Steuerrecht

Abgewiesene Klage im Streit um Grunderwerbsteuer

Aktenzeichen  4 K 1105/18

Datum:
23.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54414
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
GrEStG § 1 Abs. 2a

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das FA hat zu Recht die Besteuerungsgrundlagen für den am 28. Januar 2016 i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklichten Erwerbsvorgang gesondert festgestellt sowie den Erwerbsvorgang gem. § 6 Abs. 3 GrEStG i.H.v. 40% von der Steuer freigestellt. Ebenfalls zu Recht hat das FA den Antrag, den Feststellungsbescheid nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben, unter Hinweis auf § 16 Abs. 5 GrEStG abgelehnt.
a) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG sind im Streitfall erfüllt.
aa) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95% der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Gem. § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG werden mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften ist für die Durchrechnung die oberste Beteiligungsebene zu berücksichtigen, auf der eine Änderung stattgefunden hat (Boruttau, GrEStG, 19. Aufl., § 1 Rz. 838). Die Steuer aus § 1 Abs. 2a GrEStG entsteht (§ 38 AO) in dem Zeitpunkt, in dem durch den Erwerb des (letzten) Anteils die Voraussetzungen einer tatbestandserfüllenden Änderung des Gesellschafterbestands herbeigeführt werden. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG werden die Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn – wie im Streitfall – ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück betroffen wird.
bb) Bei Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt.
(1) Unstreitig sind die Anteile des D an der Y KG i.H.v. 40% auf die neue Gesellschafterin T S.r.L. und die Anteile des E an der Y KG i.H.v. 20% auf die neue Gesellschafterin U S.r.L. mit Eintragung der jeweiligen Kapital- bzw. Haftsummenerhöhung im Handelsregister am 14. Januar 2016 bzw. am 28. Dezember 2015 übergegangen. Auch die jeweils 20% Anteile der A und der B an der Y KG sind mit Eintragung der Kapital- und Haftsummenerhöhung am 28. Januar 2016 in das Handelsregister auf die neue Gesellschafterin S KG übergegangen. Damit sind am 28. Januar 2016 100% der Anteile an der Y KG auf neue Gesellschafter übergegangen. Der Notar hat diesen Bedingungseintritt, wie im Vertrag festgelegt, durch Feststellung in der Urkunde vom 11. Februar 2016, auch dokumentiert.
Dass A und B weiterhin an der S KG mit jeweils 50% beteiligt sind, ändert daran nichts.
Unter Geltung des § 1 Abs. 2a GrEStG i.d.F. des StÄndG 2001 v 20.12.2001, insbesondere im Hinblick auf das hierzu ergangene Urteil des BFH vom 24. April 2013 II R 17/10 (BStBl II 2013, 833) wäre der Rechtsansicht der Klägerin, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG seien im Streitfall nicht erfüllt, zuzustimmen gewesen. Nach alter Rechtlage waren für die Frage, ob eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG vorlag, nur diejenigen Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen relevant waren, durch die solche Rechtsträger neu beteiligt wurden, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen konnten (natürliche und juristische Personen außer Kapitalgesellschaften). Deshalb wären im Streitfall nach alter Rechtslage mittelbar gar keine Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen; A und B wären über die Personengesellschaft S KG, D und E über die Kapitalgesellschaften U S.r.L. und T S.r.L. weiterhin mittelbar an der Klägerin beteiligt gewesen. Grund hierfür war, dass für die Beurteilung der mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG allein wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich waren.
Mit der für Erwerbe ab 6. November 2015 -also auch für den Streitfallgeltenden Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 vom 2. November 2015 hat der Gesetzgeber diese wirtschaftliche Betrachtungsweise abgeschafft (vgl. BT-Drucksache 18/1776). Für die Beurteilung, ob sich der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG mittelbar geändert hat, ist nunmehr, anders als unter Geltung alten Rechts, nicht mehr auf die oberste Beteiligungsebene abzustellen, an der keine Beteiligung mehr möglich ist, sondern auf die oberste Beteiligungsebene, auf der eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse stattgefunden hat, im Streitfall also auf die Y KG, deren Gesellschafterbestand sich zu 100% geändert hat (vgl. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 12. November 2018, Beispiel unter 5.3.2).
