Steuerrecht

Anordnung zur Entsorgung von Abfällen, wilde Ablagerung, u.a. Altfahrzeug, Anhänger, Autoreifen, Altholz, Abfalleigenschaft, Entledigungswille, Betretungsrecht, Vorlage von Entsorgungsnachweisen

Aktenzeichen  W 10 K 19.1528

Datum:
23.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40121
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 3 Abs. 1
KrWG § 3 Abs. 3
KrWG § 3 Abs. 4
KrWG § 15
KrWG § 28
KrWG § 62
BayAbfG a.F. Art. 31

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 10 K 19.1528 2020-12-07 GeB VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angegriffenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und den Kläger damit nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auf die Gründe des Gerichtsbescheids vom 7. Dezember 2020 und sieht insoweit von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 4 VwGO).
Lediglich ergänzend hierzu ist noch Folgendes auszuführen:
1. Die Rüge des Klägers in der mündlichen Verhandlung, das Gericht habe den Tatbestand nicht vor der mündlichen Verhandlung an die ehrenamtlichen Richter versenden dürfen, geht fehl. Die Vorabübersendung der im Tatbestand zusammengefassten Tatsachenfeststellungen und Rechtsausführungen der Beteiligten entspricht der gängigen verwaltungsgerichtlichen Praxis (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 19 Rn. 3; Garloff in Posser/Wolff, Beck´scher Onlinekommentar, VwGO, Stand 1.4.2020, § 19 Rn. 2). Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht ersichtlich, dass diese Praxis gegen die Prozessordnung oder gegen höherrangiges Recht verstößt. Die ehrenamtlichen Richter sind den Berufsrichtern gemäß § 19 VwGO in der mündlichen Verhandlung und bei der Urteilsfindung gleichgestellt. Sie sind deshalb in der Vorberatung, die einer mündlichen Verhandlung vorangeht, umfassend über den Sachverhalt zu informieren, was im Übrigen auch das Recht zur Akteneinsicht einschließt (Schübel-Pfister in Eyermann a.a.O., Rn. 3; Garloff in Posser/Wolff a.a.O., Rn. 2). Daraus folgt zwar kein Anspruch der ehrenamtlichen Richter auf Vorabübersendung der Akten oder einer Zusammenfassung des wesentlichen Akteninhaltes, des sogenannten Sachberichts. Denn eine umfassende Kenntnis der ehrenamtlichen Richter von den Verwaltungsvorgängen ist nicht notwendig, um ihre Aufgabe zu erfüllen, welche nicht in der rechtlichen Beurteilung, sondern in der Kontrolle derselben anhand ihrer individuellen Lebens- und Berufserfahrung besteht (vgl. zum Ganzen Schübel-Pfister a.a.O., Rn. 3; Garloff in Posser/Wolff a.a.O., Rn. 2). Daraus folgt aber nicht, dass es unzulässig wäre, den ehrenamtlichen Richtern im Interesse der umfassenden Information sowie der Prozessökonomie den im Tatbestand zusammengefassten entscheidungserheblichen Sachverhalt vor der mündlichen Verhandlung bekannt zu geben. Vielmehr dient diese Verfahrensweise dem von der Rechtsordnung gedeckten Anliegen der zeitlichen Straffung des Sitzungstages der Kammer im Interesse aller Rechtsschutzsuchenden sowie der Schonung verwaltungsrichterlicher Ressourcen. Eine unzulässige Beeinflussung der ehrenamtlichen Richter kann darin nicht gesehen werden. Im Vergleich zum Strafprozess, in dem die Überzeugungsgewinnung von der Schuld des Angeklagten den Inbegriff der mündlichen Verhandlung darstellt (vgl. Kudlich in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2014, Einleitung Rn. 188), findet im Verwaltungsprozess in der Regel bereits vor der mündlichen Verhandlung ein umfassender Austausch der Beteiligten statt. Zwar entscheidet auch im Verwaltungsprozess das Gericht gemäß § 108 VwGO aufgrund seiner vollen, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens und mithin auch in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 108 Rn. 10). In der Praxis werden allerdings die bereits in den Schriftsätzen ausgetauschten Ausführungen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen konzentriert erörtert sowie gegebenenfalls ergänzt und präzisiert. Sowohl der Ablauf als auch der Zweck des jeweiligen Verfahrens sind deshalb im Strafprozess bzw. Verwaltungsprozess grundsätzlich verschieden. Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass auch im Strafprozess entgegen der klägerischen Ansicht nicht jegliche Befassung der Schöffen mit Inhalten des Ermittlungsverfahrens ausgeschlossen ist (vgl. Kudlich in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2014, Einleitung Rn. 191).
