Steuerrecht

Abgewiesene Klage im Streit um Auskunftsverpflichtung

Aktenzeichen  15 K 2731/18

Datum:
10.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 14564
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
DSGVO Art. 15, Art. 20
FGO § 90a, § 135 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist, ob der Kläger aus Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen Anspruch auf weitergehende Auskünfte hat.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 16.08.2018 bei der Beklagten – dem Bayerischen Landesamt für Steuern (Landesamt, die beklagte Behörde) – Auskunft nach Art. 15 DSGVO.
Mit Bescheid vom 14.09.2018 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass es den Schrift- bzw. E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und dem Landesamt aus dem Zeitraum von 2011 bis 2017 gespeichert habe und hierzu auch interne Stellungnahmen und Aktenvermerke vorlägen. Eine weitere Auskunft sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Der Antrag des Klägers auf Datenübertragbarkeit nach Art. 20 DSGVO werde abgelehnt, da die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht auf Grundlage einer Einwilligung oder eines Vertrages erfolge.
Mit seiner Klage beanstandet der Kläger die Unvollständigkeit der Auskunft, weil „u.a. Daten zur Person“ fehlten. Darüber hinaus sei dem Antrag auf Datenübertragbarkeit stattzugeben. Seine Dienstaufsichtsbeschwerden seien nicht oder nur in Teilen beschieden worden. Er verlange Herausgabe des Schriftverkehrs zwischen dem Finanzamt Pf. und dem Finanzamt Al., der über das Landesamt geführt worden sei. Die Akten seien dem Finanzgericht vorzulegen. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger Schriftwechsel vorgelegt, in dem er sich über Einzelfragen seines Besteuerungsverfahrens beschwert (z.B. E-Mail-Schreiben vom 19.01.2012).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die Inhalte sämtlicher den Kläger betreffenden Akteninhalte, insbesondere auch über sämtlichen Schriftverkehr mit dem Kläger, den Schriftverkehr zwischen dem Finanzamt Al. und dem Finanzamt Pf., und diese Informationen in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein über die erteilte Auskunft hinausgehendes Auskunftsrecht des Klägers bestehe nicht. Dieser habe sich in den Jahren 2011 bis 2018 mit mehreren Beschwerden an die Beklagte gewandt. In der Folge sei die Beklagte als Aufsichtsbehörde tätig geworden. Der Kläger verfüge selbst über die Informationen, die er der Beklagten mitgeteilt habe, sowie über die Antwortschreiben der Beklagten über das Ergebnis der aufsichtlichen Prüfungen. Da der Kläger somit über alle Informationen verfüge, die Gegenstand der Auskunft sein könnten, sei ein Auskunftsrecht ausgeschlossen bzw. müsse hinter dem Interesse der Beklagten, Aufwände gering zu halten, zurücktreten. Eine Auskunft über interne Stellungnahmen und Aktenvermerke sei ausgeschlossen, weil hier Rechte Dritter, das Dienstgeheimnis und das Personalgeheimnis entgegenstünden. Die Voraussetzungen der Datenübertragbarkeit nach Art. 20 DSGVO sei in Verwaltungsverfahren und damit zusammenhängenden Beschwerden nicht anwendbar.
Im Übrigen sei allenfalls das Finanzamt der taugliche Anspruchsgegner, soweit der Kläger Auskunft über dort gespeicherte Daten verlange. Dem Vorwurf der Nichtbescheidung trat die Beklagte durch Übersendung eines Antwortschreibens auf die vom Kläger eingereichte Beschwerde entgegen (Schriftsatz vom 27.09.2019).
Die Beklagte hat zunächst eine Übersendung der den Streitfall betreffenden Akten abgelehnt, weil dies die Hauptsache vorwegnähme. Dabei ist die Beklagte ersichtlich von der Vorstellung ausgegangen, die den Streitfall betreffenden Akten seien diejenigen, in die der Kläger Einsicht begehrt.
