Steuerrecht

Anspruch des Berechtigten auf Verzinsung des Veräußerungserlöses für ein restitutionsbelastetes Grundstück: Verzinsungspflicht bei gescheiterter Bruchteilsrestitution; Feststellung des Berechtigten durch die Restitutionsbehörde; Feststellung des zur Zahlung Verpflichteten; Verjährung des Zinsanspruchs

Aktenzeichen  V ZR 52/20

Datum:
19.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:190321UVZR52.20.0
Normen:
§ 3 Abs 1 S 4 Halbs 2 VermG
§ 3 Abs 4 S 3 VermG
§ 7 Abs 7 S 3 VermG
§ 195 BGB
§ 199 BGB
§ 668 BGB
§ 681 S 2 BGB
Spruchkörper:
5. Zivilsenat

Leitsatz

1. Die Verpflichtung, den nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG herauszugebenden (anteiligen) Veräußerungserlös entsprechend § 681 Satz 2, § 668 BGB zu verzinsen, gilt nicht nur, wenn eine Einzelrestitution an der Veräußerung scheitert, sondern auch, wenn eine Bruchteilsrestitution nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 VermG daran scheitert, dass die Grundstücke, an denen Miteigentum hätte begründet werden sollen, veräußert worden sind. Das gilt unabhängig davon, wann die Veräußerung stattgefunden hat.
2. Dieser Zinsanspruch steht dem Berechtigten nach dem Vermögensgesetz zu, der nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG Herausgabe des zu verzinsenden (anteiligen) Erlöses aus der Veräußerung verlangen kann. Eine von dem Bescheid der zuständigen Restitutionsbehörde abweichende Feststellung des Berechtigten ist den Zivilgerichten durch die Tatbestandswirkung des Bescheids versperrt.
3. Zur Zahlung von Zinsen auf den Veräußerungserlös ist in entsprechender Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB derjenige verpflichtet, der den Veräußerungserlös an den Berechtigten herauszugeben hat. An die Feststellung des Verpflichteten durch die zuständige Restitutionsbehörde sind die Zivilgerichte gebunden.
4. Der Zinsanspruch des Berechtigten analog § 681 Satz 2, § 668 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Er entsteht in rechtsanaloger Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG mit der bestandskräftigen Feststellung der Berechtigung.

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 21. Januar 2020, Az: 7 U 40/19, Urteilvorgehend LG Berlin, 25. Januar 2019, Az: 65 O 4/18

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin und unter Zurückweisung der Revision im Übrigen wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Januar 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf Zahlung von 11.111,88 € gerichtete Klage ohne Erfolg geblieben ist. In diesem Umfang wird das Urteil des Landgerichts Berlin – Zivilkammer 65 – vom 25. Januar 2019 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.111,88 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin ist Berechtigte nach dem Vermögensgesetz wegen des unter der Firma G.     A.     KG geführten Bankhauses G.      A.     D.    , das samt seinen Beteiligungen an anderen Unternehmen dem damaligen Rechtsträger durch NS-Unrecht entzogen worden ist. Die Klägerin erhielt das Bankhaus wegen dessen Stilllegung nicht zurück. Mit Schreiben vom 29. März 2001 und vom 4. April 2002 konkretisierte die Klägerin ihren Restitutionsanspruch auf Grundstücke der D.      T.  – & S.     -Werke AG, an der das Bankhaus mit einem Anteil von 1,76 % beteiligt war. Diese Grundstücke waren nach dem Beitritt zunächst der beklagten Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (fortan: auch BvS) und später der TLG Immobilien GmbH (heute: T.        AG) zugeordnet worden. Mit Bescheid vom 3. November 2011 stellte das zuständige Bundesamt fest, dass der Klägerin wegen dieser Beteiligung dem Grunde nach ein Anspruch auf Einräumung von der Beteiligung entsprechenden Miteigentumsanteilen an Grundstücken zustand, die dieser Aktiengesellschaft gehört hatten (sog. weggeschwommene Grundstücke). Mit Bescheid vom 4. September 2014 lehnte das Bundesamt die Einräumung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück in Berlin-Lichtenberg ab, weil die BvS und die TLG Immobilien GmbH dieses mit Vertrag vom 17. Juli 1996 an eine Stiftung veräußert hatten, die am 26. Mai 1997 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden war. In demselben Bescheid stellte das Bundesamt einen Anspruch der Klägerin gegen die beklagte BvS auf Herausgabe eines ihrer Beteiligung an dem Unternehmen entsprechenden Anteils am Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks fest. Mit einer Vereinbarung vom 7. September 2015 einigten sich die Parteien darauf, dass die Beklagte der Klägerin zur Abgeltung ihrer Ansprüche auf Herausgabe des anteiligen Erlöses aus der Veräußerung 15.117,88 € zahlt, was am 5. Oktober 2015 geschah.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin 4 % Zinsen jährlich auf ihren Anteil am Veräußerungserlös für den Zeitraum von der Eintragung der Erwerberin in das Grundbuch am 26. Mai 1997 bis zur Auszahlung des Erlösanteils am 5. Oktober 2015. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Zinsanspruch weiter.


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