Steuerrecht

Anrechnung von Prozesszinsen

Aktenzeichen  2 K 787/18

Datum:
1.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2020, 970
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 155 Abs. 1§ 233a, § 239 Abs. 2
EStG § 12 Nr. 3,§ 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3
FGO § 6 Abs. 3, § 115 Abs. 2
JStG 2010 § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3

 

Leitsatz

1. Die Anrechnung der Zinsen nach § 233a AO ist Teil der Zinsfestsetzung über Prozesszinsen und nicht erst im Erhebungsverfahren vorzunehmen.
2. Zinsen, also auch Prozesszinsen zur Einkommensteuer nach § 236 AO, fallen unter den Tatbestand des § 20 I Nr. 7 EStG. Dem steht auch die Regelung in § 12 Nr. 3 EStG nicht entgegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob überhaupt Prozesszinsen zur Einkommensteuer für 1999 festzusetzen sind.
Die Klage i.S. Einkommensteuer 1999 (Az. 5 K 1062/14) ist bei Gericht am 16.04.2014 (laut Eintragung ins Register des Gerichts) eingegangen. Während dieses Klageverfahrens erging der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 05.08.2016. Damit war dem Klagebegehren entsprochen. Die Beteiligten erklärten die Hauptsache des Rechtsstreits i.S. Einkommensteuer 1999 für erledigt. Das Guthaben in Höhe von 1.614.350,82 € wurde am 05.08.2016 an die Klägerin ausgezahlt (vgl. Kontenabruf i..S. Einkommensteuer 1999, Akte Prozesszinsen, Bl. 8).
Mit Bescheid vom 05.08.2016 setzte der Beklagte Erstattungszinsen zur Einkommensteuer für 1999 gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von -1.113.297 € im Zeitraum 01.04.2001 bis 08.08.2016 fest und zahlte am 17.08.2016 nach Abrechnung mit bereits von der Klägerin getilgter Zinsen in Höhe von 356.363 € ein Guthaben in Höhe von 1.469.660 € an die Klägerin aus.
Mit Bescheid vom 22.12.2017 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 14.12.2017 auf Festsetzung von Prozesszinsen zur Einkommensteuer für 1999 ab, weil Erstattungszinsen in gleicher Höhe bereits am 05.08.2016 festgesetzt und abzuziehen gewesen seien. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 15.02.2018).
Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin trägt zur Begründung im Wesentlichen noch vor, dass die Auffassung des Beklagten, dass die Anrechnung der Erstattungszinsen auf die Prozesszinsen in der Summe zu keinem anderen Ergebnis führe, unschlüssig sei. Der Anspruch auf Festsetzung von Prozesszinsen erlösche nicht durch die Anrechnung gemäß § 236 Abs. 4 AO. Bei der Anrechnung handele es sich um einen selbständigen Verwaltungsakt. Zudem seien Erstattungszinsen und Prozesszinsen steuerlich nicht gleich zu behandeln. Entgegen der Auffassung des Beklagten treffe es nicht zu, dass sowohl Prozesszinsen als auch Erstattungszinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählten. Prozesszinsen seien (unter Hinweis auf das die bisherige Rechtsprechung ändernde Urteil des Bundesfinanzhofs -BFHvom 15.06.2010 VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503; und auf Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG, Anm. 308) nicht einkommensteuerpflichtig. Auf diese Rechtsprechungsänderung habe der Gesetzgeber zwar mit einer Gesetzesänderung reagiert und § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG eingefügt. Diese Gesetzesänderung betreffe aber nur Erstattungszinsen.
