Steuerrecht

Änderungsbescheid, Androhung eines Zwangsgeldes, Zwangsgeldandrohung, Weiteres Zwangsgeld, Aufschiebende Wirkung, Antragsgegner, Niederschlagswasserbeseitigung, Antragsunterlagen, Verwaltungsgerichte, Befähigung zum Richteramt, Fälligkeitsmitteilung, Einstweiliger Rechtsschutz, Anfechtungsklage, Antragstellers, Schmutzwasserbeseitigung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Streitwertfestsetzung, Allgemeine Feststellungsklage, Summarische Prüfung, Ausgangsbescheid

Aktenzeichen  AN 9 S 20.01413, AN 9 S 20.01414

Datum:
24.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8174
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123 Abs. 1
BayBO § 75
BayBO § 55
BayBO § 57

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Anträge werden abgelehnt.
3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert wird für das Verfahren AN 9 S 20.01413 auf 5.000,00 EUR und für das Verfahren AN 9 E 20.01414 auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Fälligstellung eines Zwangsgeldes (AN 9 E 20.01413) sowie die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes (AN 9 S 20.01414).
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flur-Nummer* …, Gemarkung …-… Von diesem Grundstück wird unbehandeltes Mischwasser über einen Privatkanal in den sog. … als oberirdisches Gewässer entwässert. Die diesbezügliche wasserrechtliche Erlaubnis war bis zum Jahr 1990 befristet.
Im Jahr 2011 wies der Antragsgegner die Antragstellerin erstmals auf die nunmehr fehlende Erlaubnis hin. 2013 kam der von der Antragstellerin beauftragte Ingenieur mit dem Wasserwirtschaftsamt … und dem Antragsgegner darin überein, das Grundstück zur Erlangung eines neuen Wasserrechts künftig im Trennsystem zu entwässern. Die dazu nötigen Planunterlagen zur Schmutzwasser-Beseitigung reichte die Antragstellerin ein. Die Planung wurde mit Bescheid des Antragsgegners vom 20. Dezember 2019 positiv verbeschieden.
Mit Blick auf die Niederschlagswasser-Beseitigung forderte der Antragsgegner von der Antragstellerin mehrfach die Einreichung von Planungsunterlagen – zuletzt am 2. September 2014.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 forderte er von der Antragstellerin die Änderung zwischenzeitlich eingereichter Antragsunterlagen – wobei er eine Vielzahl von Maßgaben aufstellte – so sei etwa eine Beschreibung über die Nutzung der Park- und Fahrflächen beizulegen, die Ableitung des Wassers von der Waschhalle aufzuzeigen oder ein Dichtigkeitsnachweis für die geplante Erstellung der Regen- und Schmutzwasserkanäle auf dem Betriebsgelände vorzulegen. Hintergrund des Umplanungsverlangens war, dass das Grundstück der Antragstellerin als Altlastenverdachtsfläche bekannt ist. Daher lehnte der Antragsgegner die Ausgangsplanung ab, nach der Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickert werden sollte.
Zur Einreichung neuer Unterlagen setzte der Antragsgegner der Antragstellerin mehrfach eine Frist, innerhalb derer Herr … als Vertreter der Antragstellerin jeweils mit dem Antragsgegner in Kontakt trat, aber keine Unterlagen eingereicht wurden. Die letzte Frist endete am 29. Januar 2016.
Am 6. April 2016 wies der Antragsgegner die Antragstellerin auf die am 20. Januar 2016 ausgelaufene Frist zur Einreichung geänderter Antragsunterlagen hin. Zugleich hörte er sie dazu an, dass sie eine kostenpflichtige Zwangsandrohung aussprechen werde, falls die geforderten Unterlagen nicht bis zum 6. Mai 2016 eingereicht worden sein sollten.
Mit Ausgangsbescheid vom 02. Januar 2017 verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin unter anderem, dem Antragsgegner wasserrechtliche Antragsunterlagen zur Prüfung der Erteilung der Erlaubnis für die Niederschlagswasser-Beseitigung auf dem Grundstück Flur-Nr. … Gemarkung … vorzulegen (Ziff. 1). Zugleich drohte er für den Fall der Nichterfüllung dieser Pflicht bis zum 2. April 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR an (Ziff. 4a).
Die in Ziff. 4a gesetzte Frist zur Vorlage geänderter Antragsunterlagen verlängerte der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 29. Mai 2017: Danach verpflichtete der Ausgangsbescheid vom 02. Januar 2017, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29 Mai 2017, die Antragstellerin, die geänderten Antragsunterlagen bis zum 04. August 2017 einzureichen.
