Steuerrecht

Ablehnung eines Antrags auf Beiladung, Glücksspielrecht, notwendige Beiladung (verneint), einfache Beiladung (verneint)

Aktenzeichen  B 7 K 22.114

Datum:
13.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12099
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 65 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

Die Anträge auf Beiladung der Beiladungsinteressierten zum Klageverfahren mit dem Az. B 7 K 22.114 werden abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin und die Beiladungsinteressierte haben beantragt, dass die Beiladungsinteressierte zum Klageverfahren mit dem Az. B 7 K 22.114 beigeladen wird. Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen die widerrufliche Erteilung des Erlaubnisbescheids zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle in Bayern und die Befristung der Erlaubnis bis zum 31.12.2022.
Die Klägerin betreibt am … in … eine Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten. Wettveranstalterin und Beiladungsinteressierte ist die … mit Sitz in … Mit Bescheid vom 12.01.2022 wurde der Klägerin die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle erlaubt (Nr. 1). Diese Erlaubnis wurde widerruflich erteilt (Nr. 2) und gilt bis zum 31.12.2022 (Nr. 3). Der Erlaubniserteilung stehe ein Versagensgrund i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV entgegen. Zwischen der Wettvermittlungsstelle und der … – eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernbehinderung – betrage der Abstand 115 Meter. Eine Ausnahme könne bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nicht erteilt werden. Aufgrund der Übergangsregelung des Art. 15 Abs. 2 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV habe die Erlaubnis befristet bis zum 31.12.2022 erteilt werden können.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 09.02.2022 Klage erhoben. Dabei hat der Prozessbevollmächtigte angeregt und beantragt, die … zu dem Verfahren beizuladen. Sie sei durch den Bescheid unmittelbar und mittelbar in eigenen Rechten betroffen.
Mit Schriftsatz vom 05.04.2022 hat die Beiladungsinteressierte selbst den Antrag gestellt, sie gem. § 65 VwGO zu dem unter dem Az. B 7 K 22.114 geführten Verfahren beizuladen. Zur Begründung dieses Antrags wird im Wesentlichen angeführt:
Ihre rechtlichen Interessen würden durch die Entscheidung berührt. Sie stelle ein Wettveranstalterunternehmen dar, dessen Sportwettangebot durch die Klägerin in der Wettvermittlungsstelle auf Grundlage eines Wettvermittlungsvertrages an die Endkunden vermittelt werde. Der Wettvertrag komme dabei zwischen Endkunden und der Beiladungsinteressierten zustande. Streitgegenständlich sei der Antrag der Beiladungsinteressierten auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle vom 15.03.2021. Diesem Antrag habe der Beklagte teilweise entsprochen, indem sie den Erlaubnisbescheid auf den 31.12.2022 befristet habe. Die hier betroffene Wettvermittlungsstelle werde zwar durch die Klägerin eigenverantwortlich betrieben. Mit der Frage des Anspruchs auf Erteilung der Erlaubnis stehe und falle allerdings das Recht der Beiladungsinteressierten auf Ausübung des Gewerbes der Wettveranstaltung und Anbietung des Sportwettangebots am streitrelevanten Standort. Der Beklagte habe zudem den auf den Antrag der Beiladungsinteressierten ergangenen streitgegenständlichen Bescheid nicht an sie, sondern nur an die Klägerin adressiert und die Beiladungsinteressierte nicht förmlich in das Antragsverfahren einbezogen. Diese Vorgehensweise werfe Fragen im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des ergangenen Bescheids auf. Soweit nicht von einer notwendigen Beiladung ausgegangen werde, würden doch zumindest die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung vorliegen.
Analog § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO wird wegen der Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Berichterstatter hat gem. § 87a Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 VwGO über den Antrag auf Beiladung zu entscheiden (vgl. u.a. Peters in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 87a Rn. 23).
Die Anträge haben keinen Erfolg. Es liegt weder ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO vor (dazu unter 1.), noch besteht Anlass, die Beiladungsinteressierte im Wege einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO in das gerichtliche Verfahren einzubeziehen (dazu unter 2.).
1. Eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass Dritte an einem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte oder Rechtsverhältnisse Dritter gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BayVGH, B.v. 23.6.2015 – 10 C 15.772 – juris Rn. 24 m.w.N.; B.v. 26.7.2016 – 10 S 16.1423 – juris Rn. 14).
Zum einen kommt nach dem Sinn und Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO eine notwendige Beiladung nur in Betracht, wenn der Klageantrag und damit das streitgegenständliche Klageziel den Dritten in negativer Weise betrifft. Dies ist regelmäßig bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte mit Drittwirkung zu bejahen. Denn wegen der rechtsgestaltenden Wirkung des den belastenden Verwaltungsakt aufhebenden Urteils ist es im Hinblick auf den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes geboten, dem Dritten im Verwaltungsprozess die Möglichkeit einzuräumen, seine dem Klageziel entgegenstehenden Interessen zu wahren. Demgegenüber sind die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung des Dritten nicht gegeben, wenn das Anfechtungsurteil diesem gegenüber keine rechtsgestaltende Wirkung entfaltet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Dritte, der nicht Adressat des angefochtenen Verwaltungsaktes ist, lediglich ein – in der Regel – wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Dies gilt auch dann, wenn die Interessen des Rechtsschutzsuchenden und des beizuladenden Dritten gleichgelagert sind. Deshalb besteht kein Anlass, einen Dritten zu seinem Schutz zwingend als notwendig Beigeladenen in den Anfechtungsprozess einzubeziehen, wenn eine hoheitliche Maßnahme verschiedene Rechtsträger gleichermaßen belastet und jeder dieser Rechtsträger die Möglichkeit hat, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Zum anderen ist das Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung nicht schon dann erfüllt, wenn eine solche Entscheidung auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse oder gar logisch notwendig erscheint. Erforderlich ist vielmehr, dass die Entscheidung aus Rechtsgründen einheitlich sein muss. Dass ein Dritter geltend machen kann, durch den in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsakt auch in seinen Rechten verletzt zu sein, begründet nicht die rechtliche Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung (OVG Lüneburg, B.v. 6.9.2016 – 11 OB 133/16 – juris Rn. 7 f. m.w.N.).
Gemessen daran ist die Beiladungsinteressierte nicht nach § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen. Die von der Klägerin im Klageverfahren begehrte Aufhebung kann ihr als Vermittlerin und der Beiladungsinteressierten als Wettveranstalterin von Sportwetten gegenüber nicht nur einheitlich ergehen. Durch die gerichtliche Entscheidung wird unmittelbar nur das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Inhaberin der Wettvermittlungserlaubnis und dem Beklagten gestaltet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beiladungsinteressierte – möglicherweise als Bevollmächtigte der Klägerin – den Antrag auf Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle gestellt hat. Denn lediglich die Klägerin ist als Adressatin der Wettvermittlungserlaubnis von ihren Regelungen als Wettvermittlerin unmittelbar betroffen. Dass die Beiladungsinteressierte von dem Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis faktisch betroffen ist, weil sich diese auf die Ausübung ihres Gewerbes der Wettveranstaltung und der Anbietung des Sportwettangebots am streitrelevanten Standort auswirke, reicht ebenfalls nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2016 – 10 S 16.1423 – juris Rn. 16). Hieraus wird vielmehr deutlich, dass es sich bei der Beiladungsinteressierten um wirtschaftliche Interessen handelt und ein Ausgang des Verfahrens keine rechtsgestaltende Wirkung hinsichtlich der Beiladungsinteressierten als Wettveranstalterin hat.
2. Die Beiladungsinteressierte wird auch nicht im Wege der einfachen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO in das gerichtliche Verfahren als Beteiligte einbezogen.
Durch eine Entscheidung im Klageverfahren werden zwar Interessen der Beiladungsinteressierten berührt. Dieser Umstand führt aber nicht dazu, dass das dem Gericht in § 65 Abs. 1 VwGO eingeräumte Ermessen gerade im Sinne einer Beiladung ausgeübt wird. Sinn und Zweck der Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ist es in erster Linie, einerseits Dritten die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen in Bezug auf den Streitgegenstand zu ermöglichen, insbesondere sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen und andererseits die in § 121 Nr. 1 VwGO normierte Rechtskraftbindung auf sie zu erstrecken, um dadurch etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten und der sich daraus ergebenden Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen vorzubeugen (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2016 – 10 S 16.1423 – juris Rn. 22).
Gemessen daran ist eine Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO nicht geboten. Zum einen Verfolgen die Beiladungsinteressierte und die Klägerin ähnliche Interessen. Im Mittelpunkt des Streits steht die Widerruflichkeit und Befristung einer Wettvermittlungserlaubnis. Die bevollmächtigte Klägerin kann aufgrund ihrer Sachkenntnis alles tatsächlich und rechtlich Maßgebliche in den Prozess einführen. Ebenso kann die angeführte Adressierung des streitgegenständlichen Bescheids lediglich an die Klägerin im Klageverfahren ohne Beiziehung der Beiladungsinteressierten erörtert werden. Vor diesem Hintergrund sprechen Gründe der Prozess- und Verfahrensökonomie nicht dafür, das dem Gericht eingeräumte Ermessen zugunsten einer Beiladung der Beiladungsinteressierten auszuüben.
Nach alledem werden die Anträge abgelehnt.


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