(2) Nach Ansicht des Senats hat die S KG die in U1 durch D in ihrem Namen abgebebenen Willenserklärungen wirksam genehmigt, auch wenn A die Vollmachtsbestätigung vom 21. Dezember 2015 nur im eigenen Namen unterzeichnet hat – die Unterschriftszeile für die S KG, vertreten durch die L GmbH, diese wiederum vertreten durch A, blieb leer -.
Dies ergibt sich für den Senat insbesondere daraus, dass A in Vollzug von U1 sowohl die Erhöhung des Kapitals als auch die Einbringung der Anteile in die S KG dem Handelsregister zur Eintragung mitgeteilt und diese Mitteilungen jeweils am 21. Dezember 2015 nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen der L GmbH unterzeichnet hat. Nach Ansicht des Senats hat A sowohl die Erhöhung des Kapitals, als auch die Anmeldung zum Handelsregister, nicht nur für die L GmbH in deren Funktion als Gesellschafterin der S KG, sondern auch in deren Funktion als Vertreterin der S KG unterzeichnet. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere daraus, dass die Unterschrift für die L GmbH in diesen beiden Fällen – anders als bei der Vollmachtsbestätigung vom 21. Dezember 2015, die die L GmbH ausweislich der Unterschriftsleiste ausdrücklich in ihrer Funktion als Vertreterin der S KG unterzeichnen sollte – nicht auf eine bestimmte Funktion der L GmbH eingegrenzt worden ist. Damit hat A nach Ansicht des Senats als Vertreterin der L GmbH und diese wiederum als Vertreterin der S KG, nicht nur für die L GmbH, sondern auch für die S KG wirksam zum Ausdruck gebracht, dass sich auch die S KG an die von D in U1 in ihrem Namen abgegebenen Willenserklärungen gebunden fühlt und diese auch vollziehen will. Sowohl die Anmeldung der Erhöhung des Kapitals, als auch die Anmeldung der Übertragung der Kommanditanteile zum Handelsregister sind in der in U1 bestimmten Form vor einer Konsularbeamtin des Generalskonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Italien – konsularisch aufgenommene Urkunden stehen den von einem inländischen Notar aufgenommenen gleich (§§ 2 und 10 Abs. 2 des Konsulargesetzes) – erfolgt. Ein weiteres Indiz dafür, dass die S KG die von D in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen bezüglich der Einbringung der Anteile der Y KG in die S KG genehmigt hat, ist nach Ansicht des Senats, dass die S KG bereits am 16. März 2016 als Kommanditistin der Y KG in das Handelsregister eingetragen worden ist, die Vertragsparteien aber erst mit notarieller Urkunde vom 3. Mai 2017 -mehr als ein Jahr späterfestgestellt haben, dass die S KG die Einbringung nicht genehmigt habe.