Zudem spreche gegen die im Gerichtsbescheid vertretene Auffassung, dass die Steuerbarkeit der Prozesszinsen dahinstehen könne, dass das Rechtsschutzbedürfnis bei Steuerbarkeit der Prozesszinsen entfiele. Es wäre dann unerheblich, ob die Klägerin Prozesszinsen oder Erstattungszinsen erhalte. Hinzu komme, dass die materiell-rechtliche Nichtsteuerbarkeit der Prozesszinsen gemäß § 236 AO auf das Verfahrensrecht zurückwirke. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Anrechnung im Festsetzungs- oder Erhebungsverfahren erfolge. Dies habe allenfalls Einfluss auf eine sachdienliche Antragstellung. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Anspruch auf Prozesszinsen entstanden sei und dass die gesetzlich vorgesehene Anrechnung der Erstattungszinsen auf Prozesszinsen bisher nicht erfolgt sei und mangels Festsetzung der Prozesszinsen bisher auch nicht habe erfolgen können, obwohl der Klägerin ein Anspruch auf Festsetzung entstandener Prozesszinsen zustehe. Die Anrechnung von Erstattungszinsen habe hinsichtlich der Prozesszinsen Erfüllungswirkung und führe in Höhe des Anrechnungsbetrags bei der Klägerin zu einem nichtsteuerbaren Zufluss. Dies wäre nicht der Fall, wenn der entstandene Anspruch auf Prozesszinsen nicht durch Erfüllung, sondern mangels Festsetzung ersatzlos erlöschen würde. Dass die Anrechnungsvorschrift des § 236 Abs. 4 AO zum Entfall des Festsetzungsanspruchs führen könne, werde soweit ersichtlich sonst nirgends vertreten.
Die Klägerin beantragt,
1.den Rechtstreit gemäß § 6 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Senat zurück zu übertragen,
2.unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 22.12.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2018 den Beklagten zu verpflichten, Prozesszinsen zur Einkommensteuer 1999 auf 217.937,25 € festzusetzen und hierauf Erstattungszinsen in gleicher Höhe im Prozesszinsbescheid oder gesondert anzurechnen,
hilfsweisedie Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Zeitraum 16.04.2014 bis 05.08.2016 errechneten sich Prozesszinsen in Höhe von 217.937 €. Kein anderer Betrag ergäbe sich bei den nach § 236 Abs. 4 AO anzurechnenden Zinsen nach § 233a AO, so dass sich Prozesszinsen von 0 € errechneten.
Er -der Beklagtegehe (unter Hinweis auf Schmidt/Levedag, EStG, 37. Aufl., § 20 Rn 103, und auf das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 in BStBl I 2010, 94, ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 18.01.2016 in BStBl I 2016, 85 Rz. 8b) davon aus, dass Verzugs- und Prozesszinsen unter den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fielen. Auch der BFH gehe in ständiger Rechtsprechung (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 24.05.2011 VIII R 3/09, BStBl II 2012, 254) davon aus, dass Verzugs- und Prozesszinsen Kapitalerträge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellten.
Auf den Gerichtsbescheid vom 24.01.2019 beantragte die Klägerin am 13.02.2019 mündliche Verhandlung.
Der Rechtsstreit wurde mit Senatsbeschluss vom 19.02.2019 auf die Einzelrichterin übertragen.
Die Klägerin hat die Zurückübertragung des Rechtstreits auf den Senat begehrt, da der Rechtsstreit sowohl besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweise, als auch grundsätzliche Bedeutung habe. Die Frage, wie die Anrechnung von Erstattungszinsen auf Prozesszinsen gemäß § 236 Abs. 4 AO verfahrensrechtlich durchzuführen sei, sei rechtlich schwierig und bisher nicht entschieden. Zudem stelle sich eine weitere schwierige Rechtsfrage, nämlich die Steuerbarkeit von Prozesszinsen gemäß § 236 AO, die in keiner Entscheidung des BFH behandelt worden sei. Der BFH habe seine Entscheidung vom 15.06.2010 (VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503), auf die es im hiesigen Rechtsstreit ankomme, auf spezifisch steuerrechtliche Erwägungen gestützt. Danach seien Prozesszinsen gemäß § 236 AO im Zusammenhang mit nicht abzugsfähigen Steuern vom Einkommen und auf diese Steuern entfallende Nebenleistungen nicht steuerbar. Da die Einkommensteuer zu den in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesener Steuern gehöre, seien die Prozesszinsen als steuerliche Nebenleistungen i.S.v. § 3 Abs. 4 AO ebenfalls dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuweisen. Daran habe auch die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des JStG 2010 (unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/3549, S. 17f.) nichts geändert, da sich die Gesetzesänderung lediglich auf Erstattungszinsen gemäß § 233a AO beziehe. Gesetzeswortlaut und Gesetzesmaterialien seien soweit eindeutig. Eine übersteigende Gesetzesauslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG wäre vor diesem Hintergrund fernliegend.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Gerichtsbescheid vom 24.01.2019, die Hinweise vom 26.03.2019 und das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.
