Steuerrecht

Feststellung der Nichtexistenz von Verwaltungsakten

Aktenzeichen  W 3 K 16.174

Datum:
19.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 Abs. 3, Art. 41, Art. 43, Art. 44, Art. 48
BayVwZVG BayVwZVG Art. 2 Abs. 3 S. 1
ZPO ZPO § 117, § 178 Abs. 1, § 180, § 182 Abs. 1 S. 1, § 415

 

Leitsatz

1 Die Frage, ob ein Verwaltungsakt ordnungsgemäß zugestellt worden ist, betrifft seine Wirksamkeit. (Rn. 67) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Verwaltungsakt, der sich an einen falschen Adressaten richtet, ist nicht von vorneherein nichtig, sondern lediglich rechtswidrig. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Verwaltungsakt, der schriftlich erlassen worden ist, ist dann nichtig, wenn er die erlassende Behörde nicht erkennen lässt. Ein Verwaltungsakt ist nicht deshalb nichtig, weil die Unterschrift oder die Namenswiedergabe auf dem Schriftstück fehlt. Schriftzug und Behördenangabe geben genügend Anhaltspunkte. (Rn. 71 – 72) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Das Klagebegehren des Klägers ergibt sich auf der Grundlage von § 88 VwGO allein aus seinem schriftsätzlichen Vorbringen, da er hierzu aufgrund seiner Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung keine Stellung genommen hat.
Hierbei handelt es sich zunächst auf der Grundlage von § 43 Abs. 1, 1. Alternative VwGO in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG um eine Feststellungsklage mit dem Ziel festzustellen, dass der Bescheid vom 7. März 2012 mit Ausnahme von Ziffer 3. und Ziffer 5. dritter Spiegelstrich des Tenors, welche sich an eine andere Person richten, der Bescheid vom 10. April 2012, der Bescheid vom 22. Mai 2012 und der Bescheid vom 27. September 2012, geändert mit Bescheid vom 31. Oktober 2012, wegen fehlender Bekanntgabe dem Kläger gegenüber nicht wirksam sind.
Hilfsweise für den Fall der Abweisung der Feststellungsklage ist Streitgegenstand eine Nichtigkeitsfeststellungsklage auf der Basis von § 43 Abs. 1, 2. Alternative VwGO. Diese betrifft den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2012 mit Ausnahme von Ziffer 3. und Ziffer 5. dritter Spiegelstrich des Tenors; die letztgenannten Teile dieses Bescheides richten sich an eine andere Person, nicht aber an den Kläger. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage betrifft weiterhin die Bescheide vom 10. April 2012, vom 22. Mai 2012 und vom 27. September 2012, letzterer geändert mit Bescheid vom 31. Oktober 2012.
Weiter hilfsweise für den Fall der Abweisung der Nichtigkeitsfeststellungsklage ist Streitgegenstand des Verfahrens eine Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage auf Rücknahme der Bescheide vom 7. März 2012 (mit den oben genannten Einschränkungen), vom 10. April 2012, vom 22. Mai 2012 und vom 27. September 2012, letzterer geändert durch Bescheid vom 31. Oktober 2012, nach Art. 48 BayVwVfG, hilfsweise auf diesbezügliche Verbescheidung des Klägers.
Bei dem die Rückerstattung betreffenden Antrag handelt es sich auf der Grundlage von § 88 VwGO nicht um ein selbständiges Klagebegehren, da eine solche Rückerstattung basierend auf dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zwingende Folge eines Erfolges der Feststellungsklage, der Nichtigkeitsfeststellungsklage bzw. der Verpflichtungsklage wäre.
Trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden; denn der Kläger war gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Unabhängig davon, dass das Ladungsschreiben vom 27. Juli 2017 dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 28. Juli 2017 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit Schreiben vom 22. September 2017 deutlich gemacht, dass er Kenntnis von der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat.
Die Feststellungsklage mit dem Ziel festzustellen, die Bescheide vom 7. März 2012, vom 10. April 2012, vom 22. Mai 2012 und vom 27. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 31. Oktober 2012 seien dem Kläger gegenüber nicht in wirksamer Weise erlassen worden und somit ihm gegenüber nicht existent, es fehle also ein durch die Bescheide festgelegtes Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten, ist hinsichtlich Ziffer 5. Spiegelstrich 2 des Tenors des Bescheides vom 7. März 2012 unzulässig. Der Beklagte hat diesen Teil des Bescheides vom 7. März 2012 mit Bescheid vom 19. September 2017 zurückgenommen, so dass Ziffer 5. Spiegelstrich 2 nicht mehr existent ist. Trotz entsprechender Anheimgabe des Gerichts mit Schreiben vom 20. September 2017 hat der Kläger keine insoweitige Erledigungserklärung des Rechtsstreites abgegeben. Damit besteht insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine Klage.