Hinsichtlich der vom Kläger vorgebrachten Beanstandung des Tatbestandes wird auf die Klageschrift vom 19. November 2019 verwiesen, in der von ihm selbst als Beklagter das Landratsamt Hofheim bezeichnet wird.
2. Die zulässige Klage erweist sich in der Sache als unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 17. Oktober 2019, mit dem der Kläger unter Androhung von Zwangsgeldern verpflichtet wurde, die im Bescheid aufgeführten Gegenstände vollständig und ordnungsgemäß zu entsorgen und einen entsprechenden Nachweis in Bezug auf das Altfahrzeug vorzulegen, erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung als formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat das Landratsamt die zunächst unterbliebene Anhörung betreffend den PKW-Anhänger während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt, womit der Verfahrensfehler geheilt wurde (Art. 28 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
Zwar wurde dem Kläger vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit Schreiben vom 15. April 2019 und 29. Juli 2019 die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben, dies betraf jedoch nur die bis dahin auf dem Grundstück festgestellten Gegenstände, nicht jedoch den erst nachträglich aufgefundenen PKW-Anhänger. Der Anhörungsmangel wurde jedoch durch nachträgliche Anhörung während des gerichtlichen Verfahrens geheilt (Art. 28 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
Ein Nachholen der Anhörung setzt voraus, dass der Betroffene – etwa in dem Verwaltungsakt – von den entscheidungserheblichen Tatsachen in Kenntnis gesetzt und zugleich darüber belehrt wird, dass er gegen die Verfügung den vorgesehenen Rechtsbehelf einlegen kann. Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nimmt und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. (vgl. Schemmer in Beck´scher Onlinekommentar VwVfG, Stand 1. Oktober 2020, § 45 Rn. 42). Eine Heilung tritt allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – juris Rn. 17; U.v. 24.6.2010 – 3 C 14.09 – juris Rn. 37; U.v. 22.3.2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 18) erst ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten in gerichtlichen Verfahren als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht ausreichen lassen. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern dass sie das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (BayVGH, U.v. 1.6.2017 – 20 B 16.2241 – juris Rn. 31 m.w.N.).
Unter Anwendung vorgenannter Grundsätze hat das Landratsamt hier die Anhörung des Klägers betreffend den PKW-Anhänger ordnungsgemäß nachgeholt, da dem Kläger diesbezüglich mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 während des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde, welche der Kläger jedoch nicht wahrnahm.
b) Die Anordnung zur Entfernung und Entsorgung der abgelagerten Abfälle in Ziffer 1 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, da sie auch unter Beachtung des nunmehr erfolgten Vortrags des Klägers ermessenfehlerfrei und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayAbfG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 1996 (GVBl 1996, 396) – im Folgenden: BayAbfG a.F. – gestützt werden konnte. Der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist nach dem anwendbaren materiellen Recht (BVerwG, U.v. 29.5.2018 – 7 C 34.15 – juris Rn. 19) aufgrund des Vorliegens einer Anfechtungsklage gegen eine abfallrechtliche Entsorgungsanordnung grundsätzlich derjenige der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, U.v. 8.7.2020 – 7 C 19.18 – juris Rn. 16; Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2020, § 113 Rn. 152), so dass Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayAbfG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung Anwendung findet. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, wenn der rechtswidrige Zustand i.S.d. Art. 31 Abs. 1 BayAbfG a.F. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wegen einer Sachlagen- oder Rechtsänderung nicht mehr besteht.
aa) Das Landratsamt hat die Regelung in Ziffer 1 zu Recht auf Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayAbfG a.F. gestützt, es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Regelung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ergänzend auf § 62 KrWG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG stützt. Die vom Kläger auf dem Grundstück Fl.Nr. 79 der Gemarkung R* … gelagerten und im Bescheid aufgeführten Gegenstände unterfallen auch dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 KrWG. Zur Begründung sei auf die Gründe des Gerichtsbescheids vom 7. Dezember 2020 verwiesen.