II.
Zugunsten der Klägerin geht das Gericht noch von einer zulässigen Verpflichtungsklage aus, da das Klagevorbringen insoweit eine Rechtsbeeinträchtigung für möglich erscheinen lässt, wenn die Anrechnung der Erstattungszinsen erst im Erhebungsverfahren zu erfolgen hätte.
Im Übrigen ist die Klage aber unbegründet.
1. Im Streitfall besteht infolge der Anrechnung der mit Bescheid vom 05.08.2016 bereits festgesetzten Erstattungszinsen kein Anspruch der Klägerin auf Festsetzung von Prozesszinsen.
a) Gemäß § 239 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden Zinsen mit Bescheid und auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festgesetzt, wenn sie mindestens 10 Euro betragen.
Gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO entsteht ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen, wenn durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt wird. Dies gilt entsprechend, wenn sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt hat (§ 236 Abs. 2 Nr. 1 AO). Wird der Rechtsstreit -wie im Streitfalldurch die Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts und dadurch die festgesetzte Steuer herabgesetzt, so ist der zu erstattende Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen.
Gemäß § 236 Abs. 4 AO sind Zinsen nach § 233a AO, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, anzurechnen.
aa) Der nach dem Register des Gerichts seit 16.04.2014 rechtshängige Rechtsstreit der Klägerin i.S. Einkommensteuer 1999 (5 K 1062/14) ist nach Erlass des Abhilfebescheids vom 05.08.2016 i.S. Einkommensteuer 1999 durch Gerichtsbeschluss vom 19.08.2016 in der Hauptsache erledigt worden.
bb) Der Zinslauf hat im Streitfall mit dem Tag der Rechtshängigkeit der Klage (5 K 1062/14) am 16.04.2016 begonnen und hat am Tag der Auszahlung des Erstattungsbetrags über Einkommensteuer 1999 in Höhe von 1.614.390,82 € am 05.08.2016 geendet.
Der Erstattungsbetrag in Höhe von 1.614.390,82 € wurde am 05.08.2016 an die Klägerin ausgezahlt. Dies ergibt sich aus dem Kontenabruf des Beklagten vom 20.12.2017 (vgl. Akte Prozesszinsen ESt 1999, Bl. 8). Anderes, nämlich, dass dieser Erstattungsbetrag erst später, d.h. am 17.08.2016, ausgezahlt worden ist, hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Im Übrigen hält die Klägerin selbst mittlerweile daran nicht mehr fest.
Für den Zeitraum 16.04.2014 bis zum 05.08.2016 errechnet sich zwar zunächst ein Betrag über Prozesszinsen in Höhe von 217.937,25 €: zu verzinsender Erstattungsbetrag über Einkommensteuer 1999 in Höhe von 1.614.350 € x 13,5% (27 Monate pro Monat 0,5% zu erhebende Zinsen).
cc) Jedoch bedurfte es im Streitfall keiner Festsetzung von Prozesszinsen. Hiervon ist der Beklagte zutreffend ausgegangen.
Für den hinsichtlich der Prozesszinsen überschneidenden Zeitraum 16.04.2014 bis zum 05.08.2016 sind Zinsen nach § 233a AO in gleicher Höhe bereits mit Bescheid vom 05.08.2016 festgesetzt worden, die nunmehr im Festsetzungsverfahren über Prozesszinsen gemäß § 236 Abs. 4 AO anzurechnen gewesen sind, so dass sich ein Differenzbetrag von 0 € ergeben hat.
(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anrechnung der Zinsen nach § 233a AO Teil der Zinsfestsetzung über Prozesszinsen und ist nicht erst im Erhebungsverfahren vorzunehmen.
