Steuerrecht

Einkommensteuer für die außerordentlichen Einkünfte

Aktenzeichen  3 K 1935/15

Datum:
10.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2017, 1590
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 08.04.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Jahres 2013 die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte (§ 34 Abs. 1 Satz 2 EStG 2013).
Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in der Fassung des Jahres 2013 Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
1. Für das im Jahr 2013 ausbezahlte Zusatzkapital liegt entsprechend den maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor.
a) Zwar sind beide Bonuszahlungen im Streitjahr Vergütungen im Sinne des § 34 EStG, denn als solche kommen alle Vorteile von wirtschaftlichem Wert in Betracht, die der Steuerpflichtige im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart erzielt (BFH-Urteil vom 25. Februar 2014 X R 10/12, BStBl II 2014, 668, Rn. 47; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Auflage, § 34 RZ. 40). Die Zahlungen erfolgten auch beide im Klagejahr 2013.
b) Jedoch muss die Entlohnung für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden (BFH-Urteil vom 31. August 2016 VI R 53/14, BStBl II 2017, 322, Rn. 12; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 34 Rz 30; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Auflage, § 34 RZ. 44). Bei der mehrjährigen Tätigkeit muss es sich nicht um eine abgrenzbare Sondertätigkeit handeln. Diese mehrjährige Zweckbestimmung kann sich entweder aus dem Anlass der Zuwendung oder aus den übrigen Umständen ergeben. Soweit andere Hinweise auf den Verwendungszweck fehlen, kommt der Berechnung des Entgelts maßgebliche Bedeutung zu (BFH-Urteile vom 31. August 2016 VI R 53/14, BStBl II 2017, 322, Rn. 12; und vom 7. August 2014 VI R 58/12, BFH/NV 2015, 184, Rn. 28). So stellt die einem Arbeitnehmer gewährte Prämie für einen Verbesserungsvorschlag keine Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit dar, wenn sie nicht nach dem Zeitaufwand des Arbeitnehmers, sondern ausschließlich nach der Kostenersparnis des Arbeitgebers in einem bestimmten künftigen Zeitraum berechnet wird (BFH-Urteil vom 31. August 2016 VI R 53/14, BStBl II 2017, 322, Rn. 13 ff). Darüber hinaus muss die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen (BFH-Urteil vom 7. Mai 2015 VI R 44/13, BStBl II 2015, 890).
c) Im Streitfall liegt hinsichtlich des im Jahr 2013 ausbezahlten Zusatzkapitals nach den maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen nach der Überzeugung des Gerichts keine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor.
Der Klägerin wurde in § 7 Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung zum Beginn der Ausübungsphase (nach § 3: 01.07.2013 bis 31.12.2015) bzw. bis spätestens 31. März 2013 ein Zusatzkapital bei Erfüllung der Berechtigungskriterien zugesagt. Hierzu bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bonusvereinbarung, dass die Regelung des Satzes 1 nur als bedingte Zusage gelten solle, zusätzliches Kapital zu erdienen. Mit dieser Regelung des § 7 der Bonusvereinbarung ist daher nach der Auffassung des Gerichts der Klägerin kein bereits in der Vergangenheit verdienter zusätzlicher Bonus eingeräumt worden, sondern lediglich eine Chance bestimmt worden, in Zukunft (möglicherweise) weitere Sondervergütungen zu erlangen. Insoweit wird der Klägerin auch im Jahr 2010 kein fester, unabdingbarer Kapitalstock entsprechend dem Basiskapital zugeteilt, sondern das Basiskapital wird lediglich als Bemessungsgrundlage, also eine Rechengröße für möglicherweise in Zukunft entstehende Ansprüche, festgelegt. Der Zusatzbonus wurde im Jahr 2010 weder eingeräumt noch verdient. Die unbedingte Zusage des Zusatzkapitals erfolgte erst im Jahr 2013. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Vereinbarung. Dementsprechend ist in § 12 Abs. 2 der Regelungen auch bestimmt, dass bei einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach dem 31.03.2013 ein etwaiges Bezugsrecht für das Zusatzkapital mit dem Ausscheiden entfällt, während das Basiskapital grundsätzlich erhalten bleibt.