Eine Abweichung von diesem Ergebnis vermag auch der nunmehr erfolgte Vortrag des Klägers nicht zu begründen. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, auf den dem Gericht vorab übersandten Lichtbildern, die illegale Mülldeponien auf anderen Grundstücken im unmittelbaren Umkreis seines Grundstücks zeigten, sei ersichtlich, dass sein Grundstück (Bilder Nr. 17 und 18) das Ordentlichste sei. Für das Gericht ist jedoch schon nicht erkennbar, an welchen Orten und zu welchem Zeitpunkt die Bilder aufgenommen wurden, da die Bilder nicht mit dahingehenden Vermerken versehen sind. Wenn man davon ausgeht, dass Bild Nr. 17 und 18 (S. 9 unten und S. 10 oben) der klägerischen E-Mail vom 11. April 2021 das Grundstück des Klägers zeigen, ist hierzu auszuführen, dass diese Lichtbilder schon nicht die Stelle auf dem Grundstück zeigen, an der die streitgegenständlichen Gegenstände ausweislich der bei den Ortseinsichten am 12. April 2019, 24. Juli 2019 und 27. September 2019 gefertigten Lichtbilder (Bl. 1 bis 2, Bl. 4 bis 5 und Bl. 7 bis 8 der Akte) festgestellt wurden. Selbiges gilt, wenn man davon ausgeht, dass die Bilder auf S. 17 und 18 der klägerischen E-Mail vom 11. April 2021 das Grundstück des Klägers zeigen. Darüber hinaus bleibt auch unklar, ob es sich bei dem auf den vorgenannten Lichtbildern abgebildeten Grundstück überhaupt um das Grundstück des Klägers handelt. Jedenfalls die vorliegend streitbefangenen Gegenstände sind auf keinem der vorgenannten Lichtbilder erkennbar: Ein braun/grauer Citroen 2CV, ein PKW-Anhänger, beschädigte Blumentöpfe bzw. Plastikeimer und das bei den Ortseinsichten festgestellte Altholz (Bl. 1, 5 und 8 der Akte) sind darauf nicht zu sehen. Zwar sind auf den Lichtbildern auf S. 17 oben und 18 oben der E-Mail vom 11. April 2021 Reifen verschiedener Fortbewegungsmittel erkennbar, die als Beschwerung von Abdeckplanen dienen, der Kläger hat diesbezüglich jedoch nicht einmal vorgetragen, dass er mit den Altreifen einen neuen Zweck verfolge oder dass es sich überhaupt um die streitbefangenen Altreifen handele.
bb) Wie aus den Ausführungen im Gerichtsbescheid im vorliegenden Verfahren vom 7. Dezember 2020 hervorgeht, liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 2 BayAbfG im Übrigen vor. Der Kläger ist insbesondere als Abfallbesitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG) gemäß Art. 31 Abs. 1 BayAbfG a.F. zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet, der durch die Ablagerung von Abfällen in unzulässiger Weise entstanden ist.
cc) Die behördlichen Erkenntnisse sind auch unter Berücksichtigung des nunmehr erfolgten Vortrags des Klägers verwertbar.
Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Sachbearbeiter des Landratsamts habe mehrfach sein Grundstück betreten, obwohl er ihm dies telefonisch nach der ersten Ortseinsicht verboten habe. Auf seinem Grundstück seien auch Verbotsschilder aufgestellt, die das Betreten ausdrücklich verböten. Der Sachbearbeiter habe auch die Tür einer Holzlege geöffnet und das darin befindliche Holz besichtigt. Trotz dieser Ausführungen liegt das vom Kläger behauptete Betretungsverbot nicht vor. Auf dem Grundstück befindliche Verbotsschilder können zwar möglicherweise als konkludentes Betretungsverbot anzusehen sein, solche Schilder sind auf den in der Gerichts- und Behördenakte befindlichen Lichtbildern jedoch ebenso wenig erkennbar wie eine Umfriedung des Grundstücks nach allen Seiten hin. Dass der Kläger nunmehr zudem geltend macht, er habe nach der ersten Ortseinsicht dem Sachbearbeiter das weitere Betreten des Grundstücks verboten, erscheint deshalb als zweifelhaft, da im diesbezüglichen Vermerk des Sachbearbeiters vom 25. April 2019 (Bl. 3 der Akte) von einem ausgesprochenen Betretungsverbot nicht die Rede ist.
