Steuerrecht

Betriebsausgabenabzugsverbot, Abzugsfähige Betriebsausgabe, Nichtabzugsfähige Betriebsausgaben, DBA-Frankreich, Dividende, Doppelbesteuerungsabkommen, Bundesfinanzhof

Aktenzeichen  7 K 59/14

Datum:
13.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GmbHR – 2017, 838
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
SW

 

Leitsatz

Es fehlt an der von der Rechtsprechung geforderten objektiv nachprüfbaren einheitlichen Methode einer Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG, wenn verschiedene Methoden so miteinander vermischt werden, dass ein Umsatzschlüssel in Kombination mit einem Personalschlüssel zur Anwendung kommt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.
1. Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG außer Ansatz. Nach § 8b Abs. 5 KStG gelten von den Bezügen im Sinne des Abs. 1, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Betracht bleiben, 5% als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. § 3c Abs. 1 EStG ist nicht anzuwenden (sog. Schachtelstrafe).
Im Streitfall handelt es sich bei den Dividenden i.H.v. 4 Mio. €, welche die Klägerin von ihrer 100-%-igen französischen Tochtergesellschaft bezogen hat, um unter § 8b Abs. 1 KStG fallende Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Damit greift § 8b Abs. 5 KStG ein mit der Folge, dass ein Betrag i.H.v. 200.000 € als nichtabzugsfähige Aufwendungen dem Einkommen außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet werden muss.
Auf Abkommensebene sieht Art. 20 Absatz 1 Buchst. b DBA-Frankreich vor, dass bei Dividenden die Nettoeinkünfte, die den Dividenden entsprechen, die von einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft an eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft gezahlt werden, der mindestens 10% des Gesellschaftskapitals der erstgenannten Gesellschaft gehören, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen sind. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Schachtelprivilegs nach dem DBA-Frankreich aufgrund der 100%-igen Beteiligung der Klägerin erfüllt. Somit ist nach Abkommensrecht – parallel zu der unilateralen Freistellung nach § 8 b Abs. 1 KStG – ebenfalls die Steuerfreiheit der von der Klägerin seitens der französischen Tochtergesellschaft vereinnahmten Dividenden gegeben. Das DBA Schachtelprivileg steht der Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots nach § 8b Abs. 5 KStG nicht entgegen, denn „Bezüge im Sinne des Abs. 1“ (vgl. § 8b Abs. 5 S. 1 KStG) sind auch Dividenden, die nach einem DBA befreit sind. Dass es insoweit nicht der zusätzlichen Steuerbefreiung nach § 8 b Abs. 1 KStG bedürfe, ist kein Argument gegen die Anwendbarkeit des § 8 b Abs. 5 KStG. Der Senat schließt sich hierzu der herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. Gosch in Gosch, KStG, 3. Auflage, § 8b Rz. 483; Pung in Dötsch/Pung/Mühlenbrock, KStG, § 8b Rz. 384) sowie der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.9.2014 6 K 2018/12 K, EFG 2015, 155; FG Saarland, Urteil vom 24.3.2015 1 K 1162/13, EFG 2015, 1850; FG Köln, Urteil vom 31.8.2016 10 K 3550/14, juris) an.
Die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 KStG wird auch nicht durch etwaige Besonderheiten des DBA-Frankreichs ausgeschlossen. Zwar stellt der Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA-Frankreich für die Steuerfreistellung im Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers auf die „Nettoeinkünfte“ ab. Der daraus unter Bezugnahme auf den angeblich eindeutigen Wortlaut gezogene Schluss, dass unter Nettoeinkünfte die Dividendeneinnahmen nach Abzug von Betriebsausgaben zu verstehen seien (so Kramer in Wassermeyer, Art. 20 DBA-Frankreich, Rz. 28 und dem folgend Senatsverwaltung für Finanzen Berlin vom 29.8.2014 III A-S. 1301 Fra-8/2009; OFD Frankfurt am Main vom 18.8.2016 S. 1301 A-FR.28-St 56) trifft jedoch nicht zu. Wie Kollruss (IStR 2015, 868, 875) und ihm folgend das FG Köln (Urteil vom 