d) Weiter spricht im Streitfall der Anlass der Zuwendung gegen das Vorliegen einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit. Nach der Präambel und § 12 Abs. 1 der Vereinbarung dient das Programm dazu, dass die Planteilnehmer nach besten Kräften langfristig zu einer nachhaltigen Steigerung des Ertrags und zu einer Wertsteigerung der M Gruppe beitragen. Ausgangspunkt für beide Performance Hürden sind nach § 8 Abse. 5 bis 8 der Vereinbarung der Börsenkurs der M Aktie und der N Indexkurs im Januar 2013 verglichen mit den Kursen des Ausübungstages. Da die Vereinbarung als Anknüpfungspunkt für die Bonusregelung des Zusatzkapitals die Wertveränderung der M Aktie ab Januar 2013 nimmt, diese Wertveränderung des Kurses als möglicher Indikator des Arbeitserfolges doch auch nur den Zeitraum ab Januar 2013 darstellen kann, liegt keine Bezugnahme auf die Zeit vor Januar 2013 vor. Auch hieraus ergibt sich, dass keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gewährt wird. Dies wird auch durch die Wortwahl der englischen „Plan Description“ deutlich. Danach gilt für die „Accrual Period“ (Year 1-3) „Individual Performance Litermines Basic Capital Stock“ und für die folgende „Exercise Period“ (Year 4-6) „Share Price Performance Litermines potential Additional Capital“.
e) Schließlich ergibt sich auch aus der Berechnung des Zusatzkapitals keine mehrjährige Zweckbestimmung. Zwar wird das Basiskapital als Bemessungsgrundlage für möglicherweise in Zukunft entstehende Ansprüche festgelegt. Insoweit wird das Basiskapital als eine Rechengröße festgelegt. Die Festlegung einer Rechengröße, die auf Sachverhalte aus früheren Jahren zurückgreift, ist bei Bonusprogrammen durchaus üblich. Auch wenn Bonusprogramme zum Beispiel auf das durchschnittliche Gehalt der letzten zwei oder drei Jahre zurückgreifen, so liegt deshalb noch nicht eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor. Unerheblich ist hierbei auch, ob dieser Wert im Rechnungswesen des Unternehmens gespeichert oder hinterlegt war.
2. Die Entscheidung des Gerichts wird durch die Wertungen des Bundesfinanzhofs in der zu den geldwerten Vorteilen aus Aktienoptionsprogrammen ergangenen Rechtsprechung bestätigt (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2006, VI R 136/01, BStBI II 2007, 456; vom 31. August 2016 VI R 53/14, BStBl II 2017, 322, Rn. 21; BFH-Beschluss vom 10. Juli 2008 VI R 70/06, BFH/NV 2008, 1828). Der BFH hat hier entschieden, dass Optionsrechte regelmäßig nicht gewährt werden, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Leistungen abzugelten, sondern um eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu bewirken. Dementsprechend stellen sie als Anreizlohn im Regelfall eine Vergütung für die Laufzeit der Option bis zu ihrer Erfüllung dar und vergüten eine mehrjährige Tätigkeit, wenn die tatsächliche Laufzeit mehr als zwölf Monate beträgt und der Arbeitnehmer in dieser Zeit auch bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist. Diese typischerweise mit einer Aktienoption verfolgte Zielsetzung tritt ledig in solchen Fällen in den Hintergrund, in denen die Umstände des Einzelfalls ergeben, dass konkrete Arbeitserfolge der Vergangenheit zusätzlich honoriert werden sollen (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2006, VI R 136/01, BStBI. II 2007, 456, Rz. 9). Diese vom BFH entschiedene Konstellation ist mit dem Streitfall vergleichbar.
Im Streitfall werden keine Arbeitserfolge in der Vergangenheit honoriert, sondern der Arbeitgeber versucht sein Personal damit in der Firma zu halten (vgl. Zif. 1d der Urteilsgründe).
Der Klägerin wurde zum 31.03.2013 die Option eingeräumt, im Zeitraum 01.07.2013 bis 31.12.2015 ein Zusatzkapital abzurufen. Nachdem die Option bereits im November 2013 als ausgeübt galt und der Zusatzbonus auch zugeteilt wurde, umfasst der Zeitraum von der Zuteilung bis zur Ausübung der Option keine zwölf Monate. Damit ist die Gewährung der Tarifermäßigung mangels Voraussetzung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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