Ob eine konkludent erteilte Betretungserlaubnis vorliegt, kann jedoch offenbleiben, da sich die Berechtigung zum Betreten des Grundstücks und eine damit korrespondierende Duldungspflicht des Klägers jedenfalls aus § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG ergibt. Danach hat der Kläger als Besitzer der Abfälle und somit als gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 KrWG zur Auskunft verpflichtete Person den Bediensteten des zuständigen Landratsamts das Betreten des Grundstücks zur Prüfung der Einhaltung seiner Verpflichtungen zur Verwertung (§ 7 Abs. 2 KrWG) bzw. Beseitigung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG) zu gestatten. Aus dieser Gestattungspflicht ergibt sich im Umkehrschluss die entsprechende Eingriffsermächtigung der zuständigen Behörde und nicht bloß die Berechtigung, das Betretungsrecht einzufordern (vgl. VG München, U.v. 30.8.2016 – M 17 K 15.3371 – juris Rn. 50; VG Gelsenkirchen, B.v. 30.1.2008 – 14 L 1330/07 – juris Rn. 39; Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2020, § 47 KrWG Rn. 62). Ein etwaiges vom Kläger ausgesprochenes Betretungsverbot hätte nur zivilrechtliche Bedeutung und ließe die durch das öffentliche Recht geregelte hoheitliche Befugnis der zuständigen Amtsträger des Landratsamtes unberührt. Eine nicht von § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfasste Durchsuchung des Grundstücks lag auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht vor, da die abgelagerten sperrigen Gegenstände ausweislich der vorgelegten Lichtbilder (Bl. 1 bis 2, Bl. 4 bis 5 und Bl. 7 bis 8 der Akte) bei Betreten des Grundstücks ohne weiteres erkennbar gewesen sein dürften, mithin keine zielgerichtete Suche nach diesen erforderlich war. Dies hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Auf keinem der in der Gerichts- und Behördenakte befindlichen Lichtbilder ist ersichtlich, dass das Grundstück nicht einsehbar wäre. Soweit der Kläger ausführt, der Sachbearbeiter habe auch eine Holzlege geöffnet und das darin befindliche Holz besichtigt, erscheint insoweit die Annahme einer zielgerichteten Suche zwar grundsätzlich denkbar, zumal auf den in der Akte befindlichen Lichtbildern (Bl. 2 oben der Akte) die Tür eines Holzschuppens tatsächlich erkennbar ist. Allerdings spricht hiergegen, dass bei den Ortseinsichten nur Bilder vom Außenbereich des Grundstücks gefertigt wurden und auf den in der Akte befindlichen Lichtbildern (Bl. 1, 5 und 8 der Akte) insbesondere erkennbar ist, dass das vorliegend streitbefangene Altholz offen zugänglich unter dem Vorsprung des Holzschuppens lagerte. Für die Feststellung der vorliegend streitbefangenen Gegenstände auf dem Grundstück des Klägers war eine zielgerichtete Suche damit nicht erforderlich. Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Betreten des Grundstücks vorliegend auch nicht wegen einer „Lappalie“ unverhältnismäßig. Zweck des Betretungsrechts ist die Ermöglichung einer effektiven Überwachung, da sich die Behörde häufig erst durch Vor-Ort-Ermittlungen ein Bild von der Beachtung von Pflichten machen kann (Klein in Jarass/Petersen, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 47 Rn. 22). Die Gefahrenträchtigkeit der abgelagerten Gegenstände ist vor deren Begutachtung nur schwer ersichtlich, im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass bei der Ortseinsicht mit dem Altholz schließlich sogar gefährliche Abfälle festgestellt werden konnten.