31.8.2016 10 K 3550/14, juris unter Rdnr. 50) richtig erkannt haben, knüpft das DBA-Frankreich mit der Formulierung „Nettoeinkünfte, die den Dividenden entsprechen“ an das frühere französische Körperschaftsteueranrechnungssystem an, welches dem dividendenempfangenden Anteilseigner unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuergutschrift (avoir fiscal) gewährte, einer in Deutschland ansässigen Kapitalgesellschaft als Dividendenempfängerin mit einer Beteiligung von mindestens 10% wegen der Freistellung der Schachteldividenden gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA-Frankreich jedoch nicht (BMF vom 14.11.2000 VV DEU BMF 2000-11-14 IV D 3-S. 1301 Fra-6/00, juris). Deutlich wird dies aus der Systematik des Doppelbesteuerungsabkommens in der Fassung des Zusatzabkommens vom 28. September 1989. Aus der Gegenüberstellung der Regelungen in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b aa) und bb) wird deutlich, dass in den Fällen von Buchst. aa) – bei einer Mindestbeteiligung von 10% – keine Steuergutschrift (avoir fiscal) gewährt wird, in den Fällen von Buchst. bb) – bei einer Beteiligung von weniger als 10% – dagegen der Anteilseigner zusätzlich zur ausgeschütteten Dividende eine Steuergutschrift (avoir fiscal) erhält. Die einzige logische Erklärung dafür, dass im Zusammenhang mit den Dividenden gemäß Buchst. b) aa) von „Nettoeinkünften“ die Rede ist, ist die, dass damit die Dividende ohne Steuergutschrift gemeint ist. Das entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch von brutto und netto, wonach – soweit es sich um Einnahmen oder Preise handelt – diese Begriffe meist im Sinne von inklusiv bzw. exklusiv Steuern und Abgaben verwendet werden (vgl. www.wikipedia.de Stichwort „Netto“). Anhaltspunkte, dass in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA Frankreich ein anderes Verständnis gewollt war, insbesondere hier die Dividenden nach Abzug von Betriebsausgaben gemeint seien, fehlen. Der Auffassung der Klägerin, dass sich aus dem Abkommenszusammenhang ein anderes Auslegungsergebnis ergibt, weil die Einführung und Abschaffung des französischen Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens nicht synchron verlief mit der Änderung von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA Frankreich, ist nicht zu folgen und vermag insbesondere nicht zu erklären, warum es aus diesem Grunde näherliegend sei, dass mit „netto“ der Abzug von Betriebsausgaben gemeint sei. Damit ist der Auffassung zu folgen, dass sich der Ausdruck „Nettoeinkünfte“ auf die ausgeschüttete Nettodividende bezieht und nichts anderes darstellt als die Einnahmen aus Kapitalvermögen. Dass der Begriff der „Einkünfte“ in Art. 20 Abs. 1 Buchst. a und b des DBA Frankreich nicht nach deutschem innerstaatlichen Steuerrecht im Sinne eines Nettobetrags ausgelegt werden kann, sondern im abkommensrechtlichen Sinn als Oberbegriff u.a. für die in Art. 3 bis 18 DBA Frankreich genannten Einkommensarten verwendet wird, hat der BFH bereits entschieden (BFH-Urteil vom 29. Mai 1996 I R 21/95, BStBl II 1997, 63). Hinsichtlich der Besteuerung von Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit Schachteldividenden stehen, enthält das DBA-Frankreich somit keine andere Regelung als andere DBA; es erlaubt dem Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers die Besteuerung nach Maßgabe seines innerstaatlichen Steuerrechts (Kollruss a.a.O.). Damit schließt Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA-Frankreich die Anwendung des § 8 b Abs. 5 KStG nicht aus.
Zutreffenderweise hätte das Finanzamt daher einen Betrag von 200.000 € und nicht nur i.H.v. 83.238 € dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzurechnen müssen. Da eine Verböserung im Klageverfahren jedoch nicht möglich ist, verbleibt es bei den Steuerfestsetzungen der angefochtenen Bescheide.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.


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