Auf Antrag des Klägers nach § 86 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der Senat die Frage der Aktenvorlage dem Bundesfinanzhof vorgelegt und das Verfahren bis zu dessen Entscheidung zum Ruhen gebracht. Nachdem der Antrag durch den BFH als unzulässig verworfen worden ist, hat das Gericht die Beklagte aufgefordert, die den Streitfall betreffenden Akten – den Antrag des Klägers auf Auskunft, die erteilte Auskunft und den ggf. zu diesem Vorgang ausgetauschten Schriftwechsel – vorzulegen. Die Akten wurden vorgelegt und dem Kläger Akteneinsicht angeboten.
Nach Hinweis des Gerichts hat das Landesamt weitere Unterlagen vorgelegt, die die bereits erteilte Auskunft ergänzen sollten (Schriftsatz vom 20.12.2021). Insbesondere hat es Übersichten aus dem Dokumentenmanagementsystem des Landesamts eingereicht, in dem für die darin enthaltenen Dokumente jeweils ein „Name“ – offenbar eine Art Dokumentennummer -, der „Betreff“ des Schreibens – Beispiel: „Ihre Eingabe an das Bayerische Landesamt für Steuern vom 21.12.2016“ -, sowie ein Erzeugungsdatum mit Uhrzeit ausgewiesen ist. Darüber hinaus hat es in dem Schreiben die Eingabemasken des Dokumentenmanagementsystems erläutert und ein Schreiben „Allgemeine Informationen zur Umsetzung der Datenschutzrechtlichen Vorgaben der Artikel 12 bis 14 der Datenschutz-Grundverordnung in der Steuerverwaltung“ mit Stand vom Oktober 2020 beigefügt.
Das Gericht hat dem Kläger diese Auskünfte, sowie eine Kopie der den Streit betreffenden Verwaltungsakte übermittelt und ihn aufgefordert, mitzuteilen, in welcher Hinsicht die Auskunft hinter seinem Begehren noch zurückbleibe. Daraufhin ist keine weitere Äußerung erfolgt.
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auskunft über die bereits erteilten Auskünfte hinaus.
Die DSGVO ist im Bereich der Steuerverwaltung – wozu auch die Tätigkeit der übergeordneten Aufsichtsbehörden gehört (FG München, Gerichtsbescheid vom 23. Juli 2021 – 15 K 81/20 -, EFG 2021, 1789) – auch bei der Verwaltung der direkten Steuern anwendbar (FG München, Urteil vom 04.11.2021 – 15 K 118/20 -, juris). Bei den zur Person des Klägers beim Landesamt vorhandenen personenbezogenen Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO. Dabei kann dahin gestellt bleiben, inwieweit in unstrukturierten Volltextdokumenten enthaltene Angaben in den Anwendungsbereich der DSGVO fallen.
Der Auskunftsanspruch des Klägers aus Art. 15 DSGVO wurde – soweit dem Kläger Auskünfte zustehen – vom Landesamt erfüllt und ist damit erloschen.
Dem Kläger wurde mitgeteilt, welche Dokumente aus dem beiderseitigen Schriftwechsel dem Landesamt vorliegen. Zutreffend hat sich das Landesamt darauf berufen, dass dem Kläger der Schriftwechsel mit dem Landesamt bereits bekannt sei und somit keiner neuerlichen Auskunft bedürfe. Die DSGVO selbst schränkt in Artikel 13 Abs. 4 DSGVO die Informationspflicht dahingehend ein, dass dem Betroffenen bekannte Informationen nicht der Informationspflicht und damit auch nicht der Auskunftspflicht unterliegen (vgl. § 32c Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung – AO – i.V.m. § 32a Abs. 1 AO, Art. 13 Abs. 4, Art. 14 Abs. 5 a DSGVO). Der Kläger hat nicht dargelegt, über welche „Daten zur Person“ er Auskunft begehrt. Es ist nicht anzunehmen, dass das Landesamt in seiner Funktion als Mittelbehörde über die vom Kläger verwendeten Adressdaten hinaus – die der Kläger selbst initiativ mitgeteilt hat und die ihm bekannt sind -, personenbezogene Daten strukturiert speichert.