Dafür spricht die systematische Stellung des § 236 Abs. 4 AO, der Kontext zu den weiteren Zinsanrechnungsvorschriften nach §§ 234 Abs. 3, 235 Abs. 4 und § 237 Abs. 4 AO, das Bestreben des Gesetzgebers, die einzelnen Bearbeitungsvorgänge möglichst zusammenzufassen, und die Vermeidung von Doppelverzinsung (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2010 VIII B 66/10, BFH/NV 2011, 1825, mw.N.; BFH-Urteil vom 26.11.2014 X R 18/13, BFH/NV 2015, 785, über Aussetzungszinsen; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 233a AO, Rn. 85 und 87; Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl., § 233a Rz. 4, wonach neben Zinsen nach § 233a AO grundsätzlich keine weiteren Zinsen für denselben Zeitraum mehr erhoben werden dürfen; Loose in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 235 AO Tz. 27 und § 236 AO Tz. 30; vgl. AEAO § 233a Nr. 67).
Kein anderes Ergebnis würde sich im Übrigen ergeben, wenn der von Teilen der Literatur vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Erstattungsbescheid hinsichtlich der Anrechnung als Grundlagenbescheid für den Prozesszinsbescheid (Folgebescheid) angesehen wird, gefolgt würde (vgl. z.B. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 236 AO Tz. 30; a.A. Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 233a AO, Rn. 85 und 87). Gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 155 Abs. 2 AO wäre der Erstattungsbescheid vom 05.08.016 bei der Festsetzung der Prozesszinsen (und damit im Folgebescheid) zu berücksichtigen gewesen.
Eine gesonderte Feststellung einzelner Berechnungsgrundlagen bei der Zinsfestsetzung scheidet aus, da dies zwingend gesetzlicher Regelungen durch den Gesetzgeber bedürfte. Das Gesetz schreibt dagegen in § 236 Abs. 4 AO lediglich eine Anrechnung vor.
(2) Einer Festsetzung von Prozesszinsen bedurfte es gemäß § 239 Abs. 2 Satz 2 AO im Streitfall nicht, da der Differenzbetrag aus den auf die Prozesszinsen anzurechnenden Erstattungszinsen nicht mindestens 10 € betragen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2010 VIII B 66/10, BFH/NV 2011, 1825).
b) Im Streitfall fallen Zinsen, also auch Prozesszinsen zur Einkommensteuer nach § 236 AO, unter den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.10.1994 VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121, und vom 24.05.2011 VIII R 3/09, BStBl II 2012, 254, Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Vorbemerkungen zu §§ 233- 239, Rn. 16, über Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge -§ 236 AO-).
Die von der Klägerin für Ihre Rechtsauffassung zitierte BFH-Entscheidung vom 15.06.2010 (VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503), wonach Erstattungszinsen i.S.d. § 233a AO aufgrund eines Rechtsgedankens, den der BFH § 12 Nr. 3 EStG entnahm, dem nichtsteuerbaren Bereich unterfallen sollten-, ist im Streitfall nicht anwendbar. Diese Entscheidung des BFH ist schon nicht im Zusammenhang mit Prozesszinsen ergangen, sondern setzt sich mit der Steuerbarkeit von Erstattungszinsen auseinander.
Zudem reagierte der Gesetzgeber im JStG 2010 auf diese BFH-Entscheidung damit, dass er die Steuerpflicht von Erstattungszinsen entgegen der BFH-Entscheidung klarstellend im Sinne der früheren BFH-Rechtsprechung, wonach Erstattungszinsen auch auf nichtabziehbare Steuern steuerpflichtig gewesen sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08.11.2005 VIII R 105/03, BFH/NV 2006, 527), in § 20 Absatz 1 Nummer 7 Satz 3 EStG nun ausdrücklich gesetzlich geregelt hat. Dafür spricht auch der Hinweis des BMF im Bundessteuerblatt bei der veröffentlichten Entscheidung des BFH vom 15.06.2010, wonach dort dementsprechend folgende Fußnote zur Titelzeile beigefügt ist: Durch das JStG 2010 wurde die Steuerpflicht von Erstattungszinsen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG geregelt. Die Regelung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.