Zur Begründung der Fristverlängerung führte der Antragsgegner aus, die Antragstellerin sei der in Ziff. 1 des Ausgangsbescheids vom 2. Januar ausgesprochenen Pflicht zur Vorlage von Unterlagen zur Schmutzwasser-Beseitigung nachgekommen – wenn auch verspätet. Ferner habe Herr … als Vertreter der Antragstellerin in einem Telefonat mit dem Antragsgegner die grundsätzliche Bereitschaft zur Erstellung und Vorlage von Planungsunterlagen für die Niederschlagswasser-Beseitigung erklärt.
Der Ausgangsbescheid vom 02. Januar 2017 ist ebenso wie der Änderungsbescheid vom 29. Mai 2017 mit einer Rechtbehelfsbelehrung versehen:
Rechtsmittel wurden weder gegen den Ausgangsbescheid, noch den Änderungsbescheid eingelegt.
Neue Antragsunterlagen zur Prüfung einer Erlaubnis für die Niederschlagsbeseitigung auf ihrem Grundstück reichte die Antragstellerin nicht mehr ein.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2020 bestimmte der Antragsgegner eine Nachfrist zur Vorlage der geänderten Antragsunterlagen bis zum 31. August 2020. Zugleich drohte er für den Fall der Nichteinhaltung ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR an (Ziff. 1).
Zur Begründung führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, er könne Zwangsmittel so lange und so oft anwenden, bis die Verpflichtung erfüllt werde. Dabei orientiere sich die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes am geschätzten wirtschaftlichen Nutzen der Antragstellerin.
Dem Bescheid vom 15. Juni 2020 war als Anlage eine auf den 12. Juni 2020 datierende „Kostenverfügung“ beigefügt. Darin wurde das zuvor angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR fällig gestellt.
Mit Klage vom 22. Juli 2020 beantragte die Antragstellerin die Aufhebung des Bescheides vom 15. Juni 2020. Zugleich hat sie im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
Zur Begründung des Antrags führt die Antragstellerin aus, die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei willkürlich. Die Begründung erfolge nur formelhaft. Es werde weder ein gesetzlicher Rahmen, noch eine Rechtsgrundlage genannt, aus der sich die Höhe von 10.000 EUR ergebe. Der Antragsgegner verkenne das ihm eingeräumte Ermessen. Weiter werde nicht ausgeführt, wie sich der wirtschaftliche Nutzen errechne, an dem das Zwangsgeld ausgerichtet sein solle..
Ebenfalls mit Klage vom 22. Juli 2020 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass das mit Bescheid vom 02. Januar 2017, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017 festgesetzte Zwangsgeld von 5.000 EUR entgegen der Fälligkeitsmitteilung vom 12. Juni 2020 nicht fällig geworden ist. Im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragte sie zudem:
Es wird einstweilen nach § 123 VwGO angeordnet, dass das angeblich mit Kostenrechnung vom 12. Juni 2020 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € nicht beigetrieben wird.
Zur Begründung verweist die Antragstellerin auf die Begründung ihres Antrags vom 22. Juli 2020 auf Feststellung, dass das Zwangsgeld nicht fällig geworden sei: Aus ihrer Sicht sei zu verhindern, dass der Antragsgegner von der Antragstellerin einen Betrag von 5.000 EUR wegen angeblich nicht eingereichter Antragsunterlagen verlangen könne. Die Antragstellerin müsse das Verlangen des Antragsgegners gerichtlich überprüfen lassen können. Daneben führt die Antragstellerin aus, die Vollstreckung drohe unmittelbar – selbst wenn der Antragsgegner die Vollziehung freiwillig ausgesetzt habe – da diese Entscheidung jederzeit widerruflich sei. Für eine sofortige Vollstreckung bestehe aber kein überwiegendes Interesse. Ferner könne der Antragsgegner die Fälligstellung des Zwangsgeldes von 5.000 EUR nicht mit einfacher Kostenrechnung erreichen; es fehle an einer Rechtsbehelfsbelehrung:. Der Vertreter der Antragstellerin habe den Antragsgegner mehrfach gebeten, Bescheide mit umfassender Rechtbehelfsbelehrung zu erteilen. Die Art und Weise der Festsetzung des Zwangsgeldes sei rechtswidrig, da das Zwangsgeld nicht im Bescheidstenor festgesetzt werde.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Zur Begründung verweist er auf den Inhalt der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsentscheidungen.
