Steuerrecht

Gewerbeuntersagung (erweitert), gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, Eintragungen im Schuldnerverzeichnis (Vollstreckungsportal), Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen, gewerbebezogene Straftat (Insolvenzverschleppung, Bankrott)

Aktenzeichen  M 16 K 19.3272

Datum:
13.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50642
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 2, § 35 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht die weitere Ausübung des Gewerbes „Friseurhandwerk“ im stehenden Gewerbe nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) untersagt.
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit u.a. des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids vor (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG).
1.1 Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es dabei nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss vielmehr die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen (vgl. BVerwG, B.v. 26.2.1997 – 1 B 34.97 – juris Rn. 8).
1.1.1 Für die Entscheidung der Frage, ob ein Gewerbetreibender unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, kommt es auch dann, wenn dieser Vorwurf aus einem mit Kriminalstrafe bedrohten Tun oder Unterlassen hergeleitet wird, nicht ausschlaggebend darauf an, ob gegen den Betroffenen deswegen eine strafrechtliche Sanktion verhängt wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob zur Überzeugung der zuständigen Amtsträger in der öffentlichen Verwaltung und der zur Kontrolle ihrer Entscheidungen berufenen Verwaltungsgerichte feststeht, dass der Gewerbetreibende ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das den Schluss rechtfertigt, er werde seinen beruflichen Pflichten künftig (weiterhin) nicht nachkommen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 6.4.2016 – 22 ZB 16.366 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Daran gemessen war der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids gewerberechtlich unzuverlässig und die Prognose der Beklagten gerechtfertigt, dass der Kläger sein Gewerbe auch künftig nicht ordnungsgemäß ausüben wird.
Der Kläger wurde rechtskräftig wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflichten in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,00 Euro verurteilt.
Dem Strafbefehl zufolge hatte der Kläger Kenntnis davon, dass die Firma … GmbH spätestens seit dem 27. März 2012 zahlungsunfähig war und unterließ es dennoch innerhalb der gesetzlichen Frist für diese einen Insolvenzantrag zu stellen. Vielmehr wurde ein Eigeninsolvenzantrag nie gestellt. Trotz entsprechender Verpflichtung wurde laut Strafbefehl zudem weder eine Eröffnungsbilanz noch eine Bilanz für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 erstellt. Diesen Feststellungen liegen die im Strafbefehl genannten Beweismittel zugrunde. Ferner wurde in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts … vom … November 2018 Beweis erhoben und schließlich eine einvernehmliche Beendigung des Strafverfahrens mit o.g. Verfahrensausgang erreicht.
Diese Straftaten stehen sämtlich im Zusammenhang mit einer Betätigung des Klägers in seiner Funktion als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer gewerblich tätigen Gesellschaft, weisen also den zu fordernden gewerblichen Bezug auf.
Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, brauchen dabei nicht im Rahmen des im Zeitpunkt des Erlasses des Gewerbeuntersagungsbescheids betriebenen Gewerbes eingetreten sein. Es kommt lediglich darauf an, ob sich die betreffenden Tatsachen auf die ordnungsgemäße Führung des in Rede stehenden Gewerbes auswirken (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1994 – 1 B 234.94 – juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall; insbesondere hat der Kläger durch die Nichtbeachtung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gezeigt, dass er seine eigenen Belange bzw. diejenigen der von ihm vertretenen GmbH über die geltenden Vorschriften, die dem Schutz des Vermögens anderer dienen, stellt. Auch als Einzelgewerbetreibender unterliegt er vergleichbaren Pflichten. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch ersichtlich, dass der vom Kläger begangene Pflichtenverstoß keine Auswirkung auf die Zuverlässigkeit als Einzelgewerbetreibender haben sollte.
Hiervon ausgehend ist die prognostische Bewertung der Beklagten, das bisherige Verhalten des Klägers biete keine Gewähr für die künftige ordnungsgemäße Ausübung eines Gewerbes, gerechtfertigt.