Der aus dem klaren Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 erkennbare Gesetzeszweck wird auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. So heißt es im Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines JStG 2010 (BTDrucks 17/3549, S. 17), dass Erstattungszinsen steuerbar sind und die gesetzliche Klarstellung notwendig sei, „da der BFH mit seinem Urteil vom 15. Juni 2010 seine Rechtsprechung zur Steuerpflicht von Erstattungszinsen teilweise geändert hat und nunmehr ausführt, dass gesetzliche Zinsen, die das Finanzamt auf Grund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen), nicht (mehr) der Einkommensteuer unterliegen“ (vgl. zu Vorgängigem, BFH-Urteil vom 12.11.2013 VIII R 36/10, BStBl II 2014, 168, m.w.N.).
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG stellt die frühere Rechtslage mit verfassungsrechtlich zulässiger Rückwirkung wieder her (§ 52 Abs. 28 Satz 11 EStG; vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 09. 10.2014 I R 34/13, BFH/NV 2015, 167, m.w.N.; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Vorbemerkungen zu §§ 233 -239, Rn. 16), so dass Zinsen und damit folglich auch Prozesszinsen (zur Einkommensteuer) als Kapitelerträge steuerpflichtig sind.
Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch die Regelung in § 12 Nr. 3 EStG nicht entgegen. Dort heißt es, dass Steuern vom Einkommen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen und dies auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen gilt. Mit der ausdrücklichen Normierung der Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010) hat der Gesetzgeber seinen Willen, diese der Besteuerung zu unterwerfen, klar zum Ausdruck gebracht. Dazu bedurfte es auch keiner Änderung des § 12 EStG. Denn es ist dem Gesetzgeber überlassen, an welcher Stelle des Gesetzes er das von ihm nicht geteilte Rechtsverständnis der Rechtsprechung zur Nichtsteuerbarkeit der Erstattungszinsen korrigiert, ob -wie geschehendurch eine (positive) Regelung auf der Einnahmenseite oder durch eine (negative) Regelung im Rahmen der Vorschrift über die Nichtabzugsfähigkeit von Ausgaben (§ 12 EStG). Die positive Regelung auf der Einnahmenseite ist systematisch näherliegend (vgl. zu Vorgängigem, BFH-Urteil vom 12.11.2013 VIII R 36/10, BStBl II 2014, 168, m.w.N.). Nichts Anderes kann für Prozesszinsen gelten, die als Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG zu besteuern sind (vgl. BFH-Urteil vom 24.05.2011 VIII R 3/09, BStBl II 2012, 254).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.
III.
Der Rechtstreit ist nicht auf den Senat zurück zu übertragen.
Die Zurückübertragung des Rechtsstreits auf den Senat steht im Ermessen des Einzelrichters. Der Einzelrichter darf das Verfahren aber nur dann auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (§ 6 Abs. 3 FGO). Eine wesentliche Änderung der Prozesslage kann z.B. infolge einer Klageänderung, eines völlig neuen Sach- oder Rechtsvortrags der Beteiligten, einer völlig veränderten Rechtsprechung oder einer Rechtsänderung eintreten. Aus der nachträglichen Veränderung muss sich die grundsätzliche Bedeutung der zu treffenden Entscheidung oder ihre besondere Schwierigkeit ergeben. Bei der Übertragung der Sache auf den Einzelrichter bereits bekannte oder irrtümlich falsch gewertete Gesichtspunkte rechtfertigen die Zurückübertragung auf den Senat nicht (vgl. Gräber/Herbert, FGO, 8. Aufl., § 6 Rn 30).
Im Streitfall hat sich keine derartige wesentliche Änderung der Prozesslage ergeben. Weder liegt z.B. eine Klageänderung vor noch hat sich nachträglich ein völlig neuer Sach- oder Rechtsvortrag der Beteiligten ergeben. Es wurden keine neuen Umstände vorgetragen, sondern lediglich die bisher schon bekannten Rechtsausführungen klarstellend ergänzt.
IV.
Das erkennende Gericht ist entsprechend den Geschäftsverteilungsplänen des Gerichts und des 2. Senats ordnungsgemäß besetzt. Die Geschäftsverteilung des Gerichts und des 2. Senats sind nach allgemeinen, abstrakten und objektiven Merkmalen ordnungsgemäß zustandegekommen, insbesondere wurden keine einzelnen ausgesuchten Streitsachen übertragen.


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