Soweit das Landesamt Auskunft bzw. die Einsicht in die gesamte Akte, insbesondere die Auskunft über den „Inhalt interner Dokumente“, verweigert hat, kann es sich auf die Rspr. des erkennenden Senats stützen, wonach das Auskunftsrecht keine Einsicht in Verwaltungsdokumente gewährleistet (FG München, Urteil vom 04.11.2021 – 15 K 118/20 -, juris). Nicht nur die Erwägungsgründe zur DSGVO (Erw. 15) nehmen Akten und Aktensammlungen, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind, vom Anwendungsbereich der DSGVO aus. Auch der EuGH stellt klar, dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO kein Recht auf Zugang zu Verwaltungsdokumenten sichert (EuGH vom 17.07.2014 – C-141/12 und C-372/12 -, CR 2015, 103). Die Ablage von Schriftstücken im Dokumentenmanagementsystem des Landesamtes ist eine solche Aktensammlung von Verwaltungsdokumenten.
Mit „internen Dokumenten“, in die das Landesamt keine Einsicht gewährt hat, sind ersichtlich rechtliche Analysen bzw. Bearbeitungsvermerke des Landesamts gemeint. Solche stellen weitgehend schon keine personenbezogene Daten dar (FG München, Urteil vom 04.11.2021 – 15 K 118/20 -, juris). Überdies besteht bei Bearbeitungsvermerken, entscheidungsvorbereitenden Vermerken und Entwürfen ein dem Auskunftsinteresse des Betroffenen immanent gegenläufiges Interesse des Autors des Vermerks, da dieser insoweit ein eigenes Datenschutzrecht beanspruchen kann, so dass diese Vermerke der Einschränkung des § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 32b Abs. 1 Nr. 2 AO, Art. 23 Abs. 1 i DSGVO unterliegen. Über die bei der Verwaltungsentscheidung verwendeten Daten des Betroffenen ist keine gesonderte Auskunft geboten, da diese Daten im Rahmen der Begründung der Verwaltungsentscheidung – bzw. ggf. der Mitteilung über das Ergebnis der aufsichtlichen Prüfung – offen zu legen sind und von einer solchen Offenlegung auszugehen ist. Das Auskunftsinteresse insoweit ist somit dadurch erschöpft, als über dem Betroffenen bekannte Informationen nicht neuerlich Auskunft gegeben werden muss.
Soweit der Kläger Einsicht bzw. Kopie des Schriftverkehrs zwischen dem Finanzamt Pf. und dem Finanzamt Al. verlangt, der über das Landesamt geführt worden sei, hält das Landesamt entgegen, dass solcher Schriftwechsel im Landesamt nicht vorliege. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Auskunft falsch ist. Auch ist plausibel, dass das Landesamt den Schriftwechsel lediglich vermittelt hat und hiervon keine eigenen Kopien besitzt. Im Übrigen käme insoweit die bereits beschriebene Beschränkung des Auskunftsrechts in Bezug auf Verwaltungsdokumente in Betracht.
Im Übrigen äußert der Kläger seine Unzufriedenheit mit bestimmten Entscheidungen bzw. Ansätzen des Finanzamtes und mit den Auskünften über das Ergebnis der von ihm angestoßenen aufsichtlichen Überprüfungen durch das Landesamt. Dabei geht es ihm ersichtlich nicht um Fragen der datenschutzrechtlichen Auskunft, sondern darum, dass er eine bestimmte, ihm genehme Verwaltungsentscheidung in seiner Steuersache begehrt. Dies ist nicht Gegenstand und kann nicht Ziel einer datenschutzrechtlichen Auskunftsklage sein. Soweit es um im Bereich des Finanzamts verarbeitete Daten geht, ist dies nicht Gegenstand der hier zu entscheidenden Klage gegen das Landesamt.
Soweit der Kläger sich auf Art. 20 DSGVO beruft, kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die Voraussetzung einer auf Einwilligung oder Vertrag beruhenden Verarbeitung im Streitfall nicht gegeben ist. Die Verarbeitung der Daten des Klägers beruht auf der gesetzlichen Befugnis nach § 29b AO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a FGO).


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