Die Einwände der Klagepartei vermögen diese negative Zukunftsprognose nicht zu entkräften.
Die zuständigen Behörden und die Verwaltungsgerichtsbarkeit dürfen gegen den Betroffenen erlassene rechtskräftige Strafurteile und Strafbefehle so lange als ein Indiz dafür werten, dass der der strafgerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, als der Betroffene diese Vermutung nicht mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des Strafurteils oder des Strafbefehls sprechen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.4.2016 – 22 ZB 16.366 – juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris Rn. 36 ff.).
Aus dem klägerischen Vortrag, der im Übrigen auch nicht durch entsprechende Unterlagen belegt wurde, lassen sich keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die vom Kläger vertretene GmbH entgegen der Ausführungen im Strafbefehl in der Lage gewesen wäre, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. Auch die Behauptung, dass für 2010 und „nach bisherigen Erkenntnissen“ auch für 2011 eine Bilanz erstellt worden sei, wurde weder im Strafverfahren (vgl. Seite 2 des Protokolls zur Verhandlung vor dem Amtsgericht) noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belegt.
Bereits diese über einen längeren Zeitraum dokumentierten gewerbebezogenen Rechtsverstöße des Klägers rechtfertigen die Annahme der Beklagten, dass der Kläger in gewerberechtlicher Hinsicht unzuverlässig ist und sein Gewerbe auch künftig nicht ordnungsgemäß ausüben wird.
Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass zudem der Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nur deshalb eingestellt wurde, weil eine Verurteilung nicht beträchtlich ins Gewicht gefallen wäre, § 154 Abs. 2 StPO. Die Begehung dieser Straftat wurde vom Kläger offenbar vor dem Amtsgericht auch „zugestanden“ (vgl. Seite 2 des Protokolls zur Verhandlung vor dem Amtsgericht).
1.1.2 Auch der Umstand, dass die Tathandlungen, wegen derer der Kläger strafrechtlich verurteilt wurde, rund sieben bis achte Jahre vor dem Erlass des angefochtenen Bescheides vom 12. Juni 2019 begangen wurden, stellt die Aussagekraft vorliegend nicht in Frage. Der Kläger ist bereits 2014 und 2015 wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten (siehe Strafbefehl zum Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt) und war aktenkundig am 12. Juni 2019 und am 19. Juli 2019 noch mit vier Eintragungen im Schuldnerverzeichnis (unter anderem wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft) erfasst. Ein innerer Einstellungswandel, der eine für den Kläger günstigere Prognose zulassen würde, ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
Die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis belegen hinreichend, dass der Kläger vollstreckbare Forderungen nicht wie geschuldet sofort zahlen kann oder will und zeigen darüber hinaus, dass der Kläger zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflichten, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, auch im Jahr 2017 freiwillig nicht bereit war. Denn zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ wäre es nicht gekommen, wenn der Kläger in den jeweiligen Vollstreckungsverfahren innerhalb der ihm vom Gerichtsvollzieher gesetzten Frist von zwei Wochen die maßgeblichen vollstreckbaren Forderungen beglichen und die Vermögensauskunft pflichtgemäß abgegeben hätte (§§ 802c, 802f Abs. 1 ZPO). Im Übrigen ist es nicht Sache der Behörde oder des Gerichts, sondern allein Sache des Klägers, die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zur Löschung zu bringen und nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Eintragungen nicht mehr vorliegen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 21.9.2018 – 22 ZB 18.1043 – juris Rn. 11 f.; BayVGH, B.v. 28.8.2013 – 22 ZB 13.1419 – juris Rn. 19 jeweils m.w.N.). Die Einlassung der Klagepartei im Rahmen der Anhörung und im gerichtlichen Verfahren genügen hierfür nicht. Insbesondere lässt sich den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftstücken nicht bzw. nicht hinreichend entnehmen, dass diese mit den genannten Eintragungen in Verbindung stehen, so dass die Eintragungen bereits 2018 löschungsreif gewesen wären.