Im Übrigen ist die Feststellungsklage zulässig. Insbesondere ist ein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der baldigen Feststellung zu bejahen.
Nach allgemeiner Meinung ist eine Interesse berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeler Art ist (Happ in Eyermann, VwGO, Komm., 14. Aufl., § 43 Rn. 30). Vorliegend ist das berechtigte Interesse des Klägers an einer Feststellung, ob die genannten Verwaltungsakte ihm gegenüber ihm überhaupt existent sind, zu bejahen, da der Beklagte aus diesen Bescheiden weiterhin Rechtswirkungen ableitet. Zudem ist die allgemeine Feststellungsklage nicht durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausgeschlossen; hiernach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Behauptet aber der Kläger, ein Bescheid sei ihm gegenüber mangels Bekanntgabe nicht existent, so kann er hiergegen nicht mit einer Anfechtungsklage vorgehen; eine solche setzt nämlich die Existenz des betroffenen Bescheides voraus.
Soweit die Feststellungsklage zulässig ist, ist sie unbegründet.
Die genannten Bescheide sind dem Kläger durch ordnungsgemäße Zustellung bekannt gegeben worden und damit ihm gegenüber rechtlich existent geworden (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 18. Aufl., § 41 Rn. 15).
Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist der Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist. Dies ist im vorliegenden Fall der Kläger. Die Bekanntgabe ist in verschiedenen Formen möglich, so auch in der Form der Zustellung, einer nach Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG besonders formalisierten Art der Bekanntgabe. Zugestellt wird gemäß Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG nach den Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung, im vorliegenden Fall nach Art. 3 VwZVG. Dies ergibt sich daraus, dass der Beklagte nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 VwZVG diese Zustellungsart gewählt hat. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VwZVG gelten für die Ausführung der Zustellung die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.
Nach § 177 ZPO kann das Schriftstück der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird. Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung oder in dem Geschäftsraum nicht angetroffen, kann das Schriftstück gemäß § 178 Abs. 1 ZPO in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner (Ziffer 1.) oder in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person (Ziffer 2.) zugestellt werden. Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist (§ 180 Satz 1 ZPO). Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung (§ 180 Satz 3 ZPO). Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zum Nachweis der Zustellung nach § 177, § 178 und § 180 ZPO eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen.
Im vorliegenden Fall beurkunden die Postzustellungsurkunden vom 9. März 2012 (Bescheid vom 7.3.2012), vom 11. April 2012 (Bescheid vom 10.4.2012), vom 24. Mai 2012 (Bescheid vom 22.5.2012), vom 10. Oktober 2012 (Bescheid vom 27.9.2012) und vom 6. November 2012 (Bescheid vom 31.10.2012), dass der Postbedienstete jeweils versucht hat, das jeweilige Schriftstück zu übergeben. Weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung/in den Geschäftsräumen nicht möglich war, hat der Postbedienstete bescheinigt, das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt zu haben. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die Bescheide seien falsch adressiert und an eine falsche Adresse zugestellt worden.
Die Bescheide tragen jeweils den Namen des Klägers und die Adresse „L* … Str. …, … E* …“. Dies ist unzweifelhaft der Wohnort bzw. die Wohnung des Klägers. Dies ergibt sich schon aus dem Klageschriftsatz, in welchem der Kläger eben diese Straße und diesen Ort angegeben hat. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang der vom Kläger angegebene Zusatz, der eine angebliche Religionsgemeinschaft bezeichnet. Diese ist nicht Bestandteil einer Adresse innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Weiterhin kann der Kläger der ordnungsgemäßen Zustellung nicht entgegengehalten, er betreibe keinen Briefkasten.
Dem steht schon § 415 ZPO entgegen, wonach die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, Komm., 37. Aufl., § 182 Rn. 4) vollen Beweis über das Beurkundete erbringt. In den genannten Postzustellungsurkunden ist jeweils beurkundet, dass das jeweilige Schriftstück in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden ist. Dies hat der Kläger nicht gemäß § 415 Abs. 2 ZPO mit einem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, dass der Vorgang unrichtig beurkundet worden sei, entkräftet. Vielmehr liegt auf der Hand, dass der Kläger unter der Anschrift „… …, L* … Str. …, … E* …“ die Schreiben des Gerichts erhalten hat; denn er hat auf diese Schreiben mehrfach reagiert. Warum demgegenüber zuvor kein entsprechender Briefkasten des Klägers unter der genannten Anschrift vorhanden gewesen sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht, zumal der Kläger selbst durchgängig für seine Korrespondenz mit dem Beklagten die Anschrift L* … Str. …, … E* … verwendet hat. Die von ihm hinzugefügten Zusätze eines angeblichen Staates oder einer angeblichen Religionsgemeinschaft sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich.