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Verfassungswidrigkeit der Befugnisnorm des § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um ein Betreten von Wohnräumen, für das strengere Anforderungen anzulegen sind (§ 47 Abs. 3 Satz 3 und 4 KrWG, Art. 13 Abs. 1 GG). Art. 13 Abs. 1 GG schützt den räumlich gegenständlichen Bereich der Privatsphäre, unter den Tatbestand der Wohnung fallen alle Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschirmung entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht sind (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 15. Aufl. 2018, Art. 13 Rn. 4). Die räumliche Privatsphäre muss als solche nach außen erkennbar sein. Im vorliegenden Fall ist für das Gericht auf den in der Gerichts- und Behördenakte befindlichen Lichtbildern eine Umfriedung des Bereichs, in dem die abgelagerten Gegenstände festgestellt werden konnten, nicht ersichtlich, dies hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger hat hierzu nur erklärt, auf seinem Grundstück seien Verbotsschilder aufgestellt, welche das Betreten ausdrücklich verböten. Durch bloße Verbotsschilder gegen das Betreten geschützte Privatflächen sind jedoch nicht dem Wohnbereich zuzuordnen (vgl. Kluckert in Beck´scher Onlinekommentar Grundgesetz, Stand 15. Februar 2021, Art. 13 Rn. 2). Damit konnte das Betretungsrecht rechtmäßig auf § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG gestützt werden, so dass ein Beweisverwertungsverbot nicht in Betracht kommt.
dd) Die Aufforderung des Landratsamts, die gelagerten Gegenstände ordnungsgemäß zu entsorgen, ist frei von Ermessensfehlern (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) und nicht unverhältnismäßig. Es bestehen auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Störerauswahl. Zur Begründung verweist das Gericht erneut auf die Gründe des Gerichtsbescheids vom 7. Dezember 2020.
An dieser Einschätzung vermag auch der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nichts zu ändern. Zwar hat der Kläger in der bereits genannten E-Mail vom 11. April 2021 Lichtbilder übersandt, die nach seiner Ansicht illegale Mülldeponien auf anderen Grundstücken im unmittelbaren Umkreis seines Grundstücks zeigen und hierzu vorgetragen, sein Grundstück sei das ordentlichste von allen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist jedoch allein die gegen den Kläger gerichtete Anordnung zur Entfernung und Entsorgung der auf dem Grundstück Fl.Nr. 79 der Gemarkung R* … gelagerten Gegenstände, nicht jedoch die Frage, ob das Landratsamt abfallrechtliche Anordnungen gegen sonstige im Umkreis des Klägers wohnhafte Verantwortliche hätte erlassen müssen. Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keine Gleichheit im Unrecht (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20/92 – juris Rn. 14; BVerfG, B.v. 9.10.2000 – 1 BvR 1627/95 – juris Rn. 52). Etwas anderes kann zwar gelten, wenn der Staat nicht selektiv Unrecht begangen, sondern selektiv Unrecht beseitigt hat (vgl. Kischel in Beck´scher Onlinekommentar Grundgesetz, Stand 15. Februar 2021, Art. 3 Rn. 115.2) oder eine Verletzung des Willkürverbots vorliegt (vgl. Wollenschläger in von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 218). Allerdings ist für das Gericht anhand der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder in der E-Mail vom 11. April 2021 schon nicht erkennbar, wo und wann diese Aufnahmen entstanden sind, so dass bereits ein substantiierter Vortrag des Klägers fehlt. Jedenfalls sprechen im Bereich des Ermessens sachgerechte Gründe für ein Einschreiten gegen den Zustand auf dem klägerischen Grundstück auch im Vergleich zu den auf den vorgelegten Lichtbildern erkennbaren Verhältnissen. Ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Lichtbilder (Bl. 1, 2, 5, 7 und 8 der Akte) besteht ein qualitativ unterschiedliches Ausmaß des Rechtsverstoßes, zumal sich unter den vom Kläger abgelagerten Gegenständen mit dem Altholz teilweise auch gefährlicher Abfall im Sinne des § 3 Abs. 5 KrWG befindet.
c) Auch im Übrigen ist der Bescheid vom 17. Oktober 2019 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Begründung verweist das Gericht wiederum auf den Gerichtsbescheid vom 7. Dezember 2020 (§ 84 Abs. 4 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.


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