1.2 Die Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5.94 – juris Rn. 8). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
1.3 Der Gewerbeuntersagung steht nicht entgegen, dass der Kläger sein Gewerbe zum 31. Januar 2019 abgemeldet hat.
Untersagt werden kann nach § 35 Abs. 1 GewO nur ein Gewerbe, das bei der Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens noch nicht aufgegeben worden ist. Bei der Aufgabe des Gewerbes während des Verwaltungsverfahrens kann das Untersagungsverfahren fortgesetzt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 3 GewO). Von der endgültigen Aufgabe oder Betriebseinstellung ist nur dann auszugehen, wenn diese nicht zum Schein oder unter dem Vorbehalt der Wiederaufnahme erfolgt.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klagepartei dürfte wohl bereits keine endgültige Betriebsaufgabe vorgelegen haben.
Sofern man nichtsdestotrotz davon ausgeht, dass der Kläger sein Gewerbe ernsthaft und endgültig aufgegeben hat, hat die Beklagte jedenfalls ermessensfehlerfrei von der Möglichkeit zur Fortsetzung des Untersagungsverfahrens nach § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO Gebrauch gemacht. Durch § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO soll verhindert werden, dass unzuverlässige Gewerbetreibende ihr Gewerbe bei einer drohenden Untersagungsverfügung aufgeben, um dadurch der behördlichen Feststellung ihrer Unzuverlässigkeit zu entgehen. Die Vorschrift soll damit dem berechtigten Interesse der Behörde an der behördlichen Feststellung der Unzuverlässigkeit im Hinblick auf eine mögliche spätere gewerbliche Betätigung des Betreffenden Rechnung tragen (BTDrs. 7/111 S. 6). Zwar ließ sich nicht aufklären, wann die Gewerbeabmeldung des Klägers bei der Beklagten tatsächlich eingegangen ist, dem Kläger war vor Abmeldung des Gewerbes aber jedenfalls bekannt, dass die Beklagte einen Antrag auf Auskunft aus dem Gewerbezentralregister gestellt hatte (vgl. Schreiben vom 9.1.2019, Behördenakte Seite 21). Zu Recht ist die Beklagte sodann davon ausgegangen, dass in Anbetracht der bisherigen gewerblichen Tätigkeit des Klägers, dieser voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt wieder gewerblich tätig werden will.
2. Auch die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO auf eine Tätigkeit des Klägers als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen gewerblichen Tätigkeit im stehenden Gewerbe ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für den Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Untersagungsverfügung vor. Die Beklagte hat das ihr insoweit eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt.
2.1 Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Gewerbeuntersagung auf die vorgenannten Tätigkeiten erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Insoweit müssen Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“).
Dies ist hier der Fall. Der Kläger ist gewerbeübergreifend unzuverlässig, weil er mit den ihm zur Last gelegten Verfehlungen Pflichten verletzt hat, die für jeden Gewerbetreibenden, jeden Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden und jeden mit der Leitung eines Gewerbebetriebs Beauftragten gelten und sich nicht auf eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit beschränken. Das rechtfertigt die Annahme der Beklagten, dass der Kläger ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes an den Tag legen wird (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 27.8.2018 – 22 ZB 18.1562 – juris Rn. 22, 26, jeweils m.w.N.).
2.2 Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist auch erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt.
Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17 m.w.N.). Besondere Umstände im Einzelfall, die hier eine andere Bewertung hätten zulassen können, lagen nicht vor; dies hat die Beklagte zutreffend erkannt.
2.3 Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere – nicht ausgeübte – gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
2.4 Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz im Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1.93 – juris Rn. 5). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3. Auch die behördliche Kostenentscheidung der Beklagten (Nrn. 3 und 4 des Bescheidstenors) ist nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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