Auch wenn – anders als der Senat meint – die Übertragung der Anteile der A und der B an der Y KG nicht in der in U1 bestimmten notariellen Form genehmigt worden sein sollte, so hätten die Vertragsparteien das Erfordernis der Genehmigung in notarieller Form zumindest konkludent dadurch aufgehoben, dass A und B jeweils im eigenen Namen und A für die L GmbH in ihren Funktionen sowohl als Gesellschafterin der Y KG, als auch als Gesellschafterin der S KG und als Vertreterin der S KG die o.g. Anmeldungen zum Handelsregister unterzeichnet haben. Denn nach ständiger Rechtsprechung können die Vertragsparteien ein rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis auch formfrei aufheben – selbst wenn für Vertragsänderungen bzw. die Aufhebung der Formvereinbarung ausdrücklich eine bestimmte Form vereinbart wurde (BGH WM 1962, 1091; NJW 1965, 293 = WM 1965, 175; WM 1966, 1200; WM 1966, 1335; WM 1970, 93, 94; BGHZ 66, 378, 382 = MDR 1976, 925). Die Aufhebung kann auch konkludent erfolgen. Ausreichend ist, dass die Parteien – wie im Streitfall – die formlose Vereinbarung übereinstimmend wollen, selbst wenn sie an die früher vereinbarte Formklausel nicht mehr denken (Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 125 BGB; BGHZ 71, 162, 164; BGH WM 1974, 105; NJW 2006, 138, 139; BAG NJW 1989, 2149, 2150; NZA 2007, 801, 803); denn die Parteien müssen gegenüber ihrer eigenen Bestimmung einer Form, wenn sie einverständlich handeln, frei sein.
b) Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Feststellungsbescheid nicht gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben war. Die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an einer ordnungsgemäßen Anzeige des Erwerbsvorgangs fehlt (§ 16 Abs. 5 GrEStG).
aa) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Diese Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus nicht nur den Rückerwerb des Eigentums an einem veräußerten Grundstück, sondern auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 2012 II R 51/11, BStBl II 2013, 830). Wird ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt (§§ 18, 19 GrEStG) worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung aus. Gem. § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG haben Notare dem zuständigen FA schriftlich Anzeige zu erstatten über Vorgänge, die die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft betreffen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes liegendes Grundstück gehört. Die Anzeigen sind gem. § 18 Abs. 3 GrEStG innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung zu erstatten und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs – wie im Streitfall – vom Eintritt einer Genehmigung abhängig ist. Die Anzeigepflicht ist hier mithin von der Entstehung der Steuerschuld unabhängig. Für den Steuerschuldner kodifiziert § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG für die Fälle des § 1 Abs. 2a GrEStG eine Anzeigepflicht gegenüber der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde. Die Anzeigepflichten sind gem. § 19 Abs. 3 GrEStG innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erfüllen. In den Fällen des § 19 Abs. 1 Satz 1 GrEStG besteht die Anzeigepflicht der Beteiligten auch dann, wenn der Erwerbsvorgang im Einzelfall nach § 18 GrEStG – z.B. durch einen Notar – anzuzeigen ist, und zwar unabhängig davon, ob Letzteres geschehen ist (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 69/94, BStBl II 1997, 85). Ein Steuerpflichtiger, der dieser Pflicht nicht nachkommt, kann sich nicht dadurch entlasten, dass der Notar die Erfüllung seiner Anzeigepflicht zugesagt und man übereinstimmend eine nochmalige Anzeige durch den Steuerpflichtigen selbst für entbehrlich gehalten hat (BFH-Urteil vom 4.März 1999 II R 79/97, BFH/NV 1999, 1301). Die etwaige Unkenntnis eines Beteiligten über seine Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG schließt die Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG nicht aus. Für die Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG ist unerheblich, aus welchen Gründen ein von dieser Vorschrift erfasster Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde. Denn die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht der Beteiligten zur Anzeige der der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgänge ist objektiver Natur und besteht unabhängig von subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten des zur Anzeige Verpflichteten. Daher ist die Anzeigepflicht der Beteiligten nicht davon abhängig, ob und inwieweit diese die Grunderwerbsteuerpflichtigkeit eines Rechtsvorgangs erkannt haben bzw. wussten, dass insoweit eine Anzeigepflicht bestand (BFH-Beschluss vom 20. Januar 2005 II B 52/04, BStBl II 2005, 492). § 16 Abs. 5 GrEStG dient der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen (BFH-Beschluss vom 20. Januar 2005 II B 52/04, BStBl II 2005, 492; BFH-Urteil vom 3. März 2015 II R 30/13, BStBl II 2015, 777). Insbesondere soll die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird (BFH-Beschluss vom 2. März 2011 II R 64/08, BFH/NV 2011, 1008; BFH-Urteil vom 3. März 2015 II R 30/13, BStBl II 2015, 777). Soweit eine Anzeigepflicht sowohl nach § 18 GrEStG als auch nach § 19 GrEStG besteht, ist den Zwecken des § 16 Abs. 5 GrEStG schon dann genügt, wenn nur einer der Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkommt (BFH-Urteil vom 18. April 2012 II R 51/11, BStBl II 2013, 830; BFH-Urteil vom 3. März 2015 II R 30/13, BStBl II 2015, 777). Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks ist eine Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG ordnungsgemäß, wenn der Vorgang innerhalb der in § 18 Abs. 3 und § 19 Abs. 3 GrEStG vorgesehenen Anzeigefristen dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG prüfen kann. § 16 Abs. 2 und 5 GrEStG gelten sinngemäß auch bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 17 GrEStG (§ 179 Abs. 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung; BFH-Urteil vom 9. Juli 2014 II R 50/12, BStBl II 2015, 399).