Damit steht fest, dass sämtliche streitgegenständlichen Bescheide dem Kläger durch ordnungsgemäße Zustellung bekannt gegeben worden sind, so dass die Feststellungsklage mit dem Ziel festzustellen, diese Bescheide seien dem Kläger gegenüber nicht existent, unbegründet ist.
Die hilfsweise erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage hat keinen Erfolg.
Hinsichtlich Ziffer 5. Spiegelstrich 2 des Tenors des Bescheides vom 7. März 2012 ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage unzulässig. Der Beklagte hat diesen Teil des Bescheides vom 7. März 2012 mit Bescheid vom 12. September 2017 zurückgenommen, so dass Ziffer 5. Spiegelstrich 2 nicht mehr existent ist. Trotz entsprechender Anheimgabe durch das Gericht mit Schreiben vom 20. September 2017 hat der Kläger den Rechtsstreit insoweit nicht für erledigt erklärt. Damit besteht insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage.
Im Übrigen ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO zulässig. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung ist bei einem Streit um die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes indiziert (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 38 m.w.N.).
Insoweit ist die Klage jedoch nicht begründet.
Aus der Systematik der Art. 43 bis Art. 52 BayVwVfG folgt, dass Rechtsverstöße eines Verwaltungsaktes zwar zur Rechtswidrigkeit führen, seine Wirksamkeit aber grundsätzlich unberührt lassen. Erst wenn der Verstoß nach den Regelungen des Art. 44 BayVwVfG zur Nichtigkeit führt, entfällt nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG die Wirksamkeit und zwar von Anfang an (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 18. Aufl., § 44 Rn. 3).
Art. 44 BayVwVfG trifft in seinem Absatz 2 zunächst für spezielle Fallgestaltungen eine Regelung, nach der die dort genannten Rechtsverstöße unabhängig von den Voraussetzungen des Absatz 1 zur Nichtigkeit führen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gegeben. Zwar trägt der Kläger vor, die genannten Bescheide forderten ihn „zur Deklaration von Nicht-Wein als Wein sowie zum Führen von zu fälschenden Weinbüchern hierüber auf“ und nötigten ihn damit zu der Straftat der Weinpanscherei; damit hebt der Kläger auf Art. 44 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG ab, wonach ein Verwaltungsakt nichtig ist, der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht. Allerdings ist die entsprechende Behauptung des Klägers für das Gericht nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar.
Liegen die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG nicht vor, so sind die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zu prüfen. Hiernach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Behauptung des Klägers, die Bescheide seien deshalb fehlerhaft und damit nichtig, weil sie nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien, entspricht schon nicht der Systematik des Gesetzes. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt ordnungsgemäß zugestellt worden ist, betrifft – wie oben ausgeführt – seine Wirksamkeit. Eine möglicherweise fehlerhafte Zustellung kann den Verwaltungsakt an sich nicht fehlerhaft machen.
Auch die Behauptung des Klägers, er sei der falsche Adressat der Bescheide, kann nicht zu deren Nichtigkeit führen. Zum einen hat der Kläger seine Behauptung, nicht er sei der Eigentümer der Flüssigkeiten, sondern eine von ihm benannte Religionsgemeinschaft, nicht einmal ansatzweise mit nachvollziehbaren Nachweisen belegt. Zum anderen ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen falschen Adressaten richtet, von vorneherein nicht nichtig, sondern lediglich rechtswidrig.
Auch die Behauptung des Klägers, bei den zu kontrollierenden Flüssigkeiten handele es sich nicht um Wein, kann nicht zu einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler führen. Denn die Bescheide dienen gerade dazu, im Rahmen der weinrechtlichen Kontrollen herauszufinden, worum es sich bei den betreffenden Flüssigkeiten handelt. Im Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Bescheide, auf welchen das Gericht im Rahmen der Nichtigkeitsfeststellungsklage abzustellen hat, war für den Beklagten nicht einmal ansatzweise erkennbar und vom Kläger im Übrigen auch nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass es sich bei den Flüssigkeiten um etwas anderes als um Wein handeln könnte, zumal der Kläger selbst die Flüssigkeiten noch im Schreiben vom 28. Dezember 2012 als Wein bezeichnet hat. Spätere Beurteilungen von Proben anderer Flüssigkeiten haben hierauf keinen Einfluss.
Darüber hinaus kann der Kläger mit seiner Einlassung, die Bescheide seien deshalb nichtig, weil sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben seien, keinen Erfolg haben.
Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt, der schriftlich erlassen worden ist, dann nichtig, wenn er die erlassende Behörde nicht erkennen lässt. Aus dem Umkehrschluss hieraus ergibt sich, dass ein Verwaltungsakt nicht deshalb nichtig sein kann, weil die Unterschrift oder die Namenswiedergabe auf dem Schriftstück fehlt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Komm., 8. Aufl., § 37 Rn. 106 m.w.N.; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Komm., 8. Aufl., § 44 Rn. 135).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass als Unterschrift im Sinne des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG in der Regel die eigenhändige Namens-Unterschrift verstanden wird, die sich in einem individuellen Schriftzug verkörpert. Auf der Grundlage von Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG sind die für das Zivil- und Prozessrecht entwickelten Unterschriftsanforderungen, auf die sich der Kläger bezieht, nicht auf die Unterschriftsanforderungen im Rahmen der Unterzeichnung von Bescheiden zu übertragen. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG anstelle der Unterschrift auch die Namenswiedergabe zulässt. Schriftzug und Behördenangabe geben genügend Anhaltspunkte, um den Unterzeichner zu identifizieren, auch wenn keine einzelnen Buchstaben in der Unterschrift erkennbar sind. Dies setzt lediglich eine Individualität des Schriftzuges voraus, die es ausschließt, dass er einem anderen Bediensteten zugerechnet wird (Stelkens, a.a.O., § 37 Rn. 101 m.w.N.). Im vorliegenden Fall erfüllen sämtliche Unterschriften unter allen angefochtenen Bescheiden diese Voraussetzung.
Weitere Argumente für eine Nichtigkeit der Bescheide hat der Kläger nicht vorgetragen; sie sind auch anderweitig nicht ersichtlich, so dass die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der genannten Bescheide keinen Erfolg hat.
Auch die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Rücknahme der streitgegenständlichen Verwaltungsakte bzw. auf Neuverbescheidung durch das Gericht auf der Grundlage von Art. 48 BayVwVfG bleibt erfolglos.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Klage ist die vorherige Stellung eines entsprechenden Antrags beim Beklagten, da andernfalls das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Ein solcher Antrag kann im Mail des Klägers vom 30. Oktober 2015 an den Beklagten gesehen werden. Diesem Mail kann das Ansinnen des Klägers entnommen werden, die Behörde möge die entsprechenden Bescheide nach Art. 48 BayVwVfG zurücknehmen. Hierüber hat der Beklagte nicht entschieden, so dass der Kläger sein Ansinnen im Rahmen einer Verpflichtungsklage als Untätigkeitsklage vor Gericht verfolgen kann.
Diese Untätigkeitsklage ist allerdings hinsichtlich Ziffer 5. Spiegelstrich 2 des Bescheides vom 7. März 2012 aus den schon oben dargestellten Gründen unzulässig, ansonsten zulässig. Allerdings hat diese Klage in der Sache keinen Erfolg.
Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtwidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Tatbestandsvoraussetzung dieser Regelung ist, dass der zurückzunehmende Verwaltungsakt rechtswidrig sein muss und zwar grundsätzlich von Anfang an, also ab dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Komm., 8. Aufl., § 48 Rn. 49). Ist diese Tatbestandsvoraussetzung erfüllt, hat die Behörde eine Ermessensentscheidung über die Rücknahme zu treffen. Ist der Verwaltungsakt allerdings nicht rechtswidrig, kann und darf die Behörde auch keine entsprechende Ermessensentscheidung treffen.
Im vorliegenden Fall liegt die Tatbestandsvoraussetzung des Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die streitgegenständlichen Verwaltungsakte rechtswidrig in diesem Sinne sind. Es sind keine formellen Fehler erkennbar. Inhaltlich nennen die Bescheide die einschlägigen Rechtsgrundlagen, unter welchen sie jeweils den Sachverhalt ordnungsgemäß subsumieren. Insoweit folgt das Gericht den Begründungen der angegriffenen Verwaltungsakte und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO), zumal der Kläger nicht einmal ansatzweise nachvollziehbare Argumente für die Rechtswidrigkeit der Bescheide vorgetragen hat.
Ansprüche des Klägers auf Widerruf der in Streit stehenden Verwaltungsakte auf der Grundlage von Art. 49 BayVwVfG sind nicht zu prüfen, da der Kläger dies nicht beantragt hat. Auch im Verwaltungsverfahren hat der Kläger beim Beklagten einen solchen Antrag nicht gestellt. Gleiches gilt für eine Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Bescheide; eine solche hat der Kläger nicht erhoben und im Übrigen wäre sie wegen der entgegenstehenden Rechtskraft der ordnungsgemäß zugestellten Bescheide unzulässig.
Aus diesen Gründen hat die Klage unter keinem der vom Kläger vorgetragenen rechtlichen Aspekte Erfolg. Sie war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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