In rechtlicher Hinsicht führt er zum Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aus, die Antragstellerin verkenne, dass das verfahrensgegenständliche Zwangsgeld von 5.000 EUR bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. Mai 2017 angedroht worden sei. Der angefochtene Bescheid vom 15. Juni 2020 habe ein weiteres Zwangsgeld mit Fristsetzung angedroht. Im Übrigen sei unter dem Datum vom 12. Juni 2020 nur das zuvor festgesetzte Zwangsgeld von 5.000 EUR für fällig erklärt worden.
Zum Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO führt der Antragsgegner aus, er habe die Vollziehung des angegriffenen Bescheides über das Zwangsgeld von 5.000 EUR ausgesetzt; insofern seien keine Gründe für eine Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ersichtlich.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 teilte das Landratsamt … mit, dass bis dahin noch keine Antragsunterlagen hinsichtlich der streitgegenständlichen Niederschlagswasserbeseitigung vorgelegt worden waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Anträge bleiben ohne Erfolg.
1. a) Das Begehren der Antragstellerin ist zum einen darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die weitere Zwangsgeldandrohung vom 12. Juni 2020 anzuordnen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO).
Mit einem Antrag nach § 80 Absatz 5 Satz 1 Var. 1 VwGO bringt der Steller eines Antrages zum Ausdruck, dass es ihm darum geht, einstweilen den Vollzug eines Verwaltungsaktes zu verhindern, den er mit einer Hauptsache-Klage angegriffen hat, die aufgrund einer gesetzlichen Anordnung ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung hat.
Vorliegend waren die von der Antragstellerin gestellten Anträge für sich betrachtet nicht eindeutig: So ließ der Antrag vom 22. Juli 2020 nicht deutlich erkennen, ob nun die aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll – immerhin war nur von deren Wiederherstellung die Rede; noch dazu war unklar, ob der Antrag unbedingt gestellt worden war („aufschiebende Wirkung der Klage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, falls diese trotz Anfechtungsklage nicht bestehen sollte, ggf. wiederhergestellt“). Der zuletzt gestellte Antrag vom 22. März 2021 spricht trotz richterlichen Hinweises auf Art. 21a VwZVG davon, die aufschiebende Wirkung sei „wiederherzustellen“ – im Fall des gesetzlich angeordneten Entfallens der aufschiebenden Wirkung einer Klage ist aber nur deren Anordnung möglich (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO). Im Übrigen fehlt es dem zuletzt gestellten Antrag am eindeutigen Bezug – er lässt nicht exakt erkennen, wessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll.
In der Gesamtschau beider Antragsformulierungen ist das Begehren des Antragstellers aber nach § 88 VwGO analog als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 22. Juli 2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Juni 2020 auszulegen.
b) Darüber hinaus stellt die Antragstellerin einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, der sich auf die Fälligkeitsmitteilung vom 15. Juni 2020 bezieht, die auf dem mit Bescheid vom 2. Januar 2017, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017, angedrohten Zwangsgeld beruht.
Der Antrag ist darauf gerichtet, den Antragsgegner zu verpflichten, die Beitreibung des Zwangsgeldes einstweilen einzustellen.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 22. Juli 2020 gegen den Bescheid vom 15. Juni 2020 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag ist zulässig.
Die Statthaftigkeit folgt aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG.
Die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage entfällt unter anderem in den für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine solche Regelung trifft Art. 21 a Satz 1 VwZVG. Danach haben Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Die von der Antragstellerin mit der Klage angegriffene, im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Juni 2020 enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes im Sinne von Art. 36 VwZVG ist eine solche Maßnahme. Angesichts dieses gesetzlich angeordneten Fehlens der aufschiebenden Wirkung einer Klage kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Art. 21 a Satz 2 VwZVG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
b) Der Antrag ist aber unbegründet.
aa. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage im Fall gesetzlich angeordneten Entfallens anordnen. Bei der Entscheidung über die Anordnung hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung des angefochtenen Bescheids und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs vorzunehmen.
Dabei trifft es eine eigene originäre Ermessensentscheidung (dazu: Kopp/Schenke, 26. Auflage 2020, § 80 Rn. 146). Entscheidend ist, ob auf Basis der zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung im Eilrechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung sich darstellenden Sach- und Rechtslage die für den sofortigen Vollzug oder die für die Aussetzung des Vollzugs sprechenden Interessen höher zu gewichten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen: Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf nach der summarischen Prüfung voraussichtlich Erfolg haben, wird regelmäßig die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein – an der Vollziehung voraussichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht kein besonderes öffentliches Interesse. Wird die Hauptsache hingegen voraussichtlich erfolglos sein, ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Eilantrages. Sind die Erfolgsaussichten offen, ist auf Basis einer allgemeinen Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen zu entscheiden (statt Aller: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 158).
bb. Die Klage gegen die Zwangsgeldandrohung vom 15. Juni 2020 hat nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keinen Erfolg, die Zwangsgeldandrohung erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig.
(1) Beim Bescheid vom 15. Juni 2020 handelt es sich um eine isolierte Zwangsgeldandrohung, die nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt vom 2. Januar 2017, in der Fassung vom 29. Mai 2017 verbunden ist.
Die isolierte Zwangsgeldandrohung kann nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird, Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG. Danach wird die Anfechtbarkeit isolierter Zwangsgeldandrohungen wesentlich eingeschränkt. Einwendungen gegen einen unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind damit ausdrücklich ausgeschlossen (BayVGH, B.v. 26.5.2009 – 4 CS 09.109, Rn. 11 -, juris). Es können nur noch solche Rechtsverletzungen gerügt werden, die die gesetzlichen Voraussetzungen der Zwangsmittelandrohung als solche betreffen (vgl. z.B. Art. 31, 32 Satz 2, 36 VwZVG).
Der isolierten Zwangsgeldandrohung vom 15. Juni 2020 liegt die Anordnung vom 2. Januar 2017, in der Fassung vom 29. Mai 2017 zugrunde, geänderte Unterlagen für die Niederschlagswasserbeseitigung auf dem klägerischen Grundstück vorzulegen. Diesen Bescheid griff die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt an; die jeweiligen Klagefristen für den Ausgangs- und den Änderungsbescheid endeten am 06. Februar 2017 bzw. am 17. Juli 2017 (§§ 74 Abs. 1 S. 2, 57 VWGO, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB; Artt. 41 Abs. 1, 5 BayVwVfG und 3 Abs. 1 VwZVG). Somit ist der Bescheid in der Fassung des Änderungsbescheids bestandskräftig und unanfechtbar. Gründe für eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO sind weder ersichtlich, noch vorgetragen.
Die Zwangsgeldandrohung kann somit nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung vom 15. Juni 2020 selbst behauptet wird.
(2) Derartiges ist hier weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich:
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben: Die Anordnung in Ziff. 1. des Bescheides vom 2. Januar 2017 stellt einen vollstreckbaren Grundverwaltungsakt dar, der bestandskräftig ist (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG). Die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung ist für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme ohne Bedeutung, weil dafür nur eine wirksame, nicht aber eine rechtmäßige Grundverfügung Voraussetzung ist (statt vieler VG München, B.v. 28.12.2004 – M 8 ES 04.5625 -, juris). Die Antragstellerin ist der Pflicht zur Vorlage geänderter Antragsunterlagen zur Überzeugung des Gerichts nicht nachgekommen (Art. 19 Abs. 2 VwZVG).
Aus der Akte ist nicht ersichtlich, dass innerhalb der Frist entsprechende Unterlagen ins Verwaltungsverfahren eingebracht wurden. Auch hat die Antragstellerin weder konkret vorgetragen, wann sie welche Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist eingereicht haben will, noch entsprechende Belege oder sonstige Mittel der Glaubhaftmachung wie eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Erfüllung der Verpflichtung der Antragstellerin objektiv nicht möglich gewesen wäre. Insbesondere hatte die Antragsgegnerin im Schreiben vom 26. Februar 2015 konkret mitgeteilt, welche Anforderungen die neuen Unterlagen erfüllen müssen.
(3) Das Vorliegen der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 29 ff. VwZVG ist zu bejahen. Insbesondere ist die Androhung schriftlich ergangen (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG), hinreichend bestimmt (Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG) und ordnungsgemäß zugestellt worden (Art. 36 Abs. 7 Satz 1 VwZVG).
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass es sich um die erneute Androhung eines gegenüber dem Zwangsgeld aus dem Bescheid vom 2. Januar 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017 von 5.000 EUR erhöhten weiteren Zwangsgeldes von 10.000 EUR handelt.
Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Die Antragstellerin ist der ihr auferlegten Pflicht zur Vorlage geänderter Antragsunterlagen wie dargelegt nicht nachgekommen. Demnach war i.S.d. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels in Höhe von 5.000 EUR erfolglos geblieben. Die maßvolle Erhöhung liegt weiterhin innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Rahmens aus Art. 31 Abs. 2 Satz 1 von 5.000 bis 50.000 EUR – im Übrigen noch immer eher am unteren Rand. Die Erhöhung gegenüber der früheren Androhung erklärt sich mit dem Zweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, den Pflichtigen zur Erfüllung der ihm auferlegten Pflicht anzuhalten – das frühere Zwangsgeld von 5.000 EUR hatte hier aber offenbar nicht ausgereicht, denn die Antragstellerin war ihrer Verpflichtung wie ausgeführt nicht nachgekommen. Fehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO bei der nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des wirtschaftlichen Interesses i.S.d. Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG sind nicht ersichtlich. Im Übrigen trägt auch die Antragstellerin nicht konkret vor, weshalb die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 10.000 EUR falsch sein soll.
Die Androhung stellt sich somit nach summarischer Prüfung als rechtmäßig dar.
Auch sonst sind Anhaltspunkte für ein besonderes Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erkennbar. Daher ist der Antrag abzulehnen.
3. Der zulässige Antrag gemäß § 123 VwGO auf Verpflichtung des Antragsgegners, die Beitreibung des Zwangsgeldes einstweilen einzustellen, ist unbegründet. a)
Der Antrag ist zulässig.
In der Hauptsache beantragt die Antragstellerin die Feststellung, dass das im Bescheid vom 2. Januar 2017, in der geänderten Fassung vom 29. Mai 2017, festgesetzte Zwangsgeld nicht fällig geworden sei. Sie erhob insoweit eine allgemeine Feststellungsklage i.S.d. § 43 VwGO.
Diesbezüglich ist im Eilrechtsschutz der Antrag auf einstweilige Einstellung der Beitreibung des Zwangsgeldes statthaft. Ein vorheriger Antrag beim Antragsgegner war als betreffende Behörde war für den Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht notwendig. b)
Der Antrag ist aber unbegründet, da kein Anordnungsanspruch vorliegt.
Der Anordnungsanspruch ist der zu sichernde bzw. zu regelnde materielle Anspruch, den ein Antragsteller im Hauptsacheverfahren verfolgt (BeckOK VwGO/Kuhla, 56. Ed. 1.7.2020, VwGO § 123 Rn. 73 m.w.N.). Vorliegend begehrt die Antragstellerin in der Hauptsache die Feststellung, dass das im Bescheid vom 2. Januar 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017 festgesetzte Zwangsgeld i.H.v. 5.000 EUR nicht fällig geworden ist.
Fällig ist ein Zwangsgeld nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG u.a., wenn eine Handlungspflicht nicht bis zum Ablauf der Frist gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird. Die Fälligkeit tritt insoweit kraft Gesetzes ein. Eine eventuell zeitlich nachfolgende Fälligkeitsmitteilung ist gesetzlich nicht vorgesehen und hat nur deklaratorische Wirkung (statt Vieler: VG Augsburg Urt. v. 18.1.2018 – 5 K 17.1717, BeckRS 2018, 272, beck-online)
Vorliegend unterlag die Antragstellerin nach Ziff. 1 und 4a des bestandskräftigen Bescheids vom 2. Januar 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017 der Pflicht, bis zum 4. August 2017 geänderte Antragsunterlagen zur Niederschlagswasserbeseitigung auf dem Grundstück der Flurnummer …der Gemarkung … vorzulegen. Wie ausgeführt hat sie diese Frist ungenutzt verstreichen lassen. Demnach trat nach Fristablauf die Fälligkeit des Zwangsgeldes ein.
Anders als der Vertreter der Antragstellerin vorträgt, sieht das Gesetz keinen gesonderten Bescheid über die Festsetzung der Fälligkeit eines Zwangsgeldes vor. Dementsprechend war auch keine Rechtsbehelfsbelehrung:erforderlich – einer solchen hätte es nach § 58 Abs. 1 VwGO nur für fristgebundene Rechtsbehelfe bedurft; die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO ist aber nicht fristgebunden.
Im Übrigen ist entgegen der Einlassung des Vertreters der Antragstellerin keine Rechtlosstellung seiner Mandantschaft ersichtlich: Einerseits hätte die Antragstellerin die im nunmehr bestandskräftigen Bescheid vom 2. Januar 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Mai 2017 verfügte Handlungspflicht selbst einschließlich der Fristsetzung gerichtlich überprüfen lassen können. Im Übrigen blieb ihr die Möglichkeit der Feststellungsklage, die sie auch ergriffen hat.
4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO: Als Unterliegende hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Die Streitwerte wurden in Höhe des wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin an den Verfahren festgesetzt. Folglich orientieren sie sich an der Höhe der im Streit stehenden Zwangsgelder – waren im Eilverfahren allerdings um die Hälfte zu reduzieren.


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