bb) Bei Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall hat das FA den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, unter Hinweis auf § 16 Abs. 5 GrEStG, zu Recht abgelehnt.
Zwar haben die Erklärungen in der Nachtragsurkunde vom 3. Mai 2017 und die darauffolgende Berichtigung des Handelsregisters zu einer Aufhebung und Rückabwicklung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG geführt. Der Aufhebung des Feststellungsbescheides steht jedoch § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Weder die Klägerin, noch der beurkundende Notar haben den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des FA ordnungsgemäß angezeigt.
Die Klägerin selbst hat den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des FA nicht angezeigt, obwohl sie dazu als Steuerschuldnerin nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a i.V.m. § 13 Nr. 6 GrEStG verpflichtet war. Die fehlende Anzeige der Klägerin wurde auch nicht durch eine ordnungsgemäße, d.h. den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Anzeige des Notars (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG) ersetzt. Die Anzeige des am 28. Januar 2016 verwirklichten Erwerbsvorgangs durch den Notar ging nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 3 GrEStG erst am 29. Februar 2016 beim FA ein.
Eine Nichtanwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG aus Vertrauensschutzgründen rechtfertigt sich im Streitfall nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, sie habe – entsprechend der im BFH-Beschluss vom 17. März 2006 II B 157/05 (BFH/NV 2006, 1341) getroffenen Aussage – die Anzeige jedenfalls bis zum Ergehen des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids und vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrags nachgeholt. Angesichts des klaren Wortlauts des § 16 Abs. 5 GrEStG rechtfertigt eine solche Anzeige für sich allein noch nicht die Gewährung von Vertrauensschutz (BFH-Urteil vom 2. März 2011 II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009). Eine Ausdehnung des im BFH-Beschluss vom 20. Januar 2005 (BStBl II 2005, 492) gewährten und auf die Besonderheiten der dort zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung abgestellten Vertrauensschutzes auf sämtliche Fälle, in denen die Nichtanzeige eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG allein auf Unkenntnis eines Beteiligten über die Anzeigepflicht beruht und der ordnungsgemäßen Anzeigeerstattung keine sonstigen tatsächlichen Hindernisse entgegenstanden, überschreitet die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grenzen der richterlichen Auslegungsbefugnis für § 16 Abs. 5 GrEStG. Solches ist der Fall, wenn die Rechtsprechung sich an die Stelle des Gesetzgebers setzt, indem die Auslegung zu einem Ergebnis führt, das in Widerspruch steht zu dem auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift, ihrer Systematik und ihrem erkennbaren Sinn (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212, und vom 22. Dezember 1992 1 BvR 1333/89, DStR 1993, 603). Auch ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt nach Ansicht des Senats im Streitfall nicht vor.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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