Mai 2000 bis zum 30. April 2001 in keinem gesetzlichen Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger gab in seiner Einkommensteuererklärung für 2001 an, vom 1. Januar bis zum 30. April und vom 16. Oktober bis zum 1. November ohne Einkünfte nichtbeschäftigt gewesen zu sein. Vom 1. Mai bis zum 15. Oktober war er bei einer Firma Y als Bauarbeiter gemeldet. Ab dem 2. November 2001 war er arbeitslos. Zum 16. April 2002 meldete der Kläger ein eigenes Gewerbe als Estrichleger an.
Da der Kläger behauptete, den Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 12. Dezember 2008 nicht erhalten zu haben und deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte, setzte das FA dementsprechend die Umsatzsteuer für 2001 mit Bescheid vom 28. September 2010 erneut auf 32.117,82 € fest. Dagegen ist der am 1. Oktober 2010 (Frühleerung) eingegangene Einspruch gerichtet.
Mit Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2001 auf 8.998,14 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Das FA setzte nunmehr im Wege der Schätzung nur noch folgende Beträge als steuerpflichtige Umsätze des Klägers an:
– 23.436,47 DM aus Rechnungen der A GmbH an eine Firma B GmbH (versehen mit der Kontonummer des Klägers),
– zwei Schecks über jeweils 30.000 DM sowie
– Zahlungseingänge von 35.000 DM auf dem Konto des Klägers und einer Barzahlung von 5.000 DM jeweils von einer Firma C GmbH;
(insgesamt: 123.436,47 DM brutto).
Wegen der Unsicherheiten des Sachverhalts und der mangelnden Aufzeichnungen des Klägers erhöhte das FA im Wege der Schätzung die ermittelte Nettobemessungsgrundlage von 106.410,75 DM auf netto 110.000 DM und errechnete daraus bei 0 DM abzugsfähiger Vorsteuer eine Umsatzsteuer (zu 16%) von 17.600 DM (= 8.998,74 €).
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 ist die Klage vom 14. August 2013 gerichtet.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass das FA selbst den Feststellungen des strafrechtlichen und steuerlichen Ermittlungsberichtes vom 10. Oktober 2008 in weiten Teilen nicht gefolgt sei. Für die vorliegende Festsetzung von Umsatzsteuer fehle es insbesondere an einem stichhaltigen Nachweis der Selbstständigkeit des Klägers. Die Firma B GmbH und die Firma C GmbH als Auftraggeber hätten vielmehr ausschließlich zur A GmbH in einem Vertragsverhältnis gestanden, bei diesem Unternehmen sei der Kläger aber noch im Jahr 2000 in einem Arbeitsverhältnis als Führer einer Kolonne gestanden. Jedenfalls hätte der Kläger keine Entscheidungsbefugnis bei der Firma A GmbH gehabt, er hätte insbesondere nicht die Funktion eines Geschäftsführers innegehabt. Eine solche führende Funktion bei der A GmbH hätte allenfalls ein E innegehabt. Allein die Vereinnahmung von Geldern durch den Kläger sei kein Beweis dafür, dass der Kläger selbstständig tätig gewesen sei. Dies gelte umso mehr, weil der Kläger dafür eine schlüssige Erklärung habe. Da die A GmbH mit den Lohnzahlungen rückständig gewesen sei, seien er und die übrigen Arbeitnehmer nicht mehr dazu bereit gewesen, die noch offenen Aufträge abzuschließen. Nur deshalb hätte die Geschäftsführerin D eine Vollmacht für den Kläger zur Vereinnahmung von Geldern ausgestellt. Die vereinnahmten Gelder seien dann zum großen Teil an die anderen Arbeitnehmer als Lohn ausbezahlt worden, der Rest stelle Arbeitslohn des Klägers dar. Auch die übrigen vom FA vorgebrachten Indizien für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers seien nicht bewiesen, das FA treffe hier aber die Nachweispflicht; reine Vermutungen reichten nicht aus.
Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 13. August 2013, vom 30. März 2015 und vom 18. September 2015 nebst Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 28. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt das FA im Wesentlichen vor, dass der Kläger im Jahr 2001 nicht mehr als Arbeitnehmer in das Unternehmen der A GmbH eingegliedert gewesen sei. Mit der Beendigung der aktiven Geschäftstätigkeit der A GmbH Ende des Jahres 2000 sei diese zu einer funktionslosen Hülle geworden.
Zu dem weiteren Vorbringen des FA wird auf die Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 und die Stellungnahme vom 12. September 2013 verwiesen.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist begründet. Der Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 28. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2013 ist rechtswidrig, weil dem Kläger die Umsätze der A GmbH nicht als eigene Umsätze zugerechnet werden können.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Steuerschuldner ist gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. UStG der Unternehmer, der die Leistungen gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat.
Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen als gewerblich oder beruflich anzusehen, auch wenn die Absicht zur Erzielung von Gewinn fehlt.
a) Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Kläger im Streitjahr selbstständig tätig gewesen ist, denn die den Zahlungen zugrundeliegenden Leistungen können ihm jedenfalls nicht zugerechnet werden. Das FA hat hier nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass der Kläger die unter der Firma der A GmbH abgerechneten Leistungen erbracht hat.
Es kann vorliegend – entgegen der in der Einspruchsentscheidung niedergelegten Auffassung des FA (Tz. II.1.2.b) – gerade nicht dahingestellt bleiben, ob die A GmbH lediglich als Strohmann vorgeschoben wurde, oder ob diese selbst als ausführender Unternehmer gegenüber den Firmen B GmbH und C GmbH anzusehen war.
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist dabei in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (BFH-Urteil vom 30. September 1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353). Schuldner der Umsatzsteuer aus einem Leistungsaustausch ist derjenige, der als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist, d. h. derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft mit dem Leistungsempfänger berechtigt und verpflichtet ist (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235).
Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten – im Streitfall gegenüber der B GmbH und der C GmbH als Leistungsempfänger – im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 5. April 2001 V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307 und vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BStBl II 1999, 628 sowie Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622).
Im Streitfall liegen aber keine ausreichenden Nachweise dafür vor, dass der Kläger gegenüber den Leistungsempfängern B GmbH und C GmbH als Handelnder und Leistender aufgetreten ist. Nach den aktenkundigen Umständen wurde vielmehr die A GmbH gegenüber den beiden genannten Leistungsempfängern tätig, denn die Abrechnung der Leistungen auf den vorliegenden Rechnungen erfolgte aufgrund der Vollmacht vom 1. Januar 2001 in ihrem Namen.
Das FA – das insoweit die Feststellungslast einer anderen Zurechnung trägt – begründet die Zurechnung von Umsätzen der A GmbH an den Kläger im Wesentlichen damit, dass die Leistungen nicht mehr von der A GmbH erbracht worden seien, sondern dass der Kläger diese als selbstständiger Unternehmer mit ihm weisungsgebundenen Arbeitnehmern erbracht habe. So soll die A GmbH ihren Geschäftsbetrieb noch im Jahr 2000 eingestellt haben und die Geschäftsführerin D sei lediglich eine Strohfrau gewesen. Auf der anderen Seite habe der Kläger über eine umfassende Vollmacht der A GmbH verfügt und er habe Zahlungen für diese in Empfang genommen.
Diese Erkenntnisse reichen vorliegend aber nicht dafür aus, den Kläger als leistenden Unternehmer im Hinblick auf diese beiden Leistungsempfänger anzusehen. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
aa) Hinsichtlich der Leistungen an die Firma B GmbH finden sich in den Akten lediglich Rechnungen der A GmbH im Wesentlichen über die Ausführung von Estricharbeiten in di- versen Bauobjekten. Auf diesen Rechnungen ist in der Fußzeile unterhalb der Angaben zur Geschäftsführung der A GmbH der Name des Klägers mit der Bemerkung „Bankverbindung: Vertretung durch (den Kläger) BIz; … Kto: „angebracht.
In dem von der B GmbH dem FA vorgelegten Geheft mit Unterlagen der A GmbH befinden sich lediglich diese Rechnungen nebst handschriftlichen Ergänzungen zur Abrechnung sowie diverse Unterlagen zur Eintragung und Existenz der A GmbH in B. sowie die oben genannte Vollmacht des Klägers. Insoweit ist davon auszugehen, dass die A GmbH hier als Rechnungsaussteller auch leistender Unternehmer war (BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9,10/02, BStBl II 2004, 627). Konkrete Nachweise oder Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger – und nicht die A GmbH – als leistender Unternehmer gegenüber diesen Leistungsempfängern tätig wurde, sind diesen Unterlagen nicht zu entnehmen. Allein die Entgegennahme von Zahlungen rechtfertigt keinen derartigen Schluss.
Auch die Feststellungen im Ermittlungsverfahren gegen D sprechen dagegen, dass der Kläger hinsichtlich der streitigen Leistungen als Leistender anzusehen ist. Denn danach ist der ehemalige Geschäftsführer K auch nach der Übergabe der Geschäftsleitung an D als faktischer Geschäftsführer für die A GmbH weiterhin tätig gewesen.
Insoweit fehlt es am Nachweis einer eigenen Leistungserbringung durch den Kläger.
bb) Hinsichtlich der Leistungen an die Firma C GmbH finden sich in den Akten lediglich die Rechnungen der A GmbH, weitere Unterlagen konnten vom FA nicht gesichert werden. Ausweislich dieser Rechnungen hat die A GmbH hier aber im Wesentlichen Sanierungs- und Abbrucharbeiten durchgeführt, was bereits für sich gegen eine Zurechnung dieser Leistungen an den Kläger spricht, denn dieser war nur als Estrichleger tätig.
Im Übrigen fehlt es in diesen Rechnungen auch an jeglicher Nennung des Klägers, so wie es in den Rechnungen an die B GmbH der Fall war. Drei Rechnungen weisen vielmehr Herrn K als Geschäftsführer aus und geben als Sitz der A GmbH die im Jahr 2001 nicht mehr existierende Adresse in A an. Nachweise oder Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger – und nicht die A GmbH – diese Leistungen gegenüber der C GmbH erbracht hat, liegen nicht vor. Allein die Entgegennahme und Einzahlung eines Schecks reicht für eine Zurechnung an den Kläger nicht aus.
Insoweit fehlt es auch hier am Nachweis einer eigenen Leistungserbringung durch den Kläger.
b) Die vom FA als wesentliches Indiz für ein unternehmerisches Tätigwerden des Klägers -jedenfalls bei der B GmbH – genannte Vollmacht der A GmbH für den Kläger spricht vielmehr dafür, dass der Kläger gerade nicht im eigenen Namen auftreten konnte, sondern im Namen der A GmbH tätig gewesen ist.
Die B GmbH als Leistungsempfänger konnte aufgrund des Inhalts dieser Vollmacht davon ausgehen, mit der A GmbH in einer Leistungsbeziehung zu stehen und Zahlungen an den Kläger für Leistungen der A GmbH schuldbefreiend erbringen zu können. Nachweise oder konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Verantwortlichen der B GmbH davon ausgingen, dass der Kläger – abweichend von den Abrechnungen und der Vollmacht – der Leistende war, liegen nicht vor. Insoweit reicht allein die durch Vollmacht legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch den Kläger nicht dazu aus, ihn als leistenden Unternehmer anzusehen.
c) Der Kläger kann auch nicht deshalb für Umsätze der A GmbH in Anspruch genommen werden, weil er sich als „Hintermann“ dieses Unternehmens mit Wissen der Leistungsempfänger als „Strohmann“ bediente oder weil er „unter fremden Namen“ handelte.
Selbst wenn die A GmbH hier als Strohmann angesehen werden könnte – welcher nach der Rechtsprechung grundsätzlich als leistender Unternehmer in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80 m. w. N.) -, wären die Leistungen der A GmbH und nicht dem Kläger zuzurechnen. Unbeachtlich ist ein derartiges Strohmanngeschäft – mit der Rechtsfolge der Zurechnung an den „Hintermann“ – nur dann, wenn es zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene – gegebenenfalls auch durch Subunternehmer auszuführende – Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (BFH-Urteil vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80 und Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622).
Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, weil weder nachgewiesen noch sonst erkennbar ist, dass es den Verantwortlichen der Leistungsempfänger B GmbH und C GmbH bekannt gewesen ist, dass der Kläger und nicht die A GmbH der leistende Unternehmer gewesen sein soll.
Gleiches gilt, wenn man hier unterstellt, dass der Kläger „unter fremden Namen“ – mithin dem der A GmbH – handeln und auftreten wollte. Nach der Rechtsprechung erbringt derjenige, der in fremdem Namen auftritt, nur dann eine eigene Leistung, wenn nach den erkennbaren Umständen durch sein Handeln in fremdem Namen lediglich verdeckt wird, dass er und nicht der Vertretene der Leistende ist (vgl. nur BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BStBl II 2004, 627, Rz. 25 ff. m. w. N.). Vorliegend fehlt es aber gleichfalls am Nachweis solcher „erkennbaren Umstände“ bei den oben genannten Leistungsempfängern.
Ausweislich der vorliegenden Unterlagen und nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass jedenfalls nicht der Kläger als Leistender anzusehen ist. Das FA hat nicht nachgewiesen, dass der Kläger – abweichend von den zivilrechtlichen Vereinbarungen – gegenüber den Firmen B GmbH und C GmbH als Leistender tätig geworden ist.
d) Der Kläger schuldet die in den Rechnungen ausgewiesenen Steuerbeträge auch nicht nach dem im Streitjahr (noch) geltenden § 14 Abs. 3 UStG, denn es ist nicht nachgewiesen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger die Rechnungen erstellt hat. In dieser Hinsicht hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vielmehr unwidersprochen vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Rechnungen nicht vom Kläger erstellt worden seien. Als Erstellerin der Rechnungen ist aufgrund der Umstände des Streitfalls die in ihnen als solche angegebene A